Protocol of the Session on August 27, 2008

Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat nun Frau Kollegin Nicole Morsblech.

(Pörksen, SPD: Denken Sie daran, Kind hört mit!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn ich daran immer denken würde, würde es

mich manchmal grausen, aber natürlich nicht bei meinen eigenen Worten.

Zu Beginn des neuen Schuljahres haben sich Lehrerverbände, insbesondere die GEW und der VBE, aber auch Philologen und Realschullehrer, mit alarmierenden Meldungen zu Wort gemeldet und einen strukturellen Unterrichtsausfall zwischen 3 % und 6 % prognostiziert. Diese Meldungen sind auch aus Sicht der FDPLandtagsfraktion besorgniserregend und ernst zu nehmen. Dass diese Sicht von der Landesregierung nicht geteilt wird, ist im Rahmen der Diskussion über die unterschiedlichen Anträge der Oppositionsfraktionen schon im Ausschuss sehr deutlich geworden. Aber auch wenn die Landesregierung und heute auch die SPD-Fraktion diese Kritik weit von sich weisen, sehen wir uns in der Tat vor einer Situation der verschärften Konkurrenz mit anderen Bundesländern, insbesondere mit unseren Nachbarn Hessen und Baden-Württemberg.

(Beifall der FDP)

Diese Situation entsteht auch nicht etwa allein dadurch, dass die jeweiligen Kultusminister versuchen, junge Menschen für eine Lehrerstelle in ihrem Land zu werben, indem sie eine pfiffige Werbekampagne auf die Beine stellen, sondern diese Situation ist vor allem dadurch entstanden, dass unsere Nachbarn in der Tat im Wettbewerbsföderalismus, der auch von Rheinland-Pfalz ausdrücklich gewollt war, erheblich bessere Konditionen für junge, aber auch für ältere Lehrerinnen und Lehrer bieten.

(Beifall der FDP)

Die FDP hat darauf beispielsweise bereits im Rahmen der nach unserem Empfinden völlig unzureichenden Anpassung der Beamtenbesoldung hingewiesen. Zusätzlich wissen wir, dass auch die Einstufung in die jeweiligen Besoldungsgruppen in den Nachbarbundesländern zum Teil erheblich vorteilhafter ist und es heute schon etwas ausmacht, ob man 300 oder 500 Euro mehr in der Tasche hat.

(Beifall der FDP – Creutzmann, FDP: So ist es!)

Noch immer müssen unsere Schulen gerade im Bereich der Mangelfächer um die Besetzung ihrer Stellen kämpfen, und noch immer kann die Landesregierung auf diese Situation keine wirklich befriedigende Antwort geben. Für die berufsbildenden Schulen, die traditionell am meisten von der Problematik betroffen sind, wächst der Konkurrenzdruck umso stärker. In diesem Zusammenhang signalisiert der VBE in diesem Jahr eine zunehmende Konkurrenz im Bereich der allgemeinbildenden Fächer mit den Gymnasien. In den beruflichen Bereichen besteht nach wie vor auch die Konkurrenz mit der Privatwirtschaft. Es wird unter den bestehenden Bedingungen immer schwieriger werden, Stellen zu besetzen.

Meine Damen und Herren, wenn Sie sagen, Sie hätten die Kapazitäten der Studienseminare in den vergangenen Jahren kontinuierlich erhöht, so kann man dies nachlesen, und das stimmt sicherlich auch. Aber es ist in

diesem Zusammenhang schon zu hinterfragen, ob es sinnvoll ist, dass nach Angaben der GEW jeder zweite von 600 Bewerbern für die Referendarausbildung an Gymnasien leer ausging. Diese Frage stellt sich mir dann schon. Wir wissen auch, dass das Statistische Landesamt beispielsweise eine Lehrerstatistik erhebt, und ich frage mich, weshalb man diese Statistik nicht einmal nutzen könnte, um analog der vorhergesagten Prognose für die demografische Entwicklung auch einmal eine Projektion für die Personalentwicklung und für die Personalbedarfe im schulischen Bereich zu erstellen, damit man sehen kann, wie sich die Personalentwicklung in der Zukunft darstellen wird und welche Bedarfe man jeweils für die Kapazitäten der Studienseminare braucht. Dies wäre im Übrigen auch eine gute Diskussionsgrundlage, die zu einer Versachlichung beitragen würde.

