Wenn das Argument wäre, dass man Misstrauen gegenüber Ehrenamtlern bei privaten Trägern dahin gehend hegt, dass man Unterlaufungstatbestände organisiert, so wäre das bei freien und gemeinnützigen nicht anders. Dann wäre die Konsequenz, dass wir Steuerfreibeträge, die wir bei freien und gemeinnützigen Einrichtungen tätigen Ehrenamtlichen einräumen, wegnehmen müssten. Das wollen wir ausdrücklich nicht.
Dieses Thema muss also wohl bedacht sein. In dieser Intention sind wir uns wohl einig. – Abschließend darf ich mich für Ihre Aufmerksamkeit bedanken.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Herren und Damen Abgeordnete! Ich freue mich als Ministerin, dass wir heute das Landesgesetz über Wohnformen und Teilhabe verabschieden werden. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir damit die Voraussetzung schaffen werden, dass das Heimgesetz des Bundes am 1. Januar 2010 durch ein sehr innovatives Landesgesetz ersetzt werden wird. Das ist in der Tat positiv.
Das LWTG führt die Ziele der Landesregierung in der Politik für Menschen mit Behinderung und auch für hilfsbedürftige Menschen sehr konsequent fort und weiter. Das ist auch der Geist, der dieses Gesetz prägt. Liebe Frau Thelen, das war auch der Grund, warum die Vorstellungen der CDU-Fraktion letztendlich nicht Grundlage unseres gemeinsamen Gesetzes werden konnten.
Ich räume das frei und frank ein, und zwar auch einer Opposition, dass sie schneller war als wir. Trotzdem haben wir das fortschrittlichere Gesetz an dieser Stelle gemacht.
Wenn Sie sagen, die Landesregierung hat Worten nicht Taten folgen lassen, gebe ich diesen Ball an die Bundesebene an Frau von der Leyen zurück, weil sie in der Pflicht war, ein Vertragsrecht zu entwickeln, das auch Auswirkungen auf unser eigenes Gesetz hat. Das hat ziemlich lang gedauert.
Wir waren sehr froh, dass wir unser Landesgesetz auch mit Blick auf das zivilrechtliche Regelwerk orientieren konnten und dementsprechend gleichwertig, mit gleichen Begriffen und mit gleichen Herangehensweisen, verabschieden konnten.
Ich bedanke mich für die guten Beratungen. Ich bedanke mich ganz besonders bei den Abgeordneten. Ich bedanke mich auch bei den Verbänden und Organisationen, die sowohl im Rahmen der Regierungsanhörung als auch der parlamentarischen Anhörung sehr wichtige Darstellungen und Anregungen vorgetragen haben.
Herr Dr. Schmitz, das Parlament würde ich nie als Reparaturbetrieb bezeichnen. Es ist eine der originären Aufgaben eines Parlaments, an Gesetzen mitzuwirken, die es letztendlich auch verabschiedet.
Ich werde nachher auf die Änderungsanträge eingehen. Wir sind mit einer großen Offenheit in die Anhörung gegangen. Die Änderungsanträge tangieren nicht den Geist und die Struktur dieses Gesetzes. Es sind wichtige Änderungsanträge, die auch einiges verändern, aber sie berühren nicht den Geist und die Struktur dieses Gesetzes. Das ist mir als Ministerin, die dieses Gesetz eingebracht hat, wichtig zu sagen.
Der Gesetzentwurf orientiert sich anders als das Heimgesetz an der Lebenswirklichkeit und an den künftigen Erwartungen der Bürger und Bürgerinnen. Er löst sich von den überholten Kategorien des Heimes und stärkt die Position der Verbraucher und Verbraucherinnen. Ich werde nicht mehr auf all die unterschiedlichen Punkte eingehen, sondern nur noch auf bestimmte Dinge, die mir sehr wichtig sind.
Der erste Punkt – dieser ist auch schon von Herrn Peter Wilhelm Dröscher angesprochen worden – sind die sehr unterschiedlichen Stellungnahmen sowohl in der Regierungsanhörung als auch in der Anhörung im Sozialpolitischen Ausschuss, beispielsweise der Verbraucherzentrale, des VdK oder des Zentrums für selbstbestimmtes Leben auf der einen Seite und der freien Wohlfahrtspflege, des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste und der Lebenshilfe auf der anderen Seite.
Sie bringen die ganz unterschiedlichen Interessen der verschiedenen Beteiligten deutlich zum Ausdruck und zeigen auch, dass wir als Landesregierung und Sie als Parlament die schwierige Abwägung zu bestehen hatten, nämlich die Balance zwischen Sicherheit und Schutz einerseits und Teilhabe und Selbstorganisation andererseits. Ich denke, dass wir diesen Weg sehr konsequent und gut gegangen sind.
