Protocol of the Session on January 24, 2008

Meine Damen und Herren, wir haben ausweislich unseres Verfassungsschutzberichts 2006 rund 700 Linksextreme in unserem Land. Die Zahl ist in den vergangenen Jahren in etwa immer gleich geblieben. Entscheidender ist für mich die Zahl der „gewaltbereiten“ Linksextremisten. Diese wird mit rund 100 angegeben. Die Zahl entspricht – man staune – den Gewaltbereiten bei den Rechtsextremisten. Das sind auch rund 100. Wenn ich die beiden Zahlen miteinander vergleiche, besteht kein

Grund, über die Linksextremen weniger zu reden als über die Rechtsextremen.

Meine Damen und Herren, diese Zahl von 100 Gewaltbereiten bei den Linksextremen ist für mich die entscheidende Zahl, weil weniger die Zahl der begangenen Straftaten entscheidend ist, weil die von Jahr zu Jahr schwanken kann, da diese ereignisabhängig ist. Wir haben das 2005 bei den Ereignissen in Worms erlebt. Wir können als weiteres Beispiel Heiligendamm anführen. Diese Zahlen schwanken, aber die Gewaltbereitschaft in den jeweiligen Gruppen ist das, was uns veranlassen sollte, das Augenmerk darauf zu richten.

Bei den Linksextremen – anarchistisch ausgerichtete Autonome, revolutionär marxistische Szene – wollen alle das herrschende System überwinden. Das hat der Kollege Pörksen eben auch festgestellt. Obwohl er den Punkt jetzt nicht für diskussionswürdig hielt, hat er doch eine Reihe von vernünftigen Argumenten und Punkten angeführt, die es in diesem Zusammenhang zu erwähnen gilt. (Vereinzelt Beifall bei der CDU – Pörksen, SPD: Danke schön! Das ist ein giftiges Lob!)

Warum soll ich das verschweigen, wenn Sie einmal etwas Vernünftiges sagen, Herr Kollege? Ich denke, da herrscht doch Konsens unter uns.

Die Anwendung von Gewalt auch gegen Personen zur Durchsetzung ihrer Ziele wird von diesen linksextremistischen Gruppen als legitim angesehen. Das muss uns aufhorchen lassen. Das ist das Problem. Selbst wenn wir über Gruppen reden wie beispielsweise Antiatombewegung, glaube ich, sind sehr viele – das hat auch die Diskussion heute Morgen gezeigt – anständige Demokraten an diesem Punkt unterschiedlicher Auffassung. Frau Ypsilanti und Herr Clement seien expressis verbis noch einmal genannt.

Aber vertun wir uns in einem Punkt nicht. Genauso wie bei der Antiatombewegung, bei der Antifaschismus-, Antirassismus- oder Antiglobalisierungsbewegung geht es um die militanten Mitglieder in diesen Bewegungen, denen jedes Mittel recht ist, ihre Ziele durchzusetzen. Ich habe es eben gesagt, zur Durchsetzung der Ziele wird auch Gewalt gegen Sachen und Personen als legitim angesehen.

Da sind die Deutsche Kommunistische Partei, die Marxistisch-Leninistische Partei, die Linkspartei, die in diesem Zusammenhang zu erwähnen sind. Deshalb ist es richtig und gut, dass unser Verfassungsschutz auch die fusionierte LINKE beobachtet.

Herr Pörksen, Sie haben eben gesagt – und auch Herr Kollege Auler hat es gesagt –, bei der WASG hat man nicht diesen extremistischen linken Hintergrund vermutet, aber bei der PDS sehr wohl, die aus der SED entstanden ist und die auch bei der fusionierten LINKEN ihre maßgeblichen Wesensmerkmale der extremistischen PDS in die Programme hineingebracht hat: Festhalten an Zielen der Systemüberwindung – das sollte uns aufhorchen lassen –, Kontakte zu Kommunisten – das sollte uns aufhorchen lassen.

Meine Damen und Herren, es genügt eben nicht, dass dem Verfassungsschutz diese Dinge bekannt sind und sie unter Fachleuten völlig unstrittig sind. Deshalb müssen wir auch diese Erkenntnisse in der politischen Diskussion rüberbringen. Wir müssen öffentlich über diese Fragen diskutieren. Dann passieren auch nicht Dinge, dass man, weil es unterschiedliche Auffassungen in der Energiepolitik gibt, in der Antiatombewegung die Militanten dort mit dem Deckmantel der vernünftigen Diskussion zudeckt.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Präsident, ich komme gleich zum Schluss mit dem Hinweis, dass ich den Rest in der zweiten Runde bringe.

