Protocol of the Session on July 6, 2006

Wir nehmen die Sorge ernst, dass es Nachmittagsunterricht geben muss und wird. Wir wollen deshalb die Einführung des achtjährigen Gymnasiums in zwei Stufen, damit auch diejenigen, die jetzt noch nicht über eine Cafeteria oder angemessene Aufenthaltsräume verfügen, die Möglichkeit haben, diese in Kooperation mit dem Schulträger einzurichten und damit nicht zwei Jahrgänge auf einmal auf den Ausbildungs- und Studienmarkt strömen.

(Glocke des Präsidenten)

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der FDP)

Für eine Kurzintervention hat Herr Abgeordneter Josef Keller das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Eiertanz der FDP ist natürlich verständlich. Der Trennungsschmerz ist noch zu groß.

(Beifall bei der CDU – Heiterkeit bei der SPD)

Unser Antrag kommt noch zu früh. Obwohl Sie innerlich unseren Antrag gern zustimmen würden, können Sie es jetzt noch nicht. Deswegen haben Sie einen eigenen Antrag gestellt.

(Zuruf des Abg. Lelle, CDU)

Er ist umfangreicher, aber es steht weniger drin als in unserem.

(Pörksen, SPD: Da steht schon wenig drin!)

In den entscheidenden Punkten ist er identisch, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP. Die entscheidenden Punkte sind einmal, dass wir beide das Abitur nach zwölf Jahren wollen. Sie wollen das auch schon lange mit Parteitagsbeschlüssen. Als wir vor drei Jahren den Antrag gestellt haben, haben Sie mit der Begründung abgelehnt, es stehe nicht im Koalitionsvertrag.

Beim nächsten Punkt reklamiere ich das Erstgeburtsrecht. Wir fordern wie Sie, dass das eine Jahr in der Sekundarstufe I eingespart bzw. verteilt wird, damit die Oberstufe dreijährig ist, was die Durchlässigkeit der 10. Klasse und den Übergang von der Realschule und der zehnjährigen Hauptschule erleichtert.

Als ich die Pressemitteilung gelesen habe, habe ich gedacht, da sind Passagen, die mir bekannt vorkommen. Ich habe in den Protokollen nachgeschaut. Das, was ich von dieser Stelle zur Begründung unseres Antrages gesagt habe, nämlich die Durchlässigkeit betreffend usw., ist fast wortwörtlich zitiert.

(Zuruf von der SPD)

Ich habe nichts dagegen. Das waren sehr gute Ausführungen, die stimmten. Machen Sie doch nicht diesen Eiertanz und versuchen jetzt abzulenken, indem Sie im Hinblick auf die pädagogische Ausgestaltung argumentieren. Das ist der zweite Schritt. Es muss erst einmal der Grundsatzbeschluss gefasst werden. Wenn Sie alle unserem Antrag gefolgt wären, dann wären mittlerweile zwei Jahre Zeit gewesen, um diese inhaltlichen Punkte vorzubereiten. Damals konnten und wollten Sie nicht zustimmen.

Wir sind bereit, uns zusammenzusetzen. Ich mache das Angebot, dass wir einen gemeinsamen Antrag formulieren, wenn es Ihnen ernst ist. Uns ist es ernst. Wir sind dazu bereit.

Eins darf nicht sein, dass unsere Kinder, unsere Abiturientinnen und Abiturienten die letzten in ganz Deutschland sind, die mit einem Schulabschluss, mit einem Abitur nach zwölfeinhalb Jahren leben müssen und im innerdeutschen Vergleich massiv benachteiligt werden und nur die Gymnasien belohnt werden, die Ganztagsschule werden, obwohl sie das bisher nicht wollten.

(Beifall der CDU)

Das ist ein Kopplungsgeschäft. In der freien Wirtschaft sind solche Kopplungsgeschäfte untersagt. Aber in der Politik mag es möglich sein. Ich garantiere der Landesregierung, dass es so weit nicht kommen wird. Das werden sich die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes nicht gefallen lassen.

Danke schön.

(Beifall der CDU)

Das Wort zur Erwiderung hat Frau Abgeordnete Morsblech.

