Zu meiner christlichen Maxime gehört auch die Verpflichtung des Individuums, Freiheit in bewusster eigener Verantwortung wahrzunehmen. Eine nur technisch und ökonomisch ausgerichtete Politik wie die Ihre, ist im Gegensatz hierzu abzulehnen. Für uns gilt das Subsidiaritätsprinzip, das heißt, dass die individuelle Freiheit und Verantwortung Vorfahrt hat vor staatlicher Hilfe.
Ihr politisches Angebot hingegen, Herr Beck, produziert Scheinlösungen, die auf Kurzfristigkeit, auf den Einsatz eines allumfassenden omnipotenten Staates hin angelegt sind. In ihrer Wirkung werden Sie einen Bürger ohne Eigeninitiative hinterlassen. Wir haben uns unter Ihrer Verantwortung zu einer Gesellschaft entwickelt, die einen wesentlichen Teil der öffentlichen Haushalte für die Erhaltung des Status quo ausgibt und damit logischerweise keine, beziehungsweise geringe Möglichkeiten hat, Zukunftsinvestitionen zu tätigen.
In diese Logik passt auch Ihre als SPD-Vorsitzender geforderte Anhebung der steuerlichen Belastung. Wer soziale Verkrustungen mit hohen staatlichen Transferleistungen zementiert, verantwortet die fehlende notwendige Dynamik.
Dieser überbordende Staat hat nicht nur den eigentlich kreativen Bürger ermüdet, sondern auch einen nicht mehr finanzierbaren Bürokratiemoloch geschaffen.
Klar ist, ein Staat, der immer mehr für sich selbst und nicht für die Menschen ausgibt, zerstört sich bei der Wahrnehmung notwendiger Zukunftsinvestitionen selbst.
Die Verschuldung des Landes hat mit einem Schuldenberg von fast 28 Milliarden Euro und der damit verbundenen erdrückenden Zinslast für unsere Kinder eine Situation geschaffen, bei der sehr grundsätzlich die Frage zu stellen ist, welche Aufgaben der Staat künftig noch leisten kann, aber auch welche Aufgaben er dabei überhaupt leisten muss. Dazu haben wir von Ihnen nichts gehört.
Ihr Staatsverständnis verzichtet bewusst auf Gestaltung und befriedigt ausschließlich Einzelinteressen.
Dieses Gießkannenprinzip wird künftig nicht mehr funktionieren. Sie müssen Farbe bekennen und Schwerpunkte setzen. Wir werden unsere konstruktiven Vorschläge dagegensetzen.
Deshalb ist für uns die Umsetzung des schlanken Staats als Ziel unerlässlich. Die notwendige Rückführung des Staats auf seine Kernaufgaben erfordert auf der anderen Seite ein neues bürgerschaftliches Engagement. Dies ist ein notwendiger Wechsel auf dem Weg hin zu einer modernen Bürgergesellschaft.
Sie aber haben die natürliche Anstrengungsbereitschaft der Bürgerinnen und Bürger zum Erlahmen gebracht und längst die Rolle eines aktivierenden Staats verlassen.
Die notwendige Heilung unseres Gemeinwesens kann nur gelingen, wenn wir wieder die Eigenverantwortung des Einzelnen als etwas Positives begreifen.
Hier zeigt sich in eklatanter Weise ein Staatsverständnis, das kein Zutrauen in den Bürger hat. Ich lehne die gerade von Ihnen betriebene Bevormundung des Staats ab; denn Gesellschaft braucht Freiheit und nicht Beaufsichtigung.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, gehen Sie einmal zu den mittelständischen Unternehmen in unserem Land. Muss so viel Reglementierung und Bürokratie sein? Ist das Ihre Vorstellung von einer modernen Mittelstandspolitik?
Die von Ihnen zu verantwortende Aufblähung des Staatsapparats läuft dieser Idee zuwider. Dies beweist, dass Sie keinen Masterplan für die Zukunft von Rheinland-Pfalz haben.
Bereits heute machen die Ausgaben für die aktiven und ehemaligen Staatsdiener einen Anteil von 50 % der gesamten Ausgaben des Landes aus.
Dies wird sich aufgrund der im Jahr 2020 anstehenden großen Pensionierungswelle noch deutlich erhöhen. Deshalb ist eine Verschlankung der Regierungs - und Verwaltungsstruktur geradezu lebensnotwendig.
Mit der permanenten Aufstockung der Planstellen für Beamte und Angestellte in der Staatskanzlei sowie die Berufung eines weiteren Ministerialdirektors im Innenministerium und einer zusätzlichen Staatssekretärsposition und der damit verbundenen ungewöhnlich hohen Dotierungen konterkarieren Sie Ihr Bekenntnis zum schlanken Staat.
Allein in der Staatskanzlei – man höre und staune – beschäftigen Sie seit 2002 66 % mehr Personal. Dazu passt auch, dass Sie weitere Entscheidungsebenen einführen wollen, frei nach dem Motto: Wenn ich nicht mehr weiter weiß, gründe ich einen Arbeitskreis.
Sollen runde Tische und Clearingstellen oder Kompetenzzentren der Weisheit letzter Schluss sein und fehlende Ergebnisse in den Ministerien kaschieren? Ist die Struktur der bestehenden Organisationen so ineffizient, dass daneben geschaltet weitere Organisationseinheiten geschaffen werden? Das ist nicht nur völlig unlogisch, das ist dann eher das Bild eines vollschlanken Staats.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Mittelstandslotse, Clusterbildung. Wir werden genau prüfen, ob diese Maßnahmen und Instrumente greifen, schließlich war doch schon jetzt alles scheinbar so glänzend organisiert, oder?
War die Mittelstandspolitik in der vergangenen Legislaturperiode von Ihnen noch zur Chefsache erklärt worden, so ist die Delegation auf einen Lotsen ein spürbarer Bedeutungsverlust für diesen wichtigen Wirtschaftszweig.
Dass Sie sich im Übrigen bei den Beamten und Angestellten Ihres Hauses in der Wahlnacht für die Unterstützung im Wahlkampf bedankt haben, spricht zwar einerseits für Ihre joviale Art, andererseits lässt dies Schlüsse
(Beifall der CDU – Zurufe von der SPD – Ministerpräsident Beck: Das werden Sie sich überlegen müssen!)
Diese überkommene Haltung, die mich an die Attitüde eines Sonnenkönigs – ich zitiere Sie –: „meine Partei“ – erinnert, bedarf der engmaschigen Kontrolle. Dies werden wir sicherstellen.
Meine Damen und Herren, Zitat: „Wenn wir wollen, dass alles so bleibt, wie es ist, müssen wir zulassen, dass sich alles verändert.“ –, so der italienische Schriftsteller Giuseppe Tomasi di Lampedusa in seinem 1958 postum veröffentlichten Roman „Der Leopard“.
Wir dürfen also nicht alles so lassen, wie es ist, sondern schon heute den Blick auf das Jahr 2020 richten und darüber hinaus eine Anpassung an unseren Sozialsystemen und -strukturen vornehmen, um den Erhalt der Substanz garantieren zu können; denn nur so ist die Verschuldung des Landes Rheinland-Pfalz, die von 1991 von ca. 12 Milliarden Euro auf heute über 28 Milliarden Euro angestiegen ist, in den Griff zu bekommen.
Der geschaffene Schuldenberg ist eine massive Hypothek für die Zukunft unserer Kinder. Dies werden wir nicht zulassen.