Protocol of the Session on November 15, 2007

(Beifall der SPD)

Ich sage dies nicht zuletzt auch an die Adresse meines Kollegen Hans-Artur Bauckhage und meines Kollegen Hendrik Hering, aber auch an die Sozial- und Arbeitsministerin, Frau Kollegin Dreyer, und alle anderen, die auf ihre Art und Weise Organisationsformen gefunden haben, die beschäftigungsfördernd sind, und zwar von der Umweltpolitik über die Innenpolitik. Ich erinnere an unser Konversionskonzept bis hin zu vielen Impulsen, die aus der Bildungspolitik heraus in das Arbeitsmarktgeschehen hineinkommen.

Das hat dazu geführt, dass wir heute mit 5,8 % Arbeitslosigkeit im Schnitt eine Ziffer erreicht haben, die wahrscheinlich bei 3,6 % oder in dieser Größenordnung liegen würde, würden wir noch so zählen, wie wir vor der Zeit gezählt haben, als wir Sozialhilfe und Arbeitslosengeld II zusammengelegt haben. Genau kann man es nicht sagen, weil die heutige auf die damalige Situation nicht 1 : 1 übertragbar ist.

Wenn man eine Reihe von Regionen in Rheinland-Pfalz betrachtet, ist das de facto Vollbeschäftigung, zum Beispiel wenn ich an Mayen-Koblenz oder andere Teile des Landes Rheinland-Pfalz denke. Wir werden aber nicht übersehen, dass wir an einigen Stellen auch große Herausforderungen haben.

Ich sehe an der oberen Nahe, die vom Strukturwandel und der Konversionsherausforderung besonders betroffen ist, einen solchen Herausforderungsbereich in ganz besonderer Weise. Ich sehe ihn in der Stadt Kaiserslautern, Gott sei Dank aber nicht mehr in der Region, und besonders in der Stadt Pirmasens, nicht mehr aber in der Südwestpfalz, die mit 8 % ihre Arbeitslosigkeit fast halbiert hat. Vor zwei Jahren oder zweieinhalb Jahren waren es noch 15 %.

Wir werden uns auf diese Schwerpunkte in ganz besonderer Weise zu konzentrieren haben, und zwar ohne die Anstrengungen zurückzufahren und all das, was wir mit der Landespolitik verbessern können, weiter zu verbessern. Diese Schwerpunkte werden gebildet.

Es war deshalb kein Zufall, dass Frau Kollegin Dreyer und ich Mitte dieses Jahres in Pirmasens zusammen mit dem Oberbürgermeister und Repräsentanten der Wirtschaft und des Arbeitsmarktgeschehens eine Konferenz durchgeführt und uns für die besondere Förderung eingesetzt haben.

Für Pirmasens sehe ich in dem neuen Programm des Bundes eine besondere Chance, um die wir uns mit bemüht haben, nämlich den sogenannten KommunalKombi, wie das Programm verkürzt genannt wird. Das Programm kann in Gebieten mit durchschnittlich über 15 % Arbeitslosigkeit umgesetzt werden. Ich bin Frau

Dreyer sehr dankbar, dass sie sehr daran mitgewirkt hat, dass die Zahlen nicht wie ursprünglich bei 18 % festgelegt worden sind, sondern wir bewusst mitgeholfen haben, dass 15 % genannt werden, weil sonst Pirmasens nicht in die Förderung gekommen wäre. Ich glaube, wir müssen besonders im Auge behalten, welche Anstrengungen dort notwendig sind.

Meine Damen und Herren, ich will die Wirtschaftsdaten nicht wiederholen, die von den Kolleginnen und Kollegen der SPD-Landtagsfraktion genannt worden sind und die Frau Kollegin Dreyer genannt hat, jedoch zwei Punkte noch einmal in Ihre Erinnerung rufen. Wir haben in den letzten Jahren ein deutliches Plus der Einpendler nach Rheinland-Pfalz verzeichnet. Die Zahl der Einpendler steigt schneller als die der Auspendler. Die Schere geht zusammen.

