Das ist eine sehr bedauerliche Entwicklung, die auf unserer Seite der Grenze nicht gut ist. Sie ist aber auf der anderen Seite sehr viel gravierender. Die Zahl der Schülerinnen und Schüler in Frankreich, auch im Grenz
gebiet, beispielsweise in Lothringen, die Deutsch lernen, nimmt seit Jahren ständig ab. Das ist eine Entwicklung, der wir natürlich entgegenzuwirken versuchen müssen. Ich sage aber auch, das ist in Anbetracht der Dominanz, die das Englische hat und wo die Eltern den Eindruck haben, dass es das Wichtigste ist, dass Englisch als Erstes gelernt wird, eine wirklich schwierige Aufgabe. In dem Grundsatz sind wir uns einig. Ich freue mich, dass es gelungen ist, von 2007 bis 2013 erstmals ein eigenes Programm für das gesamte Gebiet der Großregion zu schaffen, nämlich im Bereich der INTERREG-Förderung. Das hat dazu geführt, dass der Oberrhein zu diesem Fördergebiet mit dazugehört.
Gestatten Sie mir, den Blick auch noch kurz auf einzelne Regionen zu werfen. Im Berichtszeitraum war das zentrale Thema am Oberrhein die Weiterentwicklung zu einer europäischen Metropolregion. Sie wissen, diese Diskussion dauert noch an. Wir begleiten sie aktiv. Die Vertreterinnen und Vertreter der Parlamente tun das ebenso wie die kommunale Ebene. Wir versuchen, über die Politik hinaus entsprechend Ansprechpartner aus der Wirtschaft, der Hochschule und der Wissenschaft für dieses Projekt zu gewinnen. Wir werden auch den Versuch unternehmen, Zivilgesellschaft in diesen Prozess mit einzubringen. Wir werden unter unserer Federführung daher drei Bürgerkongresse am Oberrhein durchführen, um den Zusammenhalt in diesem Kooperationsraum zu stärken.
Es ist zum Dritten gelungen – das sind kleine Fortschritte, die aber doch ähnlich wie bei Saar/Lor/Lux zeigen, dass im Kleinen auch ein Anfang liegen kann –, einen gemeinsamen Kooperationsfonds einzurichten. Dahinter steht natürlich die Kofinanzierung und die schnelle Finanzierung von Projekten. Im Kern geht es aber darum, dass das ein erster Schritt hin zu einem ständigen gemeinsamen grenzüberschreitenden Budget im Bereich des Oberrheins sein könnte. Das ist eine Frage, mit der wir uns seit 15 Jahren am Oberrhein und seit noch viel längerer Zeit im Bereich von Saar/Lor/Lux herumschlagen und versuchen, dies zu erreichen.
Gestatten Sie mir darüber hinaus den Hinweis, dass wir im Rahmen der turnusmäßigen Wechsel der Präsidentschaft im Jahr 2009, konkret in der Gestalt des Kollegen Nagel, den Präsidenten in der Oberrhein-Konferenz stellen werden.
Ich will noch einen kurzen Blick auf die Zusammenarbeit in der Großregion mit Luxemburg werfen. Wir haben dargestellt, wir haben dort eine außerordentlich erfolgreiche Zusammenarbeit auch im Rahmen der europäischen Kulturhauptstadt gehabt. Ich will mich ausdrücklich für die hervorragende Zusammenarbeit mit unseren luxemburgischen Freunden bedanken.
Es ist uns gelungen, wie ich hoffe, mit dem Haus der Großregion endlich einen nächsten Schritt zur Etablierung dieses Hauses als ein gemeinsames Sekretariats zu gehen. Wir werden dort einen Teil der INTERREGMittel gemeinsam verwalten. Wenn Sie noch vor Augen haben, wie schwierig es gerade unseren belgischen und unseren französischen Freunden fällt, auf der Ebene der Verwaltung solche Schritte zu gehen, mögen Sie ermessen, dass wir damit ein Stück vorangekommen sind.