(Beifall der CDU)

Herr Kollege Auler hat das Wort.

(Pörksen, SPD: Es geht nach Gewicht!)

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Pörksen, Ihre Frage eben, warum die FDP dieses Thema gewählt hat, lässt sich einfach durch Ihre Ausführungen beantworten. Ich freue mich sehr darüber, dass wir hier im Parlament auch durch die Ausführungen des Kollegen der CDU eine Meinung zu diesem Thema vertreten. Das ist mir auch ein Lob an die Landesregierung wert, dass auch die Landesregierung, die vorgesetzt ist, mit Ministerpräsident Beck an der Spitze Extremismus – egal in welcher Richtung – bekämpft. Dafür meinen herzlichen Dank!

(Beifall der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Ausgangspunkt unserer Betrachtung war die Beobachtung der Partei DIE LINKE durch den Verfassungsschutz in Rheinland-Pfalz. Werfen wir einen Blick in den Bund und andere Bundesländer, wie es dort mit der Beobachtung dieser Partei aussieht. Die Linkspartei wird beobachtet in den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Niedersachsen und bezüglich des Marxistischen Forums in Sachsen.

Wie bereits erwähnt, wurde die Beobachtung im Saarland mit Wirkung vom 1. Januar 2008 eingestellt. Besonders bemerkenswert ist die Situation in Berlin, wo die Partei DIE LINKE im Bundestag sitzt, gleichzeitig vom Bundesverfassungsschutz beobachtet wird und zudem in der Kommission zur Geheimdienstkontrolle vertreten ist. Bundesinnenminister Schäuble sieht derzeit keinen Anlass, von der Beobachtung der Linkspartei abzuweichen, berichtet „DER SPIEGEL“ am 21. Januar 2008. Innenpolitische Vertreter der SPD-Bundestagsfraktion sehen dagegen keinen Anlass zur Beobachtung. End

gültige Klarheit wird die erwartete Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bringen. Der Bericht des „SPIEGEL“ ist nach meinem Eindruck in seiner tendenziellen Annäherung an eine Einstellung der Beobachtung im Bund zumindest gewagt und daher nicht unproblematisch. (Glocke des Präsidenten)

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der FDP)

Das Wort hat Herr Kollege Pörksen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das hatte ich vom Kollegen Schneiders auch erwartet, dass er ein bisschen andeutet, die sind doch eigentlich auf dem linken Auge etwas blind. Ich denke aber, meine Ausführungen am Anfang haben klar und deutlich gezeigt, wo wir in dieser Frage stehen. Ich glaube, es ist richtig, was der Kollege Auler sagt, dass wir hier alle auf der gleichen Seite stehen. Wir sitzen auch zusammen in der Kommission, und da gibt es auch diese Differenzen in keiner Weise.

(Beifall bei SPD und FDP)

Was die Frage des Redens über bestimmte Probleme angeht, wir können nicht abstreiten, dass uns die Rechten hier im Land und auch im Bund mehr Probleme machen als die Linken. Nehmen Sie den Bericht des Bundes. Der schreibt über 100 Seiten über Rechts und 50 Seiten über Links, davon acht Seiten über DIE LINKE. Das ist nicht ohne gewisse Besonderheit, dass der Bund es so macht. Wir sind sehr gespannt, was der Bund nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts Köln machen wird. Geht er in die Berufung, oder geht er nicht in die Berufung?

Es droht eine Reihe weiterer Klagen in dem Bereich oder sind vielleicht schon anhängig. Was wird der Bund dort machen? Wir werden das sehr genau beobachten; denn ich denke schon, dass wir gemeinsam in dieser Richtung voranschreiten müssen, dass nicht nachher ein Flickenteppich in dieser Frage entsteht.

Es ist richtig, was die beiden Vorredner gesagt haben, dass durch den Zusammenschluss die Linksextremisten nicht verschwunden sind. Sie hängen nur unter einem neuen Mantel. Dieser Mantel führt nicht dazu, dass ihr Gedankengut gewandelt ist. Von daher ist es vernünftig, sie zu beobachten und festzustellen, ob dort diese Vorstellung mit der Beseitigung dieses Systems weiter vorhanden ist.

Es kann durchaus möglich sein, dass die Schwäche der Linksextremisten sich einmal verändert. Woher wissen wir das? – Durch irgendwelche Vorkommnisse. Deswegen ist es wichtig, das Frühwarnsystem zu haben, um rechtzeitig reagieren zu können.

