Protocol of the Session on October 5, 2006

Herr Präsident, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Blicken wir einmal zurück, bevor wir uns mit diesem Gesetzentwurf beschäftigen: Im Jahr 2000 wurde die Altersteilzeit für Beamte eingeführt, im Jahr 2003 dann auch für die Richterschaft. Das hat der Herr Staatsminister leider nicht erwähnt. Der Gesetzesbegründung und Ihren Ausführungen entnehme ich, dass es offensichtlich ausschließlich darum ging, Personalkosten einzusparen. Das ist natürlich nur die halbe Wahrheit. Diese halbe

Wahrheit haben Sie aber auch nur dadurch erreicht, indem Sie alle Stellen nur halb nachbesetzt haben, bis infolge der Altersteilzeit und der Ruhephase die Stelle wieder vollständig zur Verfügung stand. Es ist klar, dass sich dadurch in der Richterschaft natürlich Druck im Hinblick auf die Erledigung der anstehenden Dinge aufbaut.

Ein Ziel der Altersteilzeit war von jeher, einen gesunden Altersaufbau in der Richterschaft herbeizuführen. Dies ist in Ihrer Begründung zu kurz gekommen. Wenn man sich mit der Justiz unseres Landes unterhält, dann wird eines ganz klar: Es gibt Bereiche in unserer Justiz, die bereits unter einer gewissen Überalterung leiden, in denen man aber froh wäre, über die Altersteilzeit dahin zu kommen, dass junge Richter nachwachsen können. In diesem Zusammenhang erwähne ich ausdrücklich die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Was Sie jetzt machen, kommt mir vor wie eine Vollbremsung von 180 auf null. Sie wollen mit der Altersteilzeit zum 1. November 2006 Schluss machen. Nur wer sie zu diesem Zeitpunkt antritt, genießt sie noch, aber nicht einmal derjenige, der die Voraussetzungen erfüllt. Damit wird Vertrauen enttäuscht. Ich kann mir vorstellen, dass sich bereits viele seit mehreren Monaten ausgehend von der bisherigen Gesetzeslage darauf vorbereiten, in Altersteilzeit zu gehen und damit eine Stelle frei zu machen.

Jetzt passiert aber Folgendes: Das Fallbeil fällt zum 1. November 2006. Das ist genau der Grund, weshalb der Landesverband des Deutschen Richterbundes sich dagegen ausgesprochen hat. Es bestehen keine prinzipiellen Einwände dagegen, ein neues Modell einzuführen, um dem Ziel eines gesunden Altersaufbaus in der Verwaltung und der Bewirtschaftung von Personalkosten gerecht zu werden. Das sollte aber nicht gleich und sofort und mit dem Fallbeil geschehen.

Hätten Sie sich dem Ratschlag bzw. dem Wunsch des Deutschen Richterbundes angeschlossen, einen gewissen Vorlauf bis zum nächsten Frühjahr einzurichten und bis dahin eine Nachfolgeregelung zu präsentieren, dann könnten wir uns mit diesem Gesetzentwurf anfreunden. Dann könnten wir mit Ihnen über dieses Modell diskutieren. So muss man aber den Verdacht hegen, dass für die Richterschaft wieder eine Sonderregelung gefunden wird wie zwischen den Jahren 2000 und 2003, als in der Richterschaft keine Altersteilzeit galt. Außerdem entsteht der Verdacht, dass es möglicherweise gar keine Nachfolgeregelung für die Richterschaft geben wird, während für den allgemeinen öffentlichen Dienst durchaus über eine Nachfolgeregelung nachgedacht wird. Hierzu würde ich gern etwas von Ihnen hören, Herr Staatsminister.

In der vorliegenden Form findet der Gesetzentwurf nicht unsere Zustimmung. Wir werden ihn ablehnen.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Hoch.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Im Gegensatz zu meinem Kollegen Wilke denke ich, dass diese Änderung jetzt notwendig ist. Wir haben bereits im Rechtsausschuss versucht, Ihnen zu erklären, dass es überhaupt keinen Sinn macht, eine Stichtagsregelung auf das nächste Jahr hinauszuschieben, weil es eine Stichtagsregelung bleibt. Es gibt immer jemanden, der einen Tag vorher oder einen Tag nachher die Voraussetzungen gerade erfüllt oder nicht erfüllt.