Das führt mich aber dazu, auch noch einmal zu sagen, grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist das hartnäckige Bemühen über viele Jahre hinweg an Punkten, bei denen man sich fragt, wenn man sie frei diskutiert, ob es das eigentlich gibt. Dafür möchte ich Ihnen noch ein Beispiel vortragen, um deutlich zu machen, mit welchen Schwierigkeiten wir immer wieder kämpfen und warum wir immer wieder dafür werben müssen, auch mit kleinen Erfolgen weiterzumachen.
Es gibt ein schönes Schwimmbad in Bad Bergzabern. Das ist frisch renoviert. Es gibt Entsprechendes in Weißenburg, ein kulturelles Zentrum, ein Sportzentrum, das man nutzen könnte. Auf diese Idee sind wir auch schon gekommen. Dann kämpfen Sie mit folgenden Schwierigkeiten, wenn Sie wollen, dass Schülerinnen und Schüler aus dem Grenzraum dieses Schwimmbad nutzen können:
1. Zum Verlassen des französischen Staatsgebiets benötigen Schülerinnen und Schüler jeweils eine Einzelgenehmigung vom zuständigen Ministerium in Paris.
2. Die französische Gesetzgebung erlaubt es nicht, dass Schwimmunterricht in einem Schwimmbad stattfindet, das zeitgleich von der Öffentlichkeit genutzt wird.
3. Es gibt keine gegenseitige Anerkennung der Ausbildungszertifikate von Bademeisterinnen und Bademeistern, sodass ein französischer Bademeister in Deutschland nicht Aufsicht führen kann und ein deutscher Bademeister keine französischen Schülerinnen und Schüler betreuen darf.
4. Es gibt unterschiedliche Vorschriften im Bereich der Hygiene- und Sicherheitsnormen. Dies bezieht sich insbesondere auf die Pflicht, dass in Frankreich im Schwimmbad eine Badekappe zu tragen ist und somit in Deutschland auch.
Ich will mit diesem Beispiel deutlich machen – das kann natürlich auch zur Erheiterung beitragen –, wo die Problematik liegt. Sie liegt oft nicht in dem, dass wir uns allgemein darauf verständigen, dass wir gute Nachbarn sind und wir gut miteinander auskommen müssen, sondern die Sisyphusarbeit der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit besteht darin, dass wir beispielsweise in der Frage der Rettungsdienste, die zu Recht angesprochen worden ist und bei der die Problematik eher auf deutscher Seite als auf luxemburgischer und belgischer Seite liegt, durch das Dickicht von Vorschriften und Traditionen, von berufsständischen Vorstellungen und althergebrachten Dingen eine Schneise schlagen, die dann vernünftige Dinge ermöglicht. Daran arbeiten wir in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit.
Der Bericht ist mit seiner Besprechung erledigt. Wir kommen daher zur Abstimmung über den Entschließungsantrag. Wer dem Entschließungsantrag der Fraktion der SPD „Grenzüberschreitende Zusammenarbeit stärken“ – Drucksache 15/3406 – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Das war einstimmig der Fall.
Europa bewusst machen – Europa gestalten Perspektiven für die Europawahl 2009 Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 15/3344 –
dazu: Rheinland-Pfalz in Europa – Demokratische Teilhabe beleben Antrag (Alternativantrag) der Fraktionen der SPD und FDP – Drucksache 15/3404 –
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn ich Europa anwählen will, welche Nummer wähle ich dann eigentlich? Das hat der ehemalige amerikanische Außenminister Kissinger einmal leicht spöttisch gefragt. Europa hat auch heute noch keine einheitliche Vorwahl, aber in den vergangenen Jahrzehnten hat es doch einen sehr faszinierenden Weg bestritten.
