Protocol of the Session on October 8, 2009

Dann stellt sich die Frage, was man tun kann und wie man es tut. Natürlich gibt es da Denkschulen. Ich will gar nicht noch einmal das wiederholen, was Herr Kollege Dr. Kühl deutlich gemacht hat hinsichtlich der „thatcherischen“ und der „reaganschen“ Lehre und dem, was wir da erlebt und erfahren haben. Ich will Ihnen aber noch einmal sagen, dass ich massive Steuersenkungen für nicht finanzierbar und im Gesamtstaat für nicht verkraftbar halte.

(Beifall der SPD)

Da bin ich im Übrigen beispielsweise mit meinem Kollegen Koch völlig einig.

(Zuruf des Abg. Baldauf, CDU)

Ja, ja. – Ich will Ihnen einmal sagen, was bei einem Vergleich der verschiedenen Steuermodelle von CDU/CSU, SPD und FDP herauskäme, wenn sie jeweils umgesetzt würden. Ich rede jetzt nicht von den Transferleistungen wie beispielsweise dem Kindergeld, sondern vom reinen Einkommen. Für ein mittleres Einkommen gibt es eine Durchschnittszahl. Nach der entsprechenden Tabelle sind dies 27.065 Euro. – Übrigens: Was ich zitiere, stammt aus der „WirtschaftsWoche“, die nicht der sozialistischen Abweichung verdächtig ist. Das ist ein Zitat des Bundes der Steuerzahler. Auch diese Gruppierung ist nicht unbedingt der Nähe zur SPD verdächtig. Sie sagt: Bei diesen mittleren Einkommen zahlt man heute 3.639 Euro Steuern. Nach dem Unionsmodell wären im Jahr 343 Euro weniger zu bezahlen, beim SPD-Modell 73 Euro weniger, bei der FDP 1.658 Euro weniger. – Da kann man noch sagen: Das ist gerecht.

Jetzt nehmen wir ein Einkommen von 15 Millionen Euro. Auch das ist nicht mein Beispiel, sondern bezieht sich auf eine Regelung für einen großen Manager, der gerade aus einem großen Kaufhausbetrieb ausgeschieden ist, und auf dessen Einkommen. – Das stammt nicht von mir, sondern der Bund der Steuerzahler hat das veröffentlicht. Nicht, dass einer schreit: „Neid!“ Ich habe es nicht veröffentlicht; ich trage es nur vor. –

15 Millionen Jahreseinkommen. Nach dem Steuertarif der Union würde er um nochmals 2.490 Euro entlastet.

Das braucht er mit Sicherheit. Das Geld geht sicherlich sofort in den Konsum. Nach dem SPD-Modell würde er 318.870 Euro mehr bezahlen. Damit würden wir die sogenannte kalte Progression gegenfinanzieren. Nach dem FDP-Modell würde dieser beneidenswerte Mann 1.566.380 Euro weniger bezahlen.

(Zurufe von der SPD: Oh! – Eymael, FDP: Wie viele gibt es denn von der Sorte? – Weitere Zurufe von der SPD)

Das spielt doch keine Rolle.

(Unruhe bei CDU und FDP)

Selbstverständlich spielt das keine Rolle! Bei der Gerechtigkeit geht es nicht darum, wie viele es „von der Sorte“ gibt, sondern es geht darum, ob wir uns in einer Situation, in der wir nicht mehr wissen, wie wir unsere Schulen und Kindergärten finanzieren sollen, einen solchen Weg leisten können oder nicht.

(Anhaltend Beifall der SPD – Wirz, CDU: Das ist Schwarz-Weiß-Malerei! – Weitere Zurufe im Hause)

Das ist nicht lächerlich. Lieber Herr Eymael, erklären Sie mir einmal, was an dieser Rechnung lächerlich ist.

(Eymael, FDP: Nein, ich habe gefragt: Wie viele gibt es davon?)

Das spielt doch keine Rolle. Ihr Modell führt zu dieser Entlastung. – Ich habe es nicht gerechnet. Glauben wir einmal der Quelle. Die „WirtschaftsWoche“ wird es geprüft haben, und der Bund der Steuerzahler wird an dieser Stelle auch richtig gerechnet haben.

(Eymael, FDP: Damit können Sie doch keinen Haushalt sanieren!)

Natürlich kann man den Haushalt damit nicht sanieren, aber es ist doch zu fragen, welche Zeichen wir in der Gesellschaft setzen, wenn wir darüber reden, wie viele Euro wir den kleinen Leuten noch wegnehmen.

(Anhaltend Beifall der SPD – Zuruf des Abg. Eymael, FDP)

Wenn es konkret wird, tut es weh. Das ist nun einmal so.

(Eymael, FDP: Ich habe doch die Zahlen selbst genannt! – Zuruf des Abg. Baldauf, CDU – Eymael, FDP: Typisch Neiddebatte!)

Deshalb wird man schon über konkrete Folgen dessen, was man hier fordert, reden müssen. Ich sage: Das können wir uns nicht leisten, und das können wir nicht zusammenbringen, meine Damen und Herren.

(Unruhe bei CDU und FDP)

Habe ich jetzt etwas Unschickliches gesagt, weil ich die Wahrheit sage? Ist das schon unschicklich?

