Protocol of the Session on May 24, 2007

(Beifall bei der SPD)

Gute Mittelstandspolitik ist sicherlich Steuerpolitik. Aber es gehören auch gute Rahmenbedingungen dazu, wie zum Beispiel in Rheinland-Pfalz. Herr Präsident, mit Verlaub darf ich den IHK-Gründerreport zitieren. Gründungen sind insbesondere im mittelständischen Bereich bei kleinen und mittleren Unternehmen ganz wichtig. Dort heißt es so schön: Rheinland-Pfalz war auch 2006 eine Hochburg für Unternehmensgründungen. Im bundesweiten Ranking belegt das Bundesland den dritten Platz hinter Bremen und Hamburg. – Zum Vergleich: Hessen liegt auf Platz 8.

Dann wird gefragt, warum das so ist. Ich zitiere: „Das umfassende Beratungsangebot im Land ist für das gute

Gründerklima verantwortlich. Die 26 Starterzentren im Land räumen den Existenzgründern viele bürokratische Hemmnisse aus dem Weg.“ – Das ist genau der Punkt, den wir wollen. Das haben wir in Rheinland-Pfalz. Rheinland-Pfalz macht gute und mittelstandsfreundliche Politik dank des Wirtschaftsministeriums, dank der Investitions- und Strukturbank und vor allem dadurch, dass gemeinschaftlich mit den Kammern gut und kooperativ zusammengearbeitet wird.

(Beifall bei der SPD)

Ich komme nun zu dem Punkt der Vereinfachung und Deregulierung, Stichwort „Abgeltungssteuer“. Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge bedeutet 25 %. Damit ist das entsprechend abgegolten. Derjenige, der mit seiner Steuerbelastung darunter liegt, bekommt eine Erstattung. Das Ganze wird relativ einfach durch die Bank an das Finanzamt abgeführt. Das ist Vereinfachung, das ist Deregulierung. Da kann man sicher sagen, was mit denjenigen ist, die über den 25 % liegen. Aber auch hier gilt der schöne Satz, der einmal formuliert wurde: Lieber 25 % Steuern von x als 42 % von nix. – Das ist sicher auch ein entscheidender Punkt, die Abgeltungssteuer einzuführen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, bei allen Änderungsvorschlägen und Modifizierungen, wie sie im vorliegenden Antrag der FDP entsprechend notiert sind, gilt es auch zu beachten, bei den Maßnahmen, bei denen ich stärker entlaste, muss ich auch gegenfinanzieren, um das Gesamtpaket von 5 Milliarden Euro auch entsprechend zu halten.

Man kann nicht gleichzeitig fordern, die Steuern zu senken, die Verschuldung zu reduzieren und noch wichtige Investitionen gerade im Hochschulbereich zu tätigen. Das ist ein bisschen die Quadratur des Kreises.

(Beifall bei der SPD)

Von daher glaube ich, sollten wir das machen, was machbar und realistisch ist, also erstens eine stabile Steuerbasis für Investitionen zu schaffen, zweitens einen attraktiven Unternehmsstandort Deutschland zu haben und drittens Vereinfachungen wie zum Beispiel bei der Abgeltungssteuer einzuführen. Das ist fiskalisch und wirtschaftlich geboten. Wir müssen nämlich die gesamte staatliche Verantwortung sehen und gesamtstaatlich ausgewogen handeln. Von daher bitte ich um Verständnis, dass wir dem Antrag nicht zustimmen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD)

Zu einer Kurzintervention erteile ich Herrn Abgeordneten Creutzmann das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Puchtler, das Problem war doch, dass

sich die Koalition die Vorgabe gemacht hat, nicht mehr als 5 Milliarden Euro Steuerentlastung und den Steuersatz unter 30 %. Mir wäre es lieber gewesen, einen Steuersatz von 32 % oder 33 % zu nehmen.

Ich habe mich noch einmal gemeldet, um deutlich zu machen, mir geht es um den rheinland-pfälzischen Mittelstand. Da muss ich Ihnen sagen, dass die mittelständischen Unternehmen in Rheinland-Pfalz die normalen Steuersätze, die abgesenkt werden, durch eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage bezahlen, und die großen Konzerne profitieren.

Ich könnte es Ihnen sagen, wie sie ihre Investitionen fremdfinanzieren; denn ich war 35 Jahre lang bei einem großen Unternehmen und weiß, wie sie dort „marschiert“ sind. Sie gehen dorthin, wo die Finanzierung am günstigsten ist. Das war früher in Holland der Fall, dann ist man nach Schweden gegangen, und jetzt ist man in Malta. So wird das gemacht. Diese Unternehmen werden Sie auch mit der Zinsschranke nicht treffen. Das genau ist das Problem.

Bürokratischer Aufwand: Der Normenkontrollrat der Bundesregierung hat unter anderem ