Protocol of the Session on February 5, 2010

Wir wollen zur nächsten Frage kommen.

Meine Damen und Herren, zuvor begrüße ich als Gäste auf der Zuschauertribüne Schülerinnen und Schüler der Höheren Berufsfachschulklasse im Fach Sozialkunde der Ketteler Schule Mainz und Schülerinnen und Schüler der 9. Klasse der Friedrich-Ebert-Schule Mainz-Weisenau. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Günter Eymael und Werner Kuhn (FDP), Geplanter Umzug des US-Militärkrankenhauses Landstuhl nach Weilerbach – Nummer 7 der Drucksache 15/4224 – betreffend, auf.

Ich denke, Herr Kollege Eymael wird vortragen. – Bitte schön.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Kenntnisse liegen der Landesregierung im Bezug auf den Zeitplan der US-Streitkräfte für die Verlagerung des Krankenhausbetriebs vor?

2. Welche wirtschaftlichen Folgen hätte eine Verlagerung des Hospitalbetriebs absehbar für den derzeitigen Standort Landstuhl und die unmittelbar umliegenden Gemeinden?

3. Wie plant die Landesregierung, diese Folgen für die betroffenen Kommunen – soweit negativ – abzumildern oder zu kompensieren?

4. Welche Chancen und/oder Risiken ergeben sich aus Sicht der Landesregierung für ein durch diesen Umzug entstehendes weiteres Konversionsobjekt auf dem Gelände des ehemaligen Militärhospitals in Landstuhl?

Wer antwortet für die Landesregierung? – Herr Innenminister, bitte schön.

(Ramsauer, SPD: NATO-Minister!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Für die Landesregierung darf ich die Mündliche Anfrage Nummer 7 wie folgt beantworten:

Ich denke, zuvörderst ist erst einmal aufgrund des Vorschlags der Generäle festzustellen, dieser Vorschlag ist ein wichtiges Bekenntnis zum Standort Rheinland-Pfalz und zum Standort Ramstein und von daher mit allem, was wir sagen können, erst einmal zu begrüßen, bevor wir in die kritischen Fragen hineingehen.

Nicht nur, dass wir von der Bauwirtschaft profitieren – wir reden über eine hohe Investition –, sondern die Region insgesamt wird sicherlich gestärkt werden.

Zu Frage 1: Es gibt derzeit noch keine Entscheidung, inwieweit es für das Landstuhler Krankenhaus eine Sanierung, eine Erweiterung oder eine Verlagerung geben wird. Es gibt auch noch keinen Zeitplan.

Kurz gesagt, es gibt – lediglich oder mit Bedeutung – den Vorschlag der Generalität von Army und Air Force – den Vorschlag kennen Sie aus der Presse –, in Landstuhl nicht weiter zu investieren, sondern am Standort Weilerbach zu investieren.

Ich will Ihnen einige Hintergründe erläutern: Seit Anfang 2008 gibt es auf US-Seite Planungen, das aus dem Jahr 1953 stammende Zentralkrankenhaus der US Army in Europa grundlegend zu sanieren. Darüber wurden Ministerpräsident Kurt Beck und ich bei einem Besuch auf dem Landstuhler Kirchberg – das ist das Krankenhaus – am 3. September 2008 unterrichtet. Damals wurde uns auch ein etwaiger Zeitplan vorgetragen und ebenfalls ausgeführt, dass Haushaltsmittel im Pentagon beantragt seien.

Im Sommer 2009 gab es US-interne Überlegungen, das Hospital aus baulogistischen Gründen unter Umständen gänzlich neu zu bauen. Auch könne man die ebenfalls zur Sanierung anstehende Ambulanzklinik auf der Air Base Ramstein in das Projekt einbeziehen, so die Überlegung auf militärischer Seite.

Darüber gab es einen Artikel in der amerikanischen Zeitschrift „Stars and Stripes“ am 25. Juni 2009. Von konkreten Standorten war allerdings darin nicht die Rede. Dieser Artikel hat mich jedoch veranlasst, die Planung zum Landstuhler Hospital bei meinem letzten Besuch im Pentagon Anfang November 2009 zum Thema zu machen. Ich habe dort auch die Bedeutung unterstrichen, die ein solches Großvorhaben für das Land, die Region, gerade in der Westpfalz, haben würde. Ich habe dazu die Unterstützung der Landesregierung zugesichert.

