Protocol of the Session on June 25, 2009

Bei den Regelungen zur Mitwirkung der Bewohner und Bewohnerinnen haben wir die Möglichkeit geschaffen, dass auch Externe, zum Beispiel Angehörige, Betreuer oder Ehrenamtliche, in angemessenem Umfang gewählt werden können. Nur ersatzweise und auf ein Jahr befristet kann statt eines Bewohnergremiums ein Angehörigen- und Betreuerbeirat gewählt werden. Auch das war ein Punkt, der in der Anhörung sehr unterschiedlich bewertet worden ist. Wir wollen dieses Gremium aber bewusst nicht als Dauereinrichtung, weil wir darin die Gefahr sehen, dass Bewohner und Bewohnerinnen dominiert werden. Stattdessen sollen sie Unterstützung erfahren, damit sie ihre Anliegen selbst geltend machen können.

Ich erinnere daran, dass wir das in vielen Bereichen bewiesen haben, beispielsweise bei Menschen mit Lernschwierigkeiten – das sind die ehemals als geistig Behinderte bezeichneten –, denen kein Mensch zugetraut hätte, dass es Formen gibt, sich selbst zu artikulieren und einzubringen. Das haben wir längst geschafft. Ich denke, das ist eine Aufgabe. Man muss es ein Stück weit organisieren, dass die Selbstvertretung der Bewohner und Bewohnerinnen gesichert ist.

Um alle Beteiligten, Bewohner und Bewohnerinnen und Menschen, die sich für den Umzug in eine Einrichtung interessieren, als Verbraucher und Verbraucherinnen zu stärken, regelt das Gesetz die Pflicht der zuständigen Behörde, Qualitätsberichte über die geprüften Einrichtungen zu erstellen und diese zu veröffentlichen. Es regelt auch die Pflicht der Träger, die Qualitätsberichte zu veröffentlichen, und die Schaffung eines neuen landesweiten Einrichtungen- und Diensteportals.

Neben den erweiterten Beratungsaufgaben der zuständigen Behörde soll das Land außerdem eine landesweite Informations- und Beschwerdehotline fördern, die das bestehende Infotelefon bei der Verbraucherzentrale weiterentwickelt. Es soll selbstverständlich kein zweites Telefon eingerichtet werden. Es soll eine Weiterentwicklung des vorhandenen Infotelefons stattfinden. Damit soll landesweit und umfassend eine Ansprechstelle für besondere Fragen von Bewohnern und Bewohnerinnen und ihrer Angehörigen zur Verfügung stehen, die Fragen und Beschwerden an die zuständigen Stellen weiterleiten können.

Mir ist wichtig, mit den Regelungen des Landesgesetzes die Entwicklungen zu begleiten, die mit dem Pflegeweiterentwicklungsgesetz des Bundes eingeleitet worden sind. Ich bin optimistisch, dass wir im Einvernehmen zwischen den Trägern, den kommunalen Spitzenverbänden und den zuständigen Behörden die Modalitäten zur Veröffentlichung vereinbaren können; denn viele Träger und Verbände haben mir versichert, dass das auch in ihrem Interesse sei.

Das Gesetz wird Einrichtungen und Träger von zusätzlichem Verwaltungsaufwand befreien. Wir haben verschiedene Anzeige- und Dokumentationspflichten komplett gestrichen, die im Heimgesetz stehen. Wir sind, was die Entbürokratisierung betrifft, weit über das hinausgegangen, was im vorliegenden Entwurf der CDU enthalten ist.

Für wirkungsvoll und wichtig halten wir ebenso wie die CDU die Einführung eines internen Beschwerdemanagements, das den Bewohnern und Bewohnerinnen entgegenkommt und ihre Anliegen und Wünsche erfragt.

Die vorgeschlagenen gesetzlichen Regelungen ermöglichen es künftig, Einrichtungen, in denen aufgrund der konzeptionellen Gestaltung ein höheres Maß an Selbstbestimmung und Teilhabe möglich ist, von bestimmten allgemeinen Anforderungen zu befreien. Wir wollen damit die Einrichtungen ermutigen, solche Konzepte zu verwirklichen.

