Protocol of the Session on March 26, 2009

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dötsch.

Herr Minister, in dem Radio-Spot, in dem für die Telefonbefragung geworben wird, wird auch dargestellt, dass Verbesserungen in der Zusammenarbeit mit den Kommunen nachgefragt werden und dort Möglichkeiten dazu aufgezeigt werden können. Von der CDU begrüßen wir dieses Verfahren sowie auch die gesamte Bürgerbeteiligung.

Ich frage dennoch nach: In welcher Form wird die Verbesserung der Zusammenarbeit mit den Landesbehörden nachgefragt, insbesondere vor dem Hintergrund, dass auch geplant ist, Aufgaben nach unten zu delegieren? – Insoweit wäre es doch sinnvoll, auch diese Form der Zusammenarbeit zu hinterfragen.

Ich habe die Fragen nicht formuliert, und ich formuliere sie auch nicht, da ich mich aus guten Gründen zurückgehalten habe. Aber gehen Sie einmal davon aus, dass all diese Fragen in der Bürgerbeteiligung sowie auch in den Antworten eine Rolle spielen werden. Es wird immer in Richtung Land gefragt.

Eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Harald Schweitzer.

Abg. Schweitzer, Harald, SPD:

Herr Innenminister, der Kollege Dötsch sagt, dass die CDU-Fraktion die Bürgerbefragung begrüßt. Wie bewerten Sie dann, dass die CDU bei den Haushaltsberatungen die Mittel dafür streichen wollte und einen Antrag dazu im Landtag eingebracht hat?

Wenn das so wäre, wäre es ein schändliches Vorgehen.

(Heiterkeit und Beifall der SPD)

Weitere Zusatzfragen sehe ich nicht.

(Pörksen, SPD: Nein, jetzt nicht mehr!)

Doch, Herr Kollege Eymael.

Herr Staatsminister, wir freuen uns natürlich, dass Sie die Bürger beteiligen, bevor eine Entscheidung fällt.

(Pörksen, SPD: Man sieht’s euch an!)

Aber Sie sprechen immer wieder von einem MehrStufen-System. Wie viele Stufen der Bürgerbeteiligung werden nach dieser Stufe noch folgen, oder kann man auch irgendwann einmal mit einer Entscheidung seitens der Landesregierung rechnen?

Eine Bürgerbeteiligung war immer schon angedacht. Eine weitere Stufe der Beteiligung ist nach dem bisherigen Stand nicht angedacht.

Es liegen keine weiteren Zusatzfragen mehr vor. – Dann bedanke ich mich.

(Beifall der SPD)

Ich rufe nun die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Nicole Morsblech und Werner Kuhn (FDP), Gewaltprävention/-intervention und Krisenintervention an rheinland-pfälzischen Schulen – Nummer 3 der Drucksache 15/3245 – betreffend, auf.

Frau Morsblech trägt die Fragen vor. Frau Morsblech, Sie wissen, Sie brauchen den Vorspann nicht vorzulesen.

Nein, ich habe noch nie den Vorspann vorgelesen. Aber danke schön für den wertvollen Hinweis, Herr Präsident. Dann werde ich es auch dieses Mal nicht tun und frage in unser beider Namen die Landesregierung:

1. In welchem Umfang werden welche Projekte zur Gewaltprävention und -intervention von rheinlandpfälzischen Schulen angenommen?

2. In welchem Umfang steht welchen Schulen eine Schulsozialarbeiterin/ein Schulsozialarbeiter zur Verfügung?

3. Inwieweit haben sich die rheinland-pfälzischen Schulen auf potentielle Krisensituationen vorbereitet?

4. Wie bewertet die Landesregierung das über die bereits eingesetzten Präventionsprogramme hinaus in der Diskussion befindliche Programm „Peace Games“, das an der Harvard-Universität entwickelt und bisher vor allem an US-amerikanischen Schulen eingesetzt wurde?

Für die Landesregierung antwortet Frau Staatsministerin Ahnen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordneten! Die Mündliche Anfrage beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt:

Uns alle in diesem Hohen Hause – dessen bin ich mir sicher – eint die tiefe Trauer und das Mitgefühl, das wir mit den Betroffenen der schrecklichen Geschehnisse von Winnenden empfinden. Es ist mir ein Bedürfnis, an dieser Stelle unseren Schulen zu danken, wie besonnen und einfühlsam sie die Situation mit den Schülerinnen und Schülern in den Tagen nach dem Amoklauf besprochen haben.

