Wenn Sie nichts davon merken, liegt es vielleicht daran, dass Sie Ihre Aufmerksamkeit auf etwas anderes gerichtet haben; ansonsten kann ich darauf hinweisen, dass bereits im Jahr 2004 in der Presse erneut auf die Reform der Mittelbehörden sowie auf die Einführung neuer Strukturen bei der Regierung, in der Verwaltung und bei Behörden hingewiesen wurde. In dieser Zeit fand die Forstreform statt, was ebenfalls einen Beitrag zum Bürokratieabbau darstellt.
Herr Kollege Dötsch, was die Belastung durch statistische Erhebungen anbelangt, so muss ich Sie darauf hinweisen, dass 85 % der Unternehmen in Deutschland zu keiner Erhebung herangezogen werden. Dies wurde
vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung erhoben. Die Bertelsmann-Studie besagt beispielsweise, dass nur 1 % der Bürokratiekosten auf der Landesgesetzgebung basieren. Das ist der Bereich, in dem wir uns bewegen. Der restliche, viel größere Bereich ist vorgegeben durch die EU- und die Bundesgesetzgebung, und daher besteht dort nun die Vorgabe, dass bis zum Jahr 2011 etwa 25 % der Bürokratiekosten zu reduzieren sind.
Aus diesem Grund weise ich daraufhin, dass es einen Chef-Entbürokratisierer der EU namens Stoiber gibt, aber von ihm haben wir diesbezüglich noch nichts gehört.
Im Jahr 2006 befasste sich die Regierungserklärung wiederum schwerpunktmäßig mit der Verwaltungsmodernisierung und dem Bürokratieabbau. Was die Bürgerinnen und Bürger von der Verwaltung erwarten, ist, dass sie an einem Ort sachgerecht, freundlich und schnell beraten werden. Deshalb gab es im August 2007 erneut die Vorstellung einer rheinland-pfälzischen Initiative. Dass Sie davon noch nichts gemerkt haben, ist eigentlich schon beinahe böser Wille.
Seinerzeit wurde in Nassau die rheinland-pfälzische Initiative zum Bürokratieabbau konkret vorgestellt mit dem Titel: „Wir machen’s einfach“. Ziel dieser Initiative ist die Entlastung des Mittelstandes, die Verbesserung der Dienstleistungsqualität und die Reduzierung des Verwaltungsaufwandes. Es wurde ein Mittelstandslotse installiert, und damit wird auch die Existenzgründung junger Menschen erleichtert, die sich mit neuen Ideen beispielsweise an Universitäten ausgründen. Das ist genau das, was die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land erwarten.
Die ersten Ergebnisse dieser Initiative hat Herr Wirtschaftsminister Hering 2007 vorgestellt, sie wurden sogar schriftlich festgehalten. Das sollten Sie wirklich einmal aufmerksamer verfolgen.
Rheinland-Pfalz ist auch das erste Bundesland mit einer Gesetzesfolgenabschätzung und anlassbezogener Beitragspflicht. Dies haben wir beispielsweise beim Nichtraucherschutzgesetz, beim Kindertagesstättengesetz oder beim Landesschlichtungsgesetz beschlossen. Dabei wurde generell auch die Überprüfung der Verwaltungsvorschriften in allen Verwaltungen durchgeführt. Sie hat ergeben, dass 50 % der Verwaltungsvorschriften abgeschafft werden konnten.
Somit haben wir jetzt nur noch knapp 384 Verwaltungsvorschriften. Wenn das kein Beitrag zum Bürokratieabbau ist!
Entsprechend der EU- und der Bundesvorgaben wird derzeit ein Landesgesetz zur Verwaltungsvereinfachung und Verfahrensbeschleunigung erarbeitet. Hierbei soll u. a. das Baurecht gelockert werden, allerdings unter Beibehaltung unerlässlicher Standards. Des Weiteren geht es um die Abschaffung überflüssiger Genehmigungsforderungen und um die Überprüfung von Gebühren.
Wichtig dabei ist, dass Bürgerinnen und Bürger überall mit gleichen Rahmenbedingungen rechnen dürfen.
Die Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie „Einheitliche Ansprechpartner für Bürger und Bürgerinnen“, die Sie in Ihrem Antrag auch ansprechen, für die Beantragung von Genehmigungen und anderen Verwaltungsentscheidungen ist für Ende 2009 vorgesehen. Gespräche werden bezüglich Kosten und Standort der Anlaufstelle geführt. Ich denke, das wird sehr viel erfolgreicher als das, was wir diesmal im Bund erlebt haben, wo Herr Seehofer ein Umweltgesetzbuch verhindert hat, das wirklich für den Wirtschaftsstandort wichtig wäre.