Noch ein Punkt ist mir besonders wichtig, nämlich die Prüfungen zum Schutz der Bewohner und Bewohnerinnen. Schon seit September 2007 finden die Prüfungen der Heimaufsicht grundsätzlich unangemeldet statt. Das haben wir jetzt zur Norm gemacht. Die Prüfungen sollen grundsätzlich jährlich stattfinden und können sich auf bestimmte Schwerpunkte beziehen. Die Prüfinhalte und -termine sind mit dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung abzustimmen. Ist eine Einrichtung bereits mit gutem Ergebnis vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung geprüft worden und liegt diese Prüfung nicht länger als ein Jahr zurück, können Regelprüfungen in größeren Abständen bis höchstens drei Jahre stattfinden.

Es war mir außerdem besonders wichtig, die Maßnahmen und Instrumentarien der Behörde im Anschluss an die Prüfungen wirksamer zu gestalten, als das im jetzigen Heimgesetz der Fall ist.

Wenn ich unseren Entwurf mit den bereits vorliegenden Gesetzen anderer Länder vergleiche, wird deutlich, dass

die Föderalismusreform zu einer bunten Landschaft von ordnungsrechtlichen Gesetzen für diese Einrichtungen geführt hat. Was mir besonders wichtig ist, in keinem anderen Land ist die Unterstützung und Teilhabe ein so wesentlicher Inhalt wie in Rheinland-Pfalz.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte damit Einrichtungen und Träger spürbar darin unterstützen, sich in die Richtung weiterzuentwickeln, dass sie sich in das Wohnquartier öffnen.

In unserem Einrichtungen- und Diensteportal sehe ich ein Alleinstellungsmerkmal, das die konsequente Weiterentwicklung der pflegepolitischen Transparenzvorgaben darstellt. Der Bereich der Eingliederungshilfe wird auch davon profitieren. In all den Jahren meiner Tätigkeit habe ich gelernt, dass Qualität nur durch hohe Transparenz nachhaltig zu sichern ist.

Nach Absprache mit dem Landesbeauftragten für den Datenschutz haben wir anders als in anderen Ländergesetzen Regelungen zum Schutz personenbezogener Daten in das Gesetz aufgenommen, die sich an die Behörden, Träger und Einrichtungen richten. Ich halte es gerade angesichts der aktuellen Datenskandale für angezeigt, dass sensible persönliche Daten durch entsprechende Vorgaben und organisatorische Maßnahmen geschützt werden.

(Beifall bei der SPD)

Abschließend mache ich noch eine grundsätzliche Anmerkung. Wenn wir wollen, dass sich die Wohnangebote für Menschen mit Behinderungen und Pflegebedarf in Richtung Selbstbestimmung und Teilhabe weiterentwickeln, dann müssen wir uns alle immer wieder auf Veränderungen einlassen. Viele sind längst auf dem Weg, andere werden folgen, da bin ich mir sicher.

Ein neues Gesetz lädt ein, neue Wege zu gehen und erfordert ein Umdenken, erst recht, wenn es ein antiquiertes Vorgängermodell gibt. Ich wünsche mir, dass alle Akteure diesen Weg mitgehen, damit sich den älteren pflegebedürftigen und behinderten Menschen zukunftsgerichtete Perspektiven des Wohnens und der Unterstützung eröffnen.

Ich freue mich auf eine konstruktive Debatte und Auseinandersetzung mit diesem Gesetzentwurf.

Danke schön.

(Beifall SPD)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Rüddel das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir sind nicht unzufrieden darüber, dass offensichtlich der Entwurf der CDU für ein Heim- und Wohnformen

qualitätsgesetz als Vorbild für den Gesetzentwurf der Landesregierung gedient hat.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Pörksen, SPD: Träumen Sie ruhig weiter!)

Die Landesregierung ist unserem Entwurf in weiten Teilen gefolgt, aber leider nur in weiten Teilen, nicht überall. Gerade dort, wo sie uns nicht gefolgt ist, ist sie weit über das Ziel hinausgeschossen. Hätten Sie nur die Finger von eigenen Versuchen gelassen und hätten sich an unserem guten und vernünftigen Entwurf noch deutlicher orientiert!

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Enttäuscht sind wir gerade darüber, dass der versprochene Bürokratieabbau in der jetzt vorliegenden Fassung nicht stattfindet. Er findet nicht nur nicht statt, sondern Experten bestätigen uns, dass mit diesem Gesetzentwurf die Einrichtungen mit mehr Bürokratie zu kämpfen haben werden. Wir müssen aber alles dafür tun, damit die Einrichtungen eine Pflege organisieren können, die am Menschen und nicht am Schreibtisch stattfindet. Die Chancengleichheit der unterschiedlichen Einrichtungsträger ist teilweise auch eingeschränkt. Bürgerschaftliches Engagement ist in der Pflege wichtig, aber das ehrenamtliche Engagement von Menschen verpflichtend zu regeln und als Kriterium für die Qualitätsprüfung zugrunde zu legen, schießt über das Ziel hinaus. Gut gemeint ist noch lange nicht gut gemacht.

