In den Landkreisordnungen wurden ebenfalls die entsprechenden Bestimmungen geändert. Ich glaube, wir haben mit dieser Änderung die Basis für ein erhebliches Mehr an Beteiligungsmöglichkeiten im politischen Raum für Menschen mit Migrationshintergrund geschaffen, auf der sich die weitere Arbeit aufbauen lässt.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Herren und Damen! Die Landesregierung begrüßt den Gesetzentwurf der SPD-Fraktion, weil er die politische Partizipation der Migranten und Migrantinnen und deren Integration in die Kommunen erheblich verbessern wird. Es ist schon darauf hingewiesen worden, es steht zwar in der Regierungserklärung, aber es ist auch ein wesentlicher Punkt im Integrationskonzept, dass die Ausländerbeiräte endlich reformiert werden. Insofern denke ich, heute ist mit der Einbringung dieses Gesetzentwurfs der erste wichtige Schritt getan.
Ich möchte meinen Blick noch einmal in die Vergangenheit richten. 1993 haben die Fraktionen, die auch heute noch im Landtag vertreten sind, seinerzeit die Ausländerbeiräte beschlossen und in die Kommunalverfassung aufgenommen. Damals war dies ein großer Schritt: Eigentlich wollte man damit gemeinsam erreichen, dass die Ausländerbeiräte vor Ort tatsächlich Brücken bauen zwischen der ausländischen Bevölkerung und der einheimischen Bevölkerung. Ich glaube, wir können heute gemeinsam feststellen, dass dies im Großen und Ganzen auch gelungen ist und die vielen Mitglieder in den Ausländerbeiräten sehr gute Arbeit geleistet haben und wir es tatsächlich geschafft haben, dass dadurch das Verständnis vor Ort füreinander gewachsen ist. Heute ist eine gute Gelegenheit, sich einmal im Namen aller herz
lich bei denjenigen Mitgliedern der Ausländerbeiräte zu bedanken, die über all diese Jahre hinweg geackert und gearbeitet haben. Bedanken möchte ich mich in diesem Zusammenhang auch bei der Dachorganisation AGARP.
15 Jahre später hat sich einiges verändert. Man kann sagen, es ist schön, dass die Integrationspolitik heute anders verstanden wird als früher. Alle Parteien, aber auch alle staatlichen Ebenen – die Kommunen, das Land und der Bund – empfinden Integrationspolitik als einen ganz wesentlichen Bestandteil der Politik sowie auch als eine wesentliche politische und gesellschaftliche Aufgabe, um die Zukunft zu gestalten. Immer mehr setzt sich die Erkenntnis durch, dass Integration im Interesse aller Menschen liegt und sie – wie man früher einmal glaubte – nicht nur den ausländischen Mitbürgern zugute kommt. Es ist tatsächlich unsere gemeinsame Aufgabe.
Des Weiteren ist eine neue Generation von Migrantinnen und Migranten unter uns. Die meisten von ihnen sind häufig sehr gut integriert und haben ihren Anspruch verändert. Sie wollen nicht nur eine Interessenvertretung, sondern sie wollen im Gemeinwesen aktiv beteiligt sein und es mitgestalten. Auch dies ist eine Einladung an uns, diese Herausforderung auch anzunehmen.
Dementsprechend gab es all die Überlegungen, die hier schon genannt worden sind: Im Jahr 2003 gab es nämlich eine Studie zu dem Thema „Ausländerbeiräte in der Krise“, 2005 gab es den Bürgerkongress – der ist noch nicht erwähnt worden – „Zusammenleben gestalten, freiwilliges Engagement von zu- und eingewanderten Menschen“. In beiden ist damals schon die Änderung der Ausländerbeiräte gefordert worden. Ähnlich lautete auch die Empfehlung von RIFI. Im Sommer 2007 legte eine Arbeitsgruppe – sie ist zitiert worden – einstimmig beschlossene Leitlinien für eine Reform der Ausländerbeiräte vor. Der Landesbeirat für Migration und Integration hat diese Leitlinien befürwortet. Ich freue mich darüber, dass die SPD-Fraktion all diese Leitpunkte aufgegriffen hat und als Gesetzentwurf eingebracht hat. Ich glaube, es ist auch ein deutliches Zeichen dafür, wie sehr sich Landesregierung und Parlament gemeinsam der Aufgabe stellen, die Integration von Zuwanderern und Zuwanderinnen voranzubringen.