(Zuruf des Abg. Bracht, CDU)

Lieber Herr Kollege Bracht, Sie können nur Freude am Schlechten empfinden, statt den Menschen Mut zu machen, dass wir auf einem guten Weg sind.

(Beifall der SPD)

Meine Damen und Herren, deshalb weiche ich überhaupt nicht von der Bewertung ab, dass es ein gutes Zeichen für die Lebens- und Wohnqualität in RheinlandPfalz ist, dass in den vergangenen Jahren viele junge Familien bewusst ihren Wohnsitz in Rheinland-Pfalz gewählt haben, und zwar sowohl aus Hessen als auch aus Nordrhein-Westfalen und insbesondere auch aus Baden-Württemberg, weil sie gute Wohnbedingungen und offensichtlich auch gute Bedingungen für ihre Kinder gefunden haben. Es ist doch nicht negativ, wenn sie ihren Arbeitsplatz in Karlsruhe oder Frankfurt beibehalten.

(Beifall der SPD)

Ich bitte darum, mit Entwicklungen schlüssig umzugehen. Wir werben in Teilen des Landes – insbesondere im Bereich Ahrweiler – mit dem Begriff der Gesundheitsregion. Es drückt die Statistik, die pro Kopf das Bruttosozialprodukt ausdrückt, dass meistens sehr gut gestellte und ältere Menschen zu uns kommen und sagen, hier möchte ich leben, weil ich mich gut versorgt weiß. Das ist doch eine positive Entwicklung. Wir werben doch dafür und waren uns bisher einig, dass das ein richtiger Ansatz ist.

Wie begrenzt aussagefähig eine solche Statistik ist, will ich an dem Beispiel der Kinderzahl von Familien nennen. Wir haben leider nur eine leicht überdurchschnittliche Kinderzahl pro Familie. Wenn wir diese steigern wollen, würde immer das Pro-Kopf-Einkommen der Bevölkerung sinken. Welche Aussagekraft steht hinter einer solchen Statistik? Sie ist überhaupt nichts wert, sondern eher kontraproduktiv.

Wichtig ist mir vielmehr, dass wir eine gesunde mittelständische Struktur haben, in der in den Unternehmen Stabilität vorhanden ist, weil sie Geld verdienen und damit Stabilität für die Arbeitsplätze entsteht, auch wenn in der Westpfalz, der Eifel, auf dem Hunsrück und im

Westerwald das Lohnniveau natürlich niedriger als in den Ballungsgebieten in Nordrhein-Westfalen, Hessen, Ludwigshafen oder im Raum Ludwigshafen/Mannheim ist. Natürlich ist das Lohnniveau dort höher.

Ist das nicht ein Zeichen dafür, dass wir die Chance genutzt haben, in diesen Regionen Beschäftigung zu haben, die meistens noch weit unter dem Landesdurchschnitt liegt, der seinerseits weit günstiger als der Bundesdurchschnitt ist? Was gibt es daran herumzumäkeln?

(Beifall der SPD und der FDP – Zuruf des Abg. Schreiner, CDU)

Wir können natürlich fordern, dass das Lohnniveau in der Eifel steigt. Gott sei Dank sind aber auch die Lebensbedingungen in der Eifel anders als in manchem Ballungsgebiet, weil sich die Menschen auch mit dem etwas niedrigeren Lohnniveau dort in der Regel Eigentum leisten können und ein anderes Auskommen haben.

Ich finde, wir sollten die Dinge nicht mit Statistiken schlechtreden, sondern fragen, was dahinter steckt und warum es so ist, dass Menschen gern in diesen Regionen leben, ja sich immer wieder junge Unternehmerinnen und Unternehmer, Existenzgründer finden, die heute sagen: „Wir gehen in solche Regionen, weil wir günstigere Bedingungen vorfinden: bei den Grundstücken, Gebäuden, allgemeinen Kosten und auch bei den Lohnkosten.

Auf der Grundlage einer immer besser ausgebauten klassischen Infrastruktur und der Telekommunikationsinfrastruktur ist der weitere Weg zu manchen Kunden durch diese Kostenvorteile auszugleichen. Deshalb sind wir gern dort und investieren in solchen Regionen.“ Ich finde, das ist ein richtiger Weg.