(Beifall der Abg. Frau Thelen, CDU)

Die CDU begrüßt, dass – wie im CDU-Entwurf – unterschiedliche Wohn- und Betreuungsformen über klassische Heime hinaus erfasst werden. Das gilt auch für die Informationspflichten und Transparenzbestimmungen, zum Beispiel gerade auch für ein Beschwerdemanagement in Einrichtungen. Beide Entwürfe sehen Bestimmungen zur Öffnung von Einrichtungen und zur verstärkten Teilhabe durch Mitwirkung von Bewohnerinnen und Bewohnern, Angehörigen und weiteren Personen vor. Wir begrüßen auch die Erprobungsregelung für neue Wohn- und Betreuungsformen sowie die Bestimmungen zu regelmäßigen Prüfungen der Heimaufsicht für Heime bzw. entsprechende Wohnformen sowie die Regelung von Prüfprioritäten der Heimaufsicht und Kooperationsaufträge zum Beispiel mit dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen.

All das findet sich auch im CDU-Entwurf. Der Gesetzentwurf der Landesregierung bleibt bei der beanspruchten Entbürokratisierung aber auf halbem Wege stehen. Beispielhaft nenne ich hier, dass die Tages- und Nachtpflege nur unvollständig aus dem Geltungsbereich herausgenommen wird. Diese Herausnahme muss nach dem Vorbild des CDU-Entwurfs auch für in stationären Einrichtungen eingestreute Plätze gelten. Der Lebensmittelpunkt ist in beiden Fällen das Zuhause und nicht die Einrichtung.

Nach dem Regierungsentwurf haben die Träger von Einrichtungen ein Konzept zu den Zielen, Strukturen und Maßnamen, zur Förderung der Teilhabe der Bewohnerinnen und Bewohner und der Beteiligung ihrer Angehö

rigen und weiterer Personen vorzulegen. Eine derartige Überwachung der inhaltlich nicht strittigen Maßnahmen ist nach unserer Meinung nicht notwendig. Auch bei den Anzeigepflichten von Einrichtungen wird Entbürokratisierung durch Reduzierung der verlangten Anzeigen nur halb oder inkonsequent betrieben. Missglückt sind im Entwurf der Landesregierung auch Anteile und Abgrenzungen der Einrichtungs- und Wohnformen.

(Pörksen, SPD: Na, na, na!)

Sie können ohne Not zu einer Diskriminierung bzw. negativen Etikettierung stationärer Einrichtungen führen, die sich als Einrichtung mit umfassendem Leistungsangebot gegenüber Einrichtungen mit höherer Selbstbestimmung und Teilhabe positionieren. Die Abgrenzung arbeitet überdies mit festen Platzzahlen, ohne dass klar würde, welche Bedeutung eine feste Platzzahl für strukturelle Abhängigkeiten hat.

Konkret wird von uns befürchtet, dass die vorliegenden Formulierungen dazu führen, dass in Rheinland-Pfalz bestehende und gewünschte Wohnformen als Einrichtungen mit umfassendem Leistungsangebot behandelt werden und unter umfangreiche Verpflichtungen fallen, die sie in der Entwicklung behindern, ohne dass die entsprechenden Auflagen sachlich gefordert sind. Es kann nicht Sinn einer Regelung sein, die Weiterentwicklung von Wohn- und Betreuungsformen in Wirtschaftlichkeit und Existenz zu bedrohen. Der Lösungsansatz der CDU ohne feste Platzzahl, dafür aber mit konkreten Kriterien zur Gleichbehandlung für andere Wohnformen bei Erfüllung der Voraussetzungen nach Größe, Leistung und Belegung erscheint flexibler und besser.

Wir brauchen also weitere Maßnahmen zur Entbürokratisierung der Pflege. Die zuständigen Einrichtungen und Stellen müssen sich auf ihre originären Aufgaben konzentrieren können. Es ist unserer Vorstellung nach ausreichend, von den Einrichtungen Darlegungen zu verlangen, dass die gestellten Anforderungen erfüllt werden. Es muss kein detailliertes Konzept vorgelegt werden.

