Noch fließen die allgemeinen Steuereinnahmen. Jeder weiß, dass die Zukunft anders aussehen kann. Seit heute Morgen sprechen die Nachrichten davon, dass wir in einer Rezession seien.
Soziale Spannungen werden größer, und die Betroffenheit durch die aktuelle Finanzkrise ist insbesondere für kleine Einkommen, den Staat und auch unser Land Rheinland-Pfalz von sehr hoher Bedeutung.
Gleichzeitig leben wir in einer Zeit der Vererbung. Niemals in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland hat es so viele Erbfälle wie in der augenblicklichen Situation gegeben. Zurzeit sind es per anno rund 200 Milliarden Euro, die vererbt werden. Die Tendenz ist steigend. Davon kassiert der Staat – das soll auch in Zukunft nicht anders sein – gerade einmal 4 Milliarden Euro. Es soll auch dabei bleiben. Der Betrag soll nicht erhöht werden, obwohl uns die OECD ins Stammbuch geschrieben hat, dass das zu wenig ist. Wir liegen weit unter dem Durchschnitt. Wir erreichen nicht einmal die Hälfte des Durchschnitts.
Warum führen wir trotzdem die Reform durch? Wir tun dies erstens wegen des Bundesverfassungsgerichts. Ich sagte es, dass es uns die ungleiche Immobilienversteuerung vorgehalten hat, und zweitens, weil wir das Familienvermögen und das Vermögen von Unternehmen schützen möchten. Das ist der Kompromiss der Koaliti
Er schützt das Privatvermögen der Kernfamilie stärker als je zuvor. Das Vermögen z. B. von Handwerksbetrieben unter 3,7 Millionen Euro bleibt komplett unversteuert. Später mehr dazu.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Ramsauer, Sie werden sich wundern. Die CDU-Fraktion in Deutschland und auch in RheinlandPfalz steht zu dem Kompromiss des Koalitionsausschusses,
Unter uns, wir sind dankbar, dass Peer Steinbrück und nicht Oskar Lafontaine Bundesfinanzminister ist.
Wir sind nicht deshalb für diesen Kompromiss so wie Sie, weil er Einnahmen sichert. Das ist für uns immer nur das letzte Argument überhaupt gewesen. Wir stehen dazu, weil er – unter uns gesagt – dafür sorgt, dass Schlimmeres vom Tisch ist. Der Referentenentwurf, mit dem wir uns beschäftigt haben, sah Katastrophales für unser Land vor. Es gibt zu diesem Referentenentwurf substanzielle Verbesserungen. Der Koalitionsausschuss hat insofern nicht umsonst getagt.
Es gibt die höheren Freibeträge und die Fragen, die den Betriebsübergang erleichtern. Wenn man zusammensitzt und versucht, im Verhandeln mit einem zugegebenermaßen – Herr Ramsauer, das sei Ihnen konstatiert – hartleibigen Verhandlungspartner etwas zu erreichen, dann muss ich sagen, dass unsere CDU-Politiker im Bund angesichts der Schwierigkeiten, vor denen Sie gestanden haben, und der Notwendigkeit einer Koalition, in der wir keine bürgerliche Mehrheit mit der FDP im Bundestag zustande bringen können, das, was ging, offensichtlich erreicht haben.
Das heißt aber nicht, dass wir als CDU Rheinland-Pfalz nicht grundsätzlich unsere Kritik an dem System der Erbschaftsbesteuerung aufrechterhalten.
Herr Ramsauer, die Argumente, die uns leiten, möchte ich Ihnen doch noch einmal in Erinnerung rufen. Es ist einfach so, dass es im Rahmen der Erbschaftsbesteue
rung zu Ungerechtigkeiten kommt und viele von denen beseitigt worden sind, und zwar regionale Ungerechtigkeiten und Ungerechtigkeiten je nachdem, welchen Verwandtschaftsgrad der Erblasser hat.
Wir haben immer davon gesprochen, dass Omas Häuschen steuerfrei sei. Erstens war das je nachdem, wo Omas Häuschen stand, nicht so, und zweitens ist es häufig so, dass das Häuschen der Tante oder der Großtante nicht steuerfrei war und es in diesen Fällen hätte veräußert werden müssen.
Es ist zum Zweiten so, dass wir natürlich immer noch nicht die Bewertungsproblematik im Griff haben. Hatten wir in der Vergangenheit ein ganz einfaches System, bei dem man wusste, wenn man ein Haus vererbt hat, was es wert ist, so haben wir jetzt das Problem, dass wir uns auf Prozesse einstellen müssen und sehr viel von dem Geld, das über die Erbschaftsteuer hereinkommt, im Zweifelsfall in den Prozessen wieder herausgeblasen wird, wenn wir uns darüber unterhalten müssen, wie viel ein Erbe wert ist.
