Protocol of the Session on January 24, 2008

(Beifall der SPD)

Das beginnt mit dem Erfordernis einer gewaltfreien Erziehung in den Familien und geht über in eine schulische Erziehung unserer Kinder zu mündigen und verantwortungsbewussten Bürgerinnen und Bürgern. Hier helfen die im Rahmen des rheinland-pfälzischen „Integrationsprojekts gegen Gewalt in engen sozialen Beziehungen“ ergriffenen Maßnahmen. Dies gilt auch für die Aufklärung und Sensibilisierung junger Menschen in den Schulen.

Forderungen nach einer Verschärfung des Jugendstrafrechts sind demgegenüber alles andere als hilfreich.

(Beifall der SPD)

So ist etwa die Erwartung, die Anhebung der Strafobergrenze entfalte eine stärker abschreckende Wirkung, schlicht trügerisch. Ein Straftäter, der trotz drohender zehnjähriger Strafe zur Tat entschlossen ist, wird sich auch von einer fünf Jahre höheren Strafgrenze nicht abschrecken lassen.

Meine Damen und Herren, auch die Forderung nach der regelmäßigen Anwendung des Erwachsenenstrafrechts auf Heranwachsende ist Augenwischerei. Die gerichtliche Praxis in Rheinland-Pfalz geht mit den derzeitig gegebenen Möglichkeiten verantwortungsvoll und sorgfältig um.

(Beifall der SPD)

Das belegt unsere Verurteilungsstatistik, die ich heute Morgen dargelegt habe.

Die ebenfalls schon alte Forderung nach einem sogenannten Warnschussarrest verkennt, dass einem Verurteilten auch durch empfindliche Bewährungsauflagen nachdrücklicher und längerfristiger als durch einen Arrest vor Augen geführt werden kann, dass er für das begangene Unrecht einzustehen hat.

Das gilt umso mehr, als schon jetzt die Möglichkeit besteht, einen Nichtbefolgungsarrest gegen ihn zu verhängen, wenn er gegen die Bewährungsauflagen verstößt.

Meine Damen und Herren, gerade zu populistisch scheint mir der Ruf nach Erziehungslagern. Ich denke, hier reichen die Möglichkeiten unseres modernen Jugendstrafvollzugsgesetzes aus. Die Absenkung der Strafmündigkeit auf zwölf Jahre oder zehn Jahre führt zu einer Stigmatisierung und Kriminalisierung von Kindern, wo Erziehung und Prävention notwendig sind.

(Beifall der SPD – Harald Schweitzer, SPD: Sehr gut!)

Meine Damen und Herren, wichtiger als neue oder schärfere Sanktionen ist die effiziente und effektive Ausschöpfung des vorhandenen Instrumentariums. Ich finde, hier ist die Landesregierung auf einem guten Weg. Die Richterinnen und Richter, die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte leisten in Rheinland-Pfalz eine gute Arbeit. Sie arbeiten auch in Jugendstrafverfahren sorgfältig und zügig.

(Beifall bei der SPD)

Uns geht es darum, durch eine Weiterentwicklung der Konzeption der „Häuser des Jugendrechts“ zu einer weiteren Beschleunigung und intensiveren Befassung mit der Delinquenz Jugendlicher zu kommen. Wir wollen die Möglichkeiten des Arrestvollzugs erweitern und haben den Vollzug einer Jugendstrafe aus einem modernen und erziehungsorientierten Gesetz heraus.

Meine Damen und Herren, damit gehen wir einen guten Weg. Wir haben viel erreicht. Wir werden diesen Weg konsequent weitergehen.

Vielen Dank. (Beifall der SPD)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Wilke.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Glaube an das Gute im Menschen kann manchmal Berge versetzen, bei jugendlichen Straftätern allerdings nur in sehr überschaubaren Grenzen. Wenn ich vor meinem geistigen Auge nachvollziehe, was heute Morgen von Ihnen, Herr Hartloff, und gerade von Ihnen, Herr Minister Bamberger, gesprochen wurde, dann muss ich Ihnen leider doch eine gewisse mangelnde Realitätswahrnehmung attestieren.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Fakt ist, dass Sie, Herr Hartloff, zu Recht darauf hingewiesen haben, dass Jugendkriminalität durch nichts zu entschuldigen ist und mit aller Härte des Gesetzes dagegen vorgegangen werden muss. Nur: Mit welchen Sanktionen kann man darauf im Einzelnen reagieren? Hier sehe ich nach wie vor das, was die SPD auf Bundesebene auszeichnet, nämlich Einäugigkeit, wohin man blickt.

(Pörksen, SPD: Immer noch besser als blind!)

