Protocol of the Session on November 12, 2008

(Glocke des Präsidenten)

Seit wann erweist sich die Qualität einer Einrichtung daran, wie viel Geld sie verschlingt? Es geht doch darum, dass das Geld der Steuerzahler effizient genutzt wird. Das geschieht in Rheinland-Pfalz, meine Damen und Herren.

(Beifall der SPD)

Das Wort hat Frau Kollegin Huth-Haage.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Alle Jahre wieder – so könnte man sagen – führen wir dieselbe Diskussion. Zu Beginn des Wintersemesters protestieren Studentinnen und Studenten, um so auf ihre schlechten Studienbedingungen aufmerksam zu machen.

(Beifall der CDU)

Wiederum gab es Schlagzeilen in der Zeitung, wie beispielsweise „Chaostage an der Universität Trier“. Meine

Damen und Herren, wir führen dieselbe Diskussion wie genau vor einem Jahr an dieser Stelle. Nichts hat sich offensichtlich in den vergangenen zwölf Monaten verbessert. Für die Studierenden und die Hochschullandschaft in Rheinland-Pfalz war das ein verlorenes Jahr.

(Beifall der CDU)

Insbesondere in Trier gab es in den vergangenen Wochen große Proteste. Eine Studentin berichtete: In einer Vorlesung waren wir mit 400 Leuten. Platz gibt es aber nur für 140. Wir sollten dann durch Abzählen ausmachen, wer bleiben darf. – Frau Ministerin, Sie kennen das Beispiel. Ich habe dieses Beispiel bewusst ausgewählt, weil in der Zeitung zu lesen war, dass die junge Frau Ihnen das persönlich geschildert hat.

Wir wissen, es gibt viele ähnliche Beispiele. So haben sich zu Seminaren viermal so viele Studenten angemeldet wie Laborplätze zur Verfügung standen.

Lieber Herr Kollege Dr. Krell, um es ganz klar zu sagen: Wir sprechen nicht über Probleme, die es ausschließlich in Trier gibt. In Trier ist das jetzt eskaliert. Da gab es eine hohe mediale Aufmerksamkeit. Bitte schön, diese Probleme haben wir aber im ganzen Land, dies nicht erst seit heute.

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, wenn wir über die Hochschulen in Rheinland-Pfalz sprechen, ist es leider so, dass wir über diese chaotischen Zustände sprechen. Wir sprechen über das enttäuschende Abschneiden bei Rankings, zuletzt bei der Exzellenzinitiative.

Frau Ministerin, in Trier haben Sie im Gespräch mit den Studenten – auch mit dieser jungen Frau – nach Erklärungen gerungen. Sie haben gesagt, wenn es weiter Probleme geben würde, werde das Ministerium irgendwie helfen. Es ist richtig und ehrenvoll, dass Sie nach pragmatischen Lösungen suchen. Aber man muss sich doch eingestehen, dass es in diesem Bereich strukturelle Defizite gibt, dass wir dort strukturelle Probleme haben.

Herr Dr. Krell, es ist natürlich so, dass es einen Zusammenhang zwischen der Finanzierung und der Situation vor Ort gibt. Das kann man nicht leugnen, so wie Sie das tun.

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, auch wenn ich mich wiederhole: Wir haben eine Unterfinanzierung, die sich in den vergangenen Jahren aufgebaut hat und die wir jetzt wie eine Bugwelle vor uns herschieben. Daran wird sich trotz des aufgelegten Sondervermögens, über das wir später noch sprechen werden, leider nicht so schnell etwas ändern.

Meine Damen und Herren, das liegt sicherlich auch daran, dass die Hochschulen in den vergangenen Jahren viele, viele neue Aufgaben übernehmen oder Umstrukturierungen durchmachen mussten, beispielsweise die Umsetzung des Bologna-Prozesses, des Hochschul

paktes, der Globalhaushalte, der W-Besoldung oder auch die Einführung der Kosten- und Leistungsrechnung. Diese Aufgaben einzeln und für sich betrachtet wären vielleicht ohne personellen und finanziellen Mehraufwand zu lösen, aber in der Summe sind diese Aufgaben sicherlich zu schwierig und zu kompakt, um sie neutral bewältigen zu können.

