Protocol of the Session on October 8, 2009

Herzlichen Dank.

(Anhaltend starker Beifall der SPD)

Ich erteile dem Kollegen Baldauf von der CDU-Fraktion das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir beschäftigen uns heute zum dritten Mal innerhalb weniger Monate mit den Finanzen des Landes Rheinland-Pfalz. Nach Doppelhaushalt und Konjunktur

paket versucht die Landesregierung jetzt, den Steuerausfällen durch die Finanzkrise gegenzusteuern.

Wie sehen wir die Lage heute im Oktober 2009? Fakt ist, dass Bund und Länder mit einem der größten Wirtschaftseinbrüche der Geschichte zu kämpfen haben. Fakt ist aber auch, dass kaum ein Bundesland innerhalb der Bundesrepublik Deutschland so schlecht auf die Krise vorbereitet war wie Rheinland-Pfalz.

(Beifall der CDU – Heiterkeit bei der SPD)

Rheinland-Pfalz erreicht den historischen Gipfel der Neuverschuldung seit Gründung des Landes vor 62 Jahren. Als uns die Krise mit voller Wucht traf, saß diese Landesregierung aufgrund ihrer unverantwortlichen Finanzpolitik bereits auf einem Schuldenberg von 27 Milliarden Euro. In kaum zwölf Monaten wird das Land mit seinen Schattenhaushalten einen Berg von 33 Milliarden Euro vor sich herschieben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in wenigen Monaten stieg damit die Pro-Kopf-Verschuldung von rund 7.500 Euro auf 8.500 Euro.

Herr Ministerpräsident, Sie sind – ich muss es nicht wiederholen – der Schuldenkönig in Rheinland-Pfalz. In Ihrer Amtszeit seit 1994 ist die Pro-Kopf-Verschuldung für alle Menschen in Rheinland-Pfalz um mehr als 5.000 Euro gestiegen. Das ist die größte Erhöhung der Schulden je Einwohner aller westlichen Flächenländer. Das ist die Bilanz von 15 Jahren Kurt Beck als Ministerpräsident. Hier haben Sie etwas zu feiern.

(Beifall der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Neuverschuldung einschließlich der Landesbetriebe – wir müssen alles zusammenziehen – steigt auf 2,044 Milliarden Euro im laufenden und 2,617 Milliarden Euro im kommenden Jahr. Die Landesregierung – mit Ihnen, Herr Ministerpräsident, an der Spitze – hat über Jahre hinweg eine maßlose Verschuldungspolitik betrieben, statt in konjunkturell guten Zeiten zumindest mit einer Haushaltskonsolidierung zu beginnen.

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Herr Kühl, im Übrigen darf ich ausdrücklich Herrn Steinbrück loben, der dies im Gegensatz zu Herrn Deubel getan hat.

(Hartloff, SPD: Die Pro-Kopf-Verschuldung des Bundes ist Ihnen entgangen, Herr Kollege!)

In den vergangenen Jahren hat diese Landesregierung immer neue Schulden aufgehäuft. Die Regierung Beck hat seit 1994 die höchste Zunahme der Neuverschuldung aller westlichen Flächenländer zu verantworten. Das rächt sich nun; denn wer keine Vorsorge betrieben hat, den treffen Krisen ganz besonders hart. RheinlandPfalz steht nun am Rande einer Haushaltsnotlage.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Neuverschuldung ist nur noch schwindelerregend. Die Kreditfi

nanzierungsquote, das heißt der Anteil aller Ausgaben, die aus Krediten finanziert werden, steigt von 4,9 % im Jahr 2007 – das ist nicht lange her, das war schon viel; denn der Durchschnitt der westlichen Flächenländer liegt bei 0,1 % statt 4,9 % – auf sage und schreibe 17 % für 2010. Das ist durch nichts mehr zu rechtfertigen. In beiden Jahren übersteigt Ihre Kreditaufnahme die Höhe der Investitionen beträchtlich.

Damit wäre unser Haushalt in normalen Zeiten nicht mehr verfassungskonform. Die Investitionen im Kernhaushalt betragen im laufenden Jahr 1,6 Milliarden Euro, die Nettokreditaufnahme beträgt 1,7 Milliarden Euro.

Zwar steigen die Investitionen im kommenden Jahr im Kernhaushalt auf 1,8 Milliarden Euro, was wir selbstverständlich begrüßen; denn Investitionen helfen dem Land. Die Kehrseite der Medaille ist aber, dass die Nettokreditaufnahme im kommenden Jahr allein im Kernhaushalt bei 2,3 Milliarden Euro liegt.

Die Investitionen steigen um 200 Millionen Euro, die Nettoneuverschuldung aber um rund 600 Millionen Euro. Das hat überhaupt nichts mehr mit Generationengerechtigkeit und auch nichts mit vorausschauender Haushaltspolitik zu tun.

(Beifall der CDU)

Herr Ministerpräsident, man kann nur wieder feststellen, dass Sie nach der Devise „nach mir die Sintflut“ handeln. Vor allem unternimmt die Landesregierung auch nicht den geringsten Versuch, Ausgaben einzusparen.

(Zurufe von der SPD)

Es ist unverantwortlich, von vornherein kategorisch jede Einschränkung von Staatsausgaben abzulehnen, wie es die Landesregierung tut. Sie setzt ausschließlich auf künftig wieder steigende Einnahmen. Das haben wir gerade wieder vernommen. Eine verantwortungsvolle Politik hingegen muss auch versuchen, die Ausgaben des Staats den Einnahmen anzupassen.

