Protocol of the Session on February 3, 2010

In den Städten war der Bedarf seit jeher groß, aber auch in den ländlichen Regionen hat sich der Bedarf durch die vermehrte Berufstätigkeit der Eltern entwickelt. Was früher undenkbar war, ist heute innerhalb von kürzester Zeit ein Stückchen Selbstverständlichkeit geworden.

Ich erinnere mich noch gut daran, als ich vor zehn Jahren mein erstes Kind im Alter von zweidreiviertel in der Kindertagesstätte anmelden konnte, war das noch etwas Besonderes in unserer Kleinstadt. Heute, zehn Jahre später, hat sich die gleiche Kindertagesstätte weiterentwickelt.

Statt vier Regelgruppen gibt es heute dort drei Regelgruppen, zwei altersgemischte Gruppen und ab dem Sommer auch eine Krippengruppe. Das ist exemplarische Entwicklung für das Land Rheinland-Pfalz beim Ausbau U 3.

(Beifall bei der SPD)

Krippengruppen und altersgemischte Gruppen sind in Rheinland-Pfalz schnell gefüllt; denn der qualitativ hohe Anspruch unserer Einrichtungen von der Pfalz bis ins Rheinland hat sich herumgesprochen. Das wird dankenswerterweise durch zahlreiche Studien immer wieder bestätig, seien es die Zahlen vom Deutschen Jugendinstitut oder wie wir es heute – dpa hat es gemeldet – in einer neuen Studie der Bertelsmann-Stiftung lesen konnten. Da wird insbesondere der hervorragende Betreuungsschlüssel in Rheinland-Pfalz gelobt. Wir freuen uns

darüber, dass Rheinland-Pfalz unmittelbar nach der Hansestadt Bremen die zweitbeste Betreuungsquote bundesweit in den Kindertagesstätten hat. Auch da ist Rheinland-Pfalz als Bildungsland wieder bundesweit mit in der Spitzenrolle. Darauf sind wir ein Stückchen stolz.

(Beifall bei der SPD)

Sehr geehrte Frau Kollegin Hayn. Sie haben das Thema der Wahlfreiheit für Eltern angesprochen. Ich sage Ihnen, das ist für uns ein ganz besonders wichtiges Thema; denn Eltern müssen entsprechend ihrer Berufstätigkeit, ihrer Ausrichtung genau entscheiden können, ob sie eine Kindertagesstätte, eine Krippe oder eine Tagespflege in Anspruch nehmen. Ich möchte diesen Bereich besonders erwähnen, weil er in dem Programm „Zukunftschance Kinder – Bildung von Anfang“ einen ganz wichtigen Stellenwert hat.

Was ist nun neu? Neu ist in Rheinland-Pfalz – auch da sind wir wieder Spitzenreiter – die Beitragsfreiheit der Zweijährigen bereits im Dritten Landesgesetz zur Änderung des Kindertagesstättengesetzes. Ich wiederhole gerne, dass wir das bereits am 12. Juni 2007 im Landtag beschlossen haben und es am 1. September 2007 in Kraft getreten ist.

(Unruhe im Hause)

Frau Kollegin, ich bitte Sie um Verständnis. Interviews bitte ich, in der Lobby zu führen und nicht hier im Plenarsaal.

Die Änderung des Kindertagesstättengesetzes, in dem die Beitragsfreiheit geregelt ist, enthält die Regelung über den Rechtsanspruch der Beitragsfreiheit ab 1. August 2010.

Frau Kollegin Hayn, das finden Sie in § 13. Dort finden Sie ganz klar geregelt, dass Rheinland-Pfalz ein gebührenfreies Bildungsland ist, und zwar von der Kindertagesstätte an bis hin zum Erststudium.

Bevor der Bund überhaupt in die Puschen gekommen ist, haben wir diese Punkte angesprochen. Wir sind stolz auf das, was wir erreicht haben. Bereits im Jahr 2005 hatten wir 6.500 Plätze für unter Dreijährige. Im August 2009 waren es bereits 19.900 Plätze für unter Dreijährige in den Kindertagesstätten. Davon sind allein 4.100 Krippenplätze.

