Protocol of the Session on June 23, 2010

An dieser Stelle sage ich Ihnen auch: Reden ist manchmal Silber; Schweigen ist Gold.

(Ministerpräsident Beck: Da haben Sie jetzt wirklich recht!)

Sich hier hinstellen, um in solchen Fragen die Bundesregierung zu kritisieren, darf nach meiner Überzeugung nur jemand, der selbst dazu die Berechtigung hat, weil er weiß, wie man spart. Wer das nicht tut, wer das nicht kann und wer nach wie vor das Geld zum Fenster herausschmeißt, sollte besser schweigen.

(Beifall der CDU)

Für die FDP spricht nun Herr Dr. Peter Schmitz.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Ministerpräsident, Sie haben die Zeit genutzt, um sich mit vielen Einzelvorschlägen des 80-Milliarden-EuroSparpakets auseinanderzusetzen, und sind in einer Art und Weise damit umgegangen, die ich leider als unlauter, nicht zielführend und überzogen bewerten muss. Sie haben in einem klassischen Ritual und standardhaften Stil die Gelegenheit desjenigen genutzt, der gerade etwas nicht zu verantworten hat, von dem er genau weiß, dass es unumgänglich ist.

(Pörksen, SPD: Was für ein Quark!)

Noch schlimmer ist, dass Sie – auch Sie, Herr Pörksen – offensichtlich das Gefühl für die Stimmung in der Bevölkerung nicht mehr so haben, wie Sie es früher hatten.

(Beifall der FDP und bei der CDU – Unruhe bei der SPD und auf der Regierungsbank)

Die Bevölkerung – auch die Wählerschaft von SPD und Parteien links der SPD – hat Angst. Die Bevölkerung hat Angst vor einer unkalkulierbaren Zukunft.

(Unruhe bei der SPD)

Die Bevölkerung hat Angst vor einem überbordenden Schuldenstaat, der mit Geld nicht umgehen kann.

(Beifall der FDP)

Die Bevölkerung hat Angst vor Standard-Politikerreden, die immer nur im Klein-Klein den anderen kritisieren und Sparpakete in der achtfachen Höhe des rheinlandpfälzischen Haushaltes in einer Art und Weise beschreiben, die vollkommen inadäquat ist.

(Beifall der FDP)

Herr Ministerpräsident, wenn Sie beispielsweise die Luftverkehrsabgabe als volkswirtschaftliche Katastrophe geißeln, dann frage ich mich, welche Vorstellungen Sie von einer Volkswirtschaft haben, wenn diese Auswirkungen bereits katastrophal sein sollen.

Wenn Sie die Auswirkungen der Bankenabgabe als – Sie bemühen einen Superlativ; irgendwo habe ich es sogar notiert, um richtig zu zitieren; ich sage es einmal aus der Erinnerung heraus; so wird es auch das Proto

koll ausweisen – erheblichst für die Volkswirtschaft beschreiben, dann sind das Dinge, die in einem Horrorgemälde Platz haben, nicht aber in der Rede eines Ministerpräsidenten, der mit anderen Parteien gemeinsam viele Schulden zu verantworten hat, so wie andere auf Bundesebene und so wie andere auf kommunaler Ebene.

(Beifall bei der FDP)

Wir haben doch ein Gesamtszenario vor Augen, das uns alle gleichermaßen betroffen machen muss. Wir haben eine Demografie, die wir in den nächsten 20 Jahren nicht werden verändern können – mit keinem Elterngeld der Welt. Wir haben eine explizite Schuldenlast, je nach Rechnungsgröße, von ca. 1,7 Millionen Euro. Bei lässigen 3 % sind das 50 Milliarden Euro Zinsen Jahr für Jahr. Das sind die Dimensionen.

Gleichzeitig haben wir ein Wirtschaftswachstum, das nicht in der Lage sein wird, diese Probleme zu bewältigen, ohne dass wir das Wirtschaftswachstum stimulieren und neue Arbeitsplätze schaffen. Wenn wir in Ihrer Diktion in diesem Sparpaket eine Unausgewogenheit in Richtung Wirtschaftswachstum und neue Arbeitsplätze organisieren, sehe ich das daher als Lob an.

Sie können nicht die CSU geben, die immer alles besser weiß. Das ist nicht verantwortungsbewusst.

(Beifall der FDP – Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Meine Damen und Herren, ich komme zu dem, was Kollege Dröscher sagt, und nicht zu dem, was Kollege Pörksen dazwischenruft.

(Pörksen, SPD: Passen Sie gut auf, was ich sage!)

Verehrter Herr Kollege Dröscher, ich achte Ihre Sozialempathie in hohem Maße. Das wissen Sie. Aber wenn wir die Probleme, für die nicht eine Partei – ich wiederhole mich – alleine verantwortlich ist, auf allen Ebenen staatlichen Handelns nicht in den Griff bekommen, und zwar auch durch Ausgabenkürzungen, bei denen Sie, Herr Ministerpräsident, jede Antwort schuldig geblieben sind, dann wird das passieren, was die Menschen an Angst haben. Dann steuern wir in Verhältnisse, die wir alle nicht wollen. Wir haben europäische Nationen, die leider Gottes für die überzogenen staatlichen Schulden beispielhaft sind.