Ich möchte noch einmal einige Sätze zur Motivation und zum Anlass sagen – ich brauche die Probleme nicht mehr alle zu wiederholen, sie sind schon genannt worden –, warum sich das Gesicht der Ausländerbeiräte in den letzten Jahren verändert hat. Ein oder zwei Punkte sind mir noch wichtig zu nennen, weil sie nicht richtig zum Tragen kamen. Das eine ist das Thema „Einbürgerung“. Mit der verstärkten Einbürgerung sind sehr viele der ehemals Ausländer und Ausländerinnen in den Beiräten einfach abhanden gekommen. Sie waren starke Säulen dieser Beiräte und konnten nicht mehr Bestandteil der Ausländerbeiräte sein.
Der zweite Punkt, den ich auch erwähnenswert finde, ist, dass auch die Spätaussiedler und Spätaussiedlerinnen
nicht an der Partizipation über die Ausländerbeiräte teilnehmen konnten. Sie sind keine Ausländer. Sie sind Deutsche. Deshalb ist es wichtig, dass unsere Ausländerbeiräte zu Integrationsbeiräten werden; denn viele Aussiedler und Aussiedlerinnen kämpfen mit Integrationsproblemen, wie es auch Menschen mit Migrationshintergrund tun.
Vor diesem Hintergrund – ich sagte es bereits – ist es richtig, dass die Ausländerbeiräte zu Migrations- und Integrationsbeiräten werden. Dazu gehört zunächst, dass die Aufgaben der Beiräte über einzelne Belange ausländischer Einwohner hinaus auf sämtliche Angelegenheiten der Migration und Integration und damit auch auf alle Migrantinnen und Migranten erweitert werden.
Herr Dr. Schmitz, das dient auch dazu, dass sich diese Beiräte in Zukunft auch intensiv mit Fragen wie der Ausbildung beschäftigen können. Alles, was uns bedrückt, was im Integrationskonzept auch zum Ausdruck gekommen ist, kann in Zukunft auch Bestandteil der Arbeit vor Ort sein. Dem entspricht die personelle Erweiterung auch um die Spätaussiedler und Spätaussiedlerinnen. Ich glaube, dass das einfach nur sehr konsequent ist. Wir wollen als Landesregierung auch erreichen – das kann man allerdings im Gesetz nicht regeln –, dass sich noch mehr Frauen an den neuen Beiräten beteiligen. Wir haben gar nicht einen so schlechten Frauenanteil, immerhin 32 %. In Nordrhein-Westfalen sind es nur 25 %. Dennoch glaube ich, dass wir intensiv dafür werben sollten – dazu sind wir auch im Gespräch mit der AGARP und anderen –, dass wir wieder eine große Kommunikationskampagne für die nächsten Beiratswahlen machen, dass sich mehr Frauen beteiligen; denn sie können sehr viel zur Integration vor Ort beitragen.
Natürlich können die Beiräte auch in Zukunft „nur“ konsultative und beratende Funktionen übernehmen. Alles andere verwehrt sozusagen die Verfassung, aber ich glaube, dass dieses Beiratsmodell durchaus auch das kooperative Miteinander fördert, und durch die Möglichkeit, dass auch Stadträte und Stadträtinnen mit aufgenommen werden können, kann man möglicherweise auch ganz gut diesen Link herstellen, dass die Arbeit, die dort im Beirat gemacht wird, auch unmittelbar in kommunale Politik umgesetzt wird. Da haben wir uns auch ein bisschen an Modellen orientiert, wie sie teilweise in unserem Land schon praktiziert werden.
