Protocol of the Session on June 27, 2007

(Frau Schneider, CDU: So ist es!)

In den Antworten auf die Große Anfrage der FDP – sie liegt erst wenige Monate zurück – sah die Landesregierung keinen nennenswerten Handlungsbedarf im Hinblick auf die Zukunft der Hauptschule. Unser 10-PunkteSofortprogramm für die Hauptschule hielt sie auch für überflüssig, weil die Situation an den Hauptschulen nicht so ist, wie wir sie darstellen.

Uns wurde immer vorgeworfen, wir würden die Situation und damit die Hauptschule schlechtreden.

(Beifall der CDU)

Fazit: Bis vor kurzem bestand nach Meinung der Landesregierung und der SPD überhaupt kein Handlungs

bedarf, um den Hauptschulen zu helfen. Es gab allenfalls Problemchen, die leicht lösbar waren.

Dann kam die große Erleuchtung oder die große Kehrtwende. Die Berliner Luft war wohl nicht daran schuld, natürlich nicht.

Frau Kollegin Morsblech hat darauf hingewiesen, der Druck durch die Wirklichkeit, durch die Opposition und durch die Medien war so groß, dass die SPD sich dazu bequemen musste, etwas anzukündigen. Jetzt kommt also ein Schulstrukturkonzept, vor allem für den Bereich Hauptschule, das im Herbst vorgelegt werden soll.

Gut, der Herbst geht bekanntlich sehr weit. Lassen wir uns einmal überraschen.

Sie wollen auch ab und zu von der Opposition gelobt werden. Ich tue es einmal und sage: Na endlich Genossen, lieber später als nie.

(Beifall der CDU und bei der FDP)

Als Pädagoge sage ich, es gibt wie in der Schule die Schüler, in der Politik Politiker, also Sie, die etwas länger brauchen, bis sie etwas kapiert haben.

(Beifall und Heiterkeit bei der CDU)

So ganz wage ich noch nicht daran zu glauben, erst wenn das Konzept da ist. Dann kommt vielleicht das Lob Nummer 2, Frau Ministerin.

(Licht, CDU: Nur vielleicht!)

Jetzt sind wir alle gespannt auf das Schulstrukturkonzept. Dazu gibt es einige Fragen. Frau Kollegin Morsblech hat schon einige genannt. Herr Kollege Fuhr hat noch nicht zur Klarheitsfindung beigetragen.

Bleibt es beim Bildungsgang Hauptschule, wie die Landesregierung noch vor wenigen Wochen im Bildungsausschuss erklärt hat? Was geschieht mit der äußerst erfolgreichen Schulart Realschule? Bleibt die auch, oder wird sie abgeschafft, also schlicht liquidiert?

Die bildungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion – die sich vielleicht heute aus taktischen Gründen zurückhält –, Frau Ulla Brede-Hoffmann,

(Heiterkeit des Abg. Lelle, CDU)

will nämlich die Hauptschule und die Realschule abschaffen. Sie votiert mit großem Herzen – wie sie erklärt hat – für das Zwei-Säulen-Modell des Verbandes Bildung und Erziehung. Dieses Zwei-Säulen-Modell schafft explizit die Hauptschule und die Realschule ab, indem beide zwangsfusioniert werden.

Liebe Frau Ahnen, wenn der Bildungsgang Hauptschule bleiben sollte, gibt es dann weiter einen eigenen Hauptschulabschluss? Gibt es den dann auch nach neun Jahren?

Frau Ministerin Ahnen, öffnen Sie etwas Ihre Schublade. Darin liegt hoffentlich ein Konzept. Sagen Sie uns, in welche Richtung die Landesregierung plant,

(Glocke des Präsidenten)

wenn sie schon einmal angekündigt hat, dass sie sich Gedanken macht.

Danke schön.

(Beifall der CDU)

Das Wort hat Frau Ministerin Ahnen, bitte schön.

Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete! Wir werden heute gleich zweifach Gelegenheit haben, über die Situation an den Hauptschulen im Land zu diskutieren, am späteren Nachmittag dann auch noch einmal, wenn es um die konkreten Anträge geht.

Ich glaube schon, dass wir in beiden Debatten gemeinsam feststellen können, dass sich an den Hauptschulen eine Menge tut und mit einer Vielzahl von Maßnahmen Schülerinnen und Schüler unterstützt werden, zum Beispiel durch die Ganztagsschule, zum Beispiel durch relativ kleine Klassen, zum Beispiel durch arbeitsweltorientierte Klassen, zum Beispiel durch das freiwillige zehnte Schuljahr, zum Beispiel durch berufsorientierendes Lernen und zum Beispiel durch die Schulsozialarbeit.