Es ist ganz klar – hier sind wir auch mit Ihnen einer Meinung –, dass wir mit Bildung, Ausbildung, Sprachförderung und den „Häusern des Jugendrechts“ versuchen, Prävention zu betreiben und erfolgreich Jugendliche, die drohen, straffällig zu werden, von ihrem Weg abzubringen.

Das allein genügt nicht. Das zeigen uns die zunehmenden Fälle von Intensivtätern. Wenn zum Beispiel die Täter nach dem Vorfall in der Münchner U-Bahn sagen, das haben wir aus Hass gegenüber Deutschen heraus gemacht, wissen wir, woran wir sind, und dass wir mit Bildung und Ausbildung kaum dagegen ankommen werden. (Beifall bei der CDU)

Herr Minister, Sie hatten heute Morgen die Vorschläge angesprochen – Sie haben sie jetzt alle noch einmal aufgezählt –, die die CDU-geführten Länder im Bundesrat eingebracht haben. Das haben sie in der letzten Periode gemacht. Sie wurden aber von Rot-Grün blockiert. Sie haben es diese Periode im Bundesrat wieder gemacht. Dieses Mal ist es nur noch die Bundesjustizministerin, die blockiert.

(Pörksen, SPD: Was hat denn die Kanzlerin dazu gesagt?)

Danke, dass Sie mir das Stichwort geben. Das wäre auch mein nächstes Thema gewesen. Frau Merkel bin ich sehr dankbar dafür, dass sie sich klar positioniert und gesagt hat, dass diese gesetzlichen Vorschläge umgesetzt werden müssen, um mit dem Intensivtäterproblem fertig zu werden.

Herr Ministerpräsident, zu dem, was von Ihren Vorschlägen zu halten ist und was die SPD auf Bundesebene vorgeschlagen hat, hat Herr Kollege Baldauf schon das Notwendige gesagt.

(Glocke des Präsidenten)

Ich sage Ihnen: Öffnen Sie bitte auch das zweite Auge. Sorgen Sie dafür, dass Bundesministerin Zypries nicht länger die vernünftigen Dinge blockiert; denn wir wissen aus der Werbung: Mit dem zweiten Auge sieht man besser.

(Beifall der CDU)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Hartloff das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Dr. Wilke, das, was ich vorhin gesagt habe, was die Unterstellungen anbelangt, haben Sie eben perfide betrieben. Das war nichts anderes.

(Beifall der SPD)

Wir mögen über die Sinnhaftigkeit härterer Strafen und anderes streiten. Wir werden das nachher bei den Vorschlägen auch tun. Sie können aber nicht der SPD vorwerfen, dass sie die Kriminalität nicht bekämpfen würde, weil sie andere Ansichten hat, die im Übrigen von allen Experten gestützt sind. Diese Fehde stehen wir durch.

Wenn Sie aufgrund des Handelns der Jugendlichen oder jungen Erwachsenen, die sagen, sie hätten wegen ihres Hasses auf Deutschland so gehandelt, die Ausländerdebatte nach dem Motto führen, wir lösen die Probleme durch Abschiebung – Sie haben das nicht gesagt, aber ich weiß, dass es in der Diskussion vorkommt –, erwecken Sie den Eindruck, dass durch eine Abschiebung in Europa – das fordern Sie – Probleme, die wir in Deutschland haben, gelöst werden können. Damit streuen Sie den Menschen Sand in die Augen. Das ist vielleicht die Politik der CDU, aber nicht unsere.

(Beifall der SPD – Zuruf der Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU)

Herr Baldauf, ich komme auf Ihre Ausführungen zurück. Sie haben Kurt Beck unterstellt, er habe verkürzt gesagt, dass für Täter in nur einem Monat die Strafe erfolgen soll.

Es war ein SPD-Präsidiumsbeschluss. Dieser besagt, dass Strafvollzug schneller vollzogen werden müsse, und dies insbesondere bei Intensivtätern. Eine Strafe solle, nachdem sie ausgesprochen werde, in einem Monat angetreten werden.

(Dr. Wilke, CDU: Nein! Nein! – Ministerpräsident Beck: Aber sicher!)

Ich habe die Aussagen schriftlich vorliegen.

Es soll auch schneller angeklagt werden, wenn ermittelt worden ist. Das steht auch drin. Ich kann es Ihnen gern geben.

(Glocke des Präsidenten)

Das ist das, was Kurt Beck aufgrund des Präsidiumsbeschlusses gesagt hat. Wir wollen die Geschichte nicht klittern, so wie Sie es gern hätten.

Das Ziel, dass eine schnelle Ahndung auf eine Tat folgen muss, weil dies bei Jugendlichen besser wirkt, ist unstrittig, glaube ich.

(Baldauf, CDU: Das bestreitet doch auch niemand!)

Es stellt praktische Politik dar, wenn man das verbessert.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD)