Protocol of the Session on September 27, 2007

Das Wort hat Frau Kollegin Schellhaaß.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Möglichkeiten der Klimabeeinflussung sind wissenschaftlich nicht unumstritten. Die Erforschung der Folgen des Klimawandels ist im Gange. Die Politik ist oft von Aktionismus bestimmt und gestaltet Maßnahmen falsch bzw. unwirtschaftlich oder gar wenig wirksam. Wir halten einen Streit darüber aber derzeit für überflüssig.

Ob man nur Vorsorge für die Energievorsorgung in Anbetracht endlicher Vorkommen an Kohle, Erdöl, Gas

oder Uran treffen will oder ob man bewusst Klimaschutz durch Reduzierung der CO2-Emissionen betreiben möchte, spielt bei den Maßnahmen, die kurz- oder mittelfristig machbar sind, häufig keine Rolle, weil Energieeinsparung und -effizienz immer richtig sind, ob wir nun Energiepolitik oder Klimaschutz in den Vordergrund stellen.

(Beifall des Abg. Eymael, FDP)

Dass wir alternative Energien brauchen, ist völlig unstrittig. Wie viel erreicht werden kann, hängt immer entscheidend von der Ausgestaltung der einzelnen Maßnahmen ab. Es hängt davon ab, ob das Geld effizient eingesetzt wird oder nicht und ob die konkreten Maßnahmen unter diesem Aspekt überhaupt geeignet sind, die Ziele bestmöglich zu erreichen.

Nicht nur auf Energieeffizienz kommt es an, sondern auf die Effizienz politischer Maßnahmen. Diese Frage kommt in der Politik bisher zu kurz. Beide vorliegenden Anträge erwähnen sie nicht. Sie ist jedoch Voraussetzung für jede sinnvolle Energie-, Klima- und Klimafolgenvermeidungspolitik. Jedes Land kann das Geld seiner Steuerzahler nur einmal ausgeben. Es sollte seine Bürger und Arbeitsplätze nicht unnötigen Belastungen aussetzen und das Bestmögliche in Energiepolitik und Umweltschutz erreichen.

Nach Meinung der FDP-Landtagsfraktion muss Maßstab für die Qualität jeder energie- und klimapolitischen Maßnahme die Frage nach ihrer Effizienz sein. Deshalb wird die FDP an die Experten in der Enquete-Kommission „Klimawandel“ die Fragen nach wirksamen, abgesicherten Maßnahmen stellen und dabei fragen, wie hoch jeweils die Kosten für die erzielbare Primärenergieeinsparung pro Steinkohleneinheit sind. Wie hoch sind sie für Klimagasvermeidung pro Tonne nicht emittierten CO2 und für die Verringerung von Schäden durch Klimafolgen und auch für deren Nutzung, wo dies möglich sein wird?

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, diesem Punkt wird von der SPD und der CDU auf Landes- und Bundesebene viel zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet. Das bedeutet, dass mehr Geld zur Erreichung eines bestimmten Klimaziels ausgegeben wird, als dafür nötig ist. Andersherum formuliert, mit dem ausgegebenen Geld des Steuerzahlers wird nicht das erreicht, was möglich wäre. Wir wollen das bestmögliche Ergebnis.

Meine Damen und Herren, Gegenstand der beiden vorliegenden Anträge ist wieder einmal die Kernkraft, obwohl wir innerhalb des Landes Rheinland-Pfalz dazu nichts zu entscheiden haben. Das sage ich auch wieder einmal.

In Osteuropa wächst die Stromnachfrage um rund 4 % pro Jahr. 60 % der Kraftwerke sind dort älter als 20 Jahre. Allein in Osteuropas EU-Staaten laufen 21 Reaktoren. Neue sind geplant. Dies sage ich als Hinweis darauf, dass eine Verdrängung von Nachfrage nach Strom ins Ausland für Deutschland nicht mehr Sicherheit, sondern weniger Sicherheit bedeutet.

Eine von der Bundesregierung in Auftrag gegebene Untersuchung des Energiewirtschaftlichen Instituts der

Universität Köln und der Prognos AG besagt, dass eine Verlängerung der Laufzeit der deutschen Kernkraftwerke um 20 Jahre gegenüber der Koalitionsvereinbarung ein entschieden wirksameres Mittel zur Verringerung von CO2-Emissionen ist als ein umfassender Ausbau erneuerbarer Energien. Die Strompreise lägen dabei um reichlich 10 % unter denen bei vorzeitiger Stilllegung.

Die vorzeitige Stilllegung von Reaktoren, die den deutschen Sicherheitsstandards entsprechen, bringt nicht mehr Sicherheit, aber mehr CO2-Emissionen und gleichzeitig höhere Kosten. Deshalb ist die FDP-Landtagsfraktion dagegen und gegen den Antrag der SPD.

