Protocol of the Session on February 27, 2008

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Ah, Fakten!)

Sie hat die Auswertung der Halbjahreszeugnisse des doppelten G8/G9-Jahrgangs im Saarland vorgelegt, und dabei wurden die Unterschiede zwischen den Ergebnissen der G8-Schüler und der G9-Schüler analysiert. Man kam zu der Erkenntnis, dass im Durchschnitt über alle Fächer und Kurse hinweg der Unterschied weniger als einen halben Punkt im 15-Noten-System beträgt, das heißt also, weniger als eine sechstel Note.

(Zuruf des Abg. Nink, SPD)

Noch verwunderlicher ist, in keinem Fach wird eine durchgängige Benachteiligung der G8-Schüler gegenüber den G9-Schülern nachgewiesen. Damit wurde deutlich, dass die vorherigen Befürchtungen eines massiven Einbruchs der G8-Schüler ganz offensichtlich nicht eingetroffen sind. Meine Damen und Herren, dies sind Fakten.

(Beifall der CDU – Zuruf des Abg. Nink, SPD)

Ich komme nun zu den Meinungen, wegen denen Sie diesen Punkt beantragt haben. Ich sage Ihnen ganz klar:

1. Die Meinungen und Probleme in den anderen Bundesländern waren der hiesigen Landesregierung auch schon vorher bekannt. Wir hatten dies nämlich im Gesetzgebungsverfahren am 26. September angesprochen.

(Zurufe von der SPD)

2. Aus Fehlern sollte man lernen. Ich hatte in eben dieser Plenarsitzung gesagt, dass man in Rheinland-Pfalz zu Recht die Erwartung hat, dass diese Probleme mit berücksichtigt werden. Dabei hätte man vielleicht auch einmal die Überlegungen der anderen Parteien mit einbeziehen können.

(Beifall der CDU – Zuruf der Abg. Frau Brede-Hoffmann, SPD)

Deswegen werde ich nun die Gelegenheit nutzen, um aufzuzeigen, wo Fehler und Versäumnisse liegen. Was waren seinerzeit nämlich unsere Kritikpunkte?

Wir haben seitens der CDU von Anfang an Wert darauf gelegt, dass eine Überforderung der Schülerinnen und Schüler durch einen permanenten Leistungsdruck im 8jährigen Gymnasium vermieden wird. Dazu gibt es verschiedene Wege; denn die Einsparung eines halben Schuljahrs kann man relativ einfach ermöglichen, wenn man sich vielleicht auch einmal ein wenig an die Vorschläge anderer hält.

(Zuruf der Abg. Frau Schmitt, SPD)

Den haben Sie auch schon vorher zur Kenntnis genommen, Frau Schmitt.

Unser Vorschlag lautete, dass man dieses halbe Jahr über fünf Jahre hätte einsparen können und nicht über drei Jahre, wie es in Ihrem Konzept vorgesehen ist. Es ist doch ein Wahnsinn, den Stoff in drei Jahren in die Schülerinnen und Schüler hineinzupressen.

(Zuruf von der SPD: Sie wollen keine Durchlässig- keit! Sagen Sie es doch ehrlich!)

Es muss auch jedem klar sein, dass Ihnen beim Ganztagsunterricht einfach nicht mehr genügend Zeit für ein pädagogisch richtiges Rhythmisieren bleibt, wenn Sie den Stoff so zusammenpressen.

(Beifall der CDU)

Ich weiß auch genau, dass als nächstes Ihr Argument der Durchlässigkeit angeführt wird. Ich sage Ihnen ganz deutlich, die Glaubwürdigkeit in diesem Punkt haben Sie für mich spätestens seit dem Moment verloren, in dem Sie beantragt haben, dass ab der Klasse 6 bereits die zweite Fremdsprache eingeführt werden soll; denn dies bedeutet nichts anderes, als dass die Schülerinnen und Schüler, die sich nach der Klasse 6 nicht dafür entscheiden, eine zweite Fremdsprache zu wählen, einen erheb

lichen Nachteil haben, wenn sie sich später dafür entscheiden, ins Gymnasium zu wechseln.

