Protocol of the Session on May 14, 2009

Nun erklären Sie uns einmal, weshalb die Jungen eine solche besondere Möglichkeit der Berufsorientierung nicht haben sollen und weshalb die Arbeitgeber die

Möglichkeit, neue Arbeitskräfte zu gewinnen, nicht bekommen sollen. Nun, sie fürchten offenbar die Konkurrenz für die Mädchen.

Sie sagten auch, das Konzept zum Girls’Day sehe ausdrücklich vor, dass aktiv auf die Mädchen zugegangen werde. Warum sollte man nicht beim Boys’Day auch aktiv auf die Jungen zugehen?

Frau Steinruck sagte im Ausschuss als Argument gegen einen Boys’Day, es herrsche eine bestimmte Denkweise der Eltern. Sie sprach auch in Bezug auf junge Männer und männertypische Berufe und Frauen und frauentypische Berufe von Barrieren in den Köpfen der Eltern. Den Girls’Day sehen sie als erfolgreiches Mittel an, dieses Denken zu verändern. Warum gilt das Gleiche nicht auch zur Veränderung der Denke bei den Eltern junger Männer?

(Beifall der FDP und der Abg. Frau Wopperer, CDU – Frau Wopperer, CDU: Genau!)

Sie sagten doch, in den vergangenen Jahren habe man ein wachsendes Interesse am Girls’Day sowohl bei den Betrieben und Kommunen als auch bei jungen Frauen und deren Eltern feststellen können. Warum wollen Sie denn bei den Betrieben, bei den Kommunen, den jungen Männern und ihren Eltern nicht auch ein wachsendes Interesse erzeugen, um zu fördern, dass die Berufswahl auch bei den Jungen weniger an alten Rollenklischees orientiert ist?

Sie wenden an dieser Stelle ein, dass in frauentypischen Berufen die Bezahlung schlechter sei. – So ist das. Wir reden hier insbesondere von Erziehern, von Lehrern von der Grundschule bis zum Gymnasium und von Krankenschwestern. Wer ist ganz überwiegend Arbeitgeber von diesen Berufen? –

Die öffentliche Hand. Also, lehnen Sie nicht den Boys’Day ab, sondern machen Sie sich daran, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass diese Berufe besser bezahlt werden können,

(Beifall der FDP und bei der CDU – Ministerpräsident Beck: Das ist doch Unfug! Das stimmt doch gar nicht!)

zum Beispiel, indem Sie an anderer Stelle im Haushalt entsprechend einsparen.

(Zurufe von der SPD – Baldauf, CDU: Nehmen Sie doch die 30 Millionen Euro vom Nürburgring!)

Das haben wir Ihnen schon oft genug gesagt!

Sie sagen auch, dass die Probleme bei den Jungen so vielfältig seien, dass sie in der Grundschule gezielt gefördert werden müssten und flächendeckend etwas für sie getan werden sollte. – Das ist alles richtig. Sie sagen auch, man könne nicht alle Probleme an einem Tag im Jahr lösen. – Aber tun wir dies denn mit dem Girls’Day bei den Mädchen, bitte sehr? – Dort ist es doch genau dasselbe.

Also, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, es ist doch sehr erstaunlich, dass Sie solche Probleme mit der Gleichbehandlung gleicher Tatbestände haben.

(Beifall der FDP)

Wir wollen die Probleme der Jungen genauso wenig an einem Tag im Jahr lösen wie die der Mädchen. Frau Kollegin Sahler-Fesel, wir wollen mit diesem Antrag genau den einen Baustein gegen die Rollenklischees bei der Berufswahl der Jungen etablieren, wie wir ihn mit dem Girls’Day gegen die Rollenklischees bei der Berufswahl der Mädchen schon etabliert haben.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Gleichberechtigung für Frauen kann nur gelingen, wenn alte Rollenklischees auf beiden Seiten, also auch bei den Männern, überwunden werden. In diesem Sinne, machen Sie keine Gleichstellungspolitik mit Scheuklappen. Beschränken Sie sich nicht auf „die armen Frauen“. Stimmen Sie der Einführung eines Boys’Day parallel zum Girls’Day zu.

(Beifall der FDP und bei der CDU – Zuruf von der CDU: Jawohl!)

Für die Landesregierung hat Frau Staatsministerin Dreyer das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Herren und Damen Abgeordnete! Seit 2001 gibt es nun den Girls’Day, und ich bin ein wenig verwundert, weshalb wir diese Debatte Jahr für Jahr im Frauenausschuss führen.

