Ich darf dazu die Zeitung „DIE RHEINPFALZ“, Lokalausgabe Speyer vom 20. März 2009 – das ist gerade einmal sechs Tage her –, zitieren. Die Zeitung hat auf Seite 1 Folgendes getitelt: „Offiziell nur eisernes Schweigen. Der unverändert schwelende Kopftuch-Streit belastet weiter den Schulbetrieb am Speyer-Kolleg“.
Dass sich da kein Journalist etwas aus den Fingern gesogen hat, beweisen eine Menge verschiedener Aktivitäten, die es inzwischen schon seit Anfang des Jahres in Speyer gibt. Es gibt einen Unterrichtsboykott mehrerer Schüler, einen Protestbrief aus der Lehrerschaft und inzwischen sogar Petitionen an den Landtag.
Frau Ministerin, die Schulgemeinschaft, die Schulleitung und auch das Kollegium werden von Ihnen einfach im Stich und mit dem Problem allein gelassen. Es ist nicht nur – davon bin ich fest überzeugt – Sache der ADD, so zu verfahren, sondern das geschieht mit Ihrer ausdrücklichen Rückendeckung.
Frau Ministerin, wo bleibt die Fürsorgepflicht, die Sie als oberste Dienstherrin gegenüber der Schulleitung und den Mitgliedern des dortigen Kollegiums haben? Ich kann nicht erkennen, dass Sie diesem wichtigen Auftrag, den Sie als Ministerin haben, gerecht werden.
Die Landesregierung hat den Slogan „Rheinland-Pfalz: Wir machen’s einfach“, mit dem sie schon manche Bauchlandung erlebt hat. Bei dem Thema sieht es eher anders aus. Wir machen es einfach nicht, scheint Ihre Devise zu sein.
Unsere Position als CDU dazu ist völlig klar. Wir machen es einfach. Wir legen Ihnen diesen Gesetzentwurf, den der Landtag 2005 abgelehnt hat, noch einmal vor und hoffen sehr bei Ihnen, Frau Ministerin, und den anderen beiden Fraktionen auf Einsicht.
Die Erkenntnis der letzten Monate ist ganz klar: Es muss nicht, aber es kann zu gewaltigen Problemen führen.
Frau Ministerin, ich habe noch einen klitzekleinen Hoffnungsschimmer. Sie selbst haben sowohl in der Beantwortung der Kleinen Anfrage von Frau Wopperer als auch im Landtag bei der letzten Fragestunde mehrfach das Wort „derzeit“ erwähnt, wie z. B.: Derzeit sehen wir keine Notwendigkeit für das Gesetz. – Vielleicht deutet sich auch bei Ihnen ein Meinungswandel an.
Wir haben jedenfalls ein gewichtiges Argument für unseren Gesetzentwurf auf unserer Seite. Das ist unsere Verfassung. Artikel 33 der Landesverfassung sagt ganz
klar: Das Schulwesen ist dazu da, zur Gottesfurcht und Nächstenliebe und freier demokratischer Gesinnung zu erziehen. Religiöse Symbole haben deshalb ihren Platz auch in den Schulen, solange sie nicht mit Grundwerten unserer Verfassung in Konflikt stehen. Genau das ist aus unserer Sicht beim islamischen Kopftuch das Problem.
Frau Ministerin, Sie haben gesagt, es gebe keine Deutungshoheit des Staates. Das ist richtig. Darauf kommt es aber nicht an.
Die klare Aussage des Bundesverfassungsgerichts 2003 war: Es kommt darauf an, wie ein Kopftuch auf einen Betrachter wirken kann, also auf den objektiven Empfängerhorizont. Deshalb, so Karlsruhe, sind alle denkbaren Möglichkeiten, wie das Tragen verstanden werden kann, zu berücksichtigen.
Das ist nicht nur bei Christen oder religionslosen Menschen so, auch im Islam wird das Kopftuch weitgehend als Symbol für eine untergeordnete Stellung der Frau und eine eingeschränkte Selbstbestimmung verstanden. Dafür gibt es viele Belege.
Das ist Grund genug, unseren Gesetzentwurf ein weiteres Mal einzubringen und zu hoffen, dass das Parlament dieses Mal unserem Gesetzentwurf folgt. Acht Länder haben es schon getan, auch Bremen, das rot-grün regiert ist,
Das Wort hat Frau Abgeordnete Sahler-Fasel von der SPD-Fraktion. Ich bitte um Entschuldigung, SahlerFesel.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Kopftuch entwickelt sich nun offensichtlich bei der CDU-Fraktion zu einer Glaubenssache, fragt sich nur, in welche Richtung.
Wir haben aber in diesem Parlament nach tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten zu entscheiden. Deshalb empfehle ich den Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion, sich doch endlich einmal ernsthaft mit der Studie „Das Kopftuch – Entschleierung eines Symbols?“ zu beschäftigen, die bereits im September 2006 von der Konrad-Adenauer-Stiftung herausgegeben worden ist.
