Rheinland-Pfalz hat einen hohen Anteil an kleinen und mittleren Unternehmen, und die rheinland-pfälzische Wirtschaft ist zunehmend exportorientiert. Die neuen Chancen, die sich durch die erweiterte Europäische Union ergeben, kommen so der Wirtschaft und unseren Beschäftigten in Rheinland-Pfalz zugute. Gerade Mittel- und Osteuropa ist für die rheinland-pfälzischen Betriebe weiter ein wichtiger Markt. Dies wird auch durch die Landesregierung unterstützt. Hier leistet auch das Mittel- und Osteuropazentrum auf dem Hahn eine beispielhafte Arbeit.
Das Europäische Parlament hat Einfluss auf Entscheidungen, die unser Land betreffen. Dies hat sich am Beispiel der REACH-Verordnung und der EU-Weinmarktreform gezeigt. Gerade bei der heiß diskutierten REACH-Verordnung und bei der EU-Weinmarktreform konnte Rheinland-Pfalz zusammen mit dem Europäischen Parlament Verbesserungen zugunsten der Bürgerinnen und Bürger erreichen.
Die Europäische Union sollte eine Union sein, die sozial und bürgernah ausgestaltet ist. Wir brauchen mehr Bürgernähe in der Europäischen Union und mehr soziale Mindestabsicherung, die für alle EU-Staaten vergleichbar sind; denn vergleichbare Wettbewerbsbedingungen nützen den Beschäftigten und der Wirtschaft.
Für eine starke Wirtschaft brauchen wir auch starke Gewerkschaften und starke kleine und mittlere Betriebe im Handel und beim Handwerk. In Rheinland-Pfalz arbeiten wir Hand in Hand mit den Gewerkschaften und dem Mittelstand. Dies ist für eine gute europäische Politik wichtig.
Der rheinland-pfälzische Landtag steht zum Vertrag von Lissabon und die durch den Vertrag von Lissabon vorgesehene Subsidiaritätsprüfung. Der Landtag hat hierzu bereits frühzeitig einen Beschluss aller Fraktionen gefasst, den ich heute noch einmal in Erinnerung rufe.
Rheinland-Pfalz ist ein weltoffenes Land. Die gemeinsamen Grenzen und die gemeinsame Geschichte mit unseren Nachbarn haben uns geprägt. Anlässlich der Europawahlen sprechen wir uns gegen jede Form des politischen Extremismus, des Rassismus und der Fremdenfeindlichkeit in Europa aus. Dies haben wir auch in unserem Parlamentsantrag zur Europawahl von SPD und FDP deutlich gemacht.
Ich komme nun zum Antrag der CDU. Bisher hatten wir im Landtag oft die Gelegenheit, die Gemeinsamkeiten bei europäischen Fragen von allen Fraktionen gemeinsam zu unterstreichen. Die CDU hat einen Antrag zu den Europawahlen in den Landtag eingebracht, der das CDU-Europawahlprogramm in Form eines Antrags darlegt. Wenn Sie ihn abgleichen, sehen Sie, dass die Spiegelstriche, die aufgeführt sind, mit dem CDU
Wahlprogramm identisch sind. Das gehört aber nicht zu den Aufgaben des Landtags. Deshalb können wir dem Antrag der CDU nicht zustimmen.
In Rheinland-Pfalz lag die Wahlbeteiligung bei den letzten Europawahlen über dem Bundesdurchschnitt. Die Kommunal- und Europawahlen werden zusammengelegt. Es ist wichtig, wählen zu gehen und vom demokratischen Stimmrecht auch bei den Europawahlen Gebrauch zu machen. Aller Wahrscheinlichkeit nach könnten im nächsten Europaparlament sechs RheinlandPfälzer sitzen. Zwei Vertreter des Hohen Hauses kandidieren auch für das Europäische Parlament.
