Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin Morsblech, Sie haben es mir nach dieser doch sehr emotionalen Debatte mit Ihrer Rede ein wenig leichter gemacht, pointierter zu Ihrem Antrag zu sprechen, weil wir doch etwas verwundert sind über das, was Sie in diesem Antrag niedergeschrieben haben. Wir haben den Eindruck, dass Sie aktuelle Entwicklungen gar nicht zur Kenntnis nehmen. Wenn Sie uns vorwerfen, dass wir uns abkoppeln, so haben wir eher den Eindruck, Sie koppeln sich selbst von dem ab, was momentan in diesem Land an Qualitätsprogrammen und Qualitätsmanagement geschieht.
Mit Ihrem Antrag dokumentieren Sie, dass Sie im Vergleich zu uns einen unterschiedlichen Bildungs- und Qualitätsbegriff haben. Unser Begriff ist umfassender. Bei Ihnen habe ich den Eindruck, er besteht nur aus Rankings, Abschlussarbeiten, Prüfungen und statistischen Daten,
Das steht in Ihrem Antrag. Wenn Sie nicht darüber reden, was in Ihrem Antrag steht, ist das nicht mein Problem, aber es steht eben so in Ihrem Antrag,
während bei uns Bildung und damit auch Qualitätsüberprüfung ein umfassenderer Begriff ist. Es geht nicht nur um überprüfbare Ziele, sondern wir wollen den Menschen – wie dies auch in unserem aktuellen Grundsatzprogramm dokumentiert wird – zu einer umfassenden Persönlichkeit bilden, und wir wollen ihm Chancengleichheit und Förderung zugutekommen lassen und ihn nicht nur irgendwann einmal durch Abschlussarbeiten überprüfen. Wir wollen durch Leistungsüberprüfungen rechtzeitig mit Förderung eingreifen können. Dies ist ein wesentlicher Unterschied.
Ich möchte noch einmal deutlich machen, bei uns besteht das Qualitätsmanagement momentan aus einem Dreiklang: die interne Evaluation durch Qualitätsprogramme, die Teilnahme an übergreifenden Studien und die externe Evaluation durch die AQS, die sich im Schuljahr 2005/2006 in einer Pilotphase befand und nun in den Regelbetrieb übergeht. Dies scheint völlig an Ihnen vorbeigegangen zu sein. Ich habe soeben in Ihrer Rede kein einziges Wort dazu gehört. Der Orientierungsrahmen Schulqualität, der in diesem Jahr vorgelegt wurde,
beschreibt umfassende Qualitätsmerkmale für die Arbeit der AQS. Sie wollen sich davon abkoppeln und im Qualitätsmanagement gar nichts tun. Wir haben mit diesem Orientierungsrahmen ein umfassendes Programm auf den Tisch gelegt, der Grundlage ist für die Arbeit der AQS und der auch Grundlage ist für die Arbeit in allen
Schulen, die in Zusammenarbeit mit der Schulaufsicht das umsetzen werden, was durch die AQS festgestellt wird. Das scheint völlig an Ihnen vorbeigegangen zu sein.
Des Weiteren kommen Sie in Ihrem Antrag mit dem – aus unserer Sicht – Ladenhüter des Zentralabiturs.
Wir haben ein stringentes Verfahren eingeführt, wie die Abiturprüfungen bei uns stattfinden. Die Schulen formulieren Fragen, geben sie an das Ministerium, und dort wird aus allen eingesandten Fragen anhand der Bildungsstandards ausgewählt, die bundesweit festgelegt wurden. Diese Fragen werden in einem verschlossenen Umschlag an die Schulen zurückgegeben. Wer behauptet, hier liege kein sicheres und qualitativ hochwertiges Verfahren zugrunde, der soll mir noch erklären, was mit dem Zentralabitur noch mehr erreicht werden könnte.
Entgegen Ihrer Ankündigung haben Sie zu unserem Antrag, den wir soeben verabschiedet haben, doch nichts mehr gesagt. Ich möchte darauf hinweisen, dass wir in diesem Antrag beschlossen haben, ebenfalls verbindliche, flächendeckende Leistungsüberprüfungen in der Sekundarstufe I durchführen zu wollen, die wir aber als Grundlage zur Stärkung der individuellen Förderung sehen. Wir wollen nicht am Schluss, wie Sie es vorgeschlagen haben, einfach abprüfen, sondern wir wollen vorher die Leistungsstände abfragen, um danach den Schülerinnen und Schülern, die besonders begabt sind oder besondere Förderung brauchen, Programme mit auf den Weg zu geben, damit sie auch ihren weiteren Schulweg gehen können. Ich glaube, dies ist ein elementarer Unterschied.