Als Beispiel dafür, dass die Frage nach der Effizienz der Maßnahmen außer Acht gelassen und gleichzeitig unsoziale Folgekosten nicht bedacht wurden, will ich die Quotenregelungen allgemein und ein aktuelles Beispiel aus der Bundespolitik, die Biospritbeimischungsquote nennen. Das Sondergutachten des Sachverständigenrates für Umweltfragen sagt, wer Biomasse effizient einsetzen will und dabei möglichst wenig Treibhausgas erzeugen will, darf sie nicht in Treibstoffe umwandeln, sondern sollte sie für die Erzeugung von Strom und Wärme nutzen.

Im Übrigen ist Biomasse bestens geeignet, um die Schwankungen in der Verfügbarkeit von Wind und Sonne für die Strom- und Wärmeproduktion auszugleichen. Frau Mohr deutete das schon an. Diese Verwendung der Biomasse ist sinnvoll.

Weltweit weisen Experten auf die Risiken einer Verwendung von Biomasse als Treibstoff hin. Man benötigt zu viel Anbauflächen, die der Lebensmittelproduktion verloren gehen. Nun komme ich zur Quotenregelung und zur Flächenstilllegung in der Landwirtschaft und zu Entscheidungen darüber, wo Bioenergiemasse und wo Lebensmittel angebaut werden. Diese Entscheidungen sind nicht anders als durch die Stilllegungsquoten erklärbar. Das ist mehr oder minder zufällig von der Sache her gesehen. Die Quotenregelung führt außerdem dazu, dass unsere Landesentwicklungsplanung, die alleine schon strittig genug ist, durch Brüssel weiter kompliziert wird.

Meine Damen und Herren, bei allen Quotenregelungen können Kosten und Nutzen nicht abgewogen werden, weil die Kosten gar nicht bekannt sind. Bei Emissionszertifikaten hingegen sorgt der Markt für die ständig neue Abwägung und Anpassung der Kosten und Nutzen an die Veränderungen und für die Nutzung neuer Erkenntnisse und technologischer Möglichkeiten, sobald sie wirtschaftlich sind. Die Kosten tragen dann nicht alle Stromkunden, sondern die Verursacher. Die FDP will deshalb die Versteigerung der Rechte auf Emission von CO2 auch im Verkehr und bei der Wärmeerzeugung. Die Einnahmen will die FDP zur Senkung der Energiesteuern und damit zur Senkung der Energiepreise verwenden.

Ähnlich ineffizient wie die Quotenregelungen sind rein bürokratische Vorschriften. Die SPD hat die Absicht, die Verwendung erneuerbarer Energien zum Heizen von Gebäuden staatlich vorzuschreiben, und zwar egal, wie hoch die Kosten im Einzelfall sind. Das ist ebenfalls eine

unsinnige, staatlich planwirtschaftliche Regelung, die mehr kostet, als zum gleichen Erfolg nötig ist. Dies lehnt die FDP-Fraktion ab. Die Kosten und Nutzen kann im Einzelfall nur der Hauseigentümer abwägen. Das wird er besser als der Staat machen, wenn er die Kosten wie andere Kosten auf die Mieter abwälzen darf.

(Beifall bei der FDP)

Der Mieter erhält dafür billigere Heizkosten und muss nicht als Steuerzahler gemeinsam mit dem Hausbesitzer ein Heer von Staatsdienern und Juristen auf Kreis- und Landesebene bezahlen, das die Verwaltung der Vorschriften und all ihrer zahlreichen Ausnahmen erfordern würde. Auch hier würde der Verkauf von Emissionszertifikaten der Umwelt besser und billiger dienen und dafür sorgen, dass CO2-Vermeidungskosten und ihr Nutzen von jedem Einzelnen seinen Verhältnissen entsprechend berücksichtigt würde.

Was die einzelnen Maßnahmen im konkreten Fall wirklich zum Klimaschutz und zu den bekannten Zielen Sicherheit, Wirtschaftlichkeit und Umweltschutz beitragen, zeigt sich anhand der von uns gestellten Frage nach der Maßnahmeneffizienz.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich freue mich darauf, dass wir in die Enquete-Kommission alle Fragen einbringen können, die uns wichtig sind. Ich freue mich auf eine konstruktive Zusammenarbeit.

(Beifall der FDP)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Langner das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Gebhart, das Wort von der Doppelstrate- gie – – –

(Zuruf des Abg. Dr. Gebhart, CDU)

Ich kenne das. Ich muss ganz ehrlich sagen, mich erinnert das mittlerweile so ein bisschen an Doppelwhopper, so ein bisschen an Fastfood. Es sieht auf den ersten Blick gut aus, schmeckt auch ganz gut, aber es macht nicht wirklich satt.