Es besteht aber Vertrauen für die Fälle, bei denen diese Regelung bei der Einstellung keinesfalls absehbar war. Sie ist in den vergangenen Jahren auf das Tableau gekommen, um eine Personalsteuerung vornehmen zu können, die Effizientgesichtspunkten und sicher auch Einspargesichtspunkten dienen sollte. Sie haben sicher alle die Ausgabe des „SPIEGEL“ der vergangenen Woche gelesen, in der es heißt, dass wir mit einer Laufzeit bei der Verwaltungsgerichtsbarkeit von knapp vier Monaten zehn Monate schneller als in Bayern sind. Effizienzgesichtspunkte sind also sehr wohl in der Justiz realisiert.

Wir benötigen jetzt eine geänderte gesetzliche Grundlage, um veränderten Lebensbedingungen gerecht werden zu können. Wir werden gottlob immer älter und gottlob immer gesünder älter. Wir führen eine Diskussion über die Altersgrenze bei Kommunalwahlbeamten. Wir haben heute Morgen viel über den Pensionsfonds diskutiert. Wir haben über die Gestaltung des Lebens nach der Erwerbsphase gesprochen. Wir sollten uns alle darauf einstellen, dass die Regelungen, wie sie in den vergangenen Jahren gehandhabt wurden, nicht mehr für die Generation gelten kann, in der wir uns befinden und in der sich auch viele in der Richterschaft befinden.

Wir haben das in der Vergangenheit dazu nutzen wollen, aktiv Personalgestaltung betreiben zu können, indem nämlich zwei frei werdende Stellen durch einen Jüngeren besetzt wurden. Damit wurde Berufsanfängerinnen und Berufsanfängern die Chance gegeben, im Justizbereich tätig zu werden und mit neuem Engagement und neuen Akzenten tätig zu sein.

Die Regelung ist jetzt notwendig und sollte nicht herausgeschoben werden, weil wir die Richterinnen und Richter genauso wie die anderen Landesbeamten behandeln wollen.

Wir haben jetzt schon den Fall, dass der Stichtag, nämlich der 1. November, im Vergleich zu den anderen schon fast ein halbes Jahr später liegt. Wir haben heute Morgen auch viel über die Einsparungen gehört. Auch wenn Sie jetzt kritisieren, dass das ein Argument ist, um die Regelung vielleicht auszusetzen und über eine Nachfolgeregelung zu diskutieren, wäre es aber schön, wenn Sie einer solchen Regelung im Hinblick auf die Gesamtverantwortung für den Haushalt zustimmen könnten. Sie haben heute Morgen schließlich viele Sparvorschläge angekündigt, die nicht gekommen sind.

Sie wissen aber auch, dass die Altersteilzeit ein zweifaches Jahresgehalt eines Richters oder einer Richterin kostet. Deshalb ist es die richtige Entscheidung, einen

Gleichlauf zu den übrigen Beamten hinzubekommen. Über eine Folgeregelung werden wir sicherlich alle noch angespannt diskutieren. Es muss nämlich ein verhältnismäßiger Ausgleich gewährleistet werden zwischen dem berechtigten Wunsch der Menschen, früher in den Ruhestand zu treten, und der Haushaltsverantwortung, die wir alle tragen.

Herzlichen Dank.