Meine Damen und Herren, man muss immer schauen, dass die Dinge miteinander einigermaßen schlüssig bleiben. Ich habe mich deswegen in der Diskussion um die Pendlerpauschale, die so lebendig geführt wird, immer gegen das gewandt, was von vielen propagiert wird, wir sollten die Menschen durch Kürzungen der Fördermittel, die wir indirekt damit geben, aus den ländlichen Räumen in die Ballungsgebiete bringen, was ökologisch und ökonomisch viel günstiger wäre, wenn man es volkswirtschaftlich betrachtet.

(Beifall des Abg. Bauckhage, FDP)

Ich sage, das wäre eine grundfalsche Politik. Wir wollen vielmehr in den ländlichen Räumen und in den Ballungsgebieten gute Entwicklungen.

(Beifall der SPD)

Meine Damen und Herren, auf der Grundlage dieser Tatsache und der Bemühungen über die letzten Jahre hinweg ist es gelungen, dass wir jetzt ein Beschäftigungswachstum von 1,5 % haben. Nicht nur die Arbeitslosenzahlen gehen zurück – man könnte jetzt sagen, das ist irgendeine Statistik oder stellt einen Effekt dar, der mit Beschäftigungsgesellschaften zusammen- hängt –, nein, die reguläre Beschäftigung ist um 1,5 %

gestiegen und damit so hoch wie kaum irgendwo anders in der Bundesrepublik Deutschland.

(Beifall der SPD)

Gestatten Sie mir, ein Wort – ich hätte es von mir aus nicht eingeführt, aber es ist eingeführt worden – zu der Frage des Arbeitslosengeldes I zu sagen. Ich will zunächst festhalten, dass ich einen Vorstoß der Verbesserung der Möglichkeiten für ältere Arbeitnehmerinnen und -nehmer, die ihre Arbeit verloren haben, sich eine neue Arbeit zu suchen – darum geht es, um nichts anderes –, nicht gemacht hätte. Ich habe ihn zu dem Zeitpunkt, als es noch nicht möglich war, die Lohnnebenkosten zu senken, für falsch gehalten.

Jetzt können wir aufgrund der verbesserten Situation und der Anstrengungen, die unternommen worden sind, die Lohnnebenkosten deutlich senken.

Wir werden die Arbeitslosenversicherungsbeiträge jetzt erneut von 4,2 % auf 3,3 % senken. Ich erinnere Sie daran, dass diese Arbeitslosenversicherungsbeiträge in der Regierungszeit Helmut Kohls – ich meine das nicht kritisch, sondern als Feststellung – – –

(Zurufe von der CDU: Ach!)

Ich sagte, ich meine es nicht kritisch. Sie sind so hypersensibel und hypernervös, dass Sie anfangen zu murren.

Ich meine es nicht kritisch, aber es ist doch die Wahrheit. Die Arbeitslosenversicherungsbeiträge lagen bei 6,5 %. Jetzt sind sie bei 3,3 %. Wenn das kein Erfolg ist, weiß ich auch nicht, was einer sein soll.

(Beifall der SPD – Ramsauer, SPD: Genauso ist es!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Ihr könnt euch noch nicht einmal an dem erfreuen, was eure eigene Regierung und unsere in Berlin erreicht. Ihr müsst noch daran herummäkeln. Das ist eine solche negative Einstellung, dass man Magengeschwüre bekommen könnte.

(Beifall der SPD – Schreiner, CDU: Das ist der Unterschied zu Schröder! – Zuruf von der SPD: Ach, der Herr Schreiner!)

Lieber Herr Schreiner, Sie sind noch jung. Jeder ist lernfähig im Leben, das unterstelle ich Ihnen ausnahmsweise auch.

Ich will Ihnen nur die Zahlen noch einmal nennen. 6,5 % sind in der Regierungszeit von Bundeskanzler Schröder auf 4,2 % heruntergesetzt worden. Diese setzten wir jetzt auf 3,3 % herunter. Was sollen also solche Zwischenrufe? Diese kann man in einem Hinterzimmer äußern, wo keiner widerspricht, der etwas davon versteht.