(Beifall im Hause)

Wir haben darüber hinaus den baden-württembergischen Kolleginnen und Kollegen sofort Hilfe angeboten, und ich möchte mich auch bei unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vom Schulpsychologischen Dienst bedanken, die unmittelbar am Tag danach in Winnenden als Ansprechpartner zur Verfügung standen.

Natürlich ist diese schreckliche Tat auch Anlass für uns, das vorhandene Instrumentarium erneut kritisch zu hinterfragen und nach Optimierungen zu suchen. Aber – auch das muss ich leider sagen – es gibt keine Patentrezepte, die mit letzter Sicherheit solche Taten ausschließen. Wir haben uns in Rheinland-Pfalz in der schulischen Gewaltprävention sehr angestrengt, und wir werden dies auch weiterhin tun. Wir haben eine sehr gute Zusammenarbeit zwischen Schule und Polizei erreicht, für die ich stellvertretend Herrn Innenminister Bruch sehr dankbar bin, da in diesem Bereich in den letzten Jahren unglaublich viel in Bewegung gekommen ist.

(Beifall der SPD und der FDP)

Zu Frage 1: Die Programme zur Gewaltprävention werden an unseren Schulen sehr gut angenommen. Die Fortbildungsbereitschaft der Lehrkräfte in diesem Bereich ist ausgesprochen hoch. In Rheinland-Pfalz gibt es eine Vielzahl von staatlichen und nicht staatlichen Präventionsprogrammen. Neben diesen Programmen arbeiten insgesamt 25 Moderatorinnen und Moderatoren zur Gewaltprävention an Schulen, um diese zu unterstützen und zu beraten und Studientage, Projekte und Fortbildungen mit Lehrkräften, Eltern und Schülerinnen und Schülern durchzuführen.

Zur Implementierung der Programme, für den Einsatz der Moderatorinnen und Moderatoren und zur Förderung sonstiger gewaltpräventiver Aktivitäten an Schulen gibt es im Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur den Haushaltstitel „Maßnahmen zur Gewaltprävention“, der im Jahr 2009 auf 170.000 Euro erhöht wurde.

Die staatlichen Präventionsprogramme sind „Ich und Du und Wir“, das Programm zur Primärprävention – ProPP – und das Programm „Prävention im Team“ – PiT –. „Ich und Du und Wir“ wurde vom Institut für Fortbildung und schulpsychologische Beratung entwickelt und wird seit 2007 in Kooperation mit der Landesbausparkasse Rheinland-Pfalz und dem Sparkassen- und Giroverband Rheinland-Pfalz in rheinland-pfälzischen Grundschulen angeboten. Derzeit sind 134 Grundschulen im Programm. Bis 2011 sollen mindestens 200 Grundschulen daran teilnehmen.

An ProPP haben seit 1999 über 800 Lehrerinnen und Lehrer aller weiterführenden Schulen teilgenommen. Am Programm PiT haben seit 1999 etwa 500 Lehrerinnen und Lehrer von etwa 270 Schulen in Rheinland-Pfalz teilgenommen.

Große nicht staatliche Programme sind insbesondere „Klasse 2000“ oder „Lions Quest – ‚Erwachsen werden’“. Hier liegen uns keine aktuellen Zahlen vor.

Zu Frage 2: Die Mittel für die Schulsozialarbeit wurden auch im letzten Doppelhaushalt deutlich erhöht von 1.965.000 Euro im Jahr 2006 auf 3,6 Millionen Euro im Jahr 2007, 3,7 Millionen Euro im Jahr 2008 auf jetzt 4,1 Millionen Euro im Jahr 2009. Für 2010 sind 4,6 Millionen Euro vorgesehen. Das sind beträchtliche Steigerungsraten, weil wir hier auch einen Schwerpunkt gesetzt haben.

