Protocol of the Session on December 14, 2007

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das relativiert nicht das, was in Ihren Anträgen steht und was Sie für die Gesellschaft und für den Staat reklamieren. Sie sehen es mir aber nach, dass ich für die Freien Demokraten auch auf

die individuelle Verantwortung in diesem Alterssegment hinweise.

Manchmal hat man das Gefühl, alle Probleme dieser Welt vom Kind bis zur Pflege, von Problemen rechts bis zu den Problemen links, sind gesamtgesellschaftliche Probleme, und das Individuum ist nur noch ein eigentümliches Konstrukt, über das schicksalhaft die Schwierigkeiten hineinströmen und das aus seiner eigenen Kraft heraus dazu gar nichts beitragen kann.

(Hartloff, SPD: Sie haben seltsame Gefühle, Herr Kollege!)

Meine Damen und Herren, ich darf noch eine kleine kritische Anmerkung zum Antrag der SPD machen. Herr Hartloff, dies nicht wegen Ihres Zwischenrufs, die wäre auch sonst gekommen. Sie beschreiben die Altersgruppe der über 60-Jährigen und weisen gerade in Ihrem ersten Passus darauf hin, dass das Handlungspotenzial für diese Schicht erkannt, anerkannt und verstärkt wahrgenommen werden muss. Sie gehen aber mit keinem Wort darauf ein, dass gerade für 60-Jährigen an sich ganz prioritär der reguläre Arbeitsmarkt die Basis ist, auf der der Alltag stattfindet. Das ist eine ganz, ganz kleine Schieflage, die uns nicht davon abhalten wird, Ihrem Antrag zuzustimmen. Ich weise aber auf diesen Punkt hin.

Recht haben Sie – das unterstreiche ich ebenso ausdrücklich –, wenn Sie auf Probleme des Genders auch im Alter zu sprechen kommen. Herr Kollege Dröscher, das ist in der Wahrnehmung für Männer und Frauen unterschiedlich. Ich nenne ein Beispiel: Probleme beim Bewegungsapparat, Osteoporoseprobleme, sind vorwiegend Probleme des weiblichen Teils der Bevölkerung im Alter. Deshalb muss man differenziert mit diesen Fragen umgehen. Das geschieht im Grundtenor sowohl bei der SPD als auch bei der CDU. Meine Damen und Herren, deshalb werden wir beiden Anträgen zustimmen.

Ich hoffe für alle Alten für die Zukunft, dass das, was früher mit Alter wahrgenommen und verbunden wurde – Alter gleich Weisheit und Lebenserfahrung, Alter gleich glücklicher letzter Lebensabschnitt, abgesehen von vielen Krankheiten, die wir heute überwunden haben –, auch in Zukunft wieder Platz greifen wird und nicht nur die Probleme in den Mittelpunkt gestellt werden.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Frau Staatsministerin Dreyer hat das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrter Herr Kuhn, ich freue mich, dass wir dieses Thema heute so umfassend debattieren. Ich freue mich auch über die Grundaussagen, die getrof

fen worden sind. Renate Schmidt hat einmal den Begriff der Gesellschaft des langen Lebens geprägt. Das ist ein Begriff, den wir jetzt eigentlich alle im Mund führen. Das ist ein sehr schöner Begriff, der ursprünglich aus China stammt. Was will er ausdrücken? Er will ausdrücken, dass wir nicht in einer alternden Gesellschaft leben, die immer defizitbehaftet ist, sondern wir uns freuen sollten, genauso wie Herr Dr. Schmitz das zuvor gesagt hat, und es eigentlich ein Geschenk ist, dass wir so lange leben dürfen, und die meisten, die so lange leben, auch sehr gesund leben und sie außerordentlich aktiv sind.

Herr Abgeordneter Dr. Schmitz, deshalb meine ich auch, dass wir einen großen Konsens darin haben, dass es um die Aktivität der Seniorinnen und Senioren und darum geht, sie darin zu unterstützen, dass sie sich entfalten können, sie partizipieren können und sie das, was sie in ihr Leben einbringen wollen, auch tatsächlich tun können. Ich meine, es ist eine schöne Aufgabe, diese Rahmenbedingungen zu sichern. Alles andere können die Seniorinnen und Senioren aber nach meiner Meinung selbst.

Im Übrigen ist es heute manchmal schon etwas schwierig – Herr Abgeordneter Dröscher hat das auch schon erwähnt – für mich als Sozialministerin, zu Menschen, die 60 Jahre und älter sind, Senioren zu sagen; denn sie fühlen sich mit 60 Jahren selbstverständlich kein bisschen als Senior oder Seniorin. Irgendwann muss man sich wohl auch einmal über Begriffe unterhalten; denn die meisten 60-Jährigen – für die Zukunft gilt das erst recht – werden noch im Arbeitsleben stehen. Es ist schon eine etwas merkwürdige Formulierung, wenn die Damen und Herren arbeiten, aber zugleich als Senioren bezeichnet werden.

Die Männer kennen aber das Problem. Beim Fußball ist man meines Wissens schon mit 35 Jahren Senior. Das hat über Jahre und Jahrzehnte schon Bestand.