Eines kann ich mir nicht verkneifen zu sagen, natürlich sind wir bei dem Modell der direkt gewählten Beiräte geblieben, aber schlicht und ergreifend aus dem Grund heraus, dass viele unserer Ausländer und Ausländerinnen kein kommunales Wahlrecht haben. Das ist auch gesagt worden. Liebe Frau Kohnle-Gros, dass sich aber zwischen den Jahren 1997 und 2007, in denen wir jeweils Bundesratsinitiativen gestartet haben, um das kommunale Wahlrecht durchzusetzen, nichts getan hat, lag weder an der FDP noch an der SPD. Es lag schlicht und ergreifend daran, dass man eine Verfassungsänderung auf Bundesebene braucht. Dazu gehört bekanntermaßen eine Zweidrittelmehrheit des Bundestags und des Bundesrats. Ich erinnere mich auch nicht an Zeiten, wo etwa Rot-Grün eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag gehabt hätte. Es war schlicht und ergreifend aus
2007, als wir von Rheinland-Pfalz aus diese neue Initiative gestartet haben, hat auch die Staatsministerin im Bundeskanzleramt, Frau Böhmer, noch einmal ausdrücklich betont, dass sie gegen die Einführung eines kommunalen Wahlrechts ist. Das sind die Tatsachen. Deshalb ist es wichtig, dass unsere zukünftigen Beiräte auch wiedergewählt werden. Die Hürde von 10 % ist weggenommen worden. Ich brauche diese Details jetzt nicht mehr zu erklären, Herr Noss hat das meines Erachtens alles sehr umfangreich dargestellt.
Zum Abschluss möchte ich noch sagen, ich freue mich auf die Debatte. Ich glaube, wir haben diesen Gesetzentwurf gemeinsam wirklich sehr gut vorbereitet, indem er schon in vielen Gremien mit den Migrantinnen und Migranten und auch mit vielen kommunalen Vertretern besprochen worden ist. Trotzdem denke ich, es wird noch einmal interessant, miteinander zu diskutieren. Dann hoffen wir, dass wir gemeinsam zur neuen Wahl – wir sind rechtzeitig in der Zeit –, wenn die Ausländerbeiratswahl 2009 eigentlich anstehen würde, tatsächlich die Chance haben, dann endlich Beiräte für Migration und Integration zu wählen.
Frau Präsidentin! Ich melde mich nur, weil ein Punkt bei allen Rednern vergessen worden ist. Das fällt mir jetzt auch selbst erst ein. Frau Dreyer, es geht nämlich um die Frage, dass diejenigen, die nicht einen Migrationshintergrund haben, sich in Wählerlisten eintragen müssen. Das heißt, es wird auf die Kommunen ein neues Verfahren zukommen. Das heißt, jemand, der nicht per se als Ausländer aufgrund seiner Staatsangehörigkeit gekennzeichnet ist, muss sich, bevor er zur Wahl für diesen Beirat für Migration und Integration gehen will, in Wählerlisten eintragen lassen.
Ich denke, das macht auch noch einmal sinnhaft, warum wir das auch noch einmal in der Anhörung besprechen sollten, weil das ein paar Dinge sind, die man sich jetzt noch nicht richtig vorstellen kann, wie das abläuft. Da braucht man noch ein paar Experten, die man dazu anhören kann. Das wollte ich einfach der Vollständigkeit halber noch einmal sagen.
Es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Es wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf an den Innenausschuss – federführend –, an den Sozialpolitischen Ausschuss und an den Rechtsausschuss zu überweisen. – Ich sehe keinen Widerspruch. Somit ist dem Überweisungsvorschlag zugestimmt.
Landesgesetz zur Einführung des Rechts auf Informationszugang Gesetzentwurf der Fraktion der SPD – Drucksache 15/2085 – Erste Beratung
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mit dem Entwurf zum Informationsfreiheitsgesetz wollen wir den Bürgerinnen und Bürgern einen allgemeinen Anspruch auf Informationszugang zu Verwaltungsinformationen bei den Behörden des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie den sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts ermöglichen. Damit machen wir einen weiteren wichtigen Schritt hin zu einer offenen und modernen Verwaltung und stärken die Rechte der Bürgerinnen und Bürger. Wer wie wir den mündigen Bürger will, der muss auch dafür sorgen, dass sich der Bürger informieren kann. Wir wollen einen weiteren Schritt weg vom früher so bekannten Obrigkeitsstaat. Das staatliche Handeln der Landes- und Kommunalbehörden wird mit unserem Gesetzentwurf transparenter gemacht; denn Transparenz und Informationsfreiheit sind wesentliche Voraussetzungen der freiheitlichen Demokratie.
Mit zunehmender Informiertheit der Bürgerinnen und Bürger wächst die Freiheit zur Mitverantwortung, zur Kritik und zur effektiven Wahrnehmung von Bürgerrechten. Die Transparenz von politischen und behördlichen Entscheidungen erhöht darüber hinaus deren Nachvollziehbarkeit und deren Akzeptanz. Regelungen zum Informationszugang sind deshalb in der heutigen Informationsgesellschaft unverzichtbar. Wir wollen, wie dies bereits in anderen Ländern und auch im Bund geschieht, dem Informationsrecht einen rechtlichen Rahmen geben. Wir können auf die Erfahrung der anderen Länder zurückgreifen. Für große Befürchtungen – das haben die Diskussionen bei der Vorbereitung des Gesetzentwurfs gegeben – besteht kein Anlass.
