„Wir nehmen“, so sagten Sie, „in dieser Legislaturperiode 1 Milliarde Euro in die Hand.“ Besser hätten Sie gesagt „von der Bank“, so haben Sie es wohl auch gemeint.
(Beifall der CDU – Zuruf des Abg. Licht, CDU – Pörksen, SPD: Wo nehmen Sie Ihr Geld her? Machen Sie das selbst?)
Dies vor dem Hintergrund eines nur geringfügigen Bevölkerungswachstums von 3,8 auf 4 Millionen ohne klare Konzeption. Die Pro-Kopf-Verschuldung jedes einzelnen Rheinland-Pfälzers ist im gleichen Zeitraum von 3.112 Euro auf nunmehr 6.576 Euro angestiegen.
Die von Ihrer Regierung vorgesehene Nettokreditaufnahme von 1,4 Milliarden Euro würde weit höher ausfallen, wenn Rheinland-Pfalz nicht von den erfolgreichen CDU-regierten Bundesländern im Rahmen des Länderfinanzausgleichs erhebliche Summen überwiesen bekäme.
Das heißt, die von Ihnen vorgelegte Bilanz, die Sie als Erfolgsbilanz verkaufen, ist in Wahrheit nur eine geschönte Bilanz.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die gegenwärtige Struktur des Länderfinanzausgleichs führt zu einer fast vollständigen Nivellierung der Finanzkraft eines Landes, sodass die Stärke der unionsgeführten Bundesländer zugunsten von schlecht haushaltenden SPDLändern für niemanden sichtbar wird.
Ich fordere Sie daher auf: Fangen Sie an, bei sich selbst im Apparat zu sparen. Die Mittel für Personalausgaben, beispielsweise durch Sprungbeförderungen, und für die Werbung explodieren. Folgen Sie dem Beispiel Niedersachsens. Dort wurden durch Ihren Kollegen Wulff innerhalb von nur zwei Jahren in diesem Bereich 15 Millionen Euro eingespart.
Sie hingegen sparen nicht bei sich selbst, sondern bei Berufsanfängern, die noch eine Familie gründen wollen und schließlich auf jeden Cent angewiesen sind.
Ist das tatsächlich Ihr Bild eines modernen attraktiven Staates, aber noch viel mehr einer modernen Familien- und Arbeitsmarktpolitik?
Auch die Zahlen im Land belegen eindrucksvoll – interessanterweise durch die Korrektur des Statistischen Landesamts nach der Wahl –, dass Sie einen Aufstieg propagieren, den es nicht gibt.
Zum einen darf dabei nicht verschwiegen werden, dass Rheinland-Pfalz mit 285 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten pro 1.000 Einwohner in den Flächenländern den drittletzten Platz belegt, knapp vor Brandenburg, aber noch hinter Mecklenburg-Vorpommern.
Die unionsregierten Nachbarländer Baden-Württemberg nehmen mit 349 und Hessen mit 347 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten die beiden ersten Plätze ein.
Es verwundert ebenso nicht, dass auf den ersten neun Plätzen ausschließlich – man höre – unionsregierte Länder zu finden sind. Wo ist denn da Ihr Aufsteigerland, Herr Beck?
Die Kurzatmigkeit Ihrer Politik der Baustellen wird weiterhin Probleme produzieren, anstatt sie zu lösen. Ich vermisse von Ihnen einen Entwurf, der die Zukunftsfähigkeit des Gebäudes Rheinland-Pfalz sichers tellt. Sie sind leider kein Architekt für die Zukunft unseres Bundeslandes. Sie sprechen von Intensivierung und Ausbau, ohne näher zu erklären, was dies im Einzelnen konkret sein soll, vor allem, wie dies bezahlt werden soll.
Meine Damen und Herren, deutlich wird dies im fehlenden Blick auf unsere Zukunft, die aufgrund der Alterung und des Kindermangels eine gänzlich veränderte Gesellschaft präsentieren wird. Wer heute nicht Zukunftsszenarien für das Jahr 2020 und die Folgejahre entwirft und damit auch keine Zielvorgabe für die Zukunft definiert, wird auch später nicht feststellen können, ob er angekommen ist.