(Beifall bei der SPD)

Herr Gebhart, all das, was Sie eben gefordert und sozusagen als Ihre Politik dargestellt haben, ist im Grunde genommen jetzt schon zum großen Teil wesentlicher Bestandteil des Handels der Landesregierung. Ich habe mich bei Ihrer Rede teilweise ein bisschen gefragt, warum wir eigentlich die Anhörung gemacht haben; denn die Rede, die Sie eben gehalten haben, hätten Sie wahrscheinlich auch schon vor der Anhörung halten können. Sie haben sich im Grunde genommen überhaupt nicht auf das eingelassen, was Ihnen dort von den

Experten teilweise vorgeschlagen wurde – auch von Ihren eigenen Experten.

(Beifall der SPD)

Sie haben noch einmal die Windkraft als Feindbild und als kritische erneuerbare Energie genannt. Der von Ihnen genannte Experte – man kann das im Protokoll nachsehen – hat entsprechend empfohlen, die Windkraft auch in Rheinland-Pfalz verstärkt auszubauen. Dass das in einem vernünftigen Maße passiert, dafür stehen wir als SPD in diesem Land.

(Beifall der SPD)

Im Grunde genommen sind wir uns alle einig, dass wir in großen Teilen in diesem Bereich Konsens haben. Sie haben aber auch den einen strittigen Punkt genannt, der schwierig ist.

Die FDP hat sich in der letzten Ausschusssitzung dort noch einmal deutlich dazu bekannt. Sie hat mit Ihrem Antrag entsprechend mitgestimmt. Dieser kritische Punkt, bei dem wir einfach konträr zueinander liegen, ist nun einmal die Atomenergie.

Ich möchte Sie an dieser Stelle noch einmal inständig bitten, dass Sie diese Debatte endlich beenden. Was wir in der Energiepolitik jetzt brauchen, ist eine Verlässlichkeit. Der Atomkonsens, der unter der rot-grünen Bundesregierung verabschiedet worden ist, ist gemeinsam mit den Stromkonzernen verhandelt worden. Wecken Sie doch nicht immer wieder neue Hoffnungen für die Konzerne.

Der Aufbruch zur erneuerbaren Energie kann nur dann in vollem Umfang gelingen, wenn wir alle Anstrengungen auf die Weiterentwicklung dieser Techniken verwenden. Ihr Blick geht zurück. Wir müssen aber nach vorne schauen. Wir stehen doch nun wirklich auch im internationalen Wettbewerb gut da, wenn es um erneuerbare Energien geht, wenn es darum geht, dass wir Arbeitsplätze schaffen. Wir steigern die Exportquote in diesem Bereich. Wir sind in diesem Bereich spitze in der Welt und in Deutschland.

Trauen Sie denn dieser Branche nichts zu? Wollen Sie nicht auch auf einen Wachstumsmarkt setzen, der Arbeitsplätze in Rheinland-Pfalz schafft?

Meine sehr geehrten Damen und Herren, von der Atomenergie werden wir in Rheinland-Pfalz nicht mehr profitieren. Sie müssen doch die Interessen dieses Landes Rheinland-Pfalz im Auge haben, wenn es um die Energiepolitik geht. Wir müssen in Rheinland-Pfalz wettbewerbsfähig bleiben. Wir müssen die Menschen und unsere Unternehmen mit bezahlbarer und sicherer Energie versorgen.

(Beifall der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, Sie hatten kürzlich Besuch von Herrn Töpfer. Ich finde es immer gut, wenn man sich Sachverstand auch von außen holt. Aber offensichtlich haben Sie dort ähnlich wie bei der Anhörung auf den Expertenrat nicht gehört; denn Herr

Töpfer verkündet nun allenthalben immer wieder öffentlich, dass er zukünftig nicht auf die Atomenergie setzen möchte. Er hatte bereits1987 gesagt – ich habe dies diese Woche oder vergangene Woche in der „Süddeutschen Zeitung“ gelesen –, wir müssen eine Welt ohne Kernenergie erfinden.

Wir reden davon, dass wir neue Atomkraftwerke bauen. Herr Kollege Koch von der anderen Rheinseite hat dies inzwischen verkündet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie müssen doch erkennen, dass die Laufzeitverlängerung für deutsche Kernkraftwerke einfach unverantwortlich ist.

(Zurufe von der CDU)

Natürlich kann man sagen, dass die Störfälle, die wir zuletzt hatten – in Krümmel oder in Brunsbüttel – keine ernsthaften Konsequenzen hatten. Ich sage an dieser Stelle, Gott sei Dank, dass sie keine ernsthaften Konsequenzen hatten.

Ich frage Sie ganz im Ernst: Wollen Sie entsprechend mit dafür verantwortlich sein, wenn ein Störfall mit ernsthaften Konsequenzen für die Menschen passiert, und das in einem veralterten Reaktor, den Sie vor dem Abschalten bewahrt haben?

(Creutzmann, FDP: Da müssen Sie morgen alle zumachen!)

Was werden Sie den Menschen dann sagen? Ich hoffe, Sie haben darüber nachgedacht.