Herr Schweitzer, jetzt haben wir das Problem einer weltweiten Rezession und leerer Kassen in diesem Land. Das ist zu einem Zeitpunkt, an dem wir mit Finanzmitteln gegen die Krise ansteuern müssen. Ich nenne nur die Abwrackprämie. Diese sorgt zumindest vorübergehend für einen Nachfrageschub vor allen bei den Kleinwagen.
Ich nenne die Schulen und Kindergärten, die in einem erbärmlichen Zustand sind. Sie haben eine Renovierung dringend nötig.
Sicherlich wird das Konjunkturpaket helfen, den bestehenden Investitionsstau bei den Kommunen etwas abzumildern. Aber Investitionen sind Investitionen, und deshalb ist es wichtig, dass sie in der Infrastruktur erfolgen. Diese dienen wiederum der nachfolgenden Generation, der wir öffentliche Gebäude und Straßen in einem besseren Zustand hinterlassen.
Vor diesem Hintergrund sind viele der ergriffenen Maßnahmen zu vertreten. Jeder Feuerwehrmann weiß, große Feuer müssen wir mit Gegenfeuern bekämpfen. Die sich ausbreitende Krise muss man mit staatlichen Mitteln bekämpfen. Ich will heute allerdings nicht den Streit darüber führen, welche Dinge erfolgreich sein werden und welche nicht.
Es sei doch daran erinnert, dass der geistige Vater dieser Idee, Keynes, sich das ein wenig anders vorgestellt hat. Seine Idee war es, in Zeiten des Wachstums die Haushalte auszugleichen und, wie wir es alle tun, richtige Rücklagen aus Haushaltsüberschüssen zu bilden.
So sah es auch das Stabilitäts- und Wachstumsgesetz der Großen Koalition der 60er-Jahre vor, Herr Schweitzer. Doch daraus ist nie etwas geworden. Die Große Koalition der 60er-Jahre, die konsolidiert hatte, wurde durch eine sozial-liberale Koalition abgelöst. Damit begann in der Bundesrepublik Deutschland das richtige staatliche Schuldenmachen.
Die beachtlichen Konsolidierungserfolge mit den Liberalen unter Helmut Kohl hätten zu einem ausgeglichenen Haushalt Ende der 80er-Jahre geführt, wenn die Wiedervereinigung nicht gekommen wäre.
Bei der Schuldenbundesliga steuert die Landesregierung unter Kurt Beck von Haushaltssaison zu -saison an die Spitze. Niedersachsen haben wir überholt. Niedersachsen liegt hinter uns. Jetzt nehmen wir Kurs auf Schleswig-Holstein, Herr Finanzminister.
Deshalb trifft uns der Einbruch der wirtschaftlichen Entwicklung härter als andere. Es trifft uns härter als all diejenigen, die solider gewirtschaftet haben, die sogar in 2007 und 2008 ausgeglichene Haushalte in anderen Bundesländern vorgelegt haben und damit ganz andere finanzielle Spielräume haben.
Halb so viel Schulden sind halb so viel Zinsen. Für Rheinland-Pfalz würde das über 600 Millionen Euro bedeuten, über die wir dann frei verfügen könnten.
Wir können von Glück reden, dass die Zinsen seit geraumer Zeit auf niedrigem Niveau verharren, Herr Minister. Was wir mit diesem Nachtragshaushalt in RheinlandPfalz machen, ist der Versuch, uns zulasten derer, die nach uns kommen, aus der Krise zu retten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, über all den Kindergärten und Schulen, die jetzt saniert werden, über Krankenhausbauten und neuen Straßen sollten wir das nicht vergessen. Es ist deshalb mehr als nur richtig, dass es eine Frage des Anstandes ist, dass mit den gewaltigen Staatsausgaben im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise eine neue und bessere Finanzverfassung mit einer sehr viel strengeren und wirksameren Regel zum Verbot von neuen Staatsschulden verbunden werden soll.
Was hier Union und SPD, Bund und Länder konzipiert haben, ist das absolute Minimum dessen, was wir unseren Nachfahren schuldig sind. Das Schuldenverbot soll nämlich erst zu einem Zeitpunkt richtig greifen, an dem kaum einer der heutigen Akteure auch hier in diesem Plenum in den Regierungen von Bund und Land Verantwortung tragen wird, nicht einmal Sie, Herr Ministerpräsident.
Gleichwohl richte ich heute den Appell an diese Landesregierung, es ist ein zweifacher Appell: Stellen Sie sich einem Schuldenverbot in einer neuen Finanzverfassung nicht in den Weg. Sorgen Sie dafür, dass das Vereinbarte nicht aufgeweicht, sondern eher noch verschärft wird. Leiten Sie noch vor der Landtagswahl des Jahres 2011 eine neue Haushaltspolitik in Rheinland-Pfalz ein. Eröffnen Sie den Weg zu einem ausgeglichenen Haushalt in Rheinland-Pfalz.
Meine Damen und Herren, jedes Jahr, das die Regierung auf diesem Weg verstreichen lässt, erhöht die Schuldenlast dieses Landes und die Belastung für jeden einzelnen Rheinland-Pfälzer.
In dieser Finanz- und Wirtschaftskrise werden wir nicht nur bestraft für den ungeheuerlichen Leichtsinn vieler Banker, sondern auch für das sicherlich blinde Streben nach allzu schnell verdientem Geld, für eine in vielen Industriestaaten betriebene Politik des Konsums auf Pump, für fehlende Regeln der internationalen Finanzmärkte und den fehlenden politischen Willen, Grenzen zu ziehen und den Menschen nicht zu viel zu versprechen.