Meine Damen und Herren, wenn man sich die Situation vergegenwärtigt, muss man auch im Hinterkopf haben, dass die Landesregierung vor dem Hintergrund dieser doch schwierigen Lage eine umfassende Schulreform durchführen will, eine Schulreform, für die es nach eigenen Angaben allein schon im Rahmen der Umorganisation zusätzlicher Lehrkräfte bedarf,

(Zuruf der Abg. Frau Brede-Hoffmann, SPD)

eine Schulreform, die dazu führen wird, dass Schülerinnen und Schüler künftig an größeren Schulen und in größeren und heterogeneren Klassen unterrichtet werden. Wenn Sie wollen, dass diese Reform überhaupt eine Erfolgschance hat, wenn Sie wollen, dass diese Reform nicht zulasten der Schülerinnen und Schüler geht, werden Sie in den kommenden Jahren in der Pflicht sein, den Personaleinsatz in unseren Schulen erheblich zu verstärken, die Schüler-Lehrer-Relation erheblich zu verbessern, die Klassengrößen zu reduzieren und damit auch eine Grundlage für eine individuelle Förderung von Schülerinnen und Schülern und vor allem eine innere Differenzierung des Unterrichts zu schaffen.

Ich möchte in der zweiten Runde gern noch etwas zu anderen Bereichen sagen. Zunächst danke ich Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der FDP)

Ehe ich Frau Staatsministerin Ahnen das Wort erteile, möchte ich Gäste auf der Tribüne begrüßen. Ich begrüße die Mitglieder des Karnevalsvereins „Die Geeßtreiwer“ – wahrscheinlich Ziegenhüter – aus Mutterstadt sowie die Mitglieder des Gewerbevereins Westerburg. Seien Sie herzlich in Mainz willkommen!

(Beifall im Hause)

Frau Ministerin Ahnen hat das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordneten! Um es gleich vorweg zu sagen: Die Sicherung der

Unterrichtsversorgung auf hohem Niveau gehört zu den wichtigsten Aufgaben, die die Landesregierung zu erfüllen hat, und sie nimmt diese Aufgabe an.

(Beifall der SPD)

Diese Aufgabe kann man nur dann verantwortungsvoll annehmen, wenn man mit der Situation genauso differenziert umgeht, wie sie tatsächlich ist. Dazu gehört auch, über den Zeitverlauf zu sehen, dass sich Vorzeichen verändern. Dazu gehört es, zu erkennen, dass wir uns in den 90er-Jahren zunächst um eine gute Versorgung im Bereich der Grundschulen kümmern mussten, da ein Anstieg der Schülerzahlen zu verzeichnen war, wir dann einen starken Anstieg in der Sekundarstufe I zu verzeichnen hatten und wir derzeit noch einen starken Anstieg der Schülerzahlen in der Sekundarstufe II beobachten, allerdings bei insgesamt rückläufigen Schülerinnen- und Schülerzahlen.

Was heißt das? Wir müssen zusätzliche Stellen zur Verfügung stellen. Das macht das Land seit 1991 Jahr für Jahr. Das hat es auch mit diesem Doppelhaushalt getan. Den nächsten werden wir in dieser Richtung erst beraten. Auch dieser wird klare Zeichen setzen.

(Beifall bei der SPD)

Wir brauchen zum Zweiten ein deutlich höheres Maß an Flexibilität bei der Einstellung. Auch diese Flexibilität von den Zeitpunkten, von der Rekrutierung der Lehrkräfte her, von den Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen und Ähnlichem mehr wächst seit Jahren von Jahr zu Jahr. Wir versuchen wirklich, auf jeden Einzelfall zu reagieren.

Zum Dritten brauchen wir eine ausreichende Nachwuchsförderung. Ich komme darauf gleich noch einmal an den Rechenbeispielen von Herrn Baldauf zurück.

(Harald Schweitzer, SPD: Das lohnt sich nicht!)

Aber ich kann vielleicht in der Überschau schon einmal auf die Zahl hinweisen. Wir haben seit 1991 1.600 neue Seminarplätze auf heute 2.600 Plätze geschaffen. Das ist mehr als eine Verdoppelung. Wir haben an dieser Stelle die Zeichen früh erkannt.

(Beifall der SPD)

Sie alle wissen, dass zurzeit noch keine Zahlen vorliegen können. Wir haben ein sehr geübtes Verfahren. Sie werden im Herbst nicht nur die Gesamtzahlen bekommen, sondern Sie werden auch die Ergebnisse jeder einzelnen Schule bekommen, weil ich ein umfassendes Interesse an Transparenz habe.

Wir werden aber in der Summe, was heute absehbar ist, auch zu diesem Schuljahresbeginn bei einer ähnlich guten Versorgung wie in den letzten Jahren landen. Jetzt sage ich Ihnen einmal, diese liegt seit 2001 bei jeweils über 98 %. Das ist ein Wert, der sich auch im Bundesländervergleich sehen lassen kann.