Wenn Sie die Forderung nach mehr Selbstständigkeit für die Schulen erheben, müssten Sie doch aus der noch gemeinsamen Regierungsarbeit wissen, dass dies schon immer ein Anliegen unserer Politik war. Bei dem Schulversuch „Selbstverantwortliche Schule“ hatte die FDP eher einige Probleme, wenn ich mich recht erinnere.
Ich komme nun zu dem Teil Ihres Antrags mit der AQS. Ich muss Ihnen wirklich sagen, das ist der missglückteste Teil Ihres Antrags. Sie stellen infrage, dass die AQS eine unabhängige Institution ist. Ich habe den Eindruck, Sie wollen mit Ihrem Antrag, indem Sie dies so formulieren, ein Misstrauen säen, das in der Praxis gar nicht vorhanden ist.
Die Schulaufsichtsbeamten, die bei der AQS arbeiten, sind keine Schulaufsichtsbeamten, wenn sie in der Schule sind und wenn sie es mit dieser Schule zu tun haben. Sie können also nicht behaupten, dass die Schulaufsichtsbeamten, die dafür zuständig sind, mit der AQS in die Schule gehen.
Wenn man so etwas in einer Rede sagt, kann einem so etwas schon einmal passieren, aber es in einen Antrag hineinzuschreiben, ist schon etwas anderes. Die Arbeit der Schulaufsichtsbeamten als politische Einflussnahme zu definieren, ist aus unserer Sicht eine Beleidigung der Arbeit dieser Menschen,
die in ihrem Alltag für gute Schulen arbeiten und sich für gute Schulen einsetzen. Sie wissen das vielleicht nicht, aber wenn man aus einer Fraktion kommt, in der man einen Wahlkreis zu betreuen hat, hat man es mit vielen Schulen zu tun. Wenn an einer Schule Probleme auftreten, wendet man sich auch einmal an den Schulaufsichtsbeamten. Ich kann Ihnen aus meiner Arbeit nur sagen, dass sie sich die größte Mühe geben, die Probleme an der Schule zu beseitigen, zu helfen und die Schule weiterzuentwickeln, damit die Arbeit dort gut weitergeführt werden kann. Sie sollten sich wirklich überlegen, ob Sie die Behauptung, es sei politische Einflussnahme, nur weil Schulaufsichtsbeamte auch in der AQS mitarbeiten, nicht zurücknehmen sollten, da diese Aussage die Arbeit dieser Menschen nicht beschreibt.
Sie fordern des Weiteren eine Anbindung an ein oder mehrere wissenschaftliche Institute. Auch dies muss an Ihnen vorbeigegangen sein: Herr Professor Dr. Helmke von der Universität Koblenz-Landau ist seit Anbeginn der AQS der wissenschaftliche Berater dieser Gruppe und unterstützt sie bei der Entwicklung der Instrumente der Evaluation. Des Weiteren gibt es einen Kooperationsvertrag mit der Arbeitsgemeinschaft „Sozialwissenschaftliche Forschung an der Universität Trier“. Diese Forderung ist in der Realität schon Praxis und ist bereits umgesetzt. Es gibt eine Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern, und in der AQS selbst sitzen vier promovierte Wissenschaftler, einer von der Universität Bonn, die anderen drei von Universitäten aus Rheinland-Pfalz.
Zum Schluss fordern Sie eine passgenaue Beratung und Fortbildung. Das ist witzig. – Was stellen Sie sich eigentlich vor, was das Ergebnis der Arbeit der AQS ist? – Das Ergebnis ist, dass die Schulen wissen, wie sie sich weiterentwickeln müssen und auch natürlich Beratung und Weiterbildung in den Schulen stattfindet. Dies kann nur das Ergebnis der AQS sein, und dies ist auch unser Ziel.