Herr Präsident, Herr Kollege Keller! Man merkt immer wieder, dass es sich nicht auszahlt, einigermaßen moderat hier vorn zu bleiben. Sie können sich gern die ganzen Protokolle aus der letzten Legislaturperiode anschauen. Sie wissen genau, dass die FDP für das Abitur nach zwölf Jahren war. Das haben Sie offensichtlich nicht kapiert oder nicht zugehört.

(Zuruf von der SPD: Ach so!)

Dieses Niveau, das sich bei Ihrer Aufmerksamkeit zeigt, hat sich immer wieder in Ihrem Antrag gefunden. Sie sagen, neun minus eins ist acht. Damit ist für uns die Sache erledigt. Dann soll das Gymnasium oder die Ministerin schauen, wie das funktionieren kann.

(Beifall bei der FDP)

Dabei stellen Sie sich vielleicht vor, dass man den Stoff des letzten halben Jahres irgendwie mit dem Stoff der Mittelstufe zusammenquetscht oder Schülerinnen und Schüler länger dasitzen lässt und es einfach unverbunden abspult.

(Dr. Rosenbauer, CDU: Sie müssen den Antrag einmal lesen!)

Ich glaube, das kann nicht die Antwort auf zukunftsfähiges Lernen in einem Gymnasium sein, das mit dem Abitur nach zwölf Jahren abschließen möchte. Da braucht man etwas mehr Hirnschmalz. Das habe ich Ihnen schon die vergangenen fünf Jahre gesagt. Das sage ich Ihnen von dieser Stelle gern noch einmal.

Schade, auf die Art und Weise kommen wir nicht zusammen. Dem Antrag, in dem KMK-Vorgaben abgeschrieben sind und in dem Sie sagen, wo Sie das ganze Zeug zusammenquetschen möchten, können wir leider so nicht zustimmen.

(Beifall der FDP)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Brede-Hoffmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich mit ein paar Zahlen anfangen, die sich ein bisschen mit dem auseinandersetzen, was Herr Dr. Rosenbauer in die Welt gesetzt hat. Das geschah nach dem Motto, Chancengleichheit in der Bundesrepublik Deutschland gibt es erst dann, wenn sie alle gleich alt sind, wenn sie die Schule verlassen und ihr Studium beginnen. Herr Dr. Rosenbauer, Sie sollten sich mit den Zahlen des Statistischen Bundesamtes beschäftigen, wonach im Sommersemester 2000 der Durchschnitt aller Studierenden in der Bundesrepublik bei Studieneintritt 23,8 Jahre alt war und in Rheinland-Pfalz im Durchschnitt 23,1 Jahre.

(Zuruf von der SPD: Wie kommt das denn?)

Ja, wie kommt das denn?

Im Sommersemester 2004 war der Durchschnitt aller Studienanfänger in der Bundesrepublik über alle Bundesländer hinweg inklusive der östlichen Bundesländer, von denen zwei nie vom zwölfjährigen Abitur abgegangen sind, 23,5 Jahre, in Rheinland-Pfalz aber sind diese Jugendlichen mit 22,1 Jahren dabei. Es ist eines der Länder mit den jüngsten Studienanfängerinnen und

Studienanfängern in der Bundesrepublik. So weit zum Thema „Gerechtigkeit im Alter beim Studienanfang“.

Herr Kollege Dr. Rosenbauer, das ist in den letzten Jahren in Rheinland-Pfalz überdurchschnittlich zurückgegangen. In anderen Bundesländern hat sich nichts oder fast nichts zur Verjüngung getan.

Ich komme zur Kollegin Frau Morsblech. Ich fand die Ausführungen über die Frage, wie Schulstruktur und Qualität, wie pädagogisches Arbeiten und didaktische Konzepte zusammengebracht werden, hoch interessant. Diese sind wünschenswert in allen Schularten, auch in unseren Gymnasien, haben aber in direkter Korrelation überhaupt nichts mit Schuldauer zu tun. Ich wünsche mir, dass alle Schulen versuchen, diese Konzepte, über die Sie gesprochen haben, umzusetzen. Da waren wir uns in den letzten Legislaturperioden einig, da werden wir uns weiterhin einig sein.