Ein vereintes Europa bietet heute eine Vielzahl von Vorteilen in den verschiedensten Bereichen und Räumen, z. B. einen Schutzraum, in dem rund 500 Millionen Menschen in Frieden und Freiheit leben können,
einen in vielen Ländern einheitlichen Währungsraum, einen von Freizügigkeit geprägten Arbeitsraum, einen Wirtschaftsraum oder auch einen Kultur- und Freizeitsektor. (Beifall bei der CDU)
Da wir sowohl in unserem Antrag als auch im Alternativantrag der Fraktionen der SPD und der FDP die vielen Vorteile eines geeinten Europas für die Menschen auch in Rheinland-Pfalz ausführlich nachlesen können, möchte ich mir weitere detaillierte Ausführungen zu den Auswirkungen auf Rheinland-Pfalz ersparen. Das wäre im Plenum sicherlich Eulen nach Athen getragen.
Meine Damen und Herren, dieser von mir eben als faszinierend bezeichnete Weg Europas, die Entwicklung, ist vielen Menschen heutzutage nicht mehr bewusst. Vielmehr sind diese ganzen Errungenschaften zur Selbstverständlichkeit geworden. Auch die gesunkene Wahlbeteiligung bei den zurückliegenden beiden Wahlen erhärtet diese These.
Wenn man sich mit den Menschen auf der Straße unterhält, scheint Europa – einmal abgesehen von der allgemeinen Politikverdrossenheit – immer häufiger nur noch in negativen Klischees, bedeutungslos, bisweilen sogar gänzlich ohne Akzeptanz als weit entfernte Institution im Raum zu stehen.
Meine Damen und Herren, mit diesem Antrag stehen wir dafür, dass wir gemeinsam für den Vertrag von Lissabon bei den Menschen werben und in den politischen Vertretungen für dessen Umsetzung kämpfen. Wir stehen dafür, dass wir uns bei der Europäischen Union – gegebenenfalls zusammen mit dem Bund und anderen Bundesländern – dafür einsetzen, dass gerade unsere Freiberufler, unsere Handwerker, unsere kleinen und mittleren Unternehmer, unsere Winzer und unsere Landwirte nicht durch unnötige bürokratische Zwänge in ihrer Arbeit eingeengt werden.
Wir stehen dafür, dass wir die Sprachbarrieren durch verstärkte Bilingualität abbauen und damit die Grundlage dafür schaffen, dass kommunale Partnerschaften gefestigt sowie auch die kulturellen und wirtschaftlichen Kooperationen verstärkt werden. Letztlich stehen wir aber auch gegen eine Überdehnung der EU. Das heißt, wir fordern, dass die Vertiefung der Beziehungen innerhalb der Europäischen Union Vorrang vor exorbitanten Ausdehnungen genießt.
Darüber hinaus möchten wir, dass Staaten an den Randbereichen Europas eine Perspektive jenseits von Vollmitgliedschaften aufgezeigt wird.
Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion hat die Initiative ergriffen, die wir aber gerne mit Ihnen allen weitertragen möchten, damit Europa wieder tief ins Bewusstsein unserer Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer rückt; denn es wäre aller Mühen und Ehren wert, wenn es uns gelänge, gemeinsam mit einer hohen Wahlbeteiligung bei den anstehenden Wahlen ein deutliches Zeichen für ein gesteigertes Europabewusstsein zu setzen. Weshalb soll es uns hier nicht gemeinsam gelingen, in dem Bundesland, in dem mit Helmut Kohl der einzige aus Deutschland kommende Ehrenbürger Europas lebt, erfolgreich für ein starkes Bewusstsein, für ein gemeinsames Europa zu werben, die Wahlbeteiligung zu erhöhen und damit eindrucksvoll zu zeigen, dass wir im Herzen Europas leben?
