Protocol of the Session on May 14, 2008

Von der Größenordnung her betrachtet, handelt es sich nicht um eine strukturelle Verbesserung der kommunalen Finanzsituation, sondern um eine Notmaßnahme, deren Wirkung von vornherein auf zwei Jahre begrenzt ist.

Nun kommt die eigentliche Überraschung. Wie wird dieses Hilfsprogramm finanziert?

Das Hilfsprogramm wird im Wesentlichen dadurch finanziert, dass die Rückzahlungen des Verstetigungsdarlehens gestreckt werden. Im Übrigen hatte sich genau darauf eine Teilfrage unserer Kleinen Anfrage bezogen. Wir hatten nämlich gefragt, wie die Landesregierung die Vorschläge beurteile, die Tilgung des Verstetigungsdarlehens zu verlangsamen und den sich daraus ergebenden Betrag der Schlüsselmasse zuzuführen.

Die Landesregierung hat am 20. März 2008 in vorgenannter Drucksache geantwortet, dass die vom Landkreistag vorgeschlagenen Maßnahmen nichts anderes bedeuteten als die sofortige Zerstörung eines offensichtlich erfolgreichen Stabilisierungsinstruments.

Meine Damen und Herren, dies ist der klassische Fall einer 180-Grad-Drehung der Landesregierung.

(Beifall der FDP – Ministerpräsident Beck: Wenn nicht einer 360-Grad-Drehung!)

Weiteres dazu möchte ich in der zweiten Runde ausführen. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der FDP– Pörksen, SPD: Die erste Runde war schon genug!)

Das Wort hat nun Herr Kollege Hörter.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! In der Antwort auf die Kleine Anfrage des Kollegen Auler, die dieser soeben erwähnt hat, stellt die Landesregierung fest:

„Ein positiver Trend der finanziellen Entwicklung ist auch für die Landkreise nicht zu übersehen.“

Ich kann wirklich nur noch fragen: Herr Finanzminister, wovon träumen Sie eigentlich nachts?

(Beifall der CDU – Pörksen, SPD: Das stimmt nicht, mein Lieber!)

Die Wirklichkeit sieht nämlich anders aus. So stellte beispielsweise der Landrat des Landkreises Neuwied, Rainer Kaul, SPD, fest: Eine durchgreifende Trendwende ist beim Landkreis Neuwied trotz der deutlich verbesserten konjunkturellen Lage nicht in Sicht. Die Diskrepanz zwischen kommunalen Aufgaben und kommunaler Finanzausstattung ist unverändert hoch.

Wenn man dann einen halben Schritt weitergeht, dann kann man aus einer Vielzahl von Resolutionen der Kreistage zitieren. Ich möchte stellvertretend nur aus einer, die die Landrätin des Landkreises Bad Dürkheim, Sabine Röhl, SPD, vorgelegt hat, zitieren: Die Finanzzuweisungen des Landes an die Kreise stagnieren seit Jahren auf viel zu niedrigem Niveau. Für die Wahrung des verfassungsrechtlichen Rechts auf kommunale Selbstverwaltung wird eine aufgabengerechte Finanzausstattung durch eine Reform der kommunalen Finanzen dringend für erforderlich gehalten. –

Ein Zweites macht die Antwort der Landesregierung auch deutlich, nämlich den erkennbaren Mangel an der Bereitschaft, die Probleme wirklich anzupacken. So hat die Landesregierung ausgeführt, dass eine aufgabenangemessene Finanzausstattung nur ein theoretischer Begriff sei; denn niemand sei in der Lage zu beziffern, was denn nun wirklich zur angemessenen Finanzausstattung gehöre.

Dann wird dann hilfsweise das eigene Statistische Landesamt herangezogen, das irgendeinen Index entwickelt hat, nach dem Rheinland-Pfalz im Vergleich der westdeutschen Flächenländer die Kommunen leicht überdurchschnittlich ausstatte. Auch hier – ich darf nur noch einmal auf die eben zitierte Resolution stellvertretend für viele andere hinweisen – ist zu sagen: Die Finanzlage der rheinland-pfälzischen Landkreise hat sich auch im Ländervergleich und im Verhältnis zu den anderen Gebietskörperschaften im Land erneut drastisch verschlechtert. So sieht die Wirklichkeit aus.

(Vizepräsident Bauckhage übernimmt den Vorsitz)

Ein vierter Punkt, auf den ich in dem Zusammenhang auch noch hinweisen möchte, ist die Erkenntnis auch in der Antwort der Landesregierung, besorgniserregend sei der hohe Bestand an Kassenkrediten. Das hat auch schon einmal der Landkreistag festgestellt, der dann sagt: Die ohnehin dramatische Finanzsituation fast aller rheinland-pfälzischen Landkreise hat sich in 2007 im bundesweiten Vergleich weiter verschlechtert. –

Meine Damen und Herren, das sind die Beschreibungen der Situation. Was macht die Landesregierung dagegen? Das haben wir ebenetwas ausführlicher vom Kollegen Noss gehört. Es lässt sich auf den einfachen Nenner bringen, sie verlangsamt die Rückzahlung der aufgelaufenen Verstetigungsdarlehen. Ob das denn nun wirklich der Weisheit letzter Schluss ist, sei einmal dahingestellt.