(Beifall der CDU)

Der nächste Ansatzpunkt von uns wäre eine Entrümpelung der Stundenpläne gewesen. Ich erinnere in diesem Zusammenhang auch an die Anhörung im Bildungsausschuss, in dem Herr Prof. Dr. Dutke ausführte: „Eine Verkürzung von Schulzeit erfordert zwingend die Verkürzung von Unterrichtsstoff.“ Auch hierzu habe ich im Konzept der Landesregierung keinen Ansatz gefunden.

(Beifall der CDU)

Ich möchte noch ein Wort zum Thema „Ganztagsschule“ sagen. Wir haben immer gesagt, wo Ganztagsschule draufsteht, muss auch Ganztagsschule drin sein. Dies ist mehr als Halbtagsschule plus die Erledigung von Hausaufgaben in der Schule. Es ist doch ganz klar, dass eine ausgewogene Rhythmisierung von Lernzeiten, von Vertiefungszeiten und auch von Erholungsphasen über einen Zeitraum von fünf Jahren hinweg und nach einer Entrümpelung der Stoffpläne eher möglich gewesen wäre als in einem Zeitraum von drei Jahren bei gleicher Stofffülle. Wir halten es für wichtig, dass das Konzept so ausgearbeitet wird, dass der Schulalltag der Kinder um 16:00 Uhr vorbei ist. Dies bedeutet, dass dann auch die Hausaufgaben erledigt sind.

(Glocke des Präsidenten)

Ich komme zum Schluss.

Die Erfahrungen der anderen Länder mit G8 lagen und liegen zur Genüge vor. Die berechtigte Erwartungshaltung aller, und zwar der Eltern wie auch der Schüler, war, dass sich die Landesregierung diese Erfahrungen zunutze macht, daraus lernt und ein richtiges Konzept ausarbeitet, in dem vielleicht auch die Vorschläge anderer Fraktionen berücksichtigt worden wären.

(Glocke des Präsidenten)

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Das Wort hat nun Frau Kollegin Morsblech.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist zunächst einmal recht interessant, zu welchem Zeitpunkt sich die regierungstragende SPDFraktion nun erneut mit dem Thema „G8-Gymnasium“ beschäftigen will. Natürlich ist es im Rahmen einer Aktuellen Stunde möglich, auch die aktuelle Berichterstattung aufzugreifen, die sich bundesweit in der Tat sehr intensiv mit den Gymnasien in den Bundesländern beschäftigt, die das G8-System bereits eingeführt und erprobt haben.

Seltsam finde ich an Ihrem Titel jedoch auch den Bezug auf Rheinland-Pfalz; denn in diesem Land können wir meines Wissens aktuell auf keinerlei Erfahrungen an den wenigen künftigen G8-Gymnasien zurückgreifen,

(Beifall der FDP)

sondern lediglich erneut Ihr Konzept theoretisch diskutieren, weil natürlich noch kein einziges Gymnasium im Rahmen Ihres vorsichtigen Schulversuchs bisher seinen Betrieb als G8-Gymnasium aufgenommen hat. Die Aktuelle Stunde ist also für mich nur insofern aktuell, als sie den Sozialdemokraten die Möglichkeit verschafft, sich an den Problemen in einigen CDU-geführten Bundesländern zu weiden und vielleicht noch ein wenig Häme über die Berichterstattung zu gießen.

(Keller, CDU: So ist es!)

Viele der Probleme, die man momentan der bundesweiten Berichterstattung entnehmen kann, haben sich bereits abgezeichnet, als wir im Sommer 2006 die verschiedenen Konzepte der Fraktionen im Landtag diskutiert haben. Bereits zum damaligen Zeitpunkt konnte ich für meine Fraktion deutlich machen, dass die FDP eine Reform des Gymnasiums nicht als solche versteht, wenn dieselben Lehrpläne verbunden mit derselben Stofffülle und die von der KMK vorgeschriebenen 265 Jahreswochenstunden einfach von einem 9-jährigen Rahmen in einen 8-jährigen Rahmen zusammengestaucht werden.