Das Ministerium hat die Hochschulen an dieser Stelle – beispielsweise bei der Umsetzung des BolognaProzesses – nicht ausreichend unterstützt. Deshalb trägt auch das Ministerium, tragen Sie als Ministerin eine Mitschuld an dieser Misere.

(Zuruf des Abg. Harald Schweitzer, SPD)

Die Hochschulen in Rheinland-Pfalz sind weder finanziell noch räumlich gerüstet, um immer mehr Studenten mit striktem Stundenplan und mit Präsenzpflicht – das macht den Unterschied aus – aufzunehmen.

Meine Damen und Herren, große Schwierigkeiten bereitet natürlich auch die personelle Ausstattung. Wir wissen um die schlechte Betreuungsrelation. Da sind wir Schlusslicht im Vergleich der Bundesländer. Wir verdanken es den unglaublich engagierten Dozenten und Mitarbeitern vor Ort, dass die Situation vor Ort nicht noch sehr viel schlechter ist. Denen gebührt unser Dank.

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, wenn wir sehen, dass der Finanzierungsgrad bei einer ohnehin schon extrem angespannten Personaldecke nach einer Erhöhung gerade einmal bei 94 % liegt, ist das unzureichend. Die dauerhafte Lücke in der Grundfinanzierung von 6 % steht für schlechte Rahmenbedingungen in Forschung und Lehre. Meine Damen und Herren, das ist eine Aussage des Präsidenten der Universität in Mainz.

Wenn die Bedingungen so schwierig sind, wie wir sie derzeit in Trier sehen, ist es klar, dass die Motivation leidet. Die ursprüngliche Freude am Studium schlägt dann schnell in Frust um. Wenn dadurch höhere Abbruchquoten die Folge sind, müssen wir uns nicht wundern. Das ist eine enorme Verschwendung von volkswirtschaftlichem Kapital und auch von Ressourcen. Das ist aber doch genau das Gegenteil von dem, was wir mit dem Hochschulpakt erreichen wollen, aber auch mit der Politik unseres Landes. Frau Ministerin, deshalb mein Appell: Bitte tun Sie mehr für die Lehre. Nehmen Sie auch die Proteste ernst. Tun Sie sie nicht einfach ab, so wie das eben schon angeklungen ist. Bitte kümmern Sie sich darum!

Ich meine, das haben die jungen Menschen verdient.

(Beifall der CDU)

Das Wort hat Frau Ministerin Ahnen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete! Wenn Studierende protestieren, nimmt die Ministerin das ernst. Ich habe im Rahmen meiner Möglichkeiten auf einer Veranstaltung, die parallel mit internationalen Gästen anlässlich der Eröffnung eines bedeutenden Instituts an der Universität Trier stattgefunden hat, nämlich des Konfuzius-Instituts, auf das wir wirklich stolz sein können, die Veranstaltung unterbrochen und selbst mit den Studierenden geredet.

Ich konnte keine zwei Stunden mit ihnen reden. Das wäre gegenüber den Gästen nicht angebracht gewesen. Natürlich habe ich das ernst genommen.

Liebe Frau Huth-Haage, selbstverständlich habe ich mich intensiv mit dem Präsidenten beraten und stehe auch jetzt permanent mit ihm in Kontakt über die Situation in Trier. Ich brauche wirklich keine Aufforderung von Ihnen. Das tue ich ganz allein. Das nehme ich sehr verantwortungsvoll wahr.

(Beifall bei der SPD – Bracht, CDU: Sie lernen aber nichts daraus! Sie ziehen keine Konsequenzen daraus!)

Liebe Frau Huth-Haage, erklären Sie mir einmal bitte, wenn das alles so wäre, wie Sie das sagen, warum die Studierenden nach Rheinland-Pfalz kommen! Diese werden sich vorher ein Urteil über die Situation an unseren Hochschulen gebildet haben. Sie kommen im Gegensatz zu anderen Bundesländern in hohem Maß nach Rheinland-Pfalz.

(Baldauf, CDU: Daran sind sie selbst schuld!)

Wenn man Studenten ernst nimmt, dann nehmen wir beide Entscheidungen ernst.

