Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir vorab vor den weiteren Ausführungen eine grundsätzliche Anmerkung, die mir wichtig ist. Der Jahresbericht des Rechnungshofs ist bereits im Vorfeld seiner parlamentarischen Beratung mehrfach in den Fokus öffentlicher und vor allem politischer Auseinandersetzungen geraten.
Natürlich ist das auch eine Frage von Aktion und Reaktion gewesen. Keine Frage. Als Kommissionsvorsitzender sehe ich mich jedoch der Aufgabe verpflichtet, im Interesse des Gesamtparlaments darauf zu achten, dass mit den Beanstandungen des Rechnungshofs im politischen Raum angemessen umgegangen wird. Gelegentlich ist das eine schwierige Gratwanderung, und zwar für alle Beteiligten.
Das Parlament darf sich allerdings auch nicht völlig sprachlos zeigen, vor allem dann nicht, wenn wichtige Themen konkret zur Entscheidung anstehen. Dennoch und vor allem im Interesse des Entlastungsverfahrens möchte ich dafür werben, möglichst zurückhaltend zu verfahren und die politische Auseinandersetzung möglichst nicht bereits im Vorfeld zu führen oder zu einer solchen herauszufordern, was ich ausdrücklich auch in Richtung der Landesregierung betonen möchte, die beispielsweise den Rechnungshof im Zusammenhang mit der Vorlage des Jahresberichts und der darin getroffenen Feststellungen zur Schuldensituation öffentlich kritisiert hat.
Meine Damen und Herren, gestatten Sie, dass ich mich jetzt wieder auf das Inhaltliche konzentriere und mit den wichtigsten Eckdaten der Haushaltslage beginne, die für Jubelausbrüche sicher noch nicht sorgen werden.
Trotz höheren Steueraufkommens sind die Einnahmen auch im Haushaltsjahr 2006 wieder deutlich hinter den Ausgaben zurückgeblieben. Damit hat die laufende Rechnung nunmehr im sechsten Jahr in Folge eine Deckungslücke ausgewiesen.
Die Verschuldung unseres Landes stieg bis Ende 2006 auf einen besorgniserregenden Gesamtstand von 26,6 Milliarden Euro. Gemessen an der Pro-Kopf-Verschuldung liegt Rheinland-Pfalz um fast 24 % über dem Durchschnitt der Flächenländer.
Auch die Kreditfinanzierungsquote war 2006 mehr als doppelt so hoch wie die durchschnittliche Quote der westlichen Flächenländer. Allein die Zinsausgaben beliefen sich im Jahr 2006 auf fast 1,1 Milliarden Euro und haben damit bereits 12,7 % der Steuereinnahmen und der allgemeinen Finanzzuweisungen beansprucht.
Meine Damen und Herren, besonders kritisch verläuft die Entwicklung bei den Personalkosten. Sie erhöhten sich im Jahr 2006 gegenüber dem Vorjahr auf einen Betrag von inzwischen mehr als 4,7 Milliarden Euro. Man muss sich klarmachen, was das bedeutet.
Allein die Personalkosten haben fast 56 % der Steuereinnahmen und der allgemeinen Finanzzuweisungen aufgezehrt. Fast 56 %!
Meine Damen und Herren, diese Belastungsquoten sind schlichtweg erdrückend. Erdrückend sind sie vor allem für den politischen Gestaltungsspielraum, der immer eifrig bemüht und auch benötigt wird, der aber letztlich – seien wir da ehrlich – nur sehr eingeschränkt vorhanden ist. Neue Schwerpunktsetzungen führen dann, wenn man nicht einschneidend an anderer Stelle spart, automatisch zu wachsenden Schuldenbergen, wie wir das auch im Haushaltsjahr 2006 festgestellt haben.
Meine Damen und Herren, eine weitere wichtige Zahl für die haushaltswirtschaftliche Betrachtung ist die Investitionsquote. Sie ist Indikator für Fortschrittlichkeit und Zukunftsfähigkeit. Deshalb ist es gut, dass sich die Investitionsquote im Jahr 2006 erhöht hat. Sie beträgt 11,7 % und liegt damit über dem Durchschnitt der westlichen Flächenländer.
Ohne dies schlechtreden zu wollen: Zu diesem Ergebnis gelangt man in Rheinland-Pfalz aber nur, weil man auch die Zuführungen an den Finanzierungsfonds für die Beamtenversorgung in den Investitionsbegriff einbezieht. Die Meinung des Rechnungshofs zu diesem – sagen wir – Kunstgriff kennen Sie. Er hält dies schlichtweg für systemwidrig.
