Protocol of the Session on December 12, 2007

Die Landesregierung sieht eine große Verantwortung. Wir wollen die Liberalisierung des Postmonopols, und wir wollen diese Liberalisierung sozial absichern. Deswegen sind wir fest davon überzeugt, dass der Mindestlohn der Post unbedingt erforderlich ist.

(Billen, CDU: In der Höhe?)

Lieber Herr Billen, die Höhe legen nicht wir fest. Ich glaubte auch, dass wir uns an dieser Stelle einig sind. Wir überlassen es den Tarifpartnern festzulegen, was ein angemessener Mindestlohn ist.

Ich möchte jetzt nicht das Argument hören, dass die Post nicht der richtige Partner ist. Bei der Post ist die große Mehrzahl der Beschäftigten im Bereich der Briefverteilung tätig. Deswegen ist sie ein Partner.

Bei den ersten Gesprächen zwischen Post und ver.di waren auch andere Partner eingeladen. Wenn uns ein Ergebnis zwischen Tarifpartnern nicht gefällt – also uns gefällt es, aber Ihnen nicht –, kann es nicht das Problem der Politik sein, dass wir es sozusagen staatlicherseits manipulieren oder verändern. Das geht keinesfalls.

(Beifall der SPD – Zuruf des Abg. Billen, CDU)

Ich habe den Zeitungsartikel leider nicht dabei. Unsere Bundeskanzlerin hat vor kurzem bei den Arbeitgebern gesprochen. Sie hat die Tarifautonomie und den inzwischen in der Koalition vereinbarten Post-Mindestlohn hochgehalten. Sie hat noch einmal deutlich darauf hingewiesen, dass es die Angelegenheit der Tarifpartner und nicht der Politik ist, diesen Mindestlohn festzulegen.

Wir reden immer nur vom gesetzlichen Mindestlohn. Wir reden übrigens auch nicht von 9,80 Euro, wenn wir von Branchen reden, in denen es aller Voraussicht nach nie zu einem Mindestlohn kommen wird, weil in diesem Bereich die Organisation nicht vorhanden ist. Das gilt nicht für Bereiche, in denen Tarifpartner vorhanden und in der Lage sind, selbstständig miteinander zu verhandeln und zu einem guten Ergebnis zu kommen.

Ich darf mitteilen, dass der federführende Ausschuss des Deutschen Bundestages heute mit überwältigender Mehrheit den Post-Mindestlohn beschlossen hat. Wir dürfen alle davon ausgehen, dass am Freitag ebenfalls mit großer Mehrheit der Post-Mindestlohn im Deutschen Bundestag verabschiedet wird und wir rechtzeitig vor Inkrafttreten der Liberalisierung des Postmarktes diesen Mindestlohn in Deutschland haben werden.

Es gibt zwei Gründe, warum es für Rheinland-Pfalz herausragend ist, diesen Mindestlohn zu haben. Es sind einmal die verlässlichen, vertraulichen und flächendeckenden Briefdienstleistungen in unserem Flächenland. Wir sind anders als beispielsweise Stadtstaaten sehr

darauf angewiesen, dass Menschen im ländlichen Raum Briefe austragen, die Post verteilen und Briefkästen vorhanden sind. Das Thema „existenzsichernde Mindestlöhne“ ist auch für Rheinland-Pfalz ein ganz wesentlicher Faktor.

Mindestentgelte sichern damit ungefähr 9.400 Beschäftigten in Rheinland-Pfalz bei der Deutschen Post AG die Existenz. Das gilt auch bei der Liberalisierung. Die Beschäftigten der Wettbewerber kommen noch hinzu.