Die Ministerin hat das mit den Kommunen besprochen. Sie wird das sicher selbst viel besser und ausführlicher darlegen können. Man konnte es auch der Presse entnehmen. Ich nehme an, Sie haben mit Ihren kommunalen Vertretern vor Ort gesprochen. An der Stelle, an der der Rechtsanspruch nicht durch einen Kindertagesstättenplatz für Kinder unter drei Jahre erfüllt werden kann, soll das durch einen beitragsfreien Krippenplatz geschehen. Landeszuweisungen zum Ausgleich der Beitrags

freiheit in Höhe des jeweiligen Kindertagesstättenbeitrages für Ganztagsplätze werden entsprechend der gesetzlichen Grundlage gezahlt. Der mögliche Differenzbetrag zwischen der Landeserstattung und den bisherigen Elternbeiträgen übernimmt das Jugendamt. Das ist eine Regelung, die es allen Eltern ermöglicht, vor Ort einen adäquaten Platz für ihr unter dreijähriges Kind in einer qualitativ hochwertigen Betreuung zu finden.

Sehr geehrte Frau Kollegin Hayn, deshalb ist eine Gesetzesänderung, wie von Ihnen vorgeschlagen, überflüssig.

(Beifall bei der SPD)

Gestatten Sie mir, noch einmal das Thema der Mogelpackung aufzugreifen. Ich wehre mich ganz entschieden dagegen, dass Sie diesen Vorwurf so haltlos vorbringen.

(Pörksen, SPD: Das ist doch typisch für die!)

Wenn wir uns die zeitliche Abfolge ein bisschen ins Gedächtnis rufen, so stellen wir fest, dass die Ministerin mehrfach in der Öffentlichkeit kundgetan hat, dass die Verhandlungen zwischen dem Ministerium und den kommunalen Spitzenverbänden über die Erfüllung des Rechtsanspruchs für Zweijährige und die Beitragsfreiheit bereits Oktober/November letzten Jahres begonnen haben. Plötzlich, einen Tag vor Heiligabend, kommt der Gesetzentwurf der CDU als Landtagsdrucksache ins Haus geflattert. Ich habe mir gedacht, das ist doch ein schönes Weihnachtsgeschenk, was Sie machen wollen.

(Zurufe von der CDU)

Sie müssen sich die zeitliche Abfolge zu Gemüte führen. Am 23. Dezember kommt Ihr Gesetzentwurf als Drucksache, und am 15. Januar schafft es die Ministerin, eine Einigung mit den kommunalen Spitzenverbänden zu erreichen. Das weiß doch jeder, der schon lange praktische Politik macht, dass das schon vorher eingetütet war und dass das so eine Art „Nachklapp“ war, den Sie gebracht haben.

(Beifall bei der SPD – Zuruf der Abg. Frau Kohnle-Gros)

Was müssen wir in Zukunft tun?

Sehr geehrte Frau Ministerin, der Gesetzentwurf der CDU hat der Fraktion der SPD gezeigt, dass wir eines ganz bestimmt brauchen: Wir glauben, wir brauchen viel mehr Öffentlichkeitsarbeit und Information über unser Kindertagesstättengesetz, über die Beitragsfreiheit und über die Betreuungsquote, weil ich glaube, dass hier ein Informationsdefizit besteht, das wir erfüllen müssen. Ich glaube, da können Sie, da kann Ihr Haus sicherlich noch einen wichtigen Beitrag leisten. Wir müssen über die Bildungs- und Erziehungsempfehlungen und über die qualitativ hochwertige Ausbildung und Arbeit, die unsere Erzieherinnen und Erzieher leisten, berichten. Wir müssen über die Ausweitung der Kapazitäten sprechen, damit die Eltern in Rheinland-Pfalz gut darüber informiert sind. Wir brauchen den konstruktiven Dialog, den Sie, Frau Ministerin, begonnen haben. Wir wünschen uns, dass Sie den im Einvernehmen mit den Kommunen und

den freien Trägern fortsetzen, damit das, was in dem Programm „Zukunftschance Kinder – Bildung von Anfang an“ steht, weiter realisiert werden kann.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Nicole Morsblech für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ab dem 1. August dieses Jahres wird es in Rheinland-Pfalz einen Rechtsanspruch auf einen kostenfreien Kindergartenplatz für zweijährige Kinder geben. Um genügend Plätze für Kinder unter drei Jahren in der Fläche zur Verfügung zu stellen, haben sich die Kommunen sehr angestrengt, diesem gesetzlich vorgegebenen Anspruch gerecht zu werden und haben den Ausbau gemeinsam mit dem Land vorangetrieben. Dabei sind sowohl Plätze für Zweijährige in geöffneten Kindergartengruppen als auch Krippenplätze für alle Kinder unter drei Jahren entstanden. Zu diesem Thema werde ich gleich noch kurz etwas sagen.