Lassen Sie mich nach diesen mehr allgemeinen Ausführungen einige Sätze zum Gesetz selbst sagen. Es geht um amtliche Informationen, d. h. Transparenz und Kontrolle staatlichen Handelns. Das Ziel ist die Förderung der demokratischen Meinungs- und Willensbildung in der
Gesellschaft. Dies war im Übrigen auch Teil des ersten Bürgerkongresses. Erfasst werden alle Behörden, auch juristische Personen, soweit diese der Aufsicht des Landes unterstehen. Das gilt auch für diejenigen, derer sich der Staat zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben bedient, d. h. also der Kammern. Wir wollen ausdrücklich keine Sonderregelung für die Kammern, wie sie von denen bereits vorweg reklamiert worden sind.
Das Einsichtnahmerecht ist beim Landtag, beim Rechnungshof und bei den Gerichtsbehörden auf die reinen Verwaltungsaufgaben beschränkt. Ich glaube, das ist nachvollziehbar. Keine Einschränkung gibt es dagegen – auch das war in der Diskussion bei der Vorbereitung – bei oberen und obersten Landesbehörden.
Beschränkt ist das Einsichtnahmerecht auf amtliche Informationen. Das heißt, Notizen und Entwürfe gehören ausdrücklich nicht dazu.
Anspruch hat jede natürliche und juristische Person, d. h. auch Vereine, soweit sie rechtsfähig sind.
Wir haben uns bemüht, das Antragsverfahren sehr einfach zu gestalten. Es kann mündlich, schriftlich, zur Niederschrift oder elektronisch erfolgen. Das ist wirklich ein sehr einfaches Verfahren. Es muss lediglich erkennbar sein, was gewollt ist. Eine Begründung ist ausdrücklich grundsätzlich nicht erforderlich. Das gilt dann nicht, wenn Belange Dritter tangiert sind. Ich komme gleich noch darauf zurück.
Die Information selbst kann durch Auskunftserteilung, Akteneinsicht oder in sonstiger Weise erfolgen. Es gibt keine Prüfung der Richtigkeit amtlicher Informationen durch die auskunftserteilende Einrichtung. Der Bürger kann also nicht sagen, es stand in den Akten, damit war es richtig. Es geht nur um die Information selbst.
Die Auskunftserteilung hat unverzüglich zu erfolgen. Um das zeitlich einzugrenzen, haben wir hier die Monatsfrist zugrunde gelegt. Wenn es sich um sehr komplexe Verfahren handelt, ist eine Fristverlängerung möglich.
Sind die Belange Dritter tangiert, ist diesen Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme zu geben, falls schutzwürdige Interessen am Ausschluss des Einsichtsrechts vorhanden sind.
Die Ablehnung eines Antrages hat grundsätzlich schriftlich zu erfolgen. Wenn sie mündlich gestellt ist, ist nur dann eine schriftliche Ablehnung nötig, wenn dies gewünscht wird. Mit der Ablehnung erfolgt eine Rechtsmittelbelehrung und der Hinweis auf das Verwaltungsverfahren, also Widerspruch und Klageverfahren.
Wir haben über die Frage diskutiert, wie es teilweise in anderen Ländern ist, ob wir einen Informationsfreiheitsbeauftragten einsetzen sollen. Wir wollen ausdrücklich diesen Weg nicht gehen, da wir einen Bürgerbeauftragten haben, was die anderen Länder nicht kennen. Wenn der Datenschutzbeauftragte gleichzeitig der Informationsfreiheitsbeauftragte sein sollte, dann sind wir der Auffassung, dass er in einen Interessenkonflikt geraten könnte, weil er die Daten Dritter schützen soll und gleichzeitig dem, der bei ihm einen Antrag auf Unterstüt
zung bei dem Informationsfreiheitsgesetz stellt, helfen soll, dass ihm die Daten Dritter bekannt werden. Ich denke, wir wollen unseren Datenschutzbeauftragten nicht in diese schwierige Situation bringen.