Man könnte auch der Empfehlung des Landrates des Rheinpfalz-Kreises folgen, Werner Schröter, SPD. Der Kreistag des Rheinpfalz-Kreises fordert die Landesregierung auf, der strukturellen Unterfinanzierung der Landkreise entgegenzuwirken und entsprechend dem Verfassungsauftrag für eine angemessene Finanzausstattung der Landkreise zu sorgen.

Ich möchte eine letzte Bemerkung machen. Nachdem vielleicht bei dem einen oder anderen kurzfristig über die Gesamtaktion große Freude bestand, so verfliegt diese schneller als man denkt. Die „RHEINPFALZ“ von gestern vermeldet – ich darf zitieren –: Die rheinlandpfälzischen Kommunen müssen für 2008 mit geringeren Steuereinnahmen als bisher angenommen rechen. Das ergibt die regionalisierte Auswertung der MaiSteuerschätzung, die das Finanzministerium in Mainz bekannt gab. Gegenüber der Prognose vom November liegen die Schätzungen um 67 Millionen Euro niedriger. –

(Glocke des Präsidenten)

Da haben wir alles wieder verfrühstückt, was angeblich als Wohltaten kam.

Herzlichen Dank.

(Beifall der CDU)

Ich erteile das Wort Herrn Staatsminister Professor Dr. Deubel.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es geht so weiter wie immer. Eben ist noch gefordert worden, die Einnahmen zu senken und endlich zu sparen, und jetzt wird schon wieder gesagt, wir müssen mehr ausgeben, wahrscheinlich, um die Löcher, die entstehen würden, wenn die CDU ihr Konzept wirklich durchsetzen könnte, zu stopfen.

(Pörksen, SPD: Wir stopfen Löcher mit Löchern! Wie geht das?)

Es ist so, die eine Milliarden Euro, die im Land an Mindereinnahmen entstehen würde, verteilt sich natürlich auf das Land selbst und auf die Gemeinden. Die Gemeinden werden mit mehr als 250 Millionen Euro an einer solchen Mindereinnahme beteiligt. Das sind die Vorschläge der CDU für die kommunalen Finanzen im Land.

Das ist aber jetzt nicht das Thema, sondern Thema ist der kommunale Finanzausgleich. Ich bin froh, dass sich die Landesregierung und die regierungstragende Fraktion frühzeitig auf den Finanzrahmen und die Struktur des kommunalen Finanzausgleichs für die Jahre 2009 und 2010 verständigt haben. Die Verständigung beruht vor allem darauf, dass der Stabilisierungsfonds weiter verbessert wird, und zwar systemgerecht.

Der Stabilisierungsfonds hat in den schwierigen Jahren 2003 bis 2007 für die Kommunen in Rheinland-Pfalz Mehreinnahmen von 684 Millionen Euro finanziert, die sonst nicht dagewesen wären.

Wir liegen auch völlig richtig, denn in der ersten Rückzahlungsphase, als die Steigerung des kommunalen Finanzausgleichs bei 1 % lag, sind die Gewerbesteuereinnahmen geradezu explodiert und haben sich netto in der Zwischenzeit mehr als verdoppelt.

Die jüngste Steuerschätzung sieht nicht mehr ganz so gut für die Kommunen aus. Die Steigerungsraten fallen deutlich niedriger aus. Von daher ist die vorgesehene systemgerechte Fortentwicklung des Stabilisierungsfonds auch angemessen.

Es geht darum, dass die Kommunen langfristig eine berechenbare, regelgebundene und konjunkturell symmetrische Grundlage haben. Deshalb war die Vorstellung der CDU, aber auch von Teilen der FDP und der kommunalen Familie, einfach die Tilgungen zu strecken, nicht systemgerecht. Wir haben bisher die Situation, dass im kommunalen Finanzausgleich im Stabilisierungsfonds die Regel gilt, wenn Schulden im Fonds sind, wächst die Masse insgesamt nur mit der Unterkante des Korridors, mindestens aber um 1 %. Wir haben gleichzeitig die Regel, dass dann, wenn im Fonds Vermögen vorhanden ist, die Masse dann mit der Oberkante des Korridors wächst.

Der gleitende Durchschnitt für 2009/2010 liegt bei 2,2 %. Das ist die Mitte des Korridors. Nach den bisherigen Regeln würden die Zuweisungen weiter um 1 % wachsen.