Jetzt, wo der Export zusammenbricht, treffen uns Strukturschwächen unserer Finanzpolitik, die in Jahrzehnten gewachsen sind und niemals ernsthaft bekämpft worden sind. Diese Strukturschwächen sorgen jetzt dafür, dass die Binnenkonjunktur seit Jahren schwächelt und kaum noch Impulse für unser Wachstum setzt.
1. Zu geringe Investitionen der öffentlichen Hand – Sie haben es angesprochen – bezüglich des Konjunkturpaketes. Im Bund, in den meisten Ländern und in einem großen Teil der Gemeinden stehen zu wenig, zuweilen keine laufenden Mittel aus Steuereinnahmen mehr für Investitionen zur Verfügung. Investitionen werden überwiegend aus Krediten finanziert, im Übrigen das Konjunkturpaket II zu 100 %, das wir in Rheinland-Pfalz natürlich umsetzen. Allerdings haben Zinsen und Konsumausgaben die Investitionskraft der Staatshaushalte längst über Gebühr geschwächt.
Das gilt für Rheinland-Pfalz im Vergleich der Bundesländer in einem klar überdurchschnittlichen Maß, Herr Minister; denn daran darf erinnert werden, die Investitionsquote, mit der diese Landesregierung sich brüstet, stammt aus Deubels krummer Trickkiste. Nur indem die Zahlungen an den Pensionsfonds missbräuchlich als Investitionen deklariert werden, kommt noch ein halbwegs vergleichbarer Wert dabei heraus.
Ich stelle fest, die verfügbaren Einkommen der Masse derer, die einen ordentlichen Beruf erlernt haben, die in den Unternehmen der Wirtschaft, als Selbstständige, im öffentlichen Dienst mit qualifizierten Berufen ihrem Handwerk nachgehen, sind zu stark belastet. Die gesellschaftliche Mitte, die unseren Staat trägt, hat keinen hinreichenden Anteil am Wirtschaftswachstum der vergangenen Jahre gehabt.
So wird für Deutschland jeder Auf- und Abschwung der Konjunktur in erster Linie vom Export getragen. Deshalb trifft uns die internationale Krise angesichts des hohen Exportanteils – im Übrigen auch der rheinlandpfälzischen Wirtschaft – besonders hart. Die Binnennachfrage verharrt statisch auf zu niedrigem Niveau. Für die private Nachfrage aber reicht das, was in diesem Konjunkturpaket verabreicht wird, bei Weitem sicherlich nicht. Da sind wir uns sicherlich einig. Es können allerdings auch nur erste Schritte in eine richtige Richtung zur Stärkung der Binnennachfrage sein. Eine weitere Ankurbelung des privaten Konsums wäre aus meiner Sicht dringend wünschenswert. Aber natürlich müssen wir das Machbare in diesen Krisenzeiten im Auge behalten. Bei der Krisenintervention dürfen wir den Staat nicht überfordern. Wir dürfen nicht die Orientierung für das rechte Maß verlieren. Das ist nicht einfach in einer Zeit, in der alle nur auf Sicht fahren.
Es gibt niemanden – keine Wirtschaftsforscher, keine Wirtschaftsführer und keine Staatenlenker, und schon gar keine Politiker –, der in dieser Krise Patentrezepte
hat oder den richtigen Weg voraussagen kann. Jeder, der etwas anderes behauptet, ist unseriös. Trotzdem dürfen wir die bestehende hohe Belastung mit Steuern und Abgaben nicht aus dem Auge verlieren. Mehr Geld in der Hand der Bürger führt in der Regel auch zu neuen Steuereinnahmen. Die Bürger brauchen eine spürbare Entlastung. Dies ist und bleibt das politische Ziel der CDU.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, eine mittelfristige Entlastung der Privathaushalte stärkt alle Bereiche der Wirtschaft, und nicht nur bestimmte Branchen wie jetzt beim Konjunkturpaket. Ich bin ganz sicher, dass die vom Bundesverfassungsgericht erzwungene Steuererleichterung bei der Pendlerpauschale, die gar nicht Teil dieses Konjunkturpakets ist, mehr und schneller wirkt als die gleiche Summe staatlicher Investitionen. Eine weitere spürbare Entlastung gibt es von 2010 an für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, wenn die Krankenkassenbeiträge in größerem Maß steuerlich absetzbar sind. Das Ziel eines einfacheren und gerechteren Steuersystems wird und muss uns alle weiter beschäftigten, allerdings genauso wie die Begrenzung der Staatsverschuldung.
Meine Damen und Herren, ein Konjunkturprogramm aus Staatsausgaben steht immer in der Gefahr, zu spät zu greifen, weil es zu lange dauert, bis die Aufträge vergeben sind und die ersten Rechnungen bezahlt werden. Umso mehr sollte alles darauf gerichtet sein, die Verfahren kurz zu halten, schnelle Entscheidungen zu treffen und flexibel zu halten.
Beim Militär gibt es dafür ein Prinzip: Die Heeresleitung – das wären dann Sie, Herr Deubel – gibt Kommandeuren vor Ort ein Ziel vor. Wie Sie das Ziel am effektivsten erreichen, bleibt Ihnen selbst überlassen.
Wir sollten wie in Niedersachsen die Mittel nach Maßgabe ihrer Bevölkerung und mit der Auflage verteilen, in den genannten Bereichen so zu investieren, dass in diesem Jahr wesentliche Teile der Mittel verausgabt werden können.