(Frau Wopperer, CDU: Gleichstellungsausschuss!)

Natürlich bin ich der Auffassung, dass wir für Jungen und für Mädchen sorgen müssen, das steht doch völlig außer Frage. Trotzdem sage ich Ihnen ganz klar: Der Girls’Day wurde 2001 aus unterschiedlichen Gründen eingeführt, und an diesen Gründen hat sich bislang noch nicht sehr viel geändert.

Im Gegensatz zu den Jungen geht es dabei um einen Punkt: Ich nenne ihn „strukturelle Benachteiligung“. Es geht nicht nur um die Frage, dass sich Mädchen nicht trauen, einen bestimmten Berufsweg zu gehen, oder dass sie sich nicht orientieren könnten, einen bestimmten Berufsweg einzuschlagen. Es geht um eine grundsätzliche strukturelle Frage, dass beispielsweise die Betriebe – zumindest früher – überhaupt nicht offen waren für Mädchen und für Frauen. Es geht um die Frage, dass sich Mädchen auch nicht trauen, in diesen Berufen aktiv zu werden, weil es dort so gut wie keine anderen Mädchen gibt.

Ich verstehe diese ganze Debatte überhaupt kein bisschen, weil es schlicht und einfach nicht darum geht, ob einerseits für die Mädchen etwas Spezielles getan wird und ob andererseits vielleicht auch für die Jungen etwas

Spezielles getan werden muss. Sie beschreiben das alles wunderbar in Ihrem Antrag. Ihnen geht es um bildungspolitische Themen. Es geht um soziale Themen. Es geht um ein völlig anderes Thema als bei den Mädchen.

(Beifall der SPD)

Sie reduzieren es auf die Berufsorientierung, und das stimmt einfach nicht. Es ist nicht das Gleiche, und die Frauen, die früher vielleicht auch ein wenig aktiv in der Frauenbewegung tätig waren, wissen, woher der Girls’Day der Mädchen kommt und aus welchem Hintergrund er stammt. Dies ist nicht die Thematik, die uns heute die Jungen als Aufgabe stellen. Es ist eine andere Aufgabe, und ich bin dezidiert der Meinung, was auch Frau Abgeordnete Sahler-Fesel sehr gut begründet und argumentiert hat: Der Girls’Day ist der Tag der Mädchen.

Man soll ihn nicht verwässern, sondern man sollte ihn so belassen, wie er ist. Man sollte die Mädchen ermutigen, an diesem Tag im Mittelpunkt zu stehen. Es ist schön und gut, dass man vieles für die Jungen tun kann, aber dies darf schon gar nicht zeitgleich geschehen. Wenn wir anfangen, am Tag des Girls’Day einen Boys’Day zu veranstalten, vermiesen wir die ganze Geschichte. Wir machen sie nicht mehr identifizierbar, und dies wird der Sache nicht gerecht. Deshalb soll es so bleiben, wie es ist.

(Beifall der SPD)

Ich möchte an dieser Stelle auch betonen, es ist eine Marke. Es hat viele Jahre gedauert, bis überhaupt klar war, was der Girls’Day eigentlich bewirken soll. Inzwischen gibt es unzählige Betriebe, die sich dieser Aufgabe annehmen. Es gibt viele Mädchen, die Interesse daran haben. Bei bekannten Produkten wie beispielsweise „Nivea“ käme man schließlich auch niemals auf die Idee, aus Gründen, die möglicherweise auch berechtigt sind, die Marke zu verändern. Die Marke „Girls’Day“ ist wichtig, und sie ist nicht nur für die Mädchen wichtig, sondern auch für die Unternehmen, für die Gesellschaft und für diejenigen, die über den Girls’Day berichten. Deshalb ist es auch wichtig, sie zu behalten.

Ich möchte das gar nicht mehr im Detail darstellen – Frau Sahler-Fesel hat das wirklich sehr gut gemacht –,

(Pörksen, SPD: Überraschend gut!)

wir haben überhaupt gar keine Differenz an der Stelle, dass Jungen auch bestimmte Unterstützung brauchen. Das steht völlig außer Frage.