Mit Stand 23. März 2009 gibt es an insgesamt 191 allgemeinbildenden Schulen landesgeförderte Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter. Darüber hinaus gibt es Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter in 54 berufsbildenden Schulen, die vom Land gefördert werden. Ich kann Ihnen die Auflistung auf die einzelnen Schularten verlesen. Ich kann Ihnen aber auch die Tabelle zur Verfügung stellen, wenn Sie es möchten.

Voraussetzung für die Einrichtung von Schulsozialarbeit an berufsbildenden Schulen ist das Vorhandensein einer Berufsfachschule I oder eines Berufsvorbereitungsjahres. Diese Bedingung erfüllen 60 berufsbildende Schulen im Land, wobei sichergestellt ist, dass an allen Schulen mit einem Berufsvorbereitungsjahr Schulsozialarbeit seit Jahren flächendeckend stattfindet. Da der Haushaltsgesetzgeber für die Jahre 2009/2010 eine Mittelaufstockung von 200.000 Euro für die berufsbildenden Schulen vorgesehen hat, sodass nunmehr dort 1 Million Euro zur Verfügung steht, ist in Kürze mit einer Entscheidung über die Neueinrichtung bzw. Aufstockung an den berufsbildenden Schulen zu rechnen.

Zu Frage 3: Unter Federführung des Ministeriums hat der Fachbereich Schulpsychologie des IFB in Kooperation mit der ADD sowie unter Einbezug der Polizei eine Handreichung für den Umgang mit Krisensituationen erstellt. Ein Schwerpunkt der Handreichung ist die Bildung eines schuleigenen Krisenteams und die Erstellung eines Krisenplans, um im Notfall besonnenes und angemessenes Handeln auch unter hoher Belastung zu gewährleisten. Dies gelingt umso besser, wenn ein Krisenteam auf den Umgang mit solchen Ereignissen vorbereitet ist. Dazu gehört es z. B. auch, vorab Kontakt zu Polizei und Rettungsdiensten zu suchen.

Auch für den Umgang mit der Presse und die sehr wichtige Nachsorge enthält diese Handreichung eine Fülle von Informationen und Anregungen.

Parallel zur Einführung wurden und werden regionale Fortbildungsveranstaltungen zum Thema angeboten. Schulen können auch durch den Schulpsychologischen Dienst sowie bei der Polizei Unterstützung finden.

An jedem Schulpsychologischen Beratungszentrum stehen psychologische Fachkräfte zur Krisenintervention zur Verfügung, die die Schulen beraten und im Krisenfall unmittelbar unterstützen können. Darüber hinaus sind umfangreiche Vorbereitungen in Zusammenarbeit mit den zuständigen Polizeidienststellen in Gang gekommen.

Einen wesentlichen Bestandteil des polizeilichen Maßnahmenpaketes „Amoklagen für Rheinland-Pfalz“ stellt ein frühzeitiger Austausch mit den anderen beteiligten Stellen, insbesondere den Schulen, dar. Grundlagen hierfür sind folgende:

1. Die enge Kooperation zwischen Polizei und Schulen; diesbezüglich haben Gespräche seitens der Polizeiinspektionen mit allen weiterführenden Schulen im Land mit dem Ziel stattgefunden, die notwendige Kommunikationsstruktur zu schaffen und Handlungsvereinbarungen zu treffen.

2. Darauf aufbauend werden nunmehr durch die Polizeipräsidien regionale Sicherheitskonferenzen veranstaltet, zu denen alle entsprechenden Schulleiter eingeladen werden. Die Planungen und Vorbereitungen dieser Veranstaltungen finden derzeit statt.

3. Die ständige aktuelle Informationssteuerung über relevante Sachverhalte an das Bildungsressort durch das Lagezentren des Innenministeriums.

4. Durchführung gemeinsamer Fortbildungsveranstaltungen von Schulleitern durch die ADD, das IFB und die Polizei.

5. Die Fortführung der bereits mehrfach absolvierten gemeinsamen Übungen von Polizei und Schulen zur Erprobung der Krisenreaktion.

Die enge Zusammenarbeit von Polizei und Schulen stellt eine wesentliche Voraussetzung zur Krisenbewältigung bei Amoklagen dar. In diesem Zusammenhang werden die geschaffenen Kooperationen weiter ausgebaut und gemeinsame Konzepte ständig überprüft und fortgeschrieben.