Im gleichen Maße habe ich den Gesprächspartnern deutlich gemacht, dass bei der Umsetzung des Projekts deutsches Planungsrecht und deutsche Fachgesetze beachtet werden müssen. Das gilt auch, wenn bei denkbaren Standortalternativen militärische Erfordernisse, etwa mit Umwelt- oder landespflegerischen Belangen, abzuwägen sind.

Diese Haltung habe ich am 18. Dezember 2009 auch in einem Schreiben an den Oberkommandierenden der US Army in Europa, General Carter Ham, zum Ausdruck gebracht. Zu Ihrem Verständnis: Planungen für Bauvorhaben der US-Streitkräfte entstehen in der Regel bei den Einheiten vor Ort. Die Planentwürfe gelangen zunächst als Vorschlag und als Anmeldung von Haushaltsmitteln in das Pentagon und von dort in den Kongress, um dort die Freigabe der Mittel zu bewirken. Erst danach erhalten die deutschen Stellen einen konkreten Planungs- und Ausführungsauftrag.

Wie sieht es zurzeit aus? – Wir befinden uns augenblicklich noch in der US-internen Vorplanungsphase. General Ham hat den Ministerpräsidenten und mich am 21. Januar 2009 unterrichtet, dass der Vorschlag der USMilitärstellen an das Pentagon dahin geht, das Landstuhler Krankenhaus unter Einbeziehung der Ambulanzklinik der Air Force gänzlich neu zu bauen. Vorzugsweise wird ein einheitlicher neuer Standort im westlichen Teil des bisherigen Depots Weilerbach vorgeschlagen, und zwar, weil es in unmittelbarer Nähe der Air Base liegt.

Diesen Vorschlag kann man sicherlich zuerst nachvollziehen. Wir haben vereinbart, sollte es zur Planung und Ausführung des Projekts kommen, dass dies in enger Absprache und Kooperation mit den betroffenen Gemeinden und den staatlichen Stellen in Rheinland-Pfalz zu tun ist.

Im nächsten Schritt jedoch muss jetzt erst der USKongress entscheiden, ob es überhaupt zu dem vorgeschlagenen Neubauprojekt kommt und wann und in welcher Höhe die erforderlichen Haushaltsmittel bereitgestellt werden.

Diese Entscheidung ist, ausweislich des damaligen Besuchs im November 2009 und der Aussage hierzu von General Carter Ham gegenüber dem Ministerpräsidenten Beck, in diesem Monat Februar zu erwarten.

Man kann nun trefflich darüber streiten oder diskutieren, welche Maßnahmen seitens des Landes für diesen oder jenen Fall der US-Entscheidung für die jeweils betroffenen Standorte vorbereitet werden müssen.

Wir diskutieren dies natürlich mit den betroffenen Gemeinden. Wir haben dazu die Bürgermeister, den Landrat und die Abgeordneten des Bundestages und des Landtages zu einer ersten Erörterung am 19. Februar eingeladen; von daher erwarte ich bis zu diesem Zeitpunkt möglicherweise auch schon eine Information von der Generalität.

Zu Frage 2: Grundsätzlich sind US-Militäreinrichtungen keine Wirtschaftssubjekte im Sinne der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung der Bundesrepublik Deutschland. Allerdings ergeben sich aufgrund von Sekundäreffekten insbesondere Auswirkungen auf die Region in Bezug auf den privaten Wohnungsmarkt. Ein Nachfragerückgang am örtlichen Wohnungsmarkt ist wahrscheinlich, allerdings aufgrund der geringen Fahrdistanz von 10 bis 15 Minuten zum möglichen neuen Standort nur in einer schwach ausgeprägten Form zu erwarten.