Frau Thelen, ich komme auf § 6 LWTG zu sprechen. Ich erkläre das heute nicht noch einmal. Von Anfang an hat § 6 die selbst organisierten Wohngemeinschaften umfasst, die wir gerade nicht unter den staatlichen Schutz stellen. Diese unterliegen keiner Aufsicht nach besonderem Ordnungsrecht.
Genauso klar ist für mich aber auch, dass es dann eine Interventionsmöglichkeit geben muss, wenn es Hinweise darauf gibt, dass es sich um gar keine selbst organisierte Wohngemeinschaft handelt, sondern möglicherweise eine nach § 4 oder § 5. Ich halte es für total problematisch, wenn dann der Staat sagt, wir halten uns heraus. Ich glaube, gerade an dieser Stelle – § 6 ist eigentlich der kniffligste – ist die Balance zwischen Selbstbestimmung und Selbstorganisation, aber auch gegebenenfalls Schutz sehr gut gelungen.
§ 8 ist eine spezielle Regelung zur Teilhabe. Ich nenne ihn, weil es bundesweit kein Nachfolgegesetz im Heimgesetz gibt, das die Teilhabe explizit auch für Einrichtungen im Alter regelt und benennt. Wir wollen, dass Bewohner und Bewohnerinnen noch sehr viel stärker am Leben in der Gesellschaft teilhaben und umgekehrt die Gesellschaft im Wohnquartier stärker regen Anteil an den Dingen nimmt, die in einer Einrichtung stattfinden.
Herr Dr. Schmitz, dem Anliegen der FDP-Fraktion, mit Rücksicht auf unternehmerische Interessen auf die verpflichtende Veröffentlichung des Teilhabekonzepts zu verzichten, kann ich folgen. Wäre ich Leiterin einer Einrichtung, die gute ehrenamtliche Arbeit und offene Arbeit in das Quartier hinein macht, würde ich das immer in meiner Konzeption veröffentlichen, weil es eine absolute Stärke für eine Einrichtung ist, wenn sie so arbeitet. Deshalb kann ich auch damit leben, dass es jetzt keine Verpflichtung mehr gibt, sondern dass sie das freiwillig tun dürfen.
Ich sage noch einmal ausdrücklich: In einer der Anhörungen ist auch gesagt worden, das tun wir alles schon. Es gibt aber Einrichtungen in Rheinland-Pfalz, die tun das schon, andere überhaupt nicht. Ich bin der Auffassung, dass der Aspekt des offenen barrierefreien Gebens und Nehmens im Wohnumfeld zwingend dazugehört, um die zukünftige Infrastruktur zu sichern.
Ich habe wunderbare Einrichtungen erlebt. Am letzten Pflegestammtisch hat eine Einrichtung, in der 120 Bewohner und Bewohnerinnen leben, teilgenommen, die regelmäßig mit 50 Ehrenamtlern arbeitet. Diese hat einen ganz tollen Ruf. Ich glaube, so etwas muss auf Dauer in Zukunft Standard werden.
Herr Dr. Schmitz, die Problematik war auch uns immer schon klar. Im Jahr 2007 hat die Landesregierung bereits einen solchen Vorstoß im Bundesrat gemacht, nämlich um die Gleichbehandlung der freigemeinnützigen und der privaten Träger in diesem Punkt zu erreichen. Das ist uns damals nicht gelungen. Ich glaube, es waren vor allem CDU- und FDP-Länder, die das abgelehnt haben.
Ich bin an dieser Stelle nicht verschlossen. Ich will auch nicht vorschlagen, einen Vorstoß im Bundesrat zu machen, mit dem wir sofort wieder auf den Bauch fallen. Insofern brauchen wir ein Werben in den Ländern, in denen Sie in den Regierungen mit beteiligt sind, damit man im Bundesrat Aussichten auf Erfolg hat. Es wäre das Allereinfachste, das im Bundestag einfach zu beschließen. Ich glaube, das wäre eine sinnvolle Änderung. Wir stehen dazu. Wir haben einmal dazu gestanden. Das würden wir natürlich auch in Zukunft in der Vorarbeit unterstützen.
Zwei Sätze zur Transparenz, weil sie von Herrn Dr. Schmitz angesprochen wurde. Ich finde es sehr wichtig, diese zu betonen, weil wir immer gesagt haben, in der Pflege müssen auch die Verbraucher und Verbraucherinnen gestärkt werden. Deshalb haben wir explizit in unserem Gesetz die Pflicht der zuständigen Behörde – das ist die alte Heimaufsicht – aufgeführt, die Qualitätsberichte zu veröffentlichen. Wir haben die Pflicht der Träger, die Qualitätsberichte zu veröffentlichen, und wir schaffen ein landesweites Einrichtungs- und Diensteportal. Das ist übrigens auch etwas Einmaliges.
Herr Dr. Schmitz, unser Bemühen wird sein, dort alles, was die Transparenzberichte betrifft, zu bündeln. Das ist unsere Idee und die Intention. Wir werden langsam darangehen, das aufzubauen. Wir hoffen, das auch zu erreichen.
