Protocol of the Session on December 11, 2008

(Beifall der FDP)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Lammert das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Innere Sicherheit ist ein wichtiger Standortvorteil für unser Land und ein Grundpfeiler für unsere Zukunft, so Finanzminister Professor Deubel in seiner Einbringungsrede des Haushalts.

(Ministerpräsident Beck: Dagegen kann man nichts sagen!)

Das ist völlig richtig. Deswegen spreche ich es an. Wenn ich mir den Haushalt in Bezug auf die Polizei als einen der Garanten für die Innere Sicherheit ansehe, glaube ich, dass die angedachten Anstrengungen der Landesregierung lange nicht ausreichen.

(Beifall der CDU)

Fakt ist, die Polizeistärke nimmt seit Jahren immer mehr ab, hingegen nehmen die Anforderungen und Belastungen der Polizei immer mehr zu.

(Pörksen, SPD: Wie bitte? – Frau Brede-Hoffmann, SPD: Was soll denn das?)

Es gibt in unserem Land viel zu wenige voll einsatzfähige Polizeibeamtinnen und -beamte. Zum anderen müssen unsere Polizisten eine Menge an Überstunden leisten und sind zudem von der Lohnentwicklung in den letzten Jahren völlig abgekoppelt worden.

(Beifall der CDU)

Alles zusammen führt zu immer mehr Frust und Enttäuschung unter den Polizeibeamtinnen und -beamten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in den letzten fünf Jahren ist die Anzahl der eingeschränkt dienstfähigen Polizisten und Polizeibeamtinnen – hören Sie gut zu, Herr Pörksen –

(Pörksen, SPD: Immer!)

von 429 im Jahr 2003 auf derzeit rund 900 nach oben gegangen. Viele dieser Beamtinnen und Beamten mussten aus dem Wechselschichtdienst herausgenommen werden. Der Wechselschichtdienst führte zu einer Ausdünnung. In vielen Polizeiinspektionen – ich reise viel durchs Land und schaue mir viele an – ist nur unter schwierigsten Bedingungen der Wechselschichtdienst noch aufrechtzuerhalten.

(Beifall der CDU – Weiner, CDU: So ist es!)

Jetzt kommt natürlich immer das Argument der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) von 2007. Natürlich haben wir eine hohe Aufklärungsquote, aber das ist keine Leistung der Landesregierung,

(Pörksen, SPD: Nein, im Gegenteil!)

sondern die Aufklärungsquote ist allein dem hohen Engagement der bis an ihre Leistungsgrenzen dienstleistenden Polizistinnen und Polizeibeamten geschuldet.

(Beifall der CDU – Ministerpräsident Beck: Obwohl der Innen- minister selber einer ist!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Fakt ist auch, dass wir nach wie vor auf einem sehr hohen Niveau eine Anzahl von Straftaten haben, und zwar von rund 288.000 im Jahr 2007.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir brauchen gerade heute eine gut ausgestattete und personell hoch motivierte Polizei; denn die Herausforderungen an die Innere Sicherheit stiegen in den letzten Jahren gewaltig. Sie wissen, dass Straftaten aus dem Bereich des Terrorismus auch in unserem Land passieren können. Sie wissen von den Kofferbomben in Koblenz. Man kann es nur immer wieder erwähnen.

Wir haben auch noch einen weiteren Blickpunkt im internationalen Terrorismus. Das sind die zahlreichen Militärstützpunkte unserer amerikanischen Freunde. Auch diese sind im höchsten Maße terrorgefährdet. Auch hier ist die rheinland-pfälzische Polizei mit entsprechend großen Einsatzkräften eingebunden, um diese Liegenschaften außerhalb zu schützen.

(Beifall der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Landesregierung spricht auch in ihrem aktuellen Haushalt von einer Mindeststärke von 9.000 Beamtinnen und Beamten, um die polizeilichen Sicherheitsaufgaben zu erfüllen. Wir aber brauchen eine deutliche Erhöhung.

Die Polizeigewerkschaften im Land, alle drei, fordern – wie die CDU auch schon lange – eine zusätzliche und deutliche Anhebung, um den vielen zusätzlichen Probleme im Bereich der polizeilichen Aufgaben begegnen zu können.

Wir haben ein großes Problem mit der zunehmenden Aggressions- und Gewaltkriminalität, insbesondere an sozialen Brennpunkten. Das wissen Sie auch, das sagt uns auch die PKS.

Erwähnen möchte ich auch die zahlreichen Einsätze in unseren Fußballstadien, ob die der Oberliga, der Ersten oder Zweiten Bundesliga. Auch hier haben wir große Einsätze zu stemmen. Unsere Polizeikräfte sind entsprechend regelmäßig auch an den Wochenenden mit starken Kräften gebunden.