Im Rahmen der Gesamtplanung der US-Streitkräfte für den Standort Kaiserslautern ist derzeit mit einem weiteren Aufwuchs der Stationierungszahlen zu rechnen. General Ham hat Herrn Ministerpräsidenten Beck in dem Gespräch erklärt, dass die Army den Standort Sembach übernimmt und ihn ausbaut. Die Entwicklung in Sembach – ich habe sie soeben erläutert –, aber auch die Stationierung zusätzlicher Einheiten in Ramstein zeigen, dass die US-Streitkräfte ihre Präsenz im Raum Kaiserslautern generell stärken und dafür auch Einheiten von Standorten in anderen Bundesländern in die Westpfalz verlagern werden. Hierdurch werden negative Auswirkungen auf den privaten Wohnungsmarkt – so sehen wir es jedenfalls – kompensiert. Aufgrund der unmittelbaren Nähe zur Airbase Ramstein wird Landstuhl auch weiterhin ein bevorzugter Wohnstandort der US-Streitkräfte bleiben.

Bezüglich eventueller Folgen im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs weise ich auf Folgendes hin:

Zum Ausgleich von Belastungen aus der Stationierung ausländischer Streitkräfte wird der Leistungsansatz für nicht kasernierte Soldatinnen und Soldaten, Zivilangehörige und Familienangehörige der ausländischen Stationierungsstreitkräfte gemäß § 11 Abs. 4 Nr. 1 Landesfinanzausgleichsgesetz gewährt. Sie erinnern sich, wir haben dies geändert. Der Ansatz beträgt bei den Gemeinden 35 % der nach dem Stand vom 30. Juni des Vorjahres ermittelten Zahl der nicht kasernierten Soldatinnen und Soldaten, Zivilangehörigen und Familienangehörigen der ausländischen Streitkräfte, soweit diese nicht dem deutschen Melderecht unterliegen.

Sofern die Anzahl der maßgeblichen Stationierungseinwohner im Zuge eines eventuellen Umzugs des USMilitärkrankenhauses in Weilerbach zu- und in Landstuhl abnehmen sollte, würde sich auch entsprechend der Zufluss von Schlüsselzuweisungen B 2 entsprechend verändern. Allerdings ist angesichts der äußerst geringen Entfernung zwischen Landstuhl und Weilerbach – etwa 12 Kilometer – äußerst fraglich, ob es im Falle der Verlagerung des Hospitals überhaupt zu einer nennenswerten Wohnortverlegung kommen würde.

Zu den Fragen 3 und 4, die ich gern zusammen beantworten würde: Es geht um die Kompensation möglicher wirtschaftlicher Ausfälle. Sollte ein Umzug des USMilitärkrankenhauses von Landstuhl nach Weilerbach erfolgen, wird sich dadurch eine Freigabe der Liegenschaft in Landstuhl erst nach Abschluss einer mehrjährigen Planungs- und Bauphase ergeben. Die Landesregierung wird sich bei einer Konkretisierung der USMilitärplanung sehr frühzeitig zunächst um eine militärische Nachnutzung oder dann um eine zivile Nachnutzung bemühen. Es gibt genügend Fläche und Gebäude. Zum gegebenen Zeitpunkt werden wir natürlich die Verhandlungen mit der US-Seite aufnehmen, die wir praktisch schon jetzt ständig führen, um frühzeitig Möglichkeiten einer Anschlussnutzung für die Liegenschaft zu besprechen.

Die Frage, was genau dort geschehen wird, ob ein Weiterbetrieb der bestehenden Verwaltungsgebäude am Standort Landstuhl denkbar wäre, ob ein Umzug des Krankenhauses erfolgen wird und was mit den Fischer

häusern geschieht, ist noch völlig offen. Sollte eine militärische Anschlussnutzung nicht gefunden werden, wird die Landesregierung Möglichkeiten der zivilen Konversion ausloten. Wir haben eine 20-jährige Erfahrung in erfolgreicher Konversionsarbeit. Wir haben dies bereits an anderen Standorten praktiziert, und wir werden auch in diesem Fall unsere Unterstützung und Hilfe anbieten.

Chancen und Risiken sind – wie immer – auch mit diesem Projekt verbunden. Ich warte zunächst einmal darauf, dass es einen verbindlichen Projektfahrplan von Seiten der US-Amerikaner gibt. Vorher ist alles, was wir tun – entschuldigen Sie, wenn ich das so sage, Herr Abgeordneter –, ein wenig spekulativ.

So weit meine Antwort.

Es liegt eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Dr. Altherr vor.

Herr Staatsminister, vielen Dank für die ausführliche Beantwortung der Fragen.

