Protocol of the Session on June 27, 2007

.......................................................................................................................................... 1505 Abg. Baldauf, CDU:................................................................................................................. 1478, 1482, 1488 Abg. Bauckhage, FDP:...................................................................................................................... 1479, 1487 Abg. Beck, SPD:.......................................................................................................................................... 1528 Abg. Bracht, CDU:....................................................................................................................................... 1533 Abg. Dr. Rosenbauer, CDU:........................................................................................................................ 1501 Abg. Dr. Schmitz, FDP:................................................................................................................................ 1519 Abg. Dr. Wilke, CDU:................................................................................................................................... 1511 Abg. Eymael, FDP:............................................................................................................................ 1506, 1509 Abg. Frau Beilstein, CDU:........................................................................................................................... 1520 Abg. Frau Dickes, CDU:.......................................................................................................... 1526, 1527, 1528 Abg. Frau Dr. Lejeune, FDP:....................................................................................................................... 1515 Abg. Frau Grosse, SPD:.............................................................................................................................. 1517 Abg. Frau Morsblech, FDP:........................................................................................... 1490, 1495, 1521, 1525 Abg. Frau Schleicher-Rothmund, SPD:............................................................................................. 1507, 1508 Abg. Fuhr, SPD:....................................................................................................................... 1491, 1496, 1522 Abg. Hartloff, SPD:.............................................................................................. 1477, 1481, 1489, 1498, 1502 Abg. Heinrich, SPD:..................................................................................................................................... 1529 Abg. Henter, CDU:....................................................................................................................................... 1518 Abg. Hoch, SPD:.......................................................................................................................................... 1513 Abg. Keller, CDU:.............................................................................................................................. 1492, 1496 Abg. Lammert, CDU:................................................................................................................................... 1497 Abg. Licht, CDU:................................................................................................................................ 1507, 1508 Abg. Mertin, FDP:........................................................................................................................................ 1499 Abg. Noss, SPD:................................................................................................................................ 1503, 1506 Abg. Schreiner, CDU:........................................................................................................................ 1503, 1532 Abg. Seekatz, CDU:..................................................................................................................................... 1504 Abg. Wehner, SPD:..................................................................................................................................... 1520 Beck, Ministerpräsident:.............................................................................................................................. 1482 Bruch, Minister des Innern und für Sport:.................................................................................................... 1505 Dr. Bamberger, Minister der Justiz:............................................................................................................. 1510 Frau Ahnen, Ministerin für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur:.............. 1493, 1523, 1531, 1532, 1533 Frau Dreyer, Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen:................................ 1480, 1519 Hering, Minister für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau:...................................................... 1509 Präsident Mertes:.........................................................1477, 1478, 1479, 1480, 1481, 1482, 1487, 1488, 1489....................................................................................................................................... 1490, 1491, 1492, 1493 Schumacher, Ständiger Vertreter des Chefs der Staatskanzlei:................................................................. 1500 Vizepräsident Bauckhage:...........................................1519, 1520, 1521, 1522, 1523, 1524, 1526, 1527, 1528............................................................................................................................. 1529, 1531, 1532, 1533, 1534 Vizepräsident Schnabel:..............................................1495, 1496, 1497, 1498, 1499, 1500, 1501, 1502, 1503....................................................................................................................................... 1504, 1505, 1506, 1507 Vizepräsidentin Frau Klamm:................................................1508, 1509, 1510, 1511, 1513, 1515, 1517, 1518

26. Plenarsitzung des Landtags Rheinland-Pfalz am 27. Juni 2007

Die Sitzung wird um 14:00 Uhr vom Präsidenten des Landtags eröffnet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 26. Plenarsitzung des Landtags Rheinland-Pfalz und begrüße Sie ganz herzlich. Sind Sie mit der vorgelegten Tagesordnung einverstanden? – Das ist offensichtlich der Fall. Herzlichen Dank.

Schriftführende Abgeordnete sind Kathrin Anklam-Trapp und Uta Schellhaaß. Letztere führt die Rednerliste.

Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, gratulieren wir Ihnen zum Geburtstag, Frau Schellhaaß.

(Beifall im Hause)

Entschuldigt sind für heute die Abgeordneten Marlies Kohnle-Gros, Brigitte Hayn, Michael Hörter sowie Herr Staatssekretär Dr. Karl-Heinz Klär.