Ein letzter Satz zur Bürokratie. Diesen widme ich ganz persönlich der Frau Abgeordneten Thelen, weil dieses Thema die Debatte im Hinblick auf den Vergleich zwischen dem CDU- und dem SPD-Entwurf sehr bestimmt hat. Sie haben das immer gesagt, aber nie mit Beispielen belegt. Ich glaube, dass unser Gesetz wenig Bürokratie enthält. Wir haben die Einrichtungen und Träger von bürokratischem Aufwand befreit und verschiedene Anzeige- und Dokumentationspflichten gestrichen. Ich nenne sie nicht. Es sind viele.
Wir haben das Leistungs- und Ordnungsrecht harmonisiert. Wenn die Pflegekasse einen Vertrag abschließt, prüfen wir nicht noch einmal neu, ob die Wirtschaftlichkeit und das Personal in Ordnung sind. Wir haben uns jetzt darauf eingelassen, dass Veränderungen im Personalbestand nur einmal im Jahr gemeldet werden. Wenn es andere Konzepte gibt, lassen wir uns flexibel darauf ein, wie die Anforderungen zu definieren sind. Das sind die wichtigsten Beispiele. Sie werden erheblich dazu führen, dass in den Einrichtungen weniger Bürokratie entsteht. Das ist mir wichtig zu betonen.
Ich komme zu den Änderungsanträgen. Ich habe bereits vieles angesprochen. Trotzdem möchte ich klarstellen, dass es ganz viel, Herr Dr. Schmitz und Frau Thelen, um Begriffe und Klarstellungen geht. Es war auch eine Lernlektion dieses Gesetzgebungsverfahrens, dass man sich in Rheinland-Pfalz über das Wort „selbstbestimmt“ so unterschiedlich verstehen kann.
Ich meine nicht uns, sondern die Szene insgesamt. So haben Menschen, die mit dem Thema „Selbstbestimmt leben“ viel zu tun haben, das Wort völlig anders verstanden als andere. Andere empfinden es sogar als Angriff
Wir haben viel miteinander gesprochen. Ich habe auch mit den Partnern Gespräche geführt. Ich glaube, es ist inzwischen verstanden worden, dass das niemals mit Misstrauen gepaart war, sondern einfach mein Grundselbstverständnis ist, dass Menschen, die ihr Leben selbst organisieren können, damit ein Stück mehr Selbstbestimmung leben, als wenn sie bestimmte Dinge abgenommen bekommen. Ich habe das schon einmal im Plenum gesagt. Es macht aber keinen Sinn. Wenn wir das Wort unterschiedlich interpretieren, muss man einen Begriff finden, unter dem alle das Gleiche verstehen.
Deshalb bin ich der SPD-Fraktion sehr dankbar, dass sie das Thema aufgegriffen hat und wir nun von selbst organisierten Wohngemeinschaften und nicht mehr von Einrichtungen mit mehr Selbstbestimmung sprechen.
Alles andere sind Kleinigkeiten. Selbstredend ist, dass zum Beispiel die Änderungen, was das Ehrenamt bei dem Hospiz betrifft, mit aufgenommen werden müssen, weil früher das Hospiz nicht im Gesetz enthalten war.
Ich will sagen, es ist gut, dass diese Änderungen jetzt kommen. Ich stehe auch absolut dazu. Ich glaube, sie haben unser Gesetz weiter qualifiziert. Ich bin sehr froh, dass wir so kooperativ und gut zusammengearbeitet haben.
Wenn man sich die unterschiedlichen Nachfolgegesetze in der Bundesrepublik anschaut, dann kann man sagen, der Föderalismus hat dazu geführt, dass wir eine bunte Landschaft von ordnungsrechtlichen Gesetzen für Einrichtungen der Pflege- und Behindertenhilfe haben.
Mir ist es wichtig zu sagen, dass in Rheinland-Pfalz heute das erste Gesetz verabschiedet wird, das explizit Unterstützung der Teilhabe als wesentlichen Inhalt benennt und entsprechende Kriterien festlegt. Ich bin davon überzeugt, dass wir mit diesem Gesetz einen Weg gehen können, damit Einrichtungen und Träger sich spürbar in Richtung mehr sozialräumliche Unterstützung und Pflege weiterentwickeln werden.
In diesem Sinne bedanke ich mich sehr herzlich – wie alle anderen – noch einmal besonders bei Peter Wilhelm Dröscher für die gute Zusammenarbeit, aber im Übrigen auch bei allen anderen. Ich freue mich, wenn es am 1. Januar mit dem neuen Gesetz losgeht.
bands Brohltal und Junggesellen aus Brohl-Lützing begrüßen. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!
Ich würde gerne eine außergewöhnliche Frage stellen. Wenn sich vielleicht die Junggesellen einmal erheben würden.