Nachdem die Landesregierung zunächst die Beitragsfreiheit nur für die geöffnete Kindergartengruppe in dieser Altersgruppe geplant hat, hat die CDU-Fraktion einen Gesetzentwurf vorgelegt. Zumindest war das die Wahrnehmung von außen. Dieser sieht vor, dass die Inanspruchnahme eines Krippenplatzes ebenso kostenfrei sein soll. Nachdem der Gesetzentwurf vorgestellt war, bekam man die Meldung von der Ministerin, dass der Krippenplatz für Zweijährige dann, wenn nicht mehr genügend Kindergartenplätze für die Zweijährigen vorhanden sind, kostenfrei ist und dann die Beiträge erstattet werden. So habe ich es zumindest verstanden.

Danach haben wir noch eine Meldung von Frau Kollegin Brede-Hoffmann bekommen. Sie hat außerordentlich begrüßt, dass die Landesregierung schon im November diesbezügliche Verhandlungen mit den kommunalen Spitzenverbänden aufgenommen habe. Wir hören heute wieder Anklänge des üblichen etwas kleinlichen Streits, wer denn zu welchem Zeitpunkt denselben Gedanken von den beiden großen Fraktionen in diesem Hause hatte.

Meine Fraktion sieht zu diesem Thema etwas andere Fragen als wichtig und vorrangig an. Auf diese möchte ich mich jetzt in meinem weiteren Beitrag konzentrieren. Wir meinen, dass das zum einen die Frage einer wirklichen Wahlfreiheit für Eltern im Hinblick auf die Betreuungsform ihrer Kleinkinder ist. Zum anderen ist das die Frage der Finanzierung und der Einhaltung des gesetzlich verankerten Konnexitätsprinzip in diesem Fall. Darüber wird in diesem Hause noch diskutiert werden müssen.

Lassen Sie mich zunächst einmal etwas zur Wahlfreiheit sagen. Meine Fraktion hat in dieser Legislaturperiode schon an verschiedenen Stellen deutlich gemacht, dass wir Familien, ihre Eigenverantwortung und ihre Lebensentwürfe viel stärker als bisher in den Mittelpunkt unserer Politik rücken müssen und das vor allem für den Bereich der frühkindlichen Bildung und Betreuung gelten muss.

Wir glauben zum einen, dass es wichtig ist, dass Eltern, die ihre Kinder in den frühen Lebensjahren selbst betreuen und selbst erziehen, dadurch kein Nachteil entsteht. Weil wir die Problematik der sogenannten Herdprämie kennen und darum wissen, dass es diese Diskussion und dieses Problem gibt, haben wir uns hier in Rheinland-Pfalz als FDP immer dafür stark gemacht, dass wir Lösungen entwickeln, die diese Leistung honorieren, ohne direkt mit einer Barauszahlung, mit Geld, verbunden zu sein, zum Beispiel, indem man frühkindliche Betreuungs- und Bildungsleistungen von Eltern steuerlich absetzbar macht oder auf die Altersvorsorge anrechnet.

(Beifall der FDP – Fuhr, SPD: Alle Strukturen kaputt!)

Wir haben darüber hinaus gesagt, dass gerade in einer Zeit, in der sich Familienmodelle, Arbeitszeitmodelle, Lebensentwürfe und Berufsbiografien rasant entwickeln und sich die Gesellschaft so verändert, wie es sie tut, ein immer breiteres und differenzierteres Betreuungsangebot im frühkindlichen Bereich zur Verfügung stehen muss, das Eltern eine größtmögliche Wahlfreiheit lässt, sehr viel Flexibilität beinhaltet und den persönlichen Vorstellungen und Wünschen darüber – auch den persönlichen Vorstellungen von Familien –, wie ein Kind gut aufgehoben ist, welche Bedürfnisse das jeweilige Kind hat, wie es sich am besten entwickeln kann, so gut wie möglich gerecht wird. Von diesem Ziel sind wir meiner Ansicht nach in Rheinland-Pfalz noch recht weit entfernt.

Wenn die CDU jetzt sagt, das sei in ihren Vorstellungen schon dann verwirklicht, wenn man neben dem Kindergartenplatz auch den Krippenplatz grundsätzlich kostenfrei anbietet, dann mögen Sie das so sehen. Für uns ist auch das keine echte Wahlfreiheit.