(Wirz, CDU: Sie betreiben Schwarz-Weiß-Malerei, Herr Ministerpräsident!)

Es ist Schwarz-Weiß-Malerei. Gut. Ich werde es der „WirtschaftsWoche“ als Leserbrief schreiben.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Wirz, CDU – Eymael, FDP: Klassenkampf!)

Ich verfolge das mit Spannung, sage ich Ihnen. Heute Morgen habe ich ein Interview mit Herrn Kampeter gelesen. Er ist ja wohl der Verhandlungsleiter der Union in der entsprechenden Arbeitsgruppe. Er sagt: Das, was die FDP will, ist irreal. – Es ist irreal.

(Pörksen, SPD: Wie heißt der?)

Entschuldigen Sie, bitte. Das ist nicht meine Aussage.

(Eymael, FDP: Doch! Das haben Sie doch eben gesagt!)

Wir können hier nicht so tun, als wären das nicht spannende Momente, die sich in Berlin abspielen. Wenn wir hier 5 % einsparen könnten – das würde unter Umständen bei den Verhandlungen in Berlin mit einem Federstrich alles wegradiert.

(Baldauf, CDU: Wenn ihr mehr Prozente geholt hättet, wäre es vielleicht anders gelaufen! – Unruhe bei der SPD)

Sie haben sich, was das Ernstgenommen-Werden angeht, mit Ihrer Haushaltsrede vorhin schon so ins Abseits begeben, dass ich hierauf nicht eingehen muss.

Meine Damen und Herren, eine Bemerkung noch zu der Mär, die SPD-Landesregierung plündere die Kommunen aus. Manchmal lohnt es sich zu lesen. Ich zeige es Ihnen. Der Bericht des Statistischen Landesamts stammt von 2007. Schauen Sie sich einmal die Zahlen an, die darin stehen.

(Wirz, CDU: Da müssen Sie aber auch den Bericht des Rechnungshofs mit anführen!)

Nein, er ist nicht mit zitiert. Dort geht es um die kritische Situation der Kommunen. Die bestreite ich nicht. Das heißt aber nicht, dass das Land die Kommunen ausplündert.

Übrigens: Herr Baldauf hat vorhin eine Pressemeldung zitiert. Daraufhin haben wir bei Herrn Duppré, der ja Verfasser sein soll, angerufen. Dieser hat gesagt: Die kenne ich nicht.

(Baldauf, CDU: Ich kann sie Ihnen geben!)

Ich kenne sie. Aber Herr Duppré, der Verfasser ist, kannte sie nicht. Das ist also ein Geschäftsführer-Papier. Ich kenne die Pressemeldung. Ich habe sie sogar dabei.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Fragen Sie ihn, ob es stimmt oder nicht.

(Zuruf des Abg. Wirz, CDU)

Nein, nein. Es bestreitet doch niemand, dass die finanzielle Situation der Kommunen genauso ernst ist wie unsere. Dass es auf den unterschiedlichen Ebenen wiederum unterschiedlich ist, ist wahr. Diejenigen, die im engeren Sinne Sozialhaushalte zu bewältigen haben, haben ein Riesenproblem, während wir bei den Verbandsgemeinden, bei den Ortsgemeinden durchaus eine andere Situation vorfinden, wobei es auch hier ganz unterschiedliche Situationen gibt, Herr Kollege Bruch. Darauf wollen wir reagieren, daran arbeiten wir. Ich bin gespannt, ob Sie den Weg dann mitgehen, ob wir nachtarieren können. Wir können nicht Hunderte von Millionen nachschießen, aber wir können versuchen nachzutarieren, um eine vernünftigere Verteilung zu erreichen.

Ich will noch einmal sagen: Wenn Sie den kommunalen Finanzausgleich betrachten, so lesen Sie bitte diesen Bericht. Darin steht erstens ganz deutlich und detailliert, dass Rheinland-Pfalz einen unterdurchschnittlichen Kommunalisierungsgrad aufweist. Das heißt: Die Basis der Aufgaben, die die Kommunen in Rheinland-Pfalz wahrnehmen, ist niedriger als im Schnitt der anderen Länder.

(Zuruf des Abg. Baldauf, CDU)

Das hat eine Menge damit zu tun, wie man den Finanzausgleich gestaltet.

(Baldauf, CDU: Das ist doch schöngeredet! Was soll denn das? Auf der Tribüne sitzen Kommunale!)

Lieber Gott im Himmel!

Zweiter Punkt. Schauen Sie sich Seite 18 des Berichts des Statistischen Landesamtes an. Dort wird wörtlich ausgeführt: Für Rheinland-Pfalz werden die jährlichen Nettotransferleistungen durch die Standardisierung von durchschnittlich 540 Euro je Einwohner auf fiktiv – das ist dann im Vergleich zu anderen – 644 Euro je Einwohner angehoben. – Für Rheinland-Pfalz – das ist die Schlussfolgerung – sind die standardisierten Nettotransfers laut Statistischem Landesamt überdurchschnittlich.

Meine Damen und Herren, warum behaupten Sie denn permanent das Gegenteil? Ich sage doch damit nicht, den Kommunen gehe es gut. Nur, Ihr Vergleich stimmt schlicht und einfach nicht, und das bitte ich zur Kenntnis zu nehmen.