Es ist zum Dritten so, dass es nach wie vor richtig bleibt, dass es sich, wenn man etwas vererbt, um ein bereits versteuertes Vermögen handelt und der Staat dort erneut zulangt. Ob das gerecht ist, möchte ich bezweifeln.
Es ist zum Vierten so, dass wir in Deutschland nicht die Augen verschließen und mit Scheuklappen durch die Welt laufen können, sondern wir müssen in Europa nach links und rechts schauen. Unsere Mitbewerber anderswo in Europa schaffen die Erbschaftsteuer ab. Das kann Ihnen in Rheinland-Pfalz vielleicht egal sein.
Ich habe großes Verständnis dafür, dass eine Landesregierung, wie die bayerische, die die direkte Konkurrenz des Nachbarlands Österreich spürt, sagt, es ist ein Problem, dass es in Österreich keine Erbschaftsteuer gibt und die Menschen und die Unternehmen in unser Nachbarland abwandern.
Ich möchte Ihnen noch ein fünftes Argument in Erinnerung rufen, was vor allen Dingen bei Unternehmen das Problem ist.
Erbschaftsteuern sind zum Glück nicht planbar. Für ein Unternehmen ist es aber das Schlimmste, was passieren kann, wenn man mit Kosten konfrontiert wird, die man nicht kalkulieren kann und die plötzlich eintreten.
Sie selbst haben gesagt, 200 Milliarden Euro würden vererbt. Wir wollen als Koalition nur 4 Milliarden Euro davon haben. Nach Adam Riese sind das 2 %.
Es hätte auch andere Modelle gegeben – diese sind diskutiert worden und mit Ihnen nicht zu machen gewesen –, die für ein Unternehmen im Zweifelsfall eine Belastung gebracht hätten, die deutlich geringer gewesen wäre als die jetzige, die wesentlich weniger Bürokratie hervorgerufen hätte und die für ein solches Unternehmen auch planbar gewesen wäre.
Ich finde es schade, dass solche Überlegungen mit Ihnen nicht möglich waren. Ich will mich nicht zum Verteidiger eines Kompromisses aufschwingen, den Sie uns in weiten Strecken abgepresst haben, und zwar
eines da und dort, wie das in Koalitionen üblich ist, auch faulen Kompromisses. Es hat im Vergleich zu dem, was uns aus dem Finanzministerium vorgelegt wurde – das, was Sie ursprünglich wollten – gerade im Bereich der Freibeträge und des Betriebsübergangs echte Verbesserungen gegeben.
Diese Verbesserungen muss man konstatieren. Deshalb stehen wir als CDU-Fraktion auch zu diesem Kompromiss.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Staatsminister, bei einer Debatte um die Erbschaftsteuer haben Sie mir vor einigen Monaten vorgehalten, dass es liberale Denker in den USA gegeben habe, die vor vielen Jahrzehnten für eine starke Erbschaftsteuer eingetreten sind. Sie haben nur damals versäumt zu sagen, dass sie das deshalb gemacht haben, weil zu den damaligen Verhältnissen in den USA das Einkommen zu Lebzeiten kaum erfasst wurde, deshalb der Erbfall die erste wahre Chance war, erwirtschaftetes Einkommen zu versteuern. Das ist in Deutschland heute erkennbar ganz anders der Fall;
denn wenn es um Erbschaften geht, handelt es sich heute in Deutschland in erkennbarer Weise um bereits versteuertes, erwirtschaftetes Vermögen, das vererbt wird.
Dass Sie das auch sehen, erkennen Sie doch daran, dass in einer Vielzahl von Fällen – damit die Bevölkerung, die das genauso empfindet, sich dann nicht aufbrausend gegen Sie auflehnt – das herausgenommen wird und nur einige wenige übrig bleiben. Das ist doch klar. Sonst würden Sie z. B. eine Vielzahl von Regelungen, wie sie berechtigterweise im Handwerk stattgefunden haben, nicht getroffen haben.
Ich halte es auch für richtig, dass das Handwerk in großen Teilen heraus ist. Einige wenige bleiben aber trotzdem darin. Es gibt Handwerksbetriebe, die sehr groß sind.
Aber es wird unterschlagen, dass im Bereich der Familien gravierende Veränderungen stattfinden. Nichten und Neffen, die einen alleinstehenden Onkel oder eine alleinstehende Tante pflegen und aus Dankbarkeit das Haus vererbt bekommen, dürfen ungleich mehr zahlen als bisher. Das muss man sehen. Das ist eine familienfeindliche Komponente.
Die Pflegeleistung nimmt der Staat gerne entgegen. Wenn vererbt wird, wird aber noch einmal kassiert. Sie dürfen pflegen und danach eine hohe Erbschaftsteuer bezahlen. Das Gleiche gilt auch für nicht eheliche Lebenspartner, die ähnliche Probleme haben können.
Ja, es ist aber so. Es gehört zur Wahrheit dazu, dass man das hier sagt. Nichten und Neffen sowie Geschwister werden höhere Steuern zahlen.