Wir ändern nunmehr die Regeln folgendermaßen, was zu einer noch größeren Verstätigung führt, dass es immer dann, wenn Schulden aufgebaut werden, bei der Untergrenze bleibt, und wir dann, wenn Schulden abgebaut werden, den zentralen Wert nehmen, d. h. 2,2 %. Wenn Vermögen aufgebaut wird, nehmen wir die Obergrenze. Wenn Vermögen bereits wieder abgebaut wird – auch das wird irgendwann in den nächsten fünf bis sechs Jahren wieder der Fall sein –, dann gilt wieder der zentrale Wert. Es ist also eine völlig symmetrische, konjunkturgerechte, sehr stabile Fortentwicklung der Finanzausgleichsmasse.

Diese Änderung führt dazu, dass die Steigerungsraten in den beiden nächsten Jahren nicht bei 1 %, sondern bei 2,2 % liegen. Das sind pro Jahr 20 Millionen Euro zusätzlicher Zuwachs, also 20 Millionen Euro in 2009, 40 Millionen Euro in 2010. Zusammen mit den 17 Millionen Euro, die sowieso an Zuwachs stattgefunden hätten, kommen wir dann zu entsprechenden Erhöhungen.

Hinzu kommt, dass die Finanzausgleichsumlage wegen der, so muss man es sagen, Explosion der Gewerbesteuer kräftig anwächst, weil die Gewerbesteuer dazu führt, dass die Finanzsituation zwischen den Kommunen ein Stück stärker auseinanderdriftet. Dies bedeutet, dass der Anteil der Kommunen, die über überdurchschnittliche Umlagegrundlagen verfügen, zugenommen hat, sodass auch die Finanzausgleichsumlage entsprechend ansteigt.

Dies ist Geld, das von überdurchschnittlich steuerstarken Gemeinden in die Finanzausgleichsmasse gegeben wird, um anschließend an steuerschwächere Gemeinden, Kreise und kreisfreie Städte verteilt zu werden. Diese Summe steigt von 39 Millionen Euro auf 54 Millionen Euro an. Beide Veränderungen zusammengenommen führen zu den starken Steigerungen des Finanzausgleichs in den nächsten beiden Jahren, nämlich um 52 Millionen Euro anstatt 17 Millionen Euro und im Jahr 2010 um 91 Millionen Euro anstatt 34 Millionen Euro.

Wen man die heutigen Zahlen unterstellt, nimmt die Finanzmasse im Jahr 2011 sogar um 179 Millionen Euro zu. In den nächsten Jahren, in denen schlechtere Steuereinnahmen prognostiziert werden, wird sich der Stabilisierungsfonds genauso entwickeln, wie er funktionieren soll, nämlich zum Ausgleich der jeweiligen steuerlichen Situation der Kommunen.

Herr Noss hat schon darauf hingewiesen, dass es eine Verstärkung für die Kreise durch Erhöhung der Kopfbeträge geben solle. Das gilt auch für die kreisfreien Städte. Das ist vernünftig, weil die dynamischen Mehrausgaben in den letzten Jahren vor allen Dingen in den Bereichen Eingliederungshilfe, Kosten der Unterkunft und Grundsicherung entstanden sind. Auch beim Ausbau der Kindertagesstätten ist die Kreisebene bzw. sind die kreisfreien Städte besonders betroffen.

Dabei sollen auch die Mittel für die Schülerbeförderung angehoben werden. Das ist in Anbetracht der Schulreform notwendig. Die allgemeinen Straßenzuweisungen werden nach oben gehen; dennoch wird sich das Verhältnis Zweckzuweisungen zu allgemeinen Zuweisungen zugunsten der allgemeinen Zuweisungen in den nächsten Jahren ein Stück verbessern. Das ist aus der Sicht der freien Verfügbarkeit der Mittel für die Kommunen sinnvoll.

Insgesamt ist es eine Verbesserung des Stabilisierungsfonds. Es ist keine Wende um 180 Grad, sondern im Gegenteil eine langfristige und systemgerechte Fortentwicklung, die aus konjunktureller Sicht eine nochmalige Verbesserung dieses an sich sehr guten Ansatzes des Stabilisierungsfonds bedeutet. Die Kommunen werden in den nächsten Jahren dieses Instrument noch mehr zu schätzen wissen, als das in der Vergangenheit schon der Fall war.

Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD – Ministerpräsident Beck: Sehr gut!)

Gibt es weitere Wortmeldungen? – Herr Abgeordneter Harald Schweitzer hat das Wort.

(Zuruf von der CDU)

Abg. Schweitzer, Harald, SPD:

Es freut mich, dass Sie das freut.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Natürlich haben die Kommunen zu wenig Geld, und zwar nicht nur in Rheinland-Pfalz, sondern in ganz Deutschland. Natürlich hat auch das Land RheinlandPfalz zu wenig Geld. Das verengt die Verteilungsspielräume. Es ist natürlich totaler Quatsch, wenn die CDU versucht, dem Land zu unterstellen, es sei an einer kommunalen Finanzmisere schuld. Entschuldigen Sie bitte, aber das geht an der Wirklichkeit völlig vorbei.