Hinzu kommen weitere Einsätze, ob es bei Weinfesten, bei Demos mit Rechts- oder Linksradikalen, bei CastorTransporten oder beim Bücheleinsatz ist. Die Polizei läuft im Grunde genommen schon auf dem Zahnfleisch.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, 9.000 Polizeibeamtinnen und -beamte – nicht darunter – sagen Sie. Tatsache ist nur, dass durch die Erhöhung der verlängerten Lebensarbeitszeit – nur dadurch – diese Stärke überhaupt gehalten werden konnte.

(Beifall bei der CDU – Frau Kohnle-Gros, CDU: So ist es!)

Wir haben dadurch auch eine immer älter werdende Polizei. Man muss sich vorstellen, ein 60-Jähriger fängt den 20-jährigen Straftäter.

(Pörksen, SPD: Diese Geschichte! – Zuruf der Abg. Frau Brede-Hoffmann, SPD)

Das Durchschnittsalter bei der Polizei ist in den letzten Jahren deutlich nach oben gegangen.

Was auf uns noch zukommt: Ab 2011 werden die Pensionierungen bei der Polizei deutlich zunehmen und über den derzeitigen Neueinstellungen von 325 liegen, 2013 sogar über 400. Im Jahr 2017 – das haben wir auch in einer offiziellen Drucksache unserer Großen Anfrage erfahren – liegen die Pensionierungen bei 500 Beamtinnen und Beamten.

Dabei muss man immer entsprechend schauen, dass auch die Ausbildungszeit, bis diese Polizeibeamtinnen und -beamten vor Ort sein können, entsprechend lange dauert, mindestens einmal drei Jahre. Dann sind sie in der Bereitschaftspolizei noch dabei. Bis sie vor Ort sind, dauert es entsprechend. Wir können nicht von heute auf morgen die entsprechende Stärke darstellen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Haushalt in Bezug auf das Personal ist auf Kante genäht. Ein beliebter Satz, den der Innenminister gebetsmühlenartig immer wieder äußert. Lieber Herr Innenminister, aber es reicht eben nicht mehr. Wir müssen handlungsfähig bleiben. Wir haben eine sehr niedrige Polizeidichte. Wir liegen mit unserer Polizeidichte an der Ländertabelle am Ende.

(Pörksen, SPD: Woher wissen Sie das?)

Es gibt offizielle Statistiken, Herr Pörksen.

Die Polizei muss gefördert werden. Wir, die CDULandtagsfraktion, fordern daher in einem Haushaltsbegleitantrag die zusätzliche Einstellung von 75 Polizeianwärterinnen und -anwärtern pro Haushaltsjahr.

(Beifall der CDU – Ministerpräsident Beck: Jawohl, aber mindestens!)

Das sind rund 150 Polizeibeamtinnen und -beamte, die wir einstellen müssten. Das ist eine Forderung von 1,3 Millionen Euro. Die ist angemessen durchfinanziert und auch seriös.

(Pörksen, SPD: Wie alles bei Euch!)

Das würde bedeuten, dass rund 400 Beamtinnen und Beamte bzw. Anwärter im Jahr eingestellt würden. Herr Noss, Sie haben es selbst gesagt, dass Sie das durchaus im Jahr 2011 prüfen. Wir schauen etwas voraussichtiger und zukunftsorientierter und werden jetzt schon sagen, dass 400 Einstellungen der richtige Weg sind. Die Zahl von 75 stellt wirklich eine absolut seriöse Geschichte dar.

(Beifall der CDU)

Ich will nur auf die aktuelle Resolution der Gewerkschaft der Polizei eingehen.

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Wenn ich mir diese anschaue, die noch in der Nacht gekommen ist und an alle Kolleginnen und Kollegen gegangen ist, darf ich daraus einen Satz zitieren. Dort steht beispielsweise: „Die operativen Dienste und insbesondere der Schichtdienst sind personell ausgelaugt … Die personelle Schwächung wird auf dem Rücken der hilfesuchenden Bürgerinnen und Bürger und der Schichtdienstkollegen ausgetragen.“ –

Das spricht dann von einer großen Besorgnis aus den Reihen der Polizei. Herr Pörksen, wenn Sie die Gewerkschaften nicht ernst nehmen, dann finde ich dies schon

ein Stück weit bedauerlich. Ich denke, dass die entsprechend wissen, worum es geht.

(Beifall der CDU – Pörksen, SPD: Das finde ich aber ziemlich frech! Dass Sie das sagen, ist eine Unverschämtheit! – Ministerpräsident Beck. Die sind alle Mitglieder der Gewerkschaft! – Pörksen, SPD: In welcher Gewerkschaft sind Sie denn?)