Protocol of the Session on November 12, 2008

Dazu stellen sich natürlich Fragen. Es klingt immer so leicht, von einem Unternehmensethos oder Unternehmensgeist zu sprechen, aber wie gestaltet man dies? – Ich glaube schon, dass es einige Stellschrauben gibt, die wir als Parlament, vor allem als Gesetzgeber auf Bundesebene dazu drehen können. Ich glaube auch, dass wir die Probleme lösen müssen.

Herr Hartloff hat soeben ausgeführt, dies ist keine Krise, die sich nur auf Deutschland oder auf Rheinland-Pfalz bezieht, sondern es ist eine weltweite Problematik. Ich

rege an, dass wir in diesem Zusammenhang zunächst einmal die Frage beantworten, inwieweit wir strengere Eigenkapitalregeln für die Unternehmen brauchen; denn es kann aus meiner Sicht nicht sein, dass der Staat direkt eingreift, wenn es einem Unternehmen einmal schlecht geht, sondern zunächst sind die Unternehmen und vor allem auch die Banken selbst in der Verantwortung, eine gewisse Eigenkapitalquote vorzuhalten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben ein System, dass in den Unternehmen eine Aufsicht erfolgt. Diese Aufsicht erfolgt in den Aufsichtsräten. Aber es darf doch die Frage gestattet sein, ob die Aufsichtsräte in der heutigen Zeit überhaupt noch ihrer Aufgabe nachkommen, der sie eigentlich nachkommen müssten, indem sie ein Unternehmen entsprechend kontrollieren und es – was man ab und an einmal hört – nicht nur dazu nutzen, sich nur dort zu treffen, um untereinander zu kommunizieren, ohne genau nachzuschauen, was im Unternehmen eigentlich läuft. Das halte ich für kritisch, ja für gefährlich, und deshalb muss man an die Aufsichtsräte appellieren, ihrer Arbeit wieder richtig nachzukommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube auch, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und die Bundesbank in Zukunft enger zusammenarbeiten müssen. Herr Kollege Hartloff, es ist Ihnen sicherlich auch geläufig, auch dort hat es bisher gehakt. Ich stelle die Frage: Müssen wir nicht in Zukunft vielleicht viel mehr externen Sachverständigenrat einholen, bevor wir alles abnicken und das glauben, was uns von denen verkauft wird, die Gewinne machen wollen? –

(Beifall der CDU)

Als Letztes möchte ich in diesem Zusammenhang einen Punkt erwähnen, über den eine unsägliche Diskussion geführt wird. Wir reden immer wieder über Managergehälter. Meine sehr geehrten Damen und Herren, darüber muss man auch reden, aber muss man zunächst einmal nicht die Frage beantworten, wie hoch ein solches Gehalt sein soll? Das können wir in der Politik gar nicht bestimmen und sollen es auch nicht bestimmen, sondern das Unternehmen muss entscheiden, wen es als Manager in welcher Form vergütet.

Aber wir haben ein Problem. Es ist nur dann eine Haftung eines solchen Managers gegeben, wenn nachweisbar ist, dass er das Unternehmen geschädigt hat.

(Glocke des Präsidenten)

Was uns in der heutigen Zeit fehlt, ist eine Regelung zu der Frage: Wie gehen wir vor, wenn die Allgemeinheit geschädigt wird, wie es aktuell der Fall ist? – Ich glaube, an den Regeln einer öffentlichen Schadenersatzpflicht müssen wir arbeiten, und wir müssen uns auch überlegen, wie wir diese Bereiche strafrechtlich ausbauen.

So viel in der ersten Runde zum Allgemeinen. –

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Herr Kollege Mertin, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in den letzten Wochen im Zusammenhang mit der Finanzmarktkrise vieles gehört. Insbesondere wurde und wird ein Marktversagen thematisiert, und das ist auch richtig so. Das Management hat in vielen Bereichen – sowohl bei staatlichen als auch bei privaten Banken sowie bei Versicherungen – nicht das geleistet, was man von ihm erwarten darf, was Risikoeinschätzung und Ähnliches angeht. Wenn Herr Ackermann seine Äußerungen, die so vielfältig kritisiert wurden, so verstanden hat, sind sie völlig richtig. Schämen sollten sie sich! – Schämen sollten sie sich dafür, was sie dort angerichtet haben!

(Beifall der FDP)

Aber es greift zu kurz, nur auf den Markt hinzuweisen. Wenn ich im „Handelsblatt“ lese: „Bundesfinanzminister knöpft sich Sanyo vor“, so meint dies die Bankenaufsicht. Der Finanzminister kritisiert, dass er falsch informiert worden sei.