Was wir aber brauchen, sind wirklich dringende Antworten auf drängende Probleme. Wenn ich an meine Frau und meine beiden Kinder denke, dann erscheint das Jahr 2020 nicht als ein abstraktes Datum, sondern als ein ganz konkreter Handlungsauftrag. Meine Kinder, aber auch die Kinder der nächsten Generation, werden uns konkret fragen, ob unser heutiger Politikentwurf eine tragfähige Grundlage darstellt. Ich bin mir bewusst, dass ich diese Frage mit gutem Gewissen beantworten werde, bei Ihnen habe ich da meine Zweifel.
Der Entwurf muss in die Richtung gehen, dass unsere Kinder die Verantwortung in kommenden Generationen wieder aktiv vorleben können. Dagegen spricht Ihre Schuldenpolitik, die gerade keinen Handlungsspielraum für die nächsten Generationen eröffnet. Dies stellt – so meine ich – keine Solidarität zu unseren Kindern her. Mit Ihrer Politik des „Weiter so“ haben Sie nicht nur Ihr Desinteresse an Rheinland-Pfalz bekundet, sondern auch an den Einwohnerinnen und Einwohnern des Jahres 2050.
Wen wundert es vor diesem Hintergrund, dass das Thema „Demografie“ für Sie fast keine Rolle spielt, obwohl genau dieses die zukünftige Politik bestimmen muss?
Ein Beweis hierfür liegt auch in Ihrer damaligen Ankündigung, im Jahr 2006 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Diesen gibt es bekanntlich bis heute nicht. In Bayern, dem Land, das Sie überholen wollen, ist das klar anders. (Lelle, CDU: Überholen!)
Sie gefallen sich darin, die demografische Talfahrt als eine Chance zu formulieren. Dies ist leider ein eklatantes Missverständnis. Deutschland ist dasjenige Land, in dem die meisten Bürger zeitlebens ohne Kinder bleiben und das eine der geringsten Geburtenraten der Welt aufweist: Platz 181 von 191 Ländern, gleichzeitig Platz 6 bei den am schnellsten schrumpfenden Ländern.
Herr Schweitzer, bei mir ginge das vielleicht noch. Bei Ihnen bin ich mir da jetzt nicht mehr so sicher!
Wichtig ist deshalb für unser Sozialgefüge die Feststellung, dass die niedrige Zahl der nachwachsenden Generation, die für die Lösung der Zukunftsaufgaben zur Verfügung steht, einer wachsenden Zahl an Älteren gegenübersteht, die es zu versorgen gilt. Wo sind Ihre Vorschläge dazu? – Paul Kirchhof hat dies in seinem Domvortrag im Mai 2003 wie folgt beschrieben:
„Das ist bedrohlich, weil wir in der Kultur und Gesellschaft spüren, dass uns unsere Zukunft verloren geht.“
Nach der Strukturanalyse des Statistischen Landesamtes in Bad Ems sieht die Prognose 2050 einen massiven Bevölkerungsrückgang mit all seinen Folgewirkungen vor. So würden bei einer Fortschreibung der aktuellen Geburtenneigung bis 2050 nur noch drei Millionen Rheinland-Pfälzer in diesem Land leben. Das entspricht einem jährlichen Bevölkerungsverlust von der Größe einer Stadt wie Lahnstein, Germersheim, Alzey oder Mayen. Bei dieser Bestandsaufnahme dürfen wir nicht untätig stehen bleiben, weil sich dies lähmend auswirkt.
und bei allem, was wir von ihnen abfordern müssen, einen Weg aufzeigen, wie wir Rheinland-Pfalz zu einem Zukunftsstandort machen.
Meine Damen und Herren, Verlässlichkeit statt Beliebigkeit bedeutet auch hier, dass alle staatlichen Aktivitäten dem Ziel der Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen im ersten Arbeitsmarkt untergeordnet werden müssen und daher einer intensiven Überprüfung bedürfen. Unsere Kinder sind unsere Zukunft. Deshalb muss Politik in diese Richtung gedacht werden.
Wer sich in den letzten Wochen im ZDF den Dokumentationsfilm über den deutschen Schulalltag angeschaut