Bezüglich Ihrer Anforderungen zu den Banken haben wir heute Morgen die Regierungserklärung unseres Ministerpräsidenten gehört. Dazu brauche ich nichts zu sagen. Dass aber Bürokratieabbau auch nach innen wirkt, das geht Ihnen auch völlig ab. Die Landesverwaltung und die Kommunen profitieren erheblich von einem neuen gemeinsamen Telefonrahmenvertrag. Das bringt dem Land letztendlich etwa 200 Millionen Euro Einsparungen durch die Zentralstelle für IT und Multimedia. Dies auch einmal nach innen auszuweisen, ist ein wichtiger Beitrag zum Bürokratieabbau.
Meine Damen und Herren, ich denke, der Abbau überflüssiger Bürokratie ist und bleibt immer ein Dauerthema für Politik. Nichtsdestotrotz behaupte ich, dass das, was Herr Kollege Hörter gesagt hat, stimmt. Ihr Antrag ist überflüssig. Wir können diesen Antrag mit Genugtuung ablehnen. Wie er sagte, aus den Antworten, die damals gegeben wurden, ergibt sich, dass Vieles schon erledigt ist.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! In Meyers Konversationslexikon von 1894 kann man
Folgendes lesen: „Bürokratie ist die Bezeichnung für eine kurzsichtige und engherzige Beamtenwirtschaft, welcher das Verständnis für die praktischen Bedürfnisse des Volkes gebricht“. –
Die Bürokratie hat sich wie Mehltau über die Wirtschaft, die Wissenschaft und die Verwaltung gelegt. Sie verschlingt Unsummen an Ressourcen personeller, sachlicher und zeitlicher Art. Nicht selten ist die gefühlte Bürokratie wie eine Hydra, der man einen Kopf abschlägt und der an derselben Stelle zwei neue nachwachsen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das quantitative Ausmaß der Bürokratie und der damit einhergehenden Kosten ist in Deutschland riesig. Es bestehen fast 11.000 Berichtspflichten. Die jährlichen Kosten für die Wirtschaft betragen als Ergebnis der laufenden Bestandsmessung 2007 über 27 Milliarden Euro. Das ist enorm. Es ist auch noch erheblich mehr als der gesamte Doppelhaushalt unseres Landes für 2009 und 2010.
Bevor man jedoch über konkrete Maßnahmen des Bürokratieabbaus spricht, sollte man sich, um blinden und effektivlosen Aktionismus zu vermeiden, über die wahren Quellen der Bürokratie Klarheit verschaffen.
Der überwiegende Anteil der Bürokratie kommt durch EU-Recht und Bundesgesetzgebung zu uns. Landesgesetzliche Regelungen sind an den Bürokratiekosten nur zu 1 % bis 5 % beteiligt. Das hat die Kollegin eben auch festgestellt.
Das hat natürlich Konsequenzen für die Programme zum Bürokratieabbau sowohl im Bund als auch im Land.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Bund hat den Normenkontrollrat eingesetzt und bedient sich des sogenannten Standardkostenmodells. Der Bürokratieabbau soll bis 2011 um 25 % verringert werden.
Eine nachhaltige Zielerreichung erscheint aber nur dann möglich, wenn nicht an anderer Stelle zugleich neue Bürokratie geschaffen wird. Auch die EU betreibt ein Aktionsprogramm zur Verringerung der Verwaltungskosten mit ähnlicher Zielsetzung wie der Bund.
Das Abbaupotenzial bei Statistiken wird allgemein stark überschätzt. Ein quantitativer Abbau von Berichtspflichten allein kann nicht der Weisheit letzter Schluss sein, wenn der quantitative Abbau nicht mit einer KostenNutzen-Analyse verknüpft ist. Insofern erscheint aus unserer Sicht der Antrag der CDU-Fraktion von der Thematik her zwar richtig, er enthält aber nicht die Handlungsempfehlungen, die auf der Landesebene den gewünschten Erfolg versprechen würden.
Richtig ist ohne Zweifel beim Erlass von Rechtsvorschriften eine Kostenbetrachtung. Weniger aussichtsreich
dagegen schätzen wir die Vorstellung der CDU-Fraktion in Richtung einer generellen Befristung von Rechtsverordnungen und Landesgesetzen ein. Wir halten diesen Vorschlag für im Sinne der Gesetzgebung kontraproduktiv und insoweit nicht für zielführend.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, heute Morgen hat der Herr Ministerpräsident noch gesagt, dass er das Konjunkturpaket schnellstmöglich durchleiten möchte. Auch das wäre unbürokratisch. Wir werden natürlich mit Interesse verfolgen, wie das geregelt wird. Aber ich finde es sehr gut, dass Sie das direkt ansprechen und unbürokratisch regeln wollen.
Wie gesagt, wir werden das natürlich mit der entsprechenden Aufmerksamkeit verfolgen und versuchen, auch zu verhindern, dass keine zusätzliche Bürokratie entsteht.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieser Antrag beschäftigt uns jetzt zum zweiten Mal im Plenum und war auch im Innenausschuss. Ich frage mich dann immer, wenn ich Bürokratieabbau höre: Was ist denn Bürokratie? Was versteht denn gerade der Redner unter Bürokratie? – Der Abgeordnete Dötsch hat die Steuergesetzgebung angesprochen. Keine Zuständigkeit des Landes.