Protocol of the Session on March 17, 2010

Vielen Dank.

Für die SPD-Fraktion hat Frau Kollegin Elsner das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestern war für die Lobby der Lebensmittelindustrie ein guter Tag, und die konservativen Abgeordneten im Ausschuss für Gesundheit und Umwelt in Europa haben dort die Steigbügel gehalten. Die Ampel-Kennzeichnung ist zunächst einmal mit einer Stimme Mehrheit, also äußerst knapp, abgelehnt worden.

Bezeichnend dabei ist, dass Coca-Cola, Nestlé und sieben weitere Konzerne diese Entscheidung, die mit nur einer Stimme Mehrheit – ich betone es noch einmal – getroffen wurde, sehr begrüßt haben. Ich finde das bedauerlich, zumal es sich gegen die Verbraucherinnen und Verbraucher richtet.

(Beifall der SPD)

Laut Umfrage wollen 70 % der Menschen in Deutschland die Ampel-Regelung als Kennzeichnung.

Das EU-Parlament wird hierüber noch im Mai oder Juni beschließen müssen. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass die Meinungen sehr weit auseinandergehen.

Wir werden uns das sehr genau ansehen. Hierbei muss zumindest eine nationalstaatliche Regelung möglich sein. Dann müssen auch Frau Aigner und Frau Klöckner sagen, warum sie gegen den ausdrücklichen Willen der Verbraucherinnen und Verbraucher handeln.

(Frau Schäfer, CDU: Ich bin auch Verbraucher! Ich will es nicht!)

Frau Klöckner kann sich nicht damit herausreden, dass die Ampel-Kennzeichnung zu vereinfachend ist. Das ist geradezu ein Affront gegen die Konsumenten.

(Beifall der SPD – Pörksen, SPD: Richtig!)

Sie will die Kunden zwingen, sich beim Einkauf ca. zwei Stunden Zeit zu nehmen, um die diversen Inhaltsstoffe auf einer Verpackung zu lesen.

Ich habe dann im Geschäft die Möglichkeit, den Nährwert einer Dose Fisch herauszufinden. – Ich habe einmal eine Dose Fisch mitgebracht, ich esse ihn sehr gerne.

(Schweitzer, SPD: Ich aber nicht! – Zuruf von der CDU: Ich esse nur frischen Fisch!)

Es sind Pfeffermakrelenfilets. Die Verbraucherinnen und Verbraucher, die Kunden haben die Möglichkeit, die Inhaltsstoffe zu lesen. Ich empfehle aber nachdrücklich, eine Lupe mitzubringen.

Ich habe es mir einmal abgeschrieben. Die Inhaltsstoffe sind im Kleingedruckten vermerkt.

(Schweitzer, SPD: Ich kann es gar nicht lesen!)

Auf der Dose steht: Angaben zum Brennwert: 150 Kalorien, Eiweiß: 18,3 Gramm, Kohlenhydrate: 8,2 Gramm, Zucker: 0,2 Gramm, Fett, gesättigte Fettsäuren, Inhaltsstoffe, Natrium, umgerechnet auf jeweils 100 Gramm. – Diese Dose enthält 125 Gramm. Das müssen Sie einmal zur Kenntnis nehmen. Wie gesagt, lesbar ist das ohne Lupe nicht.

(Unruhe im Hause)

Ich glaube, ich muss ein wenig leiser sprechen, dann werden sich auch die Kollegen etwas beruhigen.

(Beifall der SPD)

Außerdem ist ein kleiner Lehrgang für Ernährungslehre in der Volkshochschule dringend angeraten. Dies sollten nach Lesart von Frau Klöckner und Frau Schäfer sowieso alle Verbraucherinnen und Verbraucher nachholen.

Uns stellt sich nachdrücklich die Frage, weshalb alle Warnungen der Krankenkassen und der Ärzte in den Wind geschlagen werden und weshalb so getan wird, als gäbe es bei der derzeitigen Kennzeichnung keine Probleme. Warum haben wir die hohe Zahl an übergewichtigen Menschen? Sind die Menschen deshalb übergewichtig, weil die bisherige Kennzeichnung so optimal ist?

Laut der Ärzte und Krankenkassen, nachzulesen in „SPIEGEL ONLINE“, sind in Deutschland zwei von drei Männern und jede zweite Frau übergewichtig. Hinzu kommen 1,9 Millionen Kinder und Jugendliche.

Für Sie ist die Lobby der Lebensmittelindustrie maßgeblicher als alle Warnungen der Verbraucherschützer, der Ärzte, Krankenkassen und Wissenschaftler.