Herr Abgeordneter Eymael, wir wollen auch Wettbewerb, sonst wären wir nicht damit einverstanden, dass es zur Liberalisierung des Postmonopols kommt. Das ist nicht in einer Zeit beschlossen worden, in der die FDP regiert hat, sondern das war in Zeiten der Regierung von Sozialdemokraten. Damals war klar, die Liberalisierung des Postmonopols geht nicht ohne eine soziale Absicherung der betroffenen Menschen. Wir wollen Wettbewerb. Wir wollen den Wettbewerb nicht über den Preis. Wir wollen den Wettbewerb nicht ausschließlich über die Löhne, sondern über Qualität, innovative Produkte und Dienstleistungen.

Wenn man sich die Situation anschaut, dann sieht man, dass die Post ca. 20 % bis 30 % mehr bezahlt, als der jetzt festzulegende Mindestlohn beträgt. Darüber hinaus haben wir in Rheinland-Pfalz bei anderen Wettbewerbern 150 Vollzeitkräfte, 172 Teilzeitkräfte und rund 900 Beschäftigte mit Minijobs bei lizenzpflichtigen Briefdienstleistungen. An dieser Zahl hat sich nicht viel geändert. Wer die Struktur in Rheinland-Pfalz kennt, der weiß, dass es nicht die Situation ist, dass diese Briefdienstleister in Rheinland-Pfalz wirklich großartig gefährdet wären. Wenn wir heute öffentlich über diejenigen reden, die den Mindestlohn verteufeln, dann reden wir nicht über den kleinen Briefdienstleister. Wir reden über TNT und PIN.

(Ministerpräsident Beck: Ein holländischer Staatskonzern!)

Wir reden über die mächtigen Konzerne, hinter denen Millionen und Milliarden stehen. Das wissen Sie genauso gut wie ich. Das sind keine Start-up-Betriebe, die zum 1. Januar 2008 in diesem Bereich tätig werden. Es sind milliardenschwere Verlage und Unternehmen.

Sie haben bewusst ein Geschäftsmodell entwickelt, das auf Dumpinglöhnen basiert. Wir wissen inzwischen alle, dass ihr Geschäftsmodell von Anfang an eigentlich nicht tragen konnte.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben es gerade in der „FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND“ gelesen. Die Zeitung lesen Sie regelmäßig. Am 5. Dezember ist es berichtet worden. Die PIN Group versucht, den Mindestlohn als Vorwand dafür zu nehmen, dass sie den ohnehin geplanten Beschäftigungsabbau tätigen kann und dem Mindestlohn die Schuld in die Schuhe schiebt. Das ist nicht korrekt. Wir können das alle durchschauen. Ich kann nicht verstehen, warum Sie, da Sie auf Bundesebene mit in der Koalition sind, heute so argumentieren. Sie wissen, dass im Hintergrund milliardenschwere Verlage stehen, die

eigentlich versuchen, ihre gescheiterte eigene Geschäftsidee über den Mindestlohn zu rechtfertigen. Sie wollen damit den geplanten Beschäftigungsabbau rechtfertigen.

(Beifall bei der SPD – Ministerpräsident Beck: Oder ein holländischer Staatskonzern!)

Die Landesregierung geht davon aus, dass auch nach der verpflichtenden Anwendung eines Mindestentgelts auf alle Beschäftigte bei lizenzpflichtigen Briefdienstleistungen für private Dienstleister und Zeitungsverlage ausreichende Spielräume für konkurrenzfähige Angebote vorhanden sein werden, zumal die Post erheblich höhere Löhne und Entgelte bezahlt, wenn es um die Briefverteilung geht. Das habe ich schon dreimal gesagt. Die Leistungen von Kurierdiensten und die Zeitungs- und Zeitschriftenzustellung sind im Tarifvertrag ausgenommen.

Die Herren reden sowieso nur miteinander und hören überhaupt nicht mehr zu. Die Landesregierung unterstützt die Liberalisierung der Briefdienstleistung zum 1. Januar 2008. Ich habe es gesagt. Wir sind aber gegen eine Liberalisierung auf dem Rücken der Briefzusteller. Wenn wir Wettbewerb haben, brauchen wir klare Regelungen und Rahmenbedingungen. Wir brauchen vor allem faire Wettbewerbschancen, damit die Post und die vielen Beschäftigten der Post sich auf diesem Markt, der im Januar auf uns zukommt, behaupten können.