(Beifall bei der FDP)

Es ist natürlich aber erst recht keine echte Wahlfreiheit, wenn Sie als Landesregierung sagen, Sie erfüllen auf dem Papier Ihren Rechtsanspruch, und die Wahlfreiheit besteht dann darin, dass dann, wenn alle Kindergartenplätze – das ist die einzige Betreuungsform, die Sie eigentlich kostenfrei zur Verfügung stellen wollen und die Sie massiv ausgebaut haben – voll sind, auch den Krippenplatz zulassen. Das ist in meinen Augen überhaupt keine Wahlfreiheit.

(Beifall der FDP)

Wir haben eben gehört – ich bekam den heute von der Bertelsmann-Stiftung per E-Mail geschickt –, dass es den neuen Länderreport „Frühkindliche Bildung 2009“ der Bertelsmann Stiftung gibt. Dort ist in der Tat auch etwas zu diesem Thema ausgesagt. Das, was bei mir

drin stand, war nicht positiv. Das war durchaus relativ kritisch zu bewerten.

(Frau Raab, SPD: Wir haben über den Betreuungs- schlüssel gesprochen!)

Ja, wir haben über den Betreuungsschlüssel gesprochen, genau. Sie haben zum Ersten gesagt, dass zu vermuten ist, dass der Ausbau der Betreuungsangebote für die Altersgruppe Zweijährige auch angesichts der hohen Steigerungsquoten bei den Teilhabequoten dieser Zweijährigen in Rheinland-Pfalz vor allem über die Alterserweiterung von Kindergartengruppen erreicht wurde. Das hat die Ministerin auch selbst gesagt. Sie sagen in Ihrer Meldung, drei Viertel der Plätze in den letzten drei Jahren sind in dem Bereich erweiterte Kindergartengruppen entstanden.

So, dann schaue ich mir einmal an, was die Bertelsmann Stiftung da sagt. Sie sagt, der durchschnittliche Personalschlüssel in Krippengruppen – also nicht die bevorzugte Variante, sondern die Krippe – ist mit 1 : 4,6 Kindern – eine Person Betreuung, 4,6 Kinder – sehr günstig. Allerdings profitieren davon nur 16,9 % der Kinder dieser Altersgruppe. Die Mehrheit – 40,1 % – besucht eine für Zweijährige geöffnete Kindergartengruppe, wie Sie das schon sagen, für die ein eher ungünstiger Schlüssel vorhanden ist, nämlich 1 : 8,0. Das sagt die Bertelsmann Stiftung dazu. Das ist in der Tat jetzt nicht so positiv, wie Sie das darstellen. Das zeigt auch, dass das ein sehr einseitiger Ausbau von Betreuungsmöglichkeiten ist und eben sehr weit entfernt von dem, was wir uns vorstellen.

(Beifall der FDP und vereinzelt bei der CDU – Dr. Schmitz, FDP: Genau!)

Ich kann vielleicht auch kurz noch einmal deutlich machen, was das in der Praxis bedeutet. Was zum Beispiel auch festgestellt wurde: Problematisch könnte daran sein, dass etwa die Hälfte der Zweijährigen in diesen Gruppen entweder ganz allein oder nur zusammen mit einem weiteren gleichaltrigen Kind in der Gruppe ist. Das heißt, alle anderen sind zwischen drei und sechs. Das klingt jetzt erst einmal so wie „Das ist ja eine schöne anregende Lernumgebung für das Kind“. Wenn ich das jetzt wirklich auch einmal aus der Perspektive der Mutter betrachten darf – ich habe das hier noch nie getan, ich mache das das erste Mal –, dann weiß ich, dass ich dadurch jetzt nicht einen Einblick in alle Betreuungsformen und Einrichtungen habe. Ich weiß aber, wie man diese Entscheidung fällt.

Wenn man auf das eigene Kind schaut und das eigene Kind irgendwo unterbringen muss – ich sage das ruhig einmal so, wie es ist –, dann ist das eine große emotionale Herausforderung. Dann schaut man erst einmal danach, wie dieses Kind ist und was ich meinem Kind persönlich zutrauen kann, was ich ihm zumuten kann und wo es gut aufgehoben ist. Wenn ich mir das überlegt habe, dann schaue ich in der Region, was es gibt. Dann ist das manchmal schon gar nicht mehr so einfach. Wenn ich dann nur die geöffnete Kindergartengruppe finde, wo alle älter sind, ist das möglicherweise nicht für

alle Eltern das richtige Angebot, aber vor allem nicht für deren Kinder.