(Vizepräsident Schnabel übernimmt den Vorsitz)

Es gibt in Rheinland-Pfalz zahlreiche Projekte, Möglichkeiten und Maßnahmen, die die Jungen darin unterstützen, sich einerseits ein Stück weit zu orientieren, auch stärker in sozialen Berufen, aber andererseits auch bei dem, was bildungspolitisch angesprochen worden ist. Ich nenne einmal ein Beispiel. Wir haben eine Bildungs- und Fachkräfteinitiative in der Pflege gehabt. Wir hatten ganz bewusst den Aspekt auch auf die Jungen gelegt. Es sind etwa 20 % Jungen, die in der Pflege ausgebildet

werden. Das ist nicht viel, aber es ist immerhin mehr, als es vor Kurzem noch waren. Da waren es zwischen 15 % und 17 %.

Die Landesregierung hat eine Fachstelle „Jungenarbeit“, in der projektbezogen ganz viele Maßnahmen im Bereich der Jungenpädagogik durchgeführt werden. Wir sind auch Mitglied im bundesweiten Netzwerk „Neue Wege für Jungs“.

Wir haben Modellprojekte, Modellversuche, geschlechtsbewusste Grundschule – Frau Sahler-Fesel hat das alles schon genannt –, bei denen es beispielsweise um Jungenförderung in der Ganztagsschule geht.

Seit Anfang 2008 ist die Fachstelle „Jungenarbeit“ aktiv. Im Moment überlegt Kollegin Ahnen zusammen mit den Kolleginnen und Kollegen aus der Fachstelle, wie dieses Projekt noch weiterentwickelt werden kann, auch bezogen auf andere Standorte.

Das bedeutet, alles, was Sie in Ihrem Antrag so schön analysieren und darstellen, wird in Rheinland-Pfalz in Angriff genommen und auch durchgeführt. Diese Projekte haben in der Regel, was die Jungen betrifft, vor allem drei Säulen, nämlich einmal Erweiterung von Berufs- und Studienwahlspektrum – selbstverständlich –, aber auch Flexibilisierung der männlichen Rolle und Ausbau sozialer Kompetenzen. Das sind andere Themen.

Wenn man sich einmal intensiv damit befasst, dann merkt man auch, dass es andere Themen sind. Man kann sie nicht gleichschalten, und man kann erst recht nicht Tage, die einen bestimmten Zweck und eine bestimmte Intention haben, mit einem anderen Tag vermischen.

Ich möchte noch einmal ein Wort zu den Äußerungen meines Staatssekretärs im Ausschuss sagen. Die Erkenntnisse, die wir über Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen hatten, waren die Erkenntnisse, die die Bundeskoordinierungsstelle des Girls’Day vermittelt hat. Meine Kollegin Dagmar Ziegler kenne ich sehr gut. Ich schätze sie auch sehr. Ich habe noch nie mit ihr darüber gesprochen,

(Frau Wopperer, CDU: Dann tun Sie das mal!)

wie sie persönlich dazu steht. Aber selbst wenn sie ausnahmsweise hier einmal eine andere Meinung als ich hätte, würde ich trotzdem sagen: Für uns in RheinlandPfalz gilt und bleibt es bei uns beim Girls’Day, weil wir und ich auch als Ministerin felsenfest davon überzeugt sind, dass es der richtige Weg ist.

(Beifall bei der SPD – Pörksen, SPD: Das ist gut so!)

Ich glaube, es ist alles gesagt. Ich bin ganz sicher – auch wenn Frau Wopperer uns verlässt –, im nächsten Jahr wird der Girls’Day wieder ein Thema sein. Aber es wäre vielleicht auch ganz aufschlussreich, einfach einmal mit der einen oder anderen Person zu sprechen, die damals den Girls’Day ins Leben gerufen hat, und sich einmal die Historie dieses Tages bewusst zu machen, um endlich einfach auch einmal zu erkennen, dass es

Unterschiede in der Intention dieser Fördermaßnahme für die Jungen und der Fördermaßnahme für die Mädchen gibt. Das würde uns vielleicht in der Diskussion auch weiterbringen.

Herzlichen Dank.

(Beifall der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der CDU und FDP – Drucksache 15/3042 –. Die Beschlussempfehlung lautet: Der Antrag wird abgelehnt. –

Wer dem Antrag der Fraktionen der CDU und FDP – Drucksache 15/3042 – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke. Die Gegenprobe! – Stimmenthaltungen? – Der Antrag ist mit Stimmen der SPD gegen die Stimmen der CDU und der FDP abgelehnt.