Ich glaube, es ist ein schleichender Prozess, mit dem wir uns schnellstens auseinandersetzen müssen. Sie haben zu Beginn recht gehabt: Unsere Gesetze hinken der technischen Entwicklung hinterher. Das ist richtig. Aber was bedeutet dies für unsere zukünftige Aufgabe? – Das heißt doch, dass wir uns damit auseinandersetzen müssen. Wenn ich sehe, wie schwer man sich in Berlin im Bereich des Datenschutzes tut, überhaupt Veränderungen herbeizuführen, dann müssen wir in den Länderparlamenten – nicht nur in Rheinland-Pfalz, sondern auch in allen anderen Bundesländern – dafür sorgen, dass man
in Berlin in dieser Frage ein bisschen in Bewegung kommt. Ich weiß, wie schwierig das ist. Aber ich denke, der Datenschutz muss wieder mehr in den Vordergrund rücken. Es ist ein Trauerspiel, was gerade in den letzten Monaten teilweise im Datenschutz passiert, und ich glaube nicht, dass wir durch eine Verniedlichung und Verharmlosung einen Beitrag dazu leisten. Nein, im Gegenteil, wir müssen dafür sorgen, dass es wieder in die Köpfe der Menschen kommt.
Wenn man sich darüber aufregt und als Vorsitzender der Datenschutzkommission Rollenspiele veranstaltet, Herr Pörksen, dann bringt uns das keinen Millimeter weiter.
Wenn Sie große Probleme in einer aufgeregten Form anmahnen und dies mit der sachlichen Analyse von Minister Bruch vergleichen, wie er vorhin die rechtliche Bewertung vorgenommen hat, so liegen Welten dazwischen.
Was heißt „unverschämt“? Wahrheiten bleiben Wahrheiten und können auch in einem Parlament an einem Mikrofon formuliert werden, Herr Pörksen. Das heißt im Klartext, ich bleibe dabei, wir haben etwas in einem kontinuierlichen Prozess aufzuarbeiten, der nicht abgeschlossen ist, den wir immer beachten müssen, der ein stetiges Arbeiten erfordert, und nicht kurzfristiges aufgeregtes Handeln im Parlament.
Wenn wir es auf diese sachliche Seite herunterziehen, dann haben wir das erreicht, was wir brauchen, uns im Dienste der Bürgerinnen und Bürger zu verhalten und entsprechende Gesetze zu erlassen, wenn es notwendig ist.
Momentan sieht es so aus, dass die rechtliche Wertung des Ministers eine andere Sprache spricht als das, was hier heute in Hektik verbreitet werden soll.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte fünf Bemerkungen machen. Die erste Bemerkung bezieht sich auf die Äußerung, Politik hinke hinterher. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich weiß nicht, warum wir uns selbst als politisch Handelnde immer ein solches Zeugnis ausstellen.
Keiner von uns ist Jules Verne. Sie können einmal nachlesen, was er in „Die Reise zum Mond“ und „Die Reise zum Mittelpunkt der Erde“ und über die Technik geschrieben hat. Ich wünschte, ich hätte solche Visionen.
Dazu gehört die zweite Bemerkung. Ich bin auch einmal Mitglied in der Datenschutzkommission gewesen. Ich interessiere mich immer noch sehr stark von meinem Beruf her dafür. Ich möchte auf etwas hinweisen, was Sie alle gemeinsam mit uns tun, nämlich „Medienkompetenz macht Schule“. In der Schule weisen wir dabei junge Menschen darauf hin, was in dieser Medienlandschaft passiert. Wir hinken doch nicht hinterher, sondern wir tun etwas in dieser Richtung.
Ich möchte noch eine dritte Bemerkung machen. Natürlich gibt es aufgrund der Entwicklung, die wir heute mit „Google Earth“ und „Street View“ haben, Rechtsfragen. Bei „Google Earth“ haben wir eine statische Situation. Es wird ein Bild gemacht. Es ist ein festes Bild, und es wird weltweit verfügbar gemacht. Ich wiederhole das noch einmal für mich persönlich. Ich war am Anfang fasziniert von dieser Entwicklung. Ich sehe das nicht nur seit heute, sondern seit einiger Zeit kritisch. „Google Earth“ verbessert das bis zu einer Fehlerquote von wenigen Zentimetern. Ich muss Ihnen ehrlich sagen, ich habe einmal nach meinem Haus bei „Google Earth“ nachgeschaut. Bei meinem Haus ist die Markise draußen, und es steht dort ein Gartenstuhl. Entschuldigung, wen interessiert das? Wen hat das zu interessieren? Das ärgert mich, das muss ich ehrlicherweise sagen. Das ärgert mich schlichtweg, und ich frage mich, wie ich das Ding wieder wegbekomme. Bisher war das bei mir eben nicht so, wie ich jetzt vertiefend dann zu dem zweiten Punkt komme, zu „Street View“.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, hier geht es nicht um statische Bilder. Es geht auch um solche, es gibt aber auch Bewegungsbilder. Die Bewegungsbilder sind aktuell in England und in Holland ins Netz gestellt worden. Es gab unterschiedliche Erfahrungen. Der eine hat sich vor einem gewissen Etablissement wiederge
funden und war erstaunt, der andere hat festgestellt, dass er den Handtaschenräuber festnehmen konnte. Dann kommt genau diese Frage, die wir uns stellen müssen, wie weit denn die Situation geht, dass ich das darf, einerseits das festzustellen, andererseits zu sagen, ich habe einen Nutzen davon. Diese Rechtsfrage ist nicht gelöst.