(Kuhn, FDP: Der Begriff „Alterspräsident“ muss auch verschwinden! – Hartloff, SPD: Nur der Begriff!)

Genau, der Alterspräsident.

Ich möchte mich kurz fassen, da alles Wesentliche bereits gesagt wurde. Ich meine, dass es wichtig ist, am Bild des Alters weiterzuarbeiten. Die Öffentlichkeit hat inzwischen schon eine kleine Wende vollzogen. Wir reden nicht mehr über Defizite, den Schreck der Demografie, sondern viele haben längst erkannt, dass das eine positive Chance für diese Gesellschaft ist und wir auch die Kenntnisse, die Fähigkeiten und die Erfahrungen der älteren Menschen sehr, sehr gerne in unserer Gesellschaft nutzen und – das ist ein schreckliches Wort – einbringen wollen. Wir wollen sie nicht vergessen, sondern sie eher aktivieren und ein gutes Miteinander mit ihnen gestalten.

Ich möchte noch ganz kurz auf drei Punkte eingehen. Der eine Punkt ist das Thema „Alt und Jung“. Das ist mir ein ganz besonderes Anliegen, wenn man über Demografie und Alter spricht. Wir werden in unserer Gesellschaft etwas aus der Balance geraten, weil es in der Zukunft sehr viel mehr ältere als junge Menschen geben

wird. Ich meine, es ist eine der ganz großen Herausforderungen für uns alle, diese Balance zu gestalten, damit die jungen Menschen nicht das Gefühl haben, dass sie in der Gesellschaft eigentlich nichts mehr zu melden haben, weil die Dominanz der älteren Generation so groß ist. Das scheint mir wirklich ein wichtiger Punkt zu sein.

Wenn wir unsere Lebensweisen gestalten, sollten wir den Aspekt von mehreren Generationen im Auge haben. Wenn wir über Wohnformen sprechen, dürfen wir nicht nur über die Wohnform für ältere Menschen sprechen, sondern wir müssen für intergenerative Wohnformen werben, in denen Junge und Alte in mehreren Generationen zusammenleben.

(Beifall bei der FDP)

Es ist ein wichtiger Wert für die Zukunft, dass wir die familiären, aber auch die nachbarschaftlichen Netzwerke aufbauen; denn Junge können Alten sehr viel geben, und Alte können den Jungen sehr viel geben. Wir leben von diesem Austausch in unserer Gesellschaft. Wenn wir wollen, dass die Gemeinschaft auch in Zukunft funktioniert, dürfen wir das nicht außer Acht lassen, sondern müssen eher immer wieder darauf hinwirken, weil heutzutage der Kontakt zwischen den Älteren und den Jüngeren oft nicht mehr so beiläufig geschieht, wie das in der Vergangenheit der Fall war. Dies ist auf die ganz unterschiedlichen Lebensweisen zurückzuführen.

Als zweiter Punkt ist mir das Thema „Prävention und Rehabilitation“ wichtig. Dieses Thema ist auch schon angesprochen werden. Vor zehn Jahren hat man vielleicht noch das Gefühl gehabt, dass dann, wenn jemand älter ist, man gar nicht mehr an Prävention oder Rehabilitation denken muss. Das Gegenteil ist der Fall. Wir wissen inzwischen alle, dass man auch im Alter sehr, sehr viel für die eigene Gesundheit tun kann.

Es kann schon beobachtet werden, dass es ein neues gesellschaftliches Leitbild gibt, nämlich das gesunde Älterwerden, dass viele älter werdende Menschen sich fit halten, sie Sport treiben, Bewegung haben, an die Luft gehen und nicht nur reisen, sondern etwas für das körperliche Wohlbefinden tun, indem sie beispielsweise beim Essen darauf achten, was sie zu sich nehmen, sie nicht rauchen und sie den Wein in Maßen zu sich nehmen. Das sind alles Dinge, die gut sind fürs Leben und die wichtig sind, um lange gesund zu bleiben.

Dasselbe gilt für die Rehabilitation. Es darf nicht sein, dass dann, wenn ein älterer Mensch sich die Hüfte gebrochen hat oder Ähnliches, man gar nicht mehr an Rehabilitation denkt. Nein, es muss darum gehen, das möglichst schnell wieder hinzubekommen und die Menschen fit zu machen, damit sie auch mit 70, 80 oder 90 das Leben gut bewerkstelligen können.

Als dritter Punkt liegt mir das Wohnen ganz besonders am Herzen. Dieser Punkt ist von der CDU bereits angesprochen worden. Die Dörfer werden sich entwickeln. Ich bin froh, dass im LEP IV über den Herrn Kollegen Bruch dieses Thema aufgegriffen worden ist. Wir müssen natürlich etwas tun, damit die Ortskerne gestärkt werden, die Lebensperspektiven auf dem Land in der

Zukunft positive Lebensperspektiven sind. Das bedeutet, wir müssen auch sehen, wie wir Infrastrukturen erhalten. Dies muss auch über neue Ideen geschehen.

Es gibt inzwischen in vielen Dörfern Dorfläden. Ich werbe an dieser Stelle noch einmal dafür. Meistens sind es sogar Integrationsprojekte. Sie erfüllen damit mehrere Aspekte. Zum einen, dass behinderte Menschen Beschäftigung finden und umgekehrt nicht mehr ganz so mobile Menschen immerhin so etwas wie eine Grundversorgung zu Hause auch im ländlichen Bereich erfahren.

Die Redezeit für dieses sehr umfassende Thema ist nur sehr kurz. Die Landesregierung fühlt sich schon lange verpflichtet, dieses Thema aktiv und positiv zu betreiben. Wir werden das auch in Zukunft tun. Ich persönlich meine, dass es ein außerordentlich vergnügliches Thema ist, weil es so viele aktive ältere Menschen in unserer Gesellschaft – auch unter den Herren und Damen Abgeordneten – gibt. Ich bedanke mich für diese Kooperation. Ich gehe davon aus, dass es noch viele Themen geben wird, die wir gemeinsam gestalten können.

(Beifall der SPD und der FDP)

Den Fraktionen steht noch eine Redezeit von jeweils 90 Sekunden zur Verfügung. – Da es keine weiteren Wortmeldungen gibt, kommen wir zur Abstimmung. Wird Ausschussüberweisung beantragt? – Das ist der Fall. Wer der Ausschussüberweisung zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen! – Damit sind der Antrag der Fraktion der SPD „Altern als Chance begriffen – Potenziale des demografischen Wandels nutzen – die Politik für eine Gesellschaft des längeren Lebens gestalten“ – Drucksache 15/1722 – und der Entschließungsantrag der Fraktion der CDU „Zukunftsperspektiven für ältere Menschen“ – Drucksache 15/1704 – an den Sozialpolitischen Ausschuss überwiesen.

Ich rufe Punkt 27 der Tagesordnung auf:

Ausstiegsberatung für Prostituierte in Rheinland-Pfalz Antrag der Fraktionen der SPD, CDU und FDP – Drucksache 15/1723 –

dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gleichstellung und Frauenförderung – Drucksache 15/1737 –

Zur Berichterstattung erteile ich Herrn Abgeordneten David Langner das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Antrag – Drucksache 15/1723 – ist in der Sitzung des Ausschusses für Gleichstellung und Frauenförderung am 6. Dezember dieses Jahres an die Stelle des Antrags der Fraktion der SPD und des Ent

schließungsantrags der Fraktion der CDU getreten. Beide Fraktionen haben ihre jeweiligen Anträge zurückgezogen.

Der Ausschuss hat einstimmig beschlossen, dem Landtag die Annahme des vorliegenden Antrags der Fraktionen der SPD, CDU und FDP zu empfehlen.

(Beifall der SPD)

Danke, Herr Kollege Langner.

Für die SPD-Fraktion erteile ich Frau Abgeordneter Sahler-Fesel das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Kurz vor dem Ende der Plenarsitzung erbitte ich noch einmal Ihre Aufmerksamkeit für ein wichtiges Thema. „Der Weg in die Prostitution kann viele Ursachen haben“, so lautet der erste Satz des gemeinsamen Antrags der Fraktionen der SPD, CDU und FDP.

Ich möchte mich an dieser Stelle ausdrücklich bei den Kolleginnen und Kollegen der Fraktionen der CDU und FDP für diesen einmütigen Antrag und die zielgerichteten konstruktiven Beratungen bedanken, die wir im Ausschuss und zwischen den Ausschüssen geführt haben.

(Beifall der SPD – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Wenn auch der Weg in die Prostitution viele Ursachen haben kann, so ist der Ausstieg für die meisten Betroffenen mit großen Schwierigkeiten verbunden. Oft fehlt die Aussicht auf eine lebenswertere und finanzierbare Zukunft. Man muss sich vor Augen halten, dass in dem Moment viele Betroffene – hierbei handelt es sich überwiegend um Frauen – allein dastehen, ihren bisherigen Freundeskreis aufgeben und von daher ganz besonders auf Unterstützung angewiesen sind.

Hier gilt es anzusetzen und mittels einer Ausstiegsberatung für Prostituierte den Betroffenen realistische Möglichkeiten für eine andere Lebensgestaltung aufzuzeigen und auch dem Abgleiten in Abhängigkeiten entgegenzuwirken. Ich möchte an dieser Stelle nur darauf hinweisen, dass mithilfe von SOLWODI e. V. in den Jahren 2002 bis 2006 allein 78 Frauen in Rheinland-Pfalz den Ausstieg aus der Zwangsprostitution geschafft haben. Insofern sollte es möglich sein, mit gezielter Beratung auch anderen Frauen zu helfen.

(Beifall der SPD)

Der Blick über die Landesgrenze hinweg zeigt nur wenige Beispiele einer gezielten Ausstiegsberatung, die überwiegend im Bereich der Selbsthilfe angesiedelt sind. Herausragendes Beispiel war das Modellprojekt „ProFri

dA“ der Diakonie Westfalen, welches speziell die Integration von Frauen aus der Prostitution heraus in das Arbeitsleben mit großem Erfolg unterstützt.