Ich habe gestern mit Interesse in den Medien gelesen, dass er noch im Oktober behauptet hat, die deutsche Bankenaufsicht könne in Irland gar nicht prüfen, obwohl sein Haus seit Monaten wusste, dass Sonderprüfungen bei der DEPFA, einer Tochter der Hypo Real Estate, durchgeführt werden. Natürlich darf nur in bestimmter Form und nur eingeschränkt geprüft werden, aber es darf geprüft werden. Deshalb greift es zu kurz, immer nur auf Marktversagen hinzuweisen, sondern es gibt auch ein Staatsversagen. Bei der Staatsaufsicht hat es auch nicht funktioniert.

(Beifall der FDP)

Es muss auch darauf hingewiesen werden, dass in Deutschland gerade die staatlich gelenkten Banken am meisten Probleme in diesem Bereich hatten. Auch dort sollte also der Glaube an den Staat mit etwas mehr Zurückhaltung betrachtet werden.

Ich sage dies deshalb, weil Herr Bundesfinanzminister Steinbrück in den letzten Wochen gern den starken Mann vorgibt, der alles rettet, der aber offensichtlich in seinem eigenen Haus nicht so genau wusste, was vorgegangen ist.

Die „Süddeutsche Zeitung“ hat dies gestern übertitelt mit: „Gelesen und gelocht“. Die entsprechende Fachabteilung erhielt die Berichte, aber sie wurden nicht weitergegeben. So kann Staatsaufsicht natürlich letztlich nicht funktionieren.

(Beifall der FDP)

Insofern gilt es, in diesem Bereich das einzuführen, was wir Liberale schon immer wollten, nämlich einen starken Ordnungsrahmen mit entsprechender Aufsicht. Ich weiß

auch, dass Deutschland allein das nicht zu erreichen vermag. Die Prüfungen in Irland waren nur eingeschränkt möglich, das habe ich sehr wohl gelesen. Dies muss aber ausgeweitet werden, und es muss innerhalb des europäischen Kontexts sicherlich neu geregelt werden. Aber sich als Staat einen schlanken Fuß zu machen, so nach dem Motto „Wir hatten damit nichts zu tun, und es war nicht vorhersehbar“, scheint mir nach dem, was derzeit in den Medien an Berichterstattung stattfindet, so nicht ganz in Ordnung zu sein.

(Beifall der FDP)

Wir in Rheinland-Pfalz sollten einem Missverständnis vorbeugen, welches bei den Menschen entsteht. In vielerlei Diskussionen in den letzten Wochen habe ich den Eindruck gewonnen, dass die Menschen glauben, der Rettungsschirm für die Finanzwirtschaft sei kostenlos, und es würde dort etwas verschenkt. Das ist aber nicht der Fall. Das Eigenkapital, das zur Verfügung gestellt wird, muss entsprechend verzinst werden. Für Bürgschaften müssen die Banken etwas leisten, und zwar marktgerecht etwas leisten. Es funktioniert nicht, dass man das Geld einfach so mitnehmen kann. Die Commerzbank hat sich entschlossen, unter diesen Schirm zu gehen, was im Übrigen von der Börse positiv honoriert worden ist. Die Börse weiß wohl, was das bedeutet.

Aber die Europäische Union hat sofort eingegriffen, als sie meinte, aufgrund der Berichterstattung glauben zu können, dass nicht marktgerechte Preise dafür bezahlt werden. Wir sollten dafür sorgen, dass in der Öffentlichkeit dieses Missverständnis gar nicht erst entsteht. Der Rettungsschirm hilft der Finanzwirtschaft, aber nicht umsonst. Sie müssen dafür marktgerecht einen Preis bezahlen. Wir stellen nur etwas zur Verfügung, das die private Finanzwirtschaft derzeit nicht zur Verfügung stellen kann, aber dies geschieht gegen Entgelt. Es wird also niemandem etwas genommen, was ihm vielleicht zustünde, sondern es wird sehr marktwirtschaftlich geholfen, und das ist aus unserer Sicht auch der einzig richtige und vernünftige Weg.

(Beifall der FDP)

Es kann wohl nicht richtig sein, dass in den betroffenen Aktiengesellschaften in einigen Jahren Ausschüttungen vorgenommen werden, die nur deshalb möglich sind, weil ihnen der Staat etwas geschenkt hat. – Nein! – Bevor diese ausschütten können, muss das Geld zuerst einmal dem Staat zurückgezahlt werden bzw. mit an ihn ausgeschüttet werden. Dies ist etwas, was sehr vernünftig und letztlich auch im Interesse der kleinen Leute geregelt worden ist, damit das Finanzsystem aufrechterhalten bleibt.

(Glocke des Präsidenten)

Deshalb meine ich, dass es unsere Aufgabe ist, dafür Sorge zu tragen, dass nicht der Eindruck entsteht, der Staat würde etwas verschenken.