Wie gesagt, überlegen Sie sich noch einmal Ihre Forderung bezüglich der Schulaufsichtsbeamten. Es nutzt nichts, eine Institution, die in der Pilotphase sehr gute Ergebnisse gebracht hat, jetzt schon mit Missgunst und mit Misstrauen zu verfolgen, da das ihrer Arbeit nicht förderlich ist. Wir unterstützen die Arbeit der AQS, und deswegen unterstützen wir leider nicht Ihren Antrag.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sie alle kennen sicherlich Jim Knopf und auch das Lied: „Ah, ja, da ist eine Insel!“ – Ich nehme an, Jim Knopf hat Rheinland-Pfalz entdeckt.
Wir begrüßen den Antrag der FDP; denn er greift viele Punkte auf, die wir schon seit Jahren fordern. Qualitätsmanagement betreiben unsere Schulen schon seit Jahren. Sie wollen guten Unterricht machen, haben sich vielfach ein eigenes Profil gegeben und Qualitätsprogramme erstellt. Viele Wege vieler Schulen führen zum gleichen Ziel.
Aber bei jedem Wettkampf muss auch geschaut werden, ob jeder das Ziel erreicht. Das muss auch für den Wettkampf in der Bildungspolitik und in der Bildung gelten. Wir alle wollen diesen Wettbewerb.
Unsere Schülerinnen und Schüler sollen zeigen können, was sie alles gelernt haben. Sie sollen zeigen, dass sie ihr angestrebtes Ziel auch erreicht haben. Dazu brauchen sie Abschlussprüfungen in allen Bildungsgängen. Dadurch wird nicht nur die Vergleichbarkeit der einzelnen Schulen und der Schulabschlüsse erhöht, sondern auch der Wert des Abschlusses wird durch eine Prüfung gesteigert, das vor allem im Bundesvergleich. Da sind wir ohne Abschlussprüfung einzigartig, eben eine Insel.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wenn man Qualität möchte, muss man diese überprüfen. Dazu müssen natürlich bestimmte Kriterien abgefragt werden. Die Schulen dürfen dabei allerdings nicht mit Bürokratie und zu viel neuen Aufgaben überhäuft werden. Lehrer müssen sich dem Unterricht und den Vorbereitungen widmen können und nicht ständig Konferenzen abhalten müssen, in denen permanent Evaluationsmaßnahmen vorgenommen und bunte Schulflyer erstellt werden.
Ich war am Freitag beim Verband der Lehrer an berufsbildenden Schulen. Dort hat der Vorsitzende, Herr Brenken, Sie, Frau Ministerin, noch einmal ganz klar darauf
hingewiesen, dass das Verhältnis von Nutzen und Wirkung bei der AQS stimmen muss. Am Schluss muss der Nutzen für die Schüler stehen und nicht die Selbstbeschäftigung. Das sind die Kriterien für die Evaluation, noch einmal selbst genau zu evaluieren, damit nicht weitere Schulen so entnervt sind wie die berufsbildende Schule, die schon jetzt in der Pilotphase ausgestiegen ist.
Ein wirklich wichtiges Kriterium der AQS ist laut Ministeriumsaussagen neben der fachlichen Kompetenz der Lehrer und dem Zustand der Schule auch die Unterrichtsversorgung. Wir haben eben darüber ausführlich gesprochen.
Da werden der AQS auch die Ohren klingeln; denn ohne Unterricht kann auch keine Qualität gemessen werden.
Auch die Fachkompetenz ist ein Qualitätskriterium. Da verweise ich auf meine Kleinen Anfragen zum Fachlehrermangel in Physik und Chemie. Mehr als die Hälfte der Stunden an Haupt- und Regionalschulen wird nicht von Fachlehrern gehalten. Laut Ministerium sind organisatorische Aufbauabläufe und Personal wichtige Einflussgrößen schulischer Qualität. Wenn wir Schulen darauf überprüfen wollen, müssen sie diese Kriterien auch vorher eigenverantwortlich umsetzen können.
In den letzten Jahren wurde den Schulen zum Beispiel mit PES ein Stück Eigenverantwortung gegeben, ein erster Schritt. Aber man kann Schulen nicht nur dann Eigenständigkeit zugestehen, wenn es Entscheidungen von geringerer Bedeutung sind. Wenn wir wollen, dass Schulen ein eigenes Profil entwickeln, dann müssen die Lehrerkollegien natürlich dahinterstehen. Deshalb müssen wir den Schulen die Möglichkeit geben, bei Neueinstellungen viel mehr Einfluss zu nehmen.