Europa – das sind wir und die vielen jungen Menschen, die mit der Europäischen Union ganz selbstverständlich aufwachsen, an europäischen Austauschprogrammen teilnehmen oder einfach die anderen europäischen Staaten selbst entdecken, und zwar über die Schule, bei der Ausbildung, im Studium, im Beruf oder im Urlaub.
Ich habe es in der eigenen Familie erlebt. Ein Neffe hatte über das ERASMUS-Programm einen halbjährigen Aufenthalt in Griechenland. Dieser wird für ihn unvergessen sein. Er hat dort interessante Begegnungen gehabt, die ihn auf Dauer prägen werden.
Europa sollte das Europa der Bürgerinnen und Bürger sein. Europa sollte ein soziales Europa sein. Dafür treten wir ein.
Lassen Sie mich mit einem Zitat von Victor Hugo, dem bekannten französischen Dichter, abschließen. Dieses zeigt, dass auch Visionen in Erfüllung gehen können – in dem Fall nach sage und schreibe 160 Jahren. Er sagte 1849: Ein Tag wird kommen, wo alle Nationen dieses Kontinents ohne ihre besonderen Eigenheiten und ihre ruhmreiche Individualität einzubüßen,
sich eng zu einer höheren Gemeinschaft zusammenschließen und die große europäische Bruderschaft begründen werden. Ein Tag wird kommen, wo es keine anderen Schlachtfelder mehr geben wird als die Märkte, die sich dem Handel öffnen, und der Geist, der sich den Ideen öffnet. Ein Tag wird kommen, wo die Kugeln und Bomben durch Stimmzettel ersetzt werden.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie haben heute, wie es der Kollege Klöckner schon ausgeführt hat, einen Alternativantrag zum CDUAntrag auf dem Tisch liegen, den meine Fraktion, namentlich mein Kollege Jürgen Creutzmann, gemeinsam mit der SPD-Fraktion auf den Weg gebracht hat.
Grund hierfür war, dass uns der Antrag der CDU in einigen Teilen nicht konkret genug war und auch Punkte enthält, die als Appell an das Europaparlament von einem Landesparlament aus nicht unbedingt geeignet erscheinen.
Ich hörte jetzt, dass es das Wahlprogramm der CDU ist. Das hatte ich nicht extra nachgelesen. Dann wäre mir das mit Sicherheit auch aufgefallen.
Natürlich muss die Arbeit des Europäischen Parlaments in den einzelnen Mitgliedstaaten stärker in das öffentliche Bewusstsein gerückt werden. Damit haben Sie recht. Dem stimmen alle Fraktionen in diesem Haus und auch in anderen Lebensbereichen mit Sicherheit zu. Diese Debatte soll einen Beitrag dazu leisten, die Europawahl und die Europäische Union generell in den Fokus zu rücken. Dass das jedoch äußerst schwierig ist, wissen wir alle gemeinsam.
Die Europa-Berichterstattung in den Medien ist nach wie vor recht spärlich. Auch die heutige Diskussion wird mit Sicherheit morgen nicht im Zentrum der landespolitischen Berichterstattung stehen.
Die Aussage, dass das Europäische Parlament die Anstrengungen in den Grenzbereichen zwischen Deutschland, Frankreich, Luxemburg und Belgien für eine verstärkte Bilingualität unterstützen soll, ist richtig. Aber auch hier kann das Europäische Parlament selbst nicht viel ausrichten.
Die Zuständigkeiten obliegen uns als zuständigem Landtag und grenzüberschreitenden Gremien, wie dem Oberrheinrat und dem IPR, die wertvolle Beiträge zu diesen grenzüberschreitenden Herausforderungen leisten. Diese Arbeit in den Gremien ist wichtig und wird auch von unserer Fraktion nachhaltig unterstützt. Über die Schwierigkeiten im Detail haben wir bereits einiges hören können.