(Beifall der FDP)

Das Wort hat Herr Kollege Hartloff.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich in der zweiten Runde zwei oder drei Gedanken aufnehmen. Es ist ein internationales Staatsversagen festzustellen, ein Anpassen an eine Mode der Liberalität, des Nichtordnens eines Marktes. Davon nehme ich Deutschland auch nicht aus, und zwar über alle Parteien hinweg. Wir brauchen Marktordnungen, und natürlich muss darin auch geregelt sein, wie viel Liquidität vorgehalten und wie viel Eigenkapital vorhanden sein muss. Wie sind die Deckungen, und wie sehen Risikohaftungen aus? – Das ist gar keine Frage.

Herr Baldauf, lassen Sie mich kurz erneut das Beispiel der Managergehälter aufgreifen.

Ich glaube, es ist auch Sache des Staates, dort Regelungen zu treffen. Wenn ich im Bankenwesen und Aktienbereich die Anreize so setze, dass bestimmend ist, wie ich das möglichst größte Gehalt erwirtschaften kann, dann wird eine verantwortliche Führung unabhängig von der Frage nach jedem Ethos sich so ausrichten, dass ich in kurzer Zeit den möglichst größten Gewinn erziele, koste es, was es wolle. Ein Teil der Blase beruht genau auf diesen Erwartungen. Deshalb brauchen wir eine Regelung. Ich glaube, das ist nichts, was mit Neid zu tun hat, sondern das ist eine Frage der Vernunft, wenn wir unser Finanzwesen neu regeln wollen. Diese Chance müssen wir international ergreifen.

Ich bin sicher nicht der Illusionist und einer im Land, der sagt, jetzt stellen wir das international auf ganz neue Füße, und es gelingt uns, alle wünschenswerten Regelungen zu treffen. Man muss die Chance zu mehr Zusammenarbeit im Internationalen Währungsfonds und über die G-8-Länder hinaus mit China und mit den Schwellenländern, die in dem Finanzsystem eine immer größere Rolle spielen, nutzen, um verlässliche Regelungen für eine Weltwirtschaft zu entwickeln.

Wir haben nächstes Jahr neue Wahlen für das EUParlament. Die EU muss ihre Chancen als großer Wirtschaftsraum nutzen, hier Stabilitätskriterien für die Finanzmärkte zu entwickeln.

(Glocke des Präsidenten)

Das muss auch das Ziel in Rheinland-Pfalz sein.

(Beifall der SPD)

Das Wort hat Herr Kollege Baldauf.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Hartloff, das, was Sie sagen, ist weit

gehend zu unterstreichen. Ich bin nur der Auffassung – da unterscheiden wir uns –, dass der auch von Herrn Kollegen Mertin erwähnte Ordnungsrahmen weitgehend so beschränkt sein sollte, dass die individuelle Freiheit weitgehend erhalten bleibt. Deshalb war ich sehr froh darüber, dass wir in Deutschland eine Regelung gefunden haben, die nicht automatisch frisches Geld in die Bank hineingepumpt hat, sondern es den Banken ermöglicht, dieses Geld zu nehmen. Das geht allerdings nur in verzinster Form, um hinterher entsprechende Rendite für den Staat zu erlösen.

Herr Ministerpräsident, Ihr Kollege, Herr Koch, hat erwähnt, dass in Schweden mit solchen Modellen Gewinne erzielbar sind. Das möchte man im Moment hier jedoch nicht. Ich bin froh, dass die Regelung so gefunden worden ist, wie sie jetzt vorliegt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben heute alle ein großes Problem. Es gilt nicht nur „Geiz ist geil“, sondern es gilt inzwischen auch „Gier ist geil“. Man möchte so wenig wie möglich arbeiten mit dem größtmöglichen Profit. Wie soll das gehen? Wie soll man 20 % Rendite erwirtschaften können, wenn man nur 3 % Wirtschaftswachstum hat? Wenn man überhaupt ein Wirtschaftswachstum hat, noch nicht einmal an diesem Punkt sind wir angelangt. Deshalb ist es an uns zu vermitteln, dass wieder eine Ethik in den Vordergrund gestellt wird, die sagt, man kann nur das erreichen, was mit der Hände Arbeit erzielbar ist.

Wir haben es in England erlebt. In England ist es ganz schlimm. Viele englische Kommunen haben Geld in Irland angelegt. Das hat jetzt die Konsequenz, dass sie pleite sind. Das ist ein großes Problem. Wir können sehr dankbar sein, dass wir in unserem Staat ein System haben, auf das sich Sparkassen, Volksbanken und private Banken gründen. Das ist unsere Stärke. Wir sollten uns an keiner Stelle, schon gar nicht von Lafontaine und anderen, einreden lassen, dass unsere Gelder auf den Banken nicht mehr sicher sind.

(Glocke des Präsidenten)

Das Gegenteil ist der Fall. Dieses Rettungspaket führt dazu, dass wir sauber und ordentlich in die Zukunft kommen. Ich bin mir sehr sicher, dass die Konjunktur dann wieder anspringt.

Vielen Dank.