Abschließend, der Staat muss die Möglichkeit der freien und öffentlichen Meinungsäußerung und -bildung gewährleisten. Das muss er. Aber gleichzeitig muss er dafür sorgen, dass gewaltbereite Gruppierungen und Personen beobachtet werden, damit er rechtzeitig handeln kann.

In diesem Sinne vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD und der FDP – Creutzmann, FDP: Sehr gut!)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Schneiders das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Pörksen, natürlich ist es richtig, dass uns im Moment die Rechtsextremisten in unseren Überlegungen, Beobachtungen und den Kontrollmechanismus Verfassungsschutz mehr beschäftigt haben. Er ist eine temporäre Geschichte, wie ich meine. Ich habe eben gesagt, dass die Gewaltbereiten in beiden Gruppierungen etwa gleich groß sind. Die latente Gefahr durch die Linken bedarf der weiteren Beobachtung. Wir müssen sehr aufmerksam sein. Die Diskussion wird uns durch die Urteile aufgezwungen.

Ich glaube, dass wir noch ein Stück weiter gehen müssen, um deutlich zu machen, dass wir nicht das eine oder andere, was unsere Gesellschaft heute so als schick oder sozialen Zug empfindet, falsch bewerten. Ich will in dem Zusammenhang in dieser Debatte ausdrücklich noch die Rote Hilfe erwähnen, die seit den 70erJahren Terroristen der RAF und Straftäter anderer militanter Organisationen materiell und ideell unterstützt und sich noch heute mit ihnen solidarisiert, mit der Roten Armee Fraktion, der ETA, den Terroristen Hogefeld, Haule und Christian Klar.

Ich denke, hier ist Vorsicht geboten. Es ist für meine Begriffe eine Perversität, von der Unterstützung politisch Verfolgter zu reden, damit die inhaftierten RAF-Mörder zu meinen und diese lediglich als politisch Verfolgte zu bezeichnen.

(Beifall der CDU)

Die Zielsetzung dieser Gruppe ist in ihren Programmen nachzulesen. Es ist über das Internet ohne Weiteres zu recherchieren. Die Bundesrepublik Deutschland ist ein nationalstaatlich fixiertes bürgerlich-kapitalistisches Herrschaftssystem, das von unterschiedlichen Unterdrückungsmechanismen strukturiert und geprägt wird.

Meine Damen und Herren, eine solche Gruppierung gehört ebenfalls in diese Liste der linksextremistischen Gruppierungen, und sie wird folglich auch zu Recht vom Verfassungsschutz des Bundes beobachtet.

(Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, es darf in dem Zusammenhang nicht passieren, dass demokratische Gruppierungen unserer demokratischen Parteien, auch wenn es Jugendorganisationen sind, sich mit der Roten Hilfe solidarisieren und Parteivorsitzende von „etwas skandalisiert“ sprechen, wenn Mitgliedschaften bei diesen Gruppen der Roten Hilfe angeprangert werden, Herr Kollege Ministerpräsident Beck.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Innenminister Bruch das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir sind uns einig – bisher jedenfalls in diesem Hause; denn diese Debatte hat es gezeigt –, dass weder linke noch rechte extremistische Bewegungen toleriert werden. Wir haben einen aufmerksamen Verfassungsschutz, der in beide Richtungen aufgestellt ist, wie man so schön neudeutsch sagt, und sich in beide Richtungen bewegt.

Was mich im Grunde genommen stört, ist, dass man nach dem Motto bewertet, machen wir mehr links, mehr rechts oder zählen wir die Seiten im Verfassungsschutzbericht. Sind das 50 Seiten für links oder 70 Seiten für rechts. Eins ist klar, linke wie rechte Extremisten, die gegen diesen Staat sind, sind Gegner von uns und müssen beobachtet werden.

(Beifall im Hause – Creutzmann, FDP: So ist es!)

Wir können sie nicht tolerieren. Das ist die Aussage. Von daher hat die Frage, ob 40 Seiten oder so viele Seiten nichts damit zu tun, wie dieser Staat agiert. RheinlandPfalz agiert in dieser Sache klar und deutlich.

Wir haben – es haben viele wiederholt – etwa 100 Autonome. Unser Problem ist im Grunde genommen, dass sie immer wieder dann auftreten, wenn auch die Rechten auftreten und sich mittlerweile beide gleichermaßen kleiden. Der schwarze Block, zu dem man früher klar sagen konnte, aha, die sind von Koblenz, Speyer oder irgendwo her, und man wusste, dass sie aus der Region sind, das sind jetzt auf einmal auch welche von den Rechten.