Mit allgemeinen Aussagen, wie „Die rheinlandpfälzischen Landwirte und Winzer brauchen in diesem Zusammenhang faire Chancen und unbürokratische Rahmenbedingungen bei der Landwirtschaftspolitik“ können sich auch mit Sicherheit alle in diesem Hause identifizieren.
Uns fehlt auch hier die politische Konkretisierung. Man kann nicht in Nummer 10 das Europäische Parlament auffordern, sich dafür einzusetzen, dass die Europäische Union in den kommenden Jahren in eine Phase der Konsolidierung eintreten soll, um im nächsten Punkt zu
fordern, dass das Europäische Parlament die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei zu Verhandlungen über eine privilegierte Partnerschaft weiterentwickeln soll.
All dies hat es uns schwer gemacht, dem Antrag der CDU zuzustimmen. Wir werden uns deshalb an dieser Stelle enthalten.
Mit dem Alternativantrag der Fraktionen der SPD und der FDP wollen wir vor allem einige zentrale Punkte an das Europäische Parlament adressieren, wenn es gewählt ist. Wichtig ist, dass die Europäische Union in Zukunft eine Politik betreibt, die die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen nicht nur innerhalb Europas, sondern auch auf dem Weltmarkt stärkt.
Deshalb muss bei allen Verordnungen und Richtlinien der EU darauf geachtet werden, dass unsere Unternehmen in ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit nicht geschwächt werden. Europa wird sich auch in Zukunft einem starken Wettbewerb auf den internationalen Märkten stellen müssen. Dieser wird nicht zu bestehen sein, wenn die EU ihre Wettbewerbsfähigkeit zusätzlich durch bürokratische Hemmnisse und Kosten belastet.
Wichtig für die Freien Demokraten ist auch, dass das Modell der sozialen Marktwirtschaft in der Europäischen Union als Leitprinzip verankert wird. Die soziale Marktwirtschaft hat uns in Deutschland in den letzten Jahrzehnten Wohlstand und hohe Beschäftigungsquoten gesichert. Wenn es gelänge, dieses erfolgreiche Modell auch in Europa generell umzusetzen, sind wir uns sicher, dass dieses einen großen Beitrag zu mehr Wohlfahrt und vor allem auch zu sozialer Stabilität leisten würde.
Sicherlich haben viele Staaten innerhalb Europas noch einen großen Nachholbedarf, was die Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerrechte und Sozial- und Schutzstandards anbelangt. Einheitliche europäische Standards dürfen allerdings nicht dazu führen, dass die hohen sozialen Standards in Deutschland abgebaut werden, was bei einer Einigung bei 27 europäischen Staaten auch der Fall sein könne.
Deswegen plädieren die Freien Demokraten dafür, dass in den einzelnen Mitgliedstaaten individuelle und auf sie zugeschnittene Regelungen getroffen werden können. Das gilt auch für einen sogenannten Mindestlohn. Auf einer Veranstaltung der IG BCE dieser Tage wurde ein europäischer Mindestlohn nur dort befürwortet, wo die Tarifvertragsparteien in freien Verhandlungen keinen Mindestlohn durchsetzen können.
Die FDP-Fraktion hofft wie alle anderen in diesem Hause auch, dass am 7. Juni möglichst viele Bürgerinnen und Bürger von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen, um dem Europäischen Parlament eine höhere Legitimation zu verschaffen und auf dem Weg zu einer gemeinsamen, demokratisch legitimierten Europäischen Union weiter voranzuschreiten.
Wer dem Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 15/3344 – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Stimmenthaltungen? – Der Antrag ist mit den Stimmen der SPD gegen die Stimmen der CDU bei Stimmenthaltung der FDP abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über den Alternativan- trag der Fraktionen der SPD und FDP – Drucksache 15/3404 –. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Antrag ist mit den Stimmen der SPD und der FDP bei Stimmenthaltung der CDU angenommen.
Landesgesetz zu dem Elften Rundfunkänderungsstaatsvertrag Antrag der Fraktionen der SPD und CDU – Entschließung – – Drucksache 15/3199 –