Ich könnte diese Liste fortsetzen. Ich sage ganz ausdrücklich, dass diese Unterstützungsmaßnahmen, die wir in den letzten Jahren verstärkt auf den Weg gebracht haben, auch weiterhin in Hauptschulen und in Hauptschulbildungsgängen notwendig sind und sie weiterhin der Unterstützung und Förderung bedürfen, weil insbesondere leistungsschwächere Schülerinnen und Schüler diese speziellen Formen der individuellen Förderung brauchen.

(Beifall der SPD)

Deswegen haben wir alles andere als einen Stillstand; denn Sie wissen, dass bereits neue Maßnahmen angekündigt sind, wir zum Schuljahr 2008/2009 die Stundentafel in der Orientierungsstufe erweitern werden, was erhebliche Ressourcen bindet und was wir ganz besonders unter dem Aspekt des Hauptschulbildungsganges tun, um die Arbeitslehre insbesondere im Hauptschulbildungsgang zu stärken.

(Dr. Rosenbauer, CDU: Was vorher einmal gestrichen war!)

Zu den Maßnahmen, die vorgesehen sind, gehört auch der neue Praxistag, der zum Schuljahr 2007/2008 in

Koblenz und Trier gemeinsam mit Kammern, Berufsagenturen und vielen anderen eingeführt wird.

Es ist bei weitem nicht so, dass keine Entwicklung im Gange ist. Diese Entwicklung ist uns wichtig. Im Übrigen haben wir für diese Entwicklung auch im Haushalt nachlesbar die Ressourcen zur Verfügung gestellt.

(Beifall der SPD)

Herr Abgeordneter Keller, ich lasse mich gern korrigieren, wenn meine Recherchen nicht zutreffen, aber der markige Einsatz der CDU-Fraktion bei den Haushaltsberatungen für die Hauptschulen hat sich aus meiner Sicht in einem einzigen Entschließungsantrag dokumentiert, in dem es darum ging, man solle Mittel innerhalb der Hauptschule umwidmen. Etwas anderes habe ich nicht gefunden.

(Beifall der SPD – Bracht, CDU: Noch nicht einmal dazu waren Sie bereit!)

Ich wäre froh – Sie haben das vorhin so markig ge- sagt –, wenn Sie in der zweiten Runde belegen würden, wo Ihr Einsatz war.

(Zurufe der Abg. Hartloff und Frau Brede-Hoffmann, SPD)

Wir kommen auf diese Unterstützungsleistungen und ihre Ergebnisse der vergangenen Jahre, also sowohl dessen, was wir schon auf den Weg gebracht haben, als auch dessen, was wir noch vorgesehen haben, sicherlich noch heute Nachmittag oder heute Abend in der Debatte zurück.

(Zuruf des Ministerpräsidenten Beck)

Ich will an dieser Stelle aber auch sehr deutlich sagen, neben diesen konkreten Unterstützungsleistungen geht es auch darum, weitergehende Zukunftsperspektiven für die Hauptschulen zu eröffnen. Wir wollen ein schulpolitisches Konzept vorlegen, das Antworten auf die zentralen Herausforderungen gibt. Diese sind relativ einfach beschrieben und wahrscheinlich auch unstrittig.

1. Die demografische Entwicklung ist in der Sekundarstufe I angekommen. Dadurch haben wir absehbar zurückgehende Zahlen von Schülerinnen und Schülern.

2. In der Hauptschule wird diese Entwicklung überlagert durch ein verändertes Bildungswahlverhalten der Eltern, die von vornherein einen höchstmöglichen Bildungsabschluss für ihr Kind wünschen.

Zum Dritten haben wir mit einer sinkenden Akzeptanz der Hauptschulen zu kämpfen.

(Keller, CDU: Seit Berlin!)

Wenn man diese Analyse heranzieht und daraus den Umkehrschluss formuliert, sind auch die zentralen Anforderungen an ein solches Konzept klar: Wir wollen eine demografiefeste Struktur – im Übrigen hat dies Herr Ministerpräsident Beck, falls Sie es nicht gehört haben

sollten, vor über einem Jahr in seiner Regierungserklärung angekündigt –, die die Bildungsabschlüsse in der Fläche hält. Das ist der erste Punkt.