Herzlichen Dank.

(Beifall der SPD)

Vielen Dank, Frau Ministerin Dreyer. Ich darf Gäste im Landtag begrüßen, und zwar die Arbeitsgemeinschaft von Studentinnen und Studenten der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer von unserem früheren Landtagsdirektor, Herrn Professor Dr. Gebauer. Herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Weiterhin begrüße ich Teilnehmer des Kolloquiums von Frau Dr. Seckelmann von der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer, Bürgerinnen und Bürger aus der Verbandsgemeinde Flammersfeld, Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Senioren 60 Plus im Donnersbergkreis und Bürgerinnen aus MainzLerchenberg. Herzlich willkommen im Landtag in Mainz!

(Beifall im Hause)

Ich erteile Frau Kollegin Steinruck das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Bei der Einschätzung der Position der CDU ist es mir genauso gegangen wie der Ministerin. Ich nehme an, es liegt

daran, dass die CDU in vielen Themen so zerrissen ist, dass sie ihre eigene Linie nicht mehr kennt.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Bracht, CDU – Weitere Zurufe von der CDU)

Herr Abgeordneter Licht, ich habe tatsächlich die aktuelle Datenlage recherchiert. Das ist in meinen Augen gute Politik. Ich stehe dazu, dass ich gute Kontakte zu ver.di habe und mir dort neueste Informationen und Daten geben lasse.

(Beifall bei der SPD)

Es gibt Leute, die schreiben sonst irgendwo ab und stehen nicht dazu. Ich habe gestern mit den Kollegen telefoniert und mir die aktuellen Informationen geben lassen. Gute Kontakte zu den Gewerkschaften täte Ihnen des Öfteren auch einmal gut.

(Zurufe von der CDU)

Ich bin gespannt, wie es in den nächsten Tagen aussieht. Sie können dann Ihre treue Linie weiter unter Beweis stellen. Wir beobachten das.

(Hartloff, SPD: Schauen Sie einmal heraus – – –)

Wegen des Postmindestlohns wird kein einziger Brief weniger geschrieben. Warum sollten die Bürgerinnen und Bürger deswegen beim Briefschreiben Verzicht üben? Wir, die SPD, sind für Arbeitsplätze, aber nicht zu jedem Preis.

(Billen, CDU: Wir auch nicht!)

Wie angekündigt, sage ich noch ein paar Worte zur PIN Group. Die Ministerin hat schon einiges gesagt. Die PIN Group gehört mehrheitlich dem Springer Verlag. 2006 gab es einen Umsatz von ca. 170 Millionen Euro. Ziel für 2015 waren rund 2 Milliarden Euro. Kostenvorteile und Gewinne sind eingerechnet auf prekären Arbeitsverhältnissen und Einkommensverhältnissen, also auf dem Rücken der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und der Steuerzahler.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von der CDU)

Wenn für Freitag Insolvenz angekündigt ist, wie ich gehört habe, noch bevor der Post-Mindestlohn überhaupt in Kraft ist, dann bestätigt das meines Erachtens das Urteil des Ex-Springer Chefs Richter: Das sind Managementfehler, eine falsche Einschätzung des Marktes, und man hat sich einfach verspekuliert.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Eymael, die SPD sagt Wettbewerb ja, aber nicht zulasten der Beschäftigten und der Allgemeinheit.

(Beifall der SPD)

Herr Kollege Licht, Sie haben das Wort.

(Harald Schweitzer, SPD: Schwör ab!)

Frau Steinruck, mir ging es nur darum, dass Sie, wenn Sie sich hier vorn hinstellen, nicht nur auf einem Auge sehen, sondern ich hätte mir gewünscht, dass Sie auch beide Augen öffnen,

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)