Meine Damen und Herren der SPD und der FDP, da sich Ihr Antrag auf eine stärkere Wahlbeteiligung bezieht, besteht Konsens zwischen allen Parteien. Wir bitten Sie jedoch um Unterstützung unserer weitergehenden Initiative und würden uns wünschen, wenn man bei dieser Thematik zu einem großen Konsens über alle im Raum stehenden Punkte käme.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Der Stellenwert Europas wird in Artikel 74 a der Verfassung für Rheinland-Pfalz wie folgt beschrieben: „Rheinland-Pfalz fördert die europäische Vereinigung und wirkt bei der Europäischen Union mit, die demokratischen, rechtsstaatlichen, sozialen und föderativen Grundsätzen und dem Grundsatz der Subsidiarität verpflichtet ist. Rheinland-Pfalz tritt für die Beteiligung eigenständiger Regionen an der Willensbildung der Europäischen Union und des vereinten Europas ein. Es arbeitet mit anderen europäischen Regionen zusammen und unterstützt grenzüberschreitende Beziehungen zwischen benachbarten Gebietskörperschaften und Einrichtungen.“
Am 7. Juni, also in wenigen Wochen, werden wir ein neues europäisches Parlament wählen. 3,071 Millionen Bürgerinnen und Bürger in Rheinland-Pfalz sind wahlberechtigt. Davon sind 52 % im Land Frauen. Vor diesem Hintergrund muss deshalb auch die Chancengleichheit von Frauen und Männern und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in der Europäischen Union eine noch stärkere Bedeutung gewinnen. Dies unterstützen wir.
Auch etwa 100.000 Bürgerinnen und Bürger aus anderen EU-Mitgliedsstaaten sind bei den Europawahlen 2009 in Rheinland-Pfalz grundsätzlich wahlberechtigt. Hierbei stellen – das ist vielleicht ein interessanter Hinweis für die Zuhörer auf der Tribüne – die Italienerinnen und Italiener mit fast 23.000 Wahlberechtigten den größten Anteil der Wählerinnen und Wähler aus anderen EUStaaten, gefolgt von Bürgerinnen und Bürgern aus Polen mit über 19.000 Wahlberechtigten.
Fast 6.000 EU-Bürgerinnen und -Bürger aus den neuen Mitgliedstaaten Bulgarien und Rumänien, seit dem Jahr 2007 Mitglieder der EU, sind erstmals in Rheinland-Pfalz wahlberechtigt. Wir müssen auch für die Chancen werben, die uns die Europäische Union durch die Erweiterung und das „Europa der 27“ bietet. Dies sind große Chancen für die Kultur, beim Austausch, für die Wirtschaft, die jungen Menschen und die Bürgerinnen und Bürger.
Wir freuen uns, dass wir die neuen EU-Mitgliedstaaten mit den gleichen Rechten haben. Ich heiße die Wählerinnen und Wähler aus den anderen EU-Staaten willkommen. Gehen auch Sie in Rheinland-Pfalz zur Europawahl!
Rheinland-Pfalz profitiert von den Mitteln der Europäischen Union. Viele Fördermaßnahmen im Bereich der Sozialpolitik, der Wirtschafts- und Verkehrspolitik sowie der Landwirtschaft wären ohne eine europäische Kofinanzierung nicht möglich. Hierbei sind besonders Förderungen aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), dem Europäischen Sozialfonds (ESF),
der Strukturförderung im ländlichen Raum, der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit und die direkte Unterstützung für die Landwirtschaft zu nennen. Es handelt sich immerhin um einen Betrag von 74,5 Millionen Euro.
Rheinland-Pfalz hat einen hohen Anteil an kleinen und mittleren Unternehmen, und die rheinland-pfälzische Wirtschaft ist zunehmend exportorientiert. Die neuen Chancen, die sich durch die erweiterte Europäische Union ergeben, kommen so der Wirtschaft und unseren Beschäftigten in Rheinland-Pfalz zugute. Gerade Mittel- und Osteuropa ist für die rheinland-pfälzischen Betriebe weiter ein wichtiger Markt. Dies wird auch durch die Landesregierung unterstützt. Hier leistet auch das Mittel- und Osteuropazentrum auf dem Hahn eine beispielhafte Arbeit.