(Beifall der SPD)

Ich erteile der Abgeordneten Frau Morsblech das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nicht selten lösen Gesetzentwürfe, insbesondere jene zu Gesetzesänderungen, beim unbefangenen Leser – wozu ich auch Abgeordnete zähle – ein Stirnrunzeln aus. In besonders seltenen Fällen jagen sie selbst versierten Juristen regelrechte Schauer über den Rücken, habe ich mir sagen lassen. Davon ist der vorliegende Gesetzentwurf allerdings eine rühmliche Ausnahme. Er lässt einen vielmehr schmunzeln. Das liegt nicht daran, dass er besonders originell oder geistreich wäre, sondern vielmehr daran, dass er vorführt, wie man mit einem bestimmten Handeln und gleichzeitig mit dem genau entgegengesetzten Handeln Kosten sparen kann.

So liest man unter D. im Gesetzentwurf – ich zitiere –: „Mit der Begrenzung der Altersteilzeit werden zusätzliche Personalkosten vermieden.“ Gleichzeitig heißt es in der Begründung unter A. – ich zitiere –: „Rheinland-Pfalz hat mit Wirkung vom 1. Januar 2003 die Altersteilzeit für Richterinnen und Richter eingeführt. Anlass hierfür war auch die angespannte Haushaltslage, die das Justizressort im Doppelhaushalt 2002/2003 zu zusätzlichen Einsparungen unter anderem im Personalbudget verpflichtete.“ Weiter heißt es: „Der Einsatz der Altersteilzeit vorrangig als Personalsteuerungselement hat zur Erfüllung der Einsparverpflichtungen im Geschäftsbereich des Ministeriums der Justiz beigetragen.“

Auf den ersten Blick glaubt man, es sei nicht möglich, dass sowohl die Einführung der Altersteilzeit als auch ihre Begrenzung sich auf den Haushalt positiv ausgewirkt haben bzw. auswirken können. Bei näherer Kenntnis der Umstände und der Umsetzung der Altersteilzeit weiß man aber, dass diese Ausführungen durchaus zutreffend sind.

Natürlich soll die Altersteilzeit nicht in erster Linie unter dem finanziellen Gesichtspunkt betrachtet werden, aber bei der allgemeinen Haushaltssituation, über die wir heute Vormittag schon viel gehört haben, kann dieser Aspekt nicht vernachlässigt werden.

Die Altersteilzeit kann ein taugliches Instrument der Personalsteuerung sein, insbesondere zur Verjüngung des Personalkörpers. Deshalb war sie lange Zeit auch sehr beliebt. Darüber hinaus führt sie für den Haushalt

dann zu einer Entlastung – nur dann –, wenn, wie bei dem in Rheinland-Pfalz umgesetzten Blockmodell, nicht alle in der Freistellungsphase befindlichen Stellen sofort vollständig nachbesetzt werden. Dies muss die in der Freistellungsphase befindlichen Bediensteten vielleicht weniger interessieren, aber das führt nicht selten zu Unmut bei denjenigen, die unmittelbar von der daraus resultierenden Arbeitsverdichtung betroffen sind und die aufgrund ihres jugendlichen Alters keine Aussicht darauf haben, in den Genuss der Altersteilzeit zu kommen.

Unter diesem Gesichtspunkt wurde von betroffenen Richterinnen und Richtern in der Vergangenheit die Altersteilzeit immer wieder sehr zwiespältig beurteilt und keineswegs nur beklatscht. Daher ist auch eine Diskussion über den festzulegenden Stichtag eher müßig.

Die Gleichbehandlung der Richterinnen und Richter untereinander, aber auch die Gleichbehandlung gegenüber anderen Bediensteten des öffentlichen Dienstes lassen eine Begrenzung der Altersteilzeit sinnvoll erscheinen. Die FDP-Landtagsfraktion wird deshalb dem Gesetzentwurf zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir befinden uns in der zweiten Beratung. Wir kommen jetzt zur unmittelbaren Abstimmung. Wer stimmt dem Gesetzentwurf zu? – Wer ist dagegen? – Der Gesetzentwurf ist mit den Stimmen der SPD und der FDP gegen die Stimmen der CDU angenommen.

Wir kommen zur Schlussabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf zustimmt, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben! – Wer ist dagegen? – Der Gesetzentwurf ist mit den Stimmen der SPD und der FDP gegen die Stimmen der CDU angenommen.