Neben dem US-Hospital sind noch weitere Einrichtungen auf dem Kirchberg bzw. in den benachbarten Ortschaften. Zu nennen sind beispielsweise der Heliport und der Schießplatz. Für die Stadt Landstuhl wäre es natürlich von großem Interesse, wenn im Falle einer Verlegung des Hospitals nach Weilerbach auch die sonstigen militärischen Liegenschaften vollends geräumt würden. Insbesondere der Hubschrauberlandeplatz ist mit großen Lärmemissionen verbunden, die gerade in der Sommerzeit des Nachts zu großen Belästigungen bei der Bevölkerung führen.

Liegen der Landesregierung respektive Ihnen Erkenntnisse darüber vor, ob auch eine Verlagerung des Hubschrauberlandeplatzes nach Ramstein geplant ist bzw. was mit dem Schießplatz Breitenwald geschehen soll?

(Hartloff, SPD: Das ist aber unter „Hospital“ sehr weit gefasst!)

Wir wissen, dass es verschiedene Einrichtungen rund um den Kirchberg gibt und diese Einrichtungen zum Teil zwar belastend sind, aber auch zur Infrastruktur insgesamt gehören.

Wir wissen noch nicht, wie die US-Militärseite die weitere Entwicklung auf dem Kirchberg plant. Wir sind noch nicht so weit, aber wir haben es natürlich im Fokus. Ich kann die Position in Landstuhl durchaus verstehen zu sagen: Wenn man das Gute verliert, will man das Schlechte nicht unbedingt behalten. – Darüber werden wir zu reden haben. Aber konkrete Hinweise liegen uns bisher noch nicht vor. Auch General Ham, der Chef des Hauptquartiers, weiß die Details noch nicht. Wir werden

eine Arbeitsgruppe bilden, die sich mit dieser Entwicklung beschäftigt.

Eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Eymael.

Herr Staatsminister, können Sie definitiv ausschließen – was ich einmal aufgrund Ihres Vortrags vermute –, dass das Militärhospital auch in den USA gebaut werden könnte? – Es gab einzelne Stimmen in der Region Westpfalz, die das behaupteten. Aber wenn ich es richtig verstehe, ist es nach Ihren Worten sicher, dass zwar der Standort Landstuhl aufgegeben wird, aber Weilerbach der bevorzugte Standort ist.

Herr Abgeordneter, ich will Ihnen aufgrund meiner Erfahrungen, die ich nach vielen USA-Besuchen und vielen Gesprächen im Kongress, im Repräsentantenhaus und im Senat gesammelt habe, etwas kryptisch antworten. Es gibt im Senat und im Repräsentantenhaus große Verbündete für den deutschen Standort und große Verbündete für Rheinland-Pfalz. Es gibt aber durchaus auch Senatorinnen und Senatoren, die jedes Mal nachfragen: Müssen wir die Militäreinrichtungen außerhalb der USA errichten? Ist es nicht bei uns möglich? – Wenn wir sie in Europa errichten, wo können wir sie günstiger errichten? Müssen wir sie an den Standorten errichten, die die Militärs vorschlagen?

Von Seiten des Militärs wird Deutschland als ein hervorragender Standort angesehen und Rheinland-Pfalz als der beste Standort, den sie haben. – Wir hätten sicherlich nicht den Erfolg gehabt, der viele Väter und Mütter hat, mit Baumholder und Spangdahlem als endgültige Standorte, wenn es uns nicht gelungen wäre, den Standort Rheinland-Pfalz klar zu fokussieren.

Wir reden bei dieser Frage über ein Invest, das sich bei etwa 1,3 Milliarden Dollar verdichtet. Das ist das größte Invest, das die US-Army außerhalb der USA vorschlägt. Ich werde Anfang Mai wieder im Pentagon sein und erneut mit der Planungschefin reden, die uns damals informiert hat. Sie können sich vorstellen, dass dies natürlich auch im Senat und im Repräsentantenhaus diskutiert wird. Es ist schon diskutiert worden, und wir haben unsere Position dargestellt. Wir haben gesagt, der Standort Landstuhl ist hervorragend. Zumindest Ministerpräsident Beck und ich haben damals schon das 700-Millionen-Dollar-Projekt in Landstuhl als das größte vorgestellt bekommen und haben es begrüßt. Wir haben gesagt, wir werden alles tun, damit es in Rheinland-Pfalz realisiert werden kann.