Herr Minister, deshalb muss ich Sie an dieser Stelle auffordern, stehen Sie zu Ihren Fehlern nicht nur in Form einer Entschuldigung, sondern ziehen Sie die Konsequenzen und treten von Ihrem Amt zurück.
Herr Minister, kommen wir zur nächsten Verfassungsbruchaffäre. Zur Erinnerung sage ich Folgendes: Auch ich habe eine Chronologie aufgestellt. Es gab die freie Stelle des Präsidenten des Oberlandesgerichtes. Ich zitiere Sie: eines der wichtigsten Ämter. – Während des Besetzungsverfahrens hat es eine ganze Reihe von Pannen gegeben. Auf die Einzelheiten will ich heute und hier nicht eingehen.
Die Richter finden deutliche Worte. Ich zitiere: „Die trotz bereits angekündigter Absicht der Anrufung des Bundesverfassungsgerichts unmittelbar nach Zustellung der Beschwerdeentscheidung des Oberverwaltungsgerichts erfolgte Aushändigung der Ernennungsurkunde verletzt den Beschwerdeführer“ – also den Kontrahenten, den Konkurrenten – „daher in seinen Rechten aus Artikel 33 Abs. 2 i. V. m. Art. 19 Abs. 4 GG“. Ich wiederhole: Sie verletzt den unterlegenen Bewerber in seinen Grundrechten. – Deutlicher geht es nicht.
Wir rufen uns dann den Tag in Erinnerung, an dem die Ernennungsurkunde an den neuen Gerichtspräsidenten ausgehändigt wurde. Der zeitliche Ablauf an diesem Tag ist schon sehr aufschlussreich.
12:24 Uhr: Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts geht per Fax an das Justizministerium. Um 12:45 Uhr – also 21 Minuten später – hatte Minister Bamberger seinen nächsten Termin. Im Verlauf dieser 21 Minuten hat er sage und schreibe den Beschluss gelesen, ihn rechtlich bewertet, in seinem Haus prüfen lassen, ob sich das Bundesverfassungsgericht gemeldet hat, festgestellt, dass dies nicht der Fall ist, anschließend den obsiegenden Bewerber ins Justizministerium gebeten und ihm dort die Urkunde ausgehändigt, und all das in 21 Minuten!
21 Minuten, Herr Minister! Ich überlege mir immer – ich bin auch vom Fach –, wie lange man für Schriftsätze braucht.
(Fuhr, SPD: Da graust es einem! – Harald Schweitzer, SPD: Sie brauchen 21 Monate dafür! – Weitere Zurufe von der SPD)
21 Minuten, die für den unterlegenen Bewerber viel zu kurz waren; denn um seine Rechte als unterlegener Bewerber zu wahren, hätte er in dieser Zeitspanne davon erfahren müssen, die Entscheidung lesen müssen, sich überlegen, was er jetzt macht, und klagen müssen.
Herr Minister, so handelt nur, wer bewusst zum Nachteil eines ungeliebten Mitbewerbers vollendete Tatsachen schaffen will
Herr Minister, lesen Sie bei Ihrem Vortrag bitte alle Entscheidungen vor – alle Entscheidungen –, und nicht nur die, die Ihnen gefallen. Rechtsprechung entwickelt sich. Die fällt nicht vom Himmel.
Es gab keine neue Rechtslage. Das war auch nicht überraschend, sonst müsste ich an Ihrem juristischen Sachverstand zweifeln.
Fragt man Juristen, was sie zu dieser Sache sagen, wird Ihnen unabhängig davon, dass Sie nur das Bundesverfassungsgerichtsgesetz einmal durchlesen sollten, die Mehrheit der Juristen sagen, es war absehbar, was kommt. Es war klar, dass das so passiert. Sie wussten das selbst. Ich unterstelle das.
Weshalb hätten Sie sonst solch eine Eile gehabt, binnen 21 Minuten die Urkunde zu übergeben und endgültige Fakten zu schaffen? Das ist ein Unding. Das akzeptieren wir auch nicht.
Aber diesmal hängt er selbst mit drin; denn er hat die Ernennungsurkunde für den neuen Gerichtspräsidenten am 14. Februar 2007 selbst unterzeichnet
und dem Justizminister zu treuen Händen zugeleitet. Damit hat er selbst seinem Justizminister einen Blankoscheck ausgestellt. Laut Bamberger gab es – Herr Ministerpräsident, im Rechtsausschuss so geäußert – eine mündliche Maßgabe, sie auszuhändigen, wenn die rechtlichen Voraussetzungen vorliegen.
Sein Justizminister hat gepatzt. Minister Bamberger hat selbst zugegeben – Herr Bamberger, in dem Brief an uns –, die Verfassungsabteilung des Justizministeriums war nicht eingebunden.
Warum nicht? Bamberger sagt, zum Zeitpunkt der Aushändigung hätten sich keine verfassungsrechtlich relevanten Fragen gestellt.