Herr Dr. Wilke und liebe Kolleginnen und Kollegen, die Erkenntnisse der Konrad-Adenauer-Studie widerlegen in summa Ihre vorgetragenen Argumente und entlarven diese als Mutmaßungen und Unterstellungen.
Keine Bange, dahin kommen wir noch. Nach dieser Studie geben 97 % der Kopftuch tragenden Frauen an, dass sie das Kopftuch aus religiösen Gründen tragen.
Weder die immer wieder unterstellten politischen Gründe noch der angebliche Druck der männlichen Familienmitglieder konnten in der Studie eine Bestätigung finden. Die Konrad-Adenauer-Studie weist ehrlicherweise darauf hin, dass es sich bei ihrer Untersuchung nicht um eine repräsentative Studie handelt; denn – ich zitiere – „die Erstellung einer repräsentativen Studie ist bei dieser Personengruppe nicht möglich, da die Bedingungen zur Ziehung einer Zufallsauswahl nicht vorliegen“.
Umso erstaunter bin ich – leider ist Frau Dickes, Ihre schulpolitische Sprecherin, nicht anwesend; das wundert mich doch ein bisschen –, dass ich in der örtlichen Mainzer Zeitung habe lesen können, dass Frau Dickes sagt, Studien belegen, dass sich Menschen mit dem Kopftuch auch ganz klar gegen die deutsche Gesellschaft abgrenzen wollen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das nenne ich Populismus in Reinkultur und keine seriöse Politik.
Ich fordere Frau Dickes auf, diese Studien dem Landtag und der Enquete-Kommission zur Verfügung zu stellen, damit wir unseren Horizont entsprechend erweitern können.
Das Fazit der Konrad-Adenauer-Studie stellt sich ganz anders dar. Ich zitiere: „Im Interesse einer gelungenen Integration ist es wichtig, Zuwanderern das Gefühl zu vermitteln, in Deutschland willkommen zu sein. Das muss auch für Kopftuch tragende Mädchen und Frauen gelten. Auch sie sind Teil der deutschen Gesellschaft und haben Anspruch auf gleichberechtigte Teilhabe“.
Ich muss wohl nicht extra betonen, dass diese Feststellungen sich mit dem Integrationsverständnis der SPDFraktion und dem Integrationskonzept des Landes Rheinland-Pfalz voll und ganz decken. Ziel der Integration ist die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Migrationshintergrund in allen Lebensbereichen. Gerade
Zu Ihrem Gesetzentwurf. Sie monieren mit Blick auf das Bundesverfassungsgericht – Herr Dr. Wilke hat es eben wieder getan – die fehlende gesetzliche Grundlage zum Verbot des Kopftuchs in Rheinland-Pfalz, welches der Landtag – wie Sie richtig sagen – im Jahr 2005 auf Ihren Antrag diskutiert hat. Nach intensiver Beratung hat die Mehrheit des Landtags keinen Handlungsbedarf gesehen. Dann beklagen Sie in Ihrem jetzt vorliegenden Entwurf, es ereignete sich nun wiederholt der Fall – wiederholt –, dass das Tragen eines Kopftuchs kein Einstellungshindernis in den rheinland-pfälzischen Schuldienst darstellte.
Werte Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion, das, was Sie beklagen, ist geltendes Recht und war seit 2005 offensichtlich bis auf einen Fall jetzt gar kein Problem.
Die Einzelfallregelungen im Rahmen der Einstellungsgespräche und der Dienstaufsicht haben in den Jahren seit 2005 voll und ganz ausgereicht, um die Neutralität aller Lehrkräfte und den Schulfrieden zu gewährleisten.
Um es mit den Worten des „Evangelischen Kirchenboten“ 10/2009 auszudrücken – ich zitiere aus dem Artikel von Klaus Koch –: Kopftuch unter Generalverdacht. Es grenzt schon fast an eine Verschwörungstheorie anzunehmen, dass eine Muslima sich über Jahre geschickt verstellt, in Deutschland Abitur und Staatsexamen macht, ihr Referendariat absolviert, Lehrproben besteht und dann, wenn sie endlich Lehrerin geworden ist, damit beginnt, hilflose Schüler zu indoktrinieren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Gesetzentwurf der CDU stellt die in unserem Rechtsstaat übliche Art der Beweisführung kurzerhand auf den Kopf. Heißt es doch in der Begründung, maßgeblich – Sie haben es eben angebracht – ist hierbei nicht die Motivation der Lehrkraft, die dem Tragen der strittigen Symbole und Kleidungsstücke zugrunde liegt, sondern das Tragen eines Kopftuchs im Speziellen ist unzulässig, da aus der Perspektive des Betrachters damit eine Haltung verbunden sein kann, die eine mindere Stellung der Frau in Gesellschaft, Staat und Familie oder eine fundamentalistische Stellungnahme für ein theokratisches Staatswesen verbindet, was im Widerspruch zu den Verfassungswerten des Grundgesetzes und der Verfassung Rheinland-Pfalz steht. –
Auf den Punkt gebracht, für jeden einfach zu verstehen, für die CDU-Fraktion ist es offensichtlich entscheidend, was eine Frau auf dem Kopf hat, und nicht, was eine Frau im Kopf hat.