Auswirkungen hat diese Zuordnung übrigens auch auf die Kreditobergrenze. Zwar ist die verfassungsrechtliche Kreditobergrenze im Haushaltsvollzug 2006 deutlich unterschritten worden, die fragwürdige Einordnung der Zuführungen an den Finanzierungsfonds als vermeintliche Investition hat im Ergebnis allerdings dazu geführt, dass die Kreditobergrenze sozusagen künstlich um 180 Millionen Euro heraufgesetzt wurde.
Zudem konnte die Verfassungsgrenze – auch das muss man wissen – nur eingehalten werden, weil in erheblichem Umfang Vermögen veräußert wurde.
Meine Damen und Herren, im Zusammenhang mit der Kreditobergrenze möchte ich noch eine weitere Problematik ansprechen, mit der wir uns in der Rechnungsprüfungskommission auseinandergesetzt haben. Es geht um die Restkreditermächtigungen. Die Restkreditermächtigungen sind im Jahr 2006 auf die stolze Summe von insgesamt 952 Millionen Euro angestiegen und haben damit inzwischen ein Volumen erreicht, das etwa der jährlichen Neuverschuldung entspricht. Fakt ist, dass die nicht vollständig ausgeschöpften Kreditermächtigungen aus dem Vorjahr übertragen und so in künftigen Haushaltsjahren genutzt werden können. Das ist Gegenstand der Restkreditermächtigung.
Problematisch ist, dass dies weitgehend ohne effektive parlamentarische Beteiligung geschieht. Zugegeben, die Landesregierung hat sich nach der Kritik des Rechnungshofs und der Diskussion in der Rechnungsprüfungskommission bereit erklärt, auf die nicht benötigten Kreditermächtigungen in Höhe von knapp 600 Millionen Euro zu verzichten. Dennoch möchte ich für eine generelle haushaltsgesetzliche Regelung plädieren, die sicherstellt, dass sich die Bevorratung von Restkreditermächtigungen künftig in vernünftigen Grenzen bewegt.
Meine Damen und Herren, angesichts der Haushaltseckdaten und insbesondere der Entwicklung der Schulden ist festzuhalten, dass sich Rheinland-Pfalz nach wie vor in einer sehr schwierigen Situation befindet. Trotz konjunktureller Verbesserungen kann von einer Entwarnung daher überhaupt keine Rede sein. Von der Per
Immerhin gibt es auch Grund zu verhaltenem Optimismus. So zeichnet sich für das Jahr 2007 ein ganz guter Überschuss in der laufenden Rechnung ab. Auch in den Folgejahren stehen die Aussichten, insoweit Überschüsse zu erzielen – den guten Steuereinnahmen sei Dank –, gar nicht so schlecht.
Trotzdem stehen wir vor einem wachsenden und drückenden Schuldenberg; denn das Land nutzt seine guten Steuereinnahmen nicht in dem Maße wie andere Länder, um auch ohne Nettokreditaufnahme zu einem ausgeglichenen Haushalt zu kommen.
Begegnet werden muss der Schuldenlast vor allem durch eine restriktive Ausgabenpolitik, und höhere Steuereinnahmen müssen konsequent – so auch die Empfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses – zur Rückführung der Neuverschuldung genutzt werden. Es ist erfreulich, dass sich die Fraktionen zumindest in diesem Ziel einig sind. Noch erfreulicher wäre es natürlich, wenn die von der Rechnungsprüfungskommission formulierten Aufforderungen auch umgesetzt würden, z. B. im anstehenden Doppelhaushalt, wozu jede Fraktion Gelegenheit haben wird.
Meine Damen und Herren, wenn nach der weiteren Haushalts- und Finanzplanung die Gesamtverschuldung Ende 2011 mehr als 32 Milliarden Euro betragen soll, ist das alleine Appell und Mahnung genug.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, gestatten Sie mir, dass ich aus der Vielzahl der Beratungsgegenstände einige wenige Einzelfälle herausgreife, die mir von besonderer Bedeutung erscheinen.
Der Landesbetrieb Landesforsten, genauer gesagt die Forstabteilung im Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz, ist ein solcher besonderer Fall. Dies nicht nur wegen der Diskussion im Vorfeld, auf die ich eingangs bereits eingegangen bin, sondern auch, weil die Rechnungsprüfungskommission trotz intensiver Diskussion nicht einstimmig votiert hat.
Der Rechnungshof hatte empfohlen, den Landesbetrieb Landesforsten nur noch zweistufig zu organisieren und auf eine ministerielle Leitungsebene weitgehend zu verzichten. Eine eigenständige Forstabteilung, wie sie im Ministerium derzeit noch geführt wird, sei nach Ansicht des Rechnungshofs dann nicht mehr erforderlich.
Das Ministerium hat demgegenüber die jetzige Struktur verteidigt und hierfür vor allem die Notwendigkeit einer ministeriellen Steuerung ins Feld geführt.