Ich rufe Punkt 6 der Tagesordnung auf:

Landesgesetz über die Sicherheit in Hafenanlagen (LHafSiG) Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 15/223 – Zweite Beratung

dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr – Drucksache 15/323 –

Gemäß Absprache im Ältestenrat erfolgt keine Aussprache. Daher stimmen wir unmittelbar über den Gesetzentwurf ab. Wer stimmt dem Gesetzentwurf zu? – Wer ist dagegen? – Der Gesetzentwurf ist mit den Stimmen von SPD, CDU und FDP angenommen.

Wir kommen zur Schlussabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf zustimmen möchte, den bitte ich, sich vom Platz

zu erheben! – Der Gesetzentwurf ist mit den Stimmen von SPD, CDU und FDP angenommen.

Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:

…tes Landesgesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und CDU – Drucksache 15/318 – Erste Beratung

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, dass keine Aussprache stattfindet. Es wird Überweisung an den Innenausschuss – federführend – und an den Rechtsausschuss vorgeschlagen. – Damit ist der Gesetzentwurf federführend an den Innenausschuss und an den Rechtsausschuss überwiesen.

Ich rufe die Punkte 8 und 9 der Tagesordnung gemeinsam auf:

Neukonzeption und Neuorientierung der Grundsicherung für Arbeitsuchende Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 15/245 –

Umsetzung der Grundsicherung für Arbeitsuchende in Rheinland-Pfalz Besprechung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU und der Ant- wort der Landesregierung auf Antrag der Fraktion der CDU – Drucksachen 15/68/173/233 –

Ich erteile der Abgeordneten Frau Thelen das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will heute nicht bei Adam und Eva anfangen. Sie wissen alle, Hartz I bis IV hat uns vielfältig und intensiv beschäftigt. Damit hatte man einmal das Ziel verfolgt, die Arbeitslosenzahlen zu halbieren. Wir wissen alle, dass das nicht so ganz gelungen ist.

Ein Ergebnis dieser Hartz-Diskussion war zum Schluss Hartz IV. Ich will künftig lieber vom Sozialgesetzbuch II sprechen, weil ich meine, dass der Namensgeber vielleicht nicht mehr so ganz als Namensgeber geeignet ist.

Das Sozialgesetzbuch II hatte ein absolut richtiges Ziel, von dem ich auch heute nach wie vor überzeugt bin, dass es Sinn macht, nämlich die Zusammenführung von zwei wichtigen Sozialleistungsbereichen, der Sozialhilfe und der Arbeitslosenhilfe. Man wollte den Menschen, die bedürftig sind, einen Ansprechpartner und eine Behörde geben. Man hat die Trennlinie da gezogen, wo es um die Erwerbsfähigkeit in einem bestimmten Umfang geht.

Dieses Gesetz hat aber mehrere Mankos, die vielleicht auch darin begründet liegen, dass man dieses Gesetz nachher unter großem Zeitdruck verabschiedet hat und zum Teil im Bundesrat bis morgens früh verhandelt hat. Dann sind die Ergebnisse vielleicht nicht so glücklich, wie man sich das mit etwas mehr Ruhe vorstellen würde.

Die Diskussionen begleiten uns seit dem Inkrafttreten zum 1. Januar 2005. Um auch Klarheit in die Situation im Lande zu bringen, haben wir vor einigen Monaten eine Große Anfrage an die Landesregierung gerichtet, um zu erfahren, wie es im Land aussieht. Nicht erstaunlich ist, dass es nicht sehr viel anders aussieht als in Deutschland insgesamt. Wir haben nämlich eine Entwicklung, die so von uns allen nicht vorhergesehen wurde.

Wir haben deutlich höhere Zahlen an bedürftigen Menschen in Rheinland-Pfalz, nämlich rund 136.000 Bedarfsgemeinschaften. 250.000 Personen in RheinlandPfalz gehen zu den ARGEn, zu den Optionskommunen, und bekommen dort Hilfe nach dem Arbeitslosengeld II.