Ebenso sind die Anzeigepflichten der Einrichtungen zu reduzieren. Die hier im Regierungsentwurf etablierte Überregulierung wird von uns deshalb kritisiert, weil dadurch die allseits gewünschte Entstehung weiterer Wohnformen erschwert und behindert wird. Unser Eindruck ist, dass sich die Landesregierung mit ihrem Entwurf zu sehr einmischt und den Einrichtungen selbst nichts zutraut. Wir wissen, dass wir in Rheinland-Pfalz gute Einrichtungen mit verantwortungsvollen, kompetenten und engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern haben. Wir trauen denen etwas zu.

Die SPD-Fraktion hat in der Ausschusssitzung vom 26. Februar 2009 zum CDU-Gesetzentwurf ihr Interesse an einer gemeinsamen Lösung auf der Grundlage des Gesetzentwurfs der CDU-Fraktion, des Entschließungsantrags der SPD-Fraktion und dessen, was die Landesregierung dazu beitragen könne, bekundet. Die CDUFraktion hat nicht darauf bestanden, mit ihrem Gesetzentwurf allein in das parlamentarische Verfahren zu gehen. Für die CDU ist es wichtig, für die betroffenen Mitmenschen im Land ein gutes Ergebnis zu erreichen.

Die SPD muss allerdings bereit sein, die zentralen Beanstandungen konstruktiv aufzugreifen.

Beide Entwürfe werden sich jetzt einer Anhörung im Ausschuss stellen. Für die CDU-Fraktion gibt es viele Gemeinsamkeiten, aber nicht um jeden Preis. Ziel muss sein, älteren, behinderten und pflegebedürftigen Menschen ein selbstbestimmtes und würdevolles Leben zu ermöglichen. Deshalb sollen die Rechte der Betreuten und Angehörigen gestärkt, die Transparenz von Betreuung und Pflege verbessert, eine Vielfalt an Einrichtungen sowie deren flexible Weiterentwicklung gewährleistet werden. Fürsprache, Respekt, Würde, Sicherheit und Selbstbestimmung sind daher wichtige Grundvoraussetzungen, älteren Menschen die Angst vor einer Pflegebedürftigkeit zu nehmen. Die CDU-Fraktion ist bereit, mit der SPD und der FDP eine gemeinsame Lösung zu finden. Wir sind alle aufgerufen, Rahmenbedingungen zu schaffen, die älteren, behinderten und pflegebedürftigen Menschen ein ihrer Selbstbestimmung und Würde entsprechendes Leben ermöglichen, orientiert an der Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Als Gäste begrüße ich Besucher im rheinlandpfälzischen Landtag, und zwar das Tagesseminar für Studierende der Universität Koblenz-Landau. Herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Dröscher.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der demografische Wandel stellt unsere Gesellschaft vor vielfältige Aufgaben. Vor wenigen Wochen haben wir anlässlich der Regierungserklärung von Ministerin Malu Dreyer ausführlich über Konzepte und Modelle diskutiert, die Chancen dieser Entwicklung zu nutzen und auf die Risiken dieser Entwicklung angemessen zu reagieren. Es ist dabei deutlich geworden, dass es zur Stärkung bzw. zum Erhalten und gegebenenfalls, wenn notwendig, auch zur Wiederherstellung von Selbstständigkeit und Selbstverantwortung keine Alternative gibt. Darauf weist auch die zunehmende Bedeutung von geriatrischen Angeboten und geriatrischer Rehabilitation hin.

Möglichst lange selbstbestimmt zu leben, ist die Wunschvorstellung der Menschen in unserem Land. Das gilt auch und vielleicht mit besonderer Betonung dort, wo diese Selbstständigkeit bedroht ist oder Abhängigkeit von Hilfen bereits Alltag und Schicksal ist.

Wir haben in Rheinland-Pfalz bei einer Gesamtbevölkerung der sogenannten Hochaltrigen von knapp 200.000

etwa 107.000 pflegebedürftige Menschen. Davon leben etwa 35 %, also 38.000, aufgrund ihres Hilfebedarfs in einer stationären Einrichtung. Eine kleinere Zahl lebt darüber hinaus in Seniorenresidenzen und sonstigen Wohneinrichtungen. Darüber hinaus gibt es noch andere gemeinschaftliche Wohnformen.