Herr Kollege Dröscher, dann droht bittere soziale Not. Um diese zu wenden, ist das Sparpaket vom Grundsatz her richtig gestrickt.

Ich danke Ihnen.

(Beifall der FDP – Pörksen, SPD: Das war allenfalls eine notdürftige Rede!)

Für die SPD-Fraktion hat Herr Kollege Hartloff das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Keine Angst, es wird relativ kurz.

Herr Dr. Schmitz, das war fast die FDP, wie sie früher war, wenn ich lese, dass Sie Ihr Programm umschreiben möchten, weil reine Steuersenkungen so, wie sie heute der Kollege Brüderle wieder gefordert hat, da 20 Milliarden weniger Verschuldung da ist, nicht weiterhelfen.

Lassen Sie mich doch zwei, drei Sachen kurz erwähnen. Wie kann man das anders machen? Die Einsparvorschläge summieren sich im Sozialbereich auf 900 Millionen Euro per anno, und zwar

200 Millionen Euro Abschaffung des Übergangsgeldes von Arbeitslosengeld zu Hartz IV,

400 Millionen Euro die Streichung des Elterngeldes für Hartz IV-Empfänger,

200 Millionen Euro die Einschränkung des Elterngeldes und

100 Millionen Euro die Beseitigung des Heizkostenzuschusses für Wohngeldempfänger.

Dagegen hat es 1 Milliarde Steuerentlastung für Hotelbesitzer gegeben. Das hätte ich nicht getan.

(Beifall der SPD)

Diese haben Sie beschlossen. In der Abwägung, was man tut, halte ich das nicht für sozial gerecht. Sie wollten einen Vorschlag haben. Ich habe Ihnen einen präsentiert. Lassen Sie uns darüber diskutieren, was vernünftiger und sozial ausgewogener ist, nämlich das eine oder das andere zu tun, ganz konkret nebeneinandergestellt.

Lassen Sie mich ein Weiteres sehen.

Lieber Hans-Artur Bauckhage, Du hast gesagt – ich darf das so titulieren –, wir haben in diesem Staat ein Ausgabenproblem und kein Einnahmenproblem. Wir haben beides. (Ministerpräsident Beck: So ist es!)

Wir haben auch bei der Staatsquote Einnahmenprobleme, um Schulden vernünftig abbauen zu können. Fragen Sie alle kommunal Verantwortlichen. Wir brauchen eine kommunale Finanzreform.

Wenn der Herr Kollege Baldauf das beklagt und dem Ministerpräsidenten vorwirft, dass er diese Vorschläge aufs Korn genommen hat, weil sie bedeuten, dass sich bei der Einnahmensituation die Länder verschlechtern und die Kommunen Mehrbelastungen haben, dann ist es mehr als bigott, wenn man hier bejammert, dass im Kommunalbericht des Rechnungshofs die Situation der Kommunen als schwierig beschrieben wird und dort auch steht, dass das nicht in der Struktur des Landes zu lösen ist.

Herr Kollege Baldauf, es ist zu kurz gesprungen, wenn man als ausgewogen vertritt, dass der Bund Sparvor

schläge macht, welche die Kommunen und Länder in der finanziellen Situation mehr belasten.

(Pörksen, SPD: Das ist überhaupt nicht gesprungen!)

Lassen Sie mich als Letztes noch einmal die Frage der Einnahmensituation ansprechen. Ja, man muss Punkt für Punkt durchgehen, was gerecht und vertretbar ist und was wir an vernünftigen Einnahmen brauchen. Sie wissen, was die sogenannte kalte Progression anbelangt. Ich war immer einer derjenigen, der gesagt hat, da kann und muss man etwas tun. Es muss aber aufkommensneutral sein.

Die Gesellschaft, die wir uns vorstellen, investiert in Bildung und in Zukunftsaufgaben. Die Gesellschaft, die Zukunft gestaltet, muss solidarisch sein, in der das, was man den Leuten abnimmt, auch vertretbar ist und gerecht ausfällt.

Ich komme zum Ursprung meiner Rede zurück. Das ist das Sparpaket der Bundesregierung in keiner Weise. Deshalb soll sie neu denken und es besser gestalten. Dann lässt sich mit uns darüber auch reden. Unsere Hausaufgaben machen wir hier.

Wir haben morgen in der Aktuellen Stunde genug Gelegenheit, uns über den Nürburgring auszutauschen. Ich möchte nur einen Satz zu diesem Konto sagen, das neu erfunden worden ist. Die Landesregierung hat Strafantrag gegen die Nürburgring GmbH gestellt. Die Staatsanwaltschaft hat das ausermittelt. Der Verdacht, den die Landesregierung und auch wir hatten, ist betätigt worden. Nicht mehr und nicht weniger. Das ist schmerzhaft, aber es ist auch nichts Neues.