(Beifall der SPD)

Ich komme konkret zu Trier. Auf den Hintergrund der Situation ist bereits hingewiesen worden. In Trier sind zum Wintersemester 2007/2008 zunächst einmal nicht die Studierenden gekommen, die im Rahmen des Hochschulpakts erwartet wurden. Die Universität Trier hat, weil sie ihre Verpflichtungen im Hochschulpakt erbringen will, daraus die Konsequenz gezogen, die Zulassungsbeschränkungen zu lockern.

Geplant war, dass 180 Studierende mehr kommen. Nach den vorläufigen Zahlen sind 678 Studienanfängerinnen und -anfänger mehr gekommen. Das ist fast die gesamte Verpflichtung der Universität Trier im Hochschulpakt über die gesamte Laufzeit. Das macht vielleicht auch klar, warum es zu Problemen zum Semesterbeginn gekommen ist.

Ich will nicht auf die Vielfachbewerbungen hinweisen. Dazu hat Herr Krell schon einiges gesagt. Mein Staatssekretär ist heute Nachmittag wieder in Bonn, um mit der Hochschulrektorenkonferenz gemeinsam dafür zu sorgen, dass die Service-Agentur ZVS auf den Weg kommt, damit solche Dinge in Zukunft besser kalkulierbar sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zweifelsohne hat diese Situation zu Belastungen in Trier geführt. Die Universität hat noch vor dem Semesterstart darauf reagiert, indem sie den betroffenen Fächern zusätzliche Lehrauftragsmittel in erheblichem Umfang und auch im Einzelfall Stellen zugewiesen hat.

Sie hat vor allen Dingen nach dem Semesterstart sofort Konsequenzen ergriffen, indem überfüllte Lehrveranstaltungen verlegt wurden, die Teilung von Lehrveranstaltungen eingeleitet wurde, die Randzeiten – das betrifft insbesondere den Montagmorgen, aber auch den Freitagnachmittag – besser ausgenutzt werden, Lehrveranstaltungen aufgezeichnet und über Podcast zur Verfügung gestellt wurden und Ähnliches mehr.

Auch ich habe den Eindruck, die Universität hat im Rahmen ihrer Möglichkeiten sehr verantwortungsvoll reagiert und ist auch jetzt noch dabei, die aufgetretenen Schwierigkeiten, so sie im Einzelfall noch bestehen, zu beheben. Dafür danke ich der Universität Trier ganz ausdrücklich.

(Beifall bei der SPD)

Bei all dem, nämlich dass man diesen Prozess begleiten und ernst nehmen muss, sage ich, dass ein Zerrbild der rheinland-pfälzischen Hochschullandschaft nun wirklich nicht gerechtfertigt ist, ein Zerrbild der Universität Trier schon überhaupt nicht.

Liebe Frau Huth-Haage, die Universität Trier hat teilweise hervorragende Platzierungen im CHE-Ranking, das Sie sich sicher angeschaut haben. Sie hat bedeutende Forschungsschwerpunkte und einen immens großen geisteswissenschaftlichen Sonderforschungsbereich. Das alles spricht nicht für eine brachliegende Hochschullandschaft, sondern für das Gegenteil.

(Beifall bei der SPD)

Ich weiß nicht, wie Sie zu Ihrer Einschätzung kommen, dass die rheinland-pfälzischen Hochschulen ein verlorenes Jahr zu beklagen hätten. Sie haben an der Anhörung teilgenommen und in den letzten Wochen vieles gehört. Die Präsidenten sind normalerweise nicht so schüchtern und zurückhaltend. Ich habe wirklich noch nicht gehört, dass irgendjemand von einem verlorenen Jahr spricht. Das Gegenteil ist der Fall. Von den vielfältigen Initiativen, insbesondere von unserem Sondervermögen „Wissen schafft Zukunft“, höre ich relativ viel.

(Zurufe von der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Universität Trier wird ebenso wie die anderen Hochschulen des Landes nicht nur aus dem Hochschulpakt Mittel erhalten. Sie wird auch, wenn der Landtag das Sondervermögen verabschiedet, zusätzliche Stellen aus dem Sondervermögen erhalten. Wenn man die beiden Jahre zusammennimmt, geht es um eine Größenordnung von über 40 Stellen. Hinzu kommen Mittel aus dem Hochschulpakt in Millionenhöhe. Ich glaube, die Unterstützung kommt durchaus bei den Hochschulen an.