Meine Damen und Herren, wir beginnen mit Punkt 1 der Tagesordnung:

AKTUELLE STUNDE

„Haltung der Landesregierung zu den Ergebnissen des Koalitionsausschusses zum Mindestlohn“ auf Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 15/1251 –

Es spricht Herr Fraktionsvorsitzender Hartloff, bitte schön.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben das Thema heute in der Aktuellen Stunde auf die Tagesordnung gesetzt, weil es die Diskussion in Deutschland bestimmt.

Wie sieht es aus in der Frage einer Regelung von Mindestlöhnen? Wie geht die Regierung hier mit dem Kompromiss um, der sich im Koalitionsausschuss gefunden hat? Welche weiteren Fragen schließen sich möglicherweise daran an?

Ich will überhaupt keinen Hehl daraus machen, dass nach meiner Auffassung der gefundene Weg im Koalitionsausschuss nur ein Teil der Wegstrecke auf dem Weg sein kann, wie man es hinbekommen kann, dass das Ungleichgewicht, dass Menschen zu Hungerlöhnen arbeiten müssen, ohne davon leben zu können, in Deutschland nicht weiter um sich greift.

(Beifall der SPD)

Ich finde es gut, dass man auf diesem Weg ein Stück weitergekommen ist, man einen Kompromiss gefunden hat, der die Tarifparteien einbezieht, den der Tarifausschuss trägt und der dann eine weitere Bindung nach dem Entsendegesetz tatsächlich erlaubt. Das ist wichtig für viele Bevölkerungsgruppen in der Bundesrepublik.

Ich darf daran erinnern, dass gestern eine – wie ich meine – hervorragende Veranstaltung zu „60 Jahre Landesverfassung“ in der Staatskanzlei stattgefunden hat. Dort hat Professor Dr. Karl-Friedrich Meyer, der Präsident unseres Verfassungsgerichts, an die Landesverfassung erinnert und an das, was Adolf Süsterhenn, einer der Verfassungsväter und beileibe kein Roter, mit eingebracht hat: Das, was in der Präambel unserer rheinland-pfälzischen Verfassung steht.

Dort steht, „das Gemeinschaftsleben nach dem Grundsatz der sozialen Gerechtigkeit zu ordnen, den wirtschaftlichen Fortschritt aller zu fördern und ein neues demokratisches Deutschland“ zu schaffen. In Artikel 1 ist niedergelegt, dass die Freiheit zu schützen sowie „das Wohlergehen des Einzelnen und der innerstaatlichen Gemeinschaften durch die Verwirklichung des Gemeinwohls“ zu fördern ist.

Ich meine, das müssen wir beherzigen, wenn wir die Frage von Mindestlöhnen diskutieren, welche Verfassungsaufträge wir in Deutschland haben und wie bei der sozialen Marktwirtschaft hier momentan ein Ungleichgewicht entstanden ist.

Ich weiß, es wird von Professor Sinn und anderen entgegengehalten, dass es zu Beschäftigungsverlusten führen würde, wenn man Mindestlöhne einführt. Es gibt reelle Untersuchungen, wie sich das im europäischen Ausland verhält. In Deutschland wird dies von vielen Forschungsinstituten so beurteilt, dass man aber mit dem dicken Daumen sagt, wenn es insgesamt etwas mehr kostet, dann verlieren wir soundso viel Beschäftigung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, geht das nicht ad absurdum, wenn ich dieser Argumentation folge und sage, wenn zum Schluss dann gar nichts mehr an Lohn da ist, dann habe ich die beste Beschäftigung?

(Pörksen, SPD: Sehr richtig!)

Kann das ein Menschenbild sein, das wir hier verwirklichen wollen?

Die CDU sagt: Mainstream, das können die Tarifparteien regeln. Ja, die Tarifparteien sind dabei zu berücksichtigen, aber wir müssen wissen, dass nur ein ganz kleiner Prozentsatz von Tarifabschlüssen von über 600 in der Bundesrepublik für allgemeinverbindlich erklärt werden. Das sind ein paar Hände voll, damit erreichen wir von der Bevölkerung vielleicht 1 % bis 2 %, mehr nicht.

Das kann dann kein Mittel sein. Wir müssen Schranken mit einziehen, ist ein Mindestlohn notwendig.