(Beifall der CDU – Schweitzer, SPD: Da sind Sie der Richtige! – Zuruf des Abg. Fuhr, SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind auch ausdrücklich für das Konjunkturpaket II und für dringend notwendige Investitionen in die Infrastruktur und die Wirtschaft dieses Landes.

(Schweitzer, SPD: So eine Heuchelei habe ich noch nicht gehört!)

Sie legen aber den Bürgern immer neue Lasten auf die Schultern, weil nach Ihrer Auffassung, Herr Ministerpräsident, kein einziger Verwaltungsvorgang mit weniger Bürokratie und weniger Personal umgesetzt werden kann. Das können Sie doch niemandem mehr erzählen.

(Zuruf des Ministerpräsidenten Beck – Zuruf des Abg. Ramsauer, SPD)

Alle müssen sparen, auch die Landesverwaltung und die Stadt Ludwigshafen, weil Sie, Herr Ramsauer, dort auch einmal etwas zu sagen hatten und das Geld mit vollen Händen zum Fenster hinausgeworfen haben.

(Beifall der CDU)

Das sei nur einmal erwähnt. Es ist eine Zeit lang her.

Herr Ramsauer, ich weiß es noch.

(Zuruf des Abg. Ramsauer, SPD)

Alle müssen sparen, auch die Landesverwaltung. Das können Sie nicht nur von den Kommunen erwarten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist doch wirklich aberwitzig. Im letzten Jahr hatten wir Steuermehreinnahmen. Was macht dieses Land? Es steckt sie in die eigenen Taschen und hat die Kommunen mitnichten an dieser Steuererhöhung teilhaben lassen. Das ist nicht gerecht und nicht fair. So sieht die Kommunalpolitik in diesem Land aus.

(Beifall der CDU – Zurufe von der SPD)

Herr Ministerpräsident, ich gönne Ihnen, dass Sie die eine oder andere Stabsstelle in Ihren Ministerien ausbauen, und zwar unabhängig von der Frage, wann der Nürburgring endlich auf Touren kommt. Gehen Sie mit gutem Beispiel voran! Eine Treppe wird immer von oben gekehrt.

Darüber hinaus ist es eine zwingende und notwendige Konsequenz aus der Wirtschaftskrise, die wir derzeit erleben. Wir brauchen neue Spielräume für die Menschen, die sich anstrengen und unsere Gesellschaft zusammenhalten.

(Beifall der CDU – Ramsauer, SPD: Deshalb senken wir die Steuern!)

Herr Minister, ich habe es gerade vernommen. Sie sind nicht für Steuersenkungen und Entlastungen. Bei der kalten Progression geht es überhaupt nicht um Senkungen. Das wissen Sie genauso gut wie ich. Herr Ramsauer kann es nicht wissen. Es geht nicht um die Senkung von Steuern, sondern schlichtweg darum – das wundert mich bei den Sozialdemokraten schon –, ob die kleinen und mittleren Einkommen endlich wieder mehr netto in der Tasche haben. Dafür stehen wir.

(Beifall der CDU)

Es dürfte auch bekannt sein, es ist kein Geheimnis, dass man die Binnenkonjunktur anschieben muss. Ich fand es gerade spannend, was der Minister am Beispiel der Beamten gesagt hat, die im Übrigen in den letzten 20 Jahren 40 Einbußen unter Ihrer Regierung hinnehmen mussten.

Er sagte, wir erhöhen jetzt, was völlig richtig ist – das ist im Mai beschlossen worden –, die Beamten- und Ruhestandsgehälter. Das heißt, Sie gehen nach dem Motto, Sie geben den Menschen mehr brutto, damit sie mehr

zur Verfügung haben. Dann sind Sie bitte so gut, und geben ihnen auch mehr netto, damit sie noch mehr zur Verfügung haben. Das ist die Konsequenz Ihrer vorherigen Rede. (Beifall der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Ruf nach immer neuen Steuererhöhungen hilft nicht weiter. Ich glaube, bei diesem Thema sind wir uns sogar einig. Angesichts der ohnehin viel zu hohen Steuerbelastung der Mittelschicht führen weitere Steuererhöhungen nicht zu Mehreinnahmen. Sie sind vielmehr Gift für den konjunkturellen Aufschwung.

Herr Beck und Herr Kühl, die von Ihnen angepriesene Aufstockung von 150 Millionen Euro ist auch nichts anderes als eine Mogelpackung. Man liest, die Kommunen wären freiwillig bereit gewesen, höhere Anteile zu tragen. Von was? Von Schulden?

(Hartloff, SPD: Von Investitionen, die Sie selber fordern!)

Dann bekommt man gesagt, wir wollen das Konjunkturpaket vergrößern. Das finde ich sehr gut. Im Übrigen sind das in der Regel in der Großen Koalition beschlossene Bundesmittel und keine Landesmittel. Darauf will ich auch noch einmal ausdrücklich hinweisen.

Jetzt sagen Sie, dass die Kommunen die Möglichkeit bekommen, mehr Projekte zu verwirklichen. Wir sehen aber, dass Sie ihren Eigenanteil nicht erbringen können. Deshalb sind wir so gnädig und geben ihnen 150 Millionen Euro mehr, die aber bitte ab 2012 verzinst wieder zurückzugeben sind.