(Beifall der FDP – Frau Brede-Hoffmann, SPD: Doch, natürlich wollten Sie das! Genau so wollten Sie es!)

Einer solchen Reform hätte zwingend eine Diskussion darüber vorangehen müssen, was heutzutage Studierfähigkeit vor dem Hintergrund der Globalisierung, der fortschreitenden Technisierung der Informationsgesellschaft und vor allen Dingen der Wandlung von Studien- und Arbeitsbedingungen für die Anforderungen an das Gymnasium bedeutet. Dies ist meiner Ansicht nach der Kern der Dinge. Die Frage, was und wie künftig im gymnasialen Bildungsgang gelernt werden soll, wäre eigentlich der erste notwendige Schritt der Reform gewesen. Dieser ist aber auch in Rheinland-Pfalz nicht von der SPD-Alleinregierung angegangen worden.

(Beifall der FDP)

Sie haben diese Aufgabe ebenso wenig mit Ihrem G8Ganztagsgymnasium gelöst wie alle anderen Bundesländer. Auch Sie haben keine inhaltliche Reform des Gymnasiums auf den Weg gebracht, sondern den gesamten Lernstoffumfang einfach noch durch Förderstunden ergänzt und wollen nun schrittweise die Gymnasien in die Ganztagsform überführen.

Damit haben Sie natürlich den Vorteil, dass Sie den Unmut der Eltern nicht so sehr auf sich ziehen, weil viele Dinge schon in der Schule erledigt werden können.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: In der Tat!)

Wenn das allerdings das SPD-Zukunftsmodell für eine flächendeckende oder eine schrittweise Ausdehnung

sein soll, ist es meiner Fraktion an der Stelle noch einmal wichtig zu betonen, dass die meisten jungen Menschen heute auch noch ein aktives Leben außerhalb der Schule führen.

(Zurufe von der SPD: Oh je!)

Sie treiben Sport, sie musizieren, sie engagieren sich in Jugendverbänden. Diese für sie wichtigen und auch selbst gewählten Lernorte wollen wir ihnen nicht grundsätzlich nehmen.

Meine Damen und Herren, die nationalen Bildungsstandards bieten nach wie vor eine gute Grundlage dafür, wesentliche Unterrichtsinhalte und Kernkompetenzen in den Mittelpunkt zu stellen, Vorgaben für unsere Gymnasien hierauf zu konzentrieren und damit auch die Chance auf pädagogische Freiräume und eine wirkliche Reform des Gymnasiums und eine Reduzierung der Stofffülle zu eröffnen.

Gleichzeitig müssen Bildungsstandards dazu genutzt werden, durch Vergleichsarbeiten und eine zentrale Abschlussprüfung mehr Leistungstransparenz für erheblich selbstständigere Gymnasien zu schaffen. Die FDPLandtagsfraktion ist nach wie vor der Überzeugung, dass das G8-Gymnasium dann gelingen kann, wenn man tatsächlich auch den ersten Schritt vor dem zweiten tut, sich zunächst einmal mit den Inhalten der Reform beschäftigt und nicht erst nach der Einführung einmal darüber diskutiert, ob eine kürzere Schulzeit bis zum Abitur vielleicht nur dann gelingen kann, wenn man sich auch mit dem Umfang und der Qualität des Lernstoffs beschäftigt.

In einem „SPIEGEL“-Artikel vom 18. Februar namens „Früher fertig“ bringen die Schulforscher Wilfried Bos und Horst Weishaupt meiner Ansicht nach das Kernproblem aus der Sicht der Schülerinnen und Schüler ganz gut auf den Punkt. Ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten: „Beansprucht fühlen sich Schüler vor allem dann, wenn sie sich einem hohen Leistungsdruck ausgesetzt sehen und an der Relevanz der schulischen Lerninhalte zweifeln.“

(Glocke des Präsidenten)