Frau Schäfer, wie sagten Sie in der letzten Plenardebatte so schön? – Ich habe noch nie gehört, dass die derzeitige Kennzeichnung krank macht und man sich davon distanzieren muss. Das haben Sie in der letzten Plenardebatte gesagt.

(Pörksen, SPD: Sie sagt viel Quatsch!)

Aber ich sage Ihnen, es kommt nicht aufs Hörensagen an. Nur ein Blick in unsere Gesellschaft und auf die wissenschaftlich belegten Zahlen machen deutlich, dass die derzeitige Kennzeichnung und das, was in der EU demnächst an Kennzeichnung geplant ist, nicht ausreicht.

(Beifall der SPD)

Die Frage muss doch lauten: Warum setzen sich so viele Organisationen für die Ampelkennzeichnung ein? – Sie alle wollen im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher und deren Gesundheit gehandelt wissen. Jährlich werden Milliarden Euro für ernährungsbedingte Krankheiten ausgegeben. Fachleute sprechen von 70 Milliarden Euro. Auch das ist für das Gesundheitswesen relevant.

Es ist auch bewiesen, dass sich in England nach Einführung der Ampelkennzeichnung die Lebensmittelindustrie bei den Inhaltsstoffen umgestellt hat. Dazu gehören beispielsweise auch die Geschmacksverstärker oder diverse Aromastoffe. Die Verbraucherzentrale hat insbesondere davor schon gewarnt.

Die mündigen Verbraucherinnen und Verbraucher müssen durch ihre Kaufentscheidung klar zum Ausdruck bringen, dass sie auf einen Blick sehen möchten, wo Vorsicht geboten ist und was sie unbedenklich essen können. Dies ist von der Lebensmittelindustrie offenbar sehr gefürchtet.

Wir werden dies benennen und auch immer wieder darauf drängen, endlich dem Wunsch der Verbraucherinnen und Verbraucher zu entsprechen. Dies bedeutet für meine Fraktion eine einfache und transparente Kennzeichnung, die mit der Nährwertampel gegeben ist, damit der Kunde im Laden nicht mit der Lupe den Packungsinhalt nachlesen muss.

(Glocke der Präsidentin)

Ich komme sofort zum Schluss, Frau Präsidentin.

Hierfür werden wir uns auch weiterhin einsetzen. Dies gilt auch für die Abgeordneten im EU-Parlament – ich denke, auch andere Organisationen werden nicht ruhen –; denn dort wird das Gesetz noch abgestimmt werden müssen.

(Glocke der Präsidentin)

Eine Stimme im Ausschuss sagt überhaupt nichts.

Danke schön.

(Beifall der SPD)

Für die CDU-Fraktion hat nun Frau Kollegin Schäfer das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Pörksen, SPD: Und schon steht die Ampel auf Rot!)

Schön wäre es für Sie, nicht wahr? Das hätten Sie gern!

Liebe Frau Kollegin Elsner, ich finde es sehr nett, dass Sie für d i e Verbraucher sprechen. Ich kann Ihnen sagen, ich bin auch Verbraucherin, und für mich sprechen Sie ganz sicher nicht.

Ich will an dieser Stelle auch nicht von Verbrauchertäuschung sprechen. Aber das, was Sie heute tun, ist unredlich. Sie tun gerade so, als ginge die Welt unter, wenn es nicht zu der von Ihnen bevorzugten Lösung der Kennzeichnung kommt. Das haben wir heute schon zur Genüge gehört, und das ist einfach unredlich. Damit machen Sie den Verbrauchern etwas vor. Aber glauben Sie nicht, dass sie darauf hereinfallen. Die Verbraucher wissen das schon.

(Beifall der CDU)

Wir haben uns darüber gewundert, dass Sie nach der gestrigen Entscheidung im Europaparlament noch bei Ihrer Position bleiben. Ich möchte noch ein paar Sätze dazu sagen, was die Ampelkennzeichnung bedeutet. Wir haben schon beim letzten Mal sehr ausführlich darüber gesprochen.

Die Nährwertampel ist eine irreführende Kennzeichnung. Können Sie sich vorstellen, was Verbraucherinnen und Verbraucher denken, wenn sie beispielsweise die Kombination von rot und grün auf einer Lebensmittelpackung sehen?

(Ministerpräsident Beck: Wenn sie schwarz sehen würden, wäre es schlimmer!)

Ist es nun gut oder schlecht für sie?