Ich komme nun zum vierten Punkt. Ja, es ist ein laufender Prozess, Herr Abgeordneter Mittrücker. Es ist nicht abgeschlossen. Wir sollten das ernsthaft diskutieren. Ich gebe Ihnen ehrlich zu, ich bin an diesem Podium vielleicht etwas ruhiger, aber ich rege mich darüber auf.
Ich denke – jetzt wiederhole ich das in aller Ernsthaftigkeit, es hängt zwar nur indirekt, aber doch damit zusammen –, wenn ich an meinem Schreibtisch erfahre, dass bei dem schlimmen Flugunglück über dem Atlantik eine große Illustrierte Bilder von Geschädigten verwendet hat, die sie entgegen den Persönlichkeitsrechten nicht von den Betroffenen, nicht von den Medien hat und keine Freigabe hat, sondern aus dem Internet aus SchülerVZ hochgeladen und veröffentlicht hat, meine sehr verehrten Damen und Herren, so stimmt etwas in diesem Land nicht.
Dann geht es um die Frage der Persönlichkeitsrechte und auch um die Freiheit der Presse. Wir müssen nicht nur diskutieren, sondern festlegen, was man darf und was man nicht darf. Das hat etwas mit dieser letzten Bemerkung zu tun.
Ich sage ganz ernsthaft, die Landesregierung wird nicht nur in der Datenschutzkommission, sondern auch im Ministerrat in der nächsten Woche darüber diskutieren. Wir werden uns sehr intensiv mit dieser Frage beschäftigen. Ich erhoffe mir daraus auch eine entsprechende Initiative im Bundesrat oder wie auch immer, also all das, was wir rechtlich machen können, um diese Möglichkeiten einzugrenzen oder rechtlich zu sichern.
Meine Damen und Herren, wir kommen zur Aussprache über die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Matthias Lammert und Bettina Dickes (CDU), Bildungsstreik in Rheinland-Pfalz – Nummer 2 der Drucksache 15/3506 – betreffend.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich klarstellen, dass es der CDUFraktion nicht um eine grundsätzliche Kritik an den Demonstrationen der Schüler und Studenten geht. Die
Studenten stellen durchaus berechtigte Forderungen. Das erkennen wir auch an. Die Demonstrationsfreiheit ist grundgesetzlich verankert.
Was ist aber vor einer guten Woche passiert? Das Abgeordnetenhaus wird kurzzeitig besetzt, eine Ausstellung beschmiert, eine Schreibmaschine, Teil eines Kunstwerkes, geklaut, das Foyer völlig verdreckt zurückgelassen.
Herr Pörksen, Sie erklären dazu im Innenausschuss und vor der Presse, dass die Schüler und Studenten ein Haus besetzen, ist im Rahmen einer Demonstration ein hinnehmbares Verhalten und die jungen Leute hätten nur sagen wollen, was sie so drückt. Es sei gut, dass sie von der Polizei nicht daran gehindert wurden, und es sei in Ordnung, dass uns rund 100 Leute einmal kurzzeitig besuchen würden.
Hier steht immerhin der Vorwurf mehrerer Straftaten im Raum – dies wurde vorhin auch gesagt –, ob Diebstahl, Sachbeschädigung oder Hausfriedensbruch.
Herr Pörksen, Sie haben uns auch gerne vorgeworfen, die CDU würde die Sache hoch hängen. Auch darum geht es überhaupt nicht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es geht darum, dass die Spielregeln in einem Rechtsstaat für alle gelten, ohne Ausnahme.
Auch wenn ich Forderungen oder das Engagement der Studenten im Einzelnen durchaus mit einer gewissen Sympathie begleite, so darf mich das nicht auf einem Auge blind machen