Das hat wirklich gar nichts damit zu tun, ob man Schule in zwölf Jahren machen muss oder ob man Schule mit Zeit, Lernzeit und Entwicklungszeit anbietet. Ich sage Ihnen eins, in Rheinland-Pfalz haben wir das Modell BEGYS seit vielen Jahren. Viele Gymnasien könnten, wenn sie wollten, wenn die Eltern es beantragen würden, wenn die Schüler es wünschten, wenn die Kollegen und Schulleitungen meinten, sie könnten für sich und ihre Schule ein besonderes Profil entwickeln, BEGYSAnträge stellen. Sie und ich wissen, dass wir von über 140 Gymnasien ganze 13 in unserem Bundesland haben, die diesen Antrag gestellt haben. Der letzte Antrag wurde im Jahr 2002 gestellt. Seit diesem Jahr hat es keine weiteren Anträge gegeben, obwohl wir immer wieder auf Veranstaltungen darauf hinweisen, sie können das beantragen.

Wer mir jetzt hier an diesem Pult erzählen möchte, dass deswegen in Rheinland-Pfalz ein besonders ausgeprägtes Bedürfnis nach Schulzeitverkürzung im Gymnasium bestünde, der kann sich einmal die Frage stellen, warum sich dieses ausgeprägte Bedürfnis nicht in Wünschen an die Schulleitung niedergeschlagen hat: „Stellt doch bitte den Antrag, einen BEGYS-Zug zu entwickeln, nicht die ganze Schule umzuwandeln.“ – Offensichtlich ist das in unserer Elternschaft nicht das ausgeprägte Bedürfnis. Wenn ich mir Schlagzeilen ansehe, die sich mit verkürzten Gymnasialangeboten, die es in der Tat in BadenWürttemberg und in Bayern schon gibt, beschäftigen, dann lese ich Ihnen einmal vor, was dort Eltern bzw. Medienvertreter zu diesem Thema von sich geben: „Kinder am Gymnasium stöhnen“, „Schulen sehen keine Spielräume mehr“, „Bildungspolitik an den Schülern vorbei“, „Uns fehlt vor allem Zeit“, „Der Lerndruck ist unerträglich geworden“, „Viele Eltern klagen ihr Leid über’s Turbo-Abi“,

(Harald Schweitzer, SPD: Jetzt habe ich aber Angst bekommen!)

„Lehrer und Eltern kritisieren rasantes Lerntempo“. Besonders schön finde ich, dass ein Homburger Gymnasialschulleiter sagt „Das Lerntempo und die Stofffülle sind in den vergangenen Jahren größer geworden, er beobachte auch, dass Eltern aus Rheinland-Pfalz, die bisher

ihre Kinder nach Homburg schicken wollten, diese doch jetzt an heimischen Gymnasien anmeldeten.“

(Hartloff, SPD: Die kommen jetzt nach Kusel!)

So weit zu dem ausgeprägten Wunsch und Bedürfnis umzuwandeln. Wir gehen einen anderen Weg in Rheinland-Pfalz. Wir gehen den Weg, den wir bei allen Schulreformen gegangen sind. Wir gehen in kleinen Schritten mit den Eltern, mit den Schülern, mit den Lehrerinnen und Lehrern zusammen. Wir setzen auf die Akzeptanz. Deswegen hat der Ministerpräsident in der Regierungserklärung das Modell vorgestellt: Wir fordern diejenigen Schulen, die Ganztagstagsschulen werden, die die Infrastruktur bieten für Siebtklässler – das sind 11- und 12jährige Kinder –, auf, wenn ihr diese Schulzeitverkürzung bei euch ausprobieren wollt, bewerbt euch, dann ist das unser Modell.

Frau Kollegin Morsblech, dann brauchen wir selbstverständlich ihre pädagogische Weiterentwicklung. Dann brauchen wir qualifizierte Lehrpläne, die auf Ganztagsunterricht ab dem siebten Schuljahr eingehen. Dann brauchen wir Infrastruktur, die Kinder mit elf und zwölf Jahren so betreut, dass wir sie mit gutem Gewissen einen ganzen Tag mit Unterricht versehen können, dass sie nicht noch Hausaufgaben machen müssen, wenn sie nach Hause kommen, – –

(Glocke des Präsidenten)

Noch 40 Sekunden!

(Heiterkeit bei der SPD)