Wenn ich so sehe, was Herr Billen dazu äußert, dann sage ich: Herr Billen, ich bin nicht immer Ihrer Meinung,

Sie wissen das. Bei dem Thema „Sparkassen“ ist das zum Beispiel so.

Ich glaube aber, in diesem Punkt, wenn Sie sagen, es müsse möglich sein, dass jemand von dem, was er verdient, auch tatsächlich leben kann, dafür müssen wir als Staat eintreten, dann teilen Sie meine Meinung im Gegensatz zu Ihrem Fraktionsvorsitzenden. Das finde ich gut.

(Beifall der SPD)

Ein wenig weiter werden wir in der zweiten Runde reden.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD)

Das Wort hat Herr Kollege Baldauf.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Hartloff, wer ist in diesem Haus dagegen, dass man von einer Vollzeitstelle leben können muss? Da gibt es in diesem Haus – das will ich noch einmal ausdrücklich betonen – niemanden.

Sie wissen selbst, die Grundsätze der sozialen Marktwirtschaft erfordern einen auskömmlichen Lohn. Das haben Sie richtig festgestellt.

Tatsache ist auch – das stimmt –, Löhne sind teilweise nicht akzeptabel, sonst hätte man vor einer Woche auch keinen Kompromiss finden müssen. Deshalb müssen wir schon im Interesse der Arbeitnehmerinnen und -nehmer handeln. Das ist sicherlich auch noch alles unser gemeinsames Ziel.

Wir sind in der Methode, wie wir das erreichen wollen, unterschiedlich. Ich sage Ihnen, ein flächendeckender, über ganz Deutschland hinweg festgesetzter gesetzlicher Mindestlohn wird zur Chancenlosigkeit der Niedrigqualifizierten und der Unqualifizierten führen. Sie werden von der Teilhabe ausgeschlossen werden.

(Beifall der CDU – Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Herr Ministerpräsident, ich vermute, Sie werden nachher noch etwas dazu sagen. Ich will schon fragen: Das werden Sie sicherlich auch nicht verantworten wollen?

Herr Hartloff, Sachverständige stellen immer eine interessante Sache dar. Wir beide sind Juristen, fünf Sachverständige, sechs Meinungen.

Jetzt gibt es einmal einen Fall eines Sachverständigenrats, der ausschließlich sagt, dass ein Mindestlohn – auch Professor Bofinger, wenn es über 5 Euro geht – Arbeitsplätze in Deutschland in Massen vernichten wird.

Es wird von mehreren Hunderttausend vernichteten Arbeitsplätzen gesprochen, nicht im Bereich der Chemie, in dem man schon mehr bezahlt, nicht im Bereich von Metall und nicht unbedingt im Baugewerbe, nein, bei denen, die es nötig haben, die nicht oder niedrigqualifiziert sind, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall der CDU)

Zu dem Kompromiss, der geschlossen worden ist: Ein Kompromiss – das ist klar – ist immer noch besser, als wenn man keine Arbeit hat. Herr Hartloff, Qualifizierung findet auch durch berufliche Qualifizierung im Arbeitsleben statt und nicht dann, wenn man Arbeitsplätze vernichtet.

Ich sage Ihnen eines, ein gesetzlicher Mindestlohn wird die Flucht in die Schwarzarbeit nach sich ziehen, das kann ich Ihnen aus der beruflichen Praxis als Arbeitsrechtler sagen. Wer hält sich daran?

Wir haben im Baugewerbe folgende Situation: Alleine für die Überwachung dessen, ob die Löhne eingehalten sind, bedarf es 6.400 Beschäftigter mit einem Auftragsvolumen von insgesamt 300 Millionen Euro.

(Pörksen, SPD: Wer hat das denn aufgeschrieben?)

Ich will Ihnen eines sagen – ich bin schon sehr stolz –, ich hätte es nie geglaubt, dass ich mich einmal hier hinstellen und die Tarifautonomie nach oben setzen darf. Vertrauen für die Tarifautonomie werben, das ist doch das Entscheidende.

(Zurufe von der SPD)

Ich sage Ihnen eins, hier sind jetzt erst einmal die Gewerkschaften gefordert. Herr Beck, ich bin sehr zuversichtlich, Sie haben enge Kontakte zu den Gewerkschaften.