Meine Damen und Herren, für jeden der Standpunkte lassen sich sicher einige Gründe finden, über deren Überzeugungskraft in der Aussprache bestimmt noch
gestritten wird. Wichtig ist mir aber vor allem die gegenüber der Rechnungsprüfungskommission gemachte Zusage des Ministeriums, dass es die Organisationsstrukturen weiter straffen und optimieren will und Stellen bereits eingespart hat. Dies zeigt, dass mit organisatorischen Verbesserungen und schlanker Verwaltungsstruktur Personal eingespart und dennoch effizient gearbeitet werden kann.
Meine Damen und Herren, Herr Ministerpräsident, ein auch in der Öffentlichkeit viel diskutiertes Thema sind die Geschäftsführergehälter der Gesellschaften mit Landesbeteiligung, die der Rechnungshof bereits im vergangenen Jahr kritisch ins Visier genommen hatte. Vor dem jetzt der Rechnungsprüfungskommission vorgelegten Gutachten wurden insgesamt 29 Geschäftsführerpositionen bei 25 Landesgesellschaften untersucht. Das Fazit lautet, dass die Vergütung von immerhin sieben Geschäftsführern zum Teil erheblich über dem Rahmen liegt, den der Gutachter, übrigens ein privates Beratungsunternehmen, für noch akzeptabel hält.
Meine Damen und Herren, bei der Diskussion muss ein Punkt immer wieder in Erinnerung gerufen werden, dass nämlich die Geschäftsführer von Landesfirmen im Vergleich zu anderen Geschäftsführern mit wesentlich weniger Risiken belastet sind. Das Land haftet nicht nur für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft, sondern hat grundsätzlich auch deren Verluste auszugleichen.
Darüber hinaus muss selbstverständlich auch das Gestrüpp aus variablen Vergütungen und Sonderzahlungen kritisch unter die Lupe genommen werden. Auch hier ist die Landesregierung aufgefordert, ein transparentes Konzept zu entwickeln, sodass uns das Thema in der Zukunft sicher noch begleiten wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, von den Altfällen der Rechnungsprüfungsverfahren früherer Jahre möchte ich kurz einen noch erwähnen, über dessen Entwicklung sich der Rechnungshof wohl zu Recht irritiert gezeigt hat. Es geht um den Einsatz von pädagogischen Fachkräften an öffentlichen Schulen. Ausgangspunkt war die letztjährige Kritik des Rechnungshofs, dass pädagogische Fachkräfte über ihren eigenen Urlaub hinaus für einen weiteren Zeitraum von bis zu sechs Wochen keinen Dienst zu tun hatten.
Daraufhin sollte die Landesregierung konzeptionell erarbeiten, wie die Gesamtarbeitszeit der pädagogischen Fachkräfte sachgerecht aufgeteilt werden könnte. Von greifbaren Ergebnissen ist man leider weit entfernt.
Der Rechnungshof hat insbesondere die Vorgehensweise des Ministeriums kritisiert, weil nicht nur Anforderungsprofile analysiert und Berichte zur Arbeitszeit ausgewertet worden sind, was völlig in Ordnung ist. Jetzt sind aber noch zusätzliche Erhebungen unter Einbeziehung praktischer Erfahrungen geplant, aus deren Erkenntnissen dann wiederum eine Arbeitsgruppe zunächst nur Eckpunkte entwickeln soll.
Meine Damen und Herren, das ist ein ziemlich langer und auch mühsamer Weg. Natürlich müssen die Betroffenen in diesem wichtigen Prozess mitgenommen und in
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich das Feld den Fraktionen für ihre politischen Einschätzungen überlasse, möchte ich zunächst dem Rechnungshof für seine hervorragende Arbeit danken, allen voran dem Präsidenten, aber auch dem Kollegium sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die unermüdliche Prüfungsarbeit und Aufklärungsarbeit leisten.
Mein Dank gilt auch den Kolleginnen und Kollegen des Ausschusses für die gemeinsame Arbeit, die in kollegialer und sachlicher Atmosphäre geleistet worden ist. Dafür herzlichen Dank!
Danken möchte ich auch den Regierungsvertretern und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ressorts und zu guter Letzt der Landtagsverwaltung.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie um Zustimmung zu der Ihnen vorliegenden Beschlussempfehlung und bedanke mich herzlich für Ihre Aufmerksamkeit.
Bevor wir zur Aussprache kommen, begrüße ich als Gäste auf der Zuschauertribüne ehemalige Abgeordnete der Hamburgischen Bürgerschaft. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!
Darüber hinaus begrüße ich Schülerinnen und Schüler des Marion-Dönhoff-Gymnasiums Lahnstein sowie Mitglieder des Sozialverbandes VdK – Ortsverband Hochstetten-Dhaun. Auch Ihnen ein herzliches Willkommen im Landtag!