(Beifall der SPD)

Die Entwicklungen haben es ermöglicht, die Lohnzusatzkosten deutlich zu senken. Das bedeutet pro Arbeitnehmer mit sozialversicherungspflichtigem Durchschnittseinkommen in der Bundesrepublik Deutschland und Arbeitgeber eine Entlastung in der Größenordnung von 440 Euro im Jahr auf der Nachfrageseite und auf der Kostenseite. Ich finde, das ist ein Wort.

Meine Damen und Herren, vor diesem Hintergrund habe ich es für richtig und notwendig erachtet und erachte es weiterhin, dass wir bei dem Prozess, der AgendaProzess genannt wird, einige Dinge erkennen, die einer Weiterentwicklung bedürfen. Dazu gehört, dass wir an der Rente mit 67 festhalten – das ist keine Erfindung, die nur die SPD gemacht hat, sondern in Meseberg bei der Klausurtagung des Bundeskabinetts ist dazu ein Prüfungsauftrag beschlossen worden –, aber prüfen, wie wir die Übergänge zwischen Arbeitsleben und Rente flexibler gestalten können.

Meine Damen und Herren, ich bin ganz sicher, dass dies im Interesse sowohl der arbeitenden Menschen, die besonders verschleißende Aufgaben wahrnehmen, als auch vieler Unternehmen liegt, die dann nicht vor die Situation gestellt werden, dass bestimmte Qualifikationen abrupt von jetzt auf gleich in einem Betrieb wegfallen. Man muss deswegen Wege finden, die Leistungsfähigkeit der Menschen entsprechend ihrer Erfahrungen und Qualifikationen noch im Betrieb zu nutzen, um damit einen verzahnten Übergang zu ermöglichen.

Ich hoffe, dass es uns noch in dieser Koalition gelingt, dass wir einen zweiten Ansatz, über den ich immer geredet habe, in diesem Zusammenhang verwirklicht bekommen, dass wir nämlich, ähnlich wie es in großem Konsens zwischen Arbeitgebern und -nehmern beim Schlechtwettergeld gelungen ist – für Bauberufe hat das einmal eine schlimme Entwicklung bedeutet, die zu einem Hemmschuh geführt hat, Bauberufe zu erlernen –, eine Konstruktion finden, die es erlaubt, individuell in eine Zusatzkasse einzuzahlen.

Diese Kasse sollte aus meiner Sicht bei der Rentenversicherung angesiedelt sein. Den arbeitenden Menschen sollte ermöglicht werden, ein zusätzliches Konto aufzubauen. Bei wirklich überschaubaren Beiträgen ist dies möglich. Die Berechnungen liegen bei 2,2 %. Dieses Konto könnte nach und nach aufgebaut werden.

Diese Maßnahme soll solchen Menschen, wie sie beispielsweise draußen im Hof in diesem tiefen Loch stehen und Verstrebungen einbauen, helfen, damit sie nicht zu sagen brauchen: „Wenn ich mit 65 Jahren in Rente gehe, aber erst 43 Versicherungsjahre habe, oder mit 63 Jahren in Rente gehen will, aber dann, auch wenn ich 45 Versicherungsjahre habe, noch keinen Rentenanspruch habe, dann kann ich mir das nicht leisten, wenn momentan um 1,8 % oder 2 % gekürzt wird.“

Wir sollten sehen, dass wir aufgrund der eigenen Leistungen und nicht aufgrund der Erhöhung der Lohnzusatzkosten eine Abfederung und einen flexibleren Übergang bekommen. Ich halte das für klug. Meine Damen und Herren, dazu gehört dann auch die Frage der Dauer der Zahlung des ALG I, die hier angesprochen worden ist.

Ich bin fest davon überzeugt, nachdem ich wirklich viele Einzelgespräche geführt, viele Betriebe besucht und mit Betriebsräten gesprochen habe, dass wir an dieser Stelle ein Gefühl der Ungerechtigkeit bei vielen Menschen haben, auch bei solchen, die von der Arbeitslosigkeit nie wirklich bedroht sind. Dieses Gefühl geht tiefer als der übliche Ärger.