(Beifall der SPD)

Trotz schwieriger Situation auf dem Lehrkräftearbeitsmarkt – auch dazu werde ich gleich noch etwas sagen – haben wir nicht nur alle frei gewordenen Stellen neu, sondern auch weitgehend die 200 zusätzlichen Stellen für Lehrerinnen und Lehrer besetzen können. Wir setzen uns anspruchsvolle Aufgaben. Ja, das kann im Einzelfall auch einmal knirschen. Aber in der Summe haben wir bei der Einstellungsrunde auch zu diesem Schuljahresbeginn ein hervorragendes Ergebnis erzielt.

Wenn ich auf die bundesweite Situation auf dem Lehrkräftearbeitsmarkt eingehe, dann unterscheidet uns von anderen Ländern, dass wir eben nicht überrascht reagieren und sehen, jetzt fehlen Lehrerinnen und Lehrer in bestimmten Mangelfächern.

Herr Abgeordneter und Fraktionsvorsitzender Baldauf, wenn Sie mich eingangs Ihrer Rede schon zitieren – das Lob auf die Landesregierung war richtig, was Sie da alles gesagt haben –, aber sagen, dass ich niemals darauf hingewiesen hätte, wir hätten keine steigende Pensionierungswelle, dann ist das ein Problem, dass Sie das in den letzten fünf Jahren nicht mitbekommen haben. Ich weise seit fünf Jahren auf diesen Punkt hin, dass wir uns darauf vorbereiten müssen.

(Beifall der SPD)

Wenn Sie mich zitieren, wogegen wirklich nichts spricht – es gibt viel Zitierfähiges –, dann zitieren Sie mich bitte richtig.

Wir haben auf diese Situation reagiert, indem wir bereits zum Februar im Vorgriff insbesondere gymnasiale Lehrkräfte eingestellt haben. Wir haben ein schulscharfes Ausschreibungsverfahren durchgeführt. Wir haben das Programm der Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger. Ich verwahre mich dagegen, dass das immer keine guten Lehrerinnen und Lehrer sind. Wir haben viele erfolgreiche Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger, die ihre Fachkompetenz gerade in den Natur- und Ingenieurwissenschaften einbringen und eine hervorragende Arbeit machen.

(Beifall der SPD)

Das ist übrigens auch eines der Beispiele. Überall, wo wir für diese sich abzeichnende Entwicklung hin Lösungen angeboten haben – Quereinstieg, Seiteneinstieg, Abordnung von Lehrkräften aus anderen Schularten, ich könnte die Liste beliebig fortsetzen –, konnten wir mit Unterstützung der Opposition an dieser Stelle nie rechnen. Wenn wir das gemacht hätten, was Sie gesagt haben, dann hätten wir heute einen Überraschungseffekt. Wir haben vorgesorgt, um das an dieser Stelle deutlich zu sagen.

(Beifall der SPD)

Wenn Sie sich hier hinstellen und die DreiviertelLehrkräfte als Beispiel eines großen Fehlers der Landesregierung bringen, dann merkt man, Sie haben das System immer noch nicht verstanden. Wir haben Lehrkräfte zu einem Zeitpunkt eingestellt, als sie auf dem Arbeitsmarkt waren. Hätten das andere Länder auch getan, hätten wir heute bundesweit mehr Lehrkräfte. Wir

haben sie an uns gebunden. Wir haben sie zum frühestmöglichen Zeitpunkt verbeamtet. Aber der Erfolg war, sie waren im System und sind im System geblieben.

(Beifall der SPD)

Wir werben differenziert für das Lehramt. Auch das ist ein großes Problem der Vergangenheit. Wenn vom Lehrermangel gesprochen wird, fangen die jungen Menschen an, Lehramt zu studieren. In Zeiten, in denen es eher einen Überhang gibt, machen sie dies nicht. Darauf muss man in zweierlei Richtung reagieren. Erstens muss man einen kontinuierlichen Einstellungskorridor offen halten. Auch dazu haben die Dreiviertel-Stellen geholfen.

Zweitens muss man differenziert werben. Das tun wir in unserem Abiturientinnen- und Abiturienten-Brief. Von einem allgemeinen Lehrermangel zu sprechen, setzt die falschen Signale. Wir haben den Bedarf in bestimmten Fächern und in bestimmten Lehrämtern. Wir müssen die jungen Menschen motivieren, dass sie dieses Studium ergreifen. Da sind wir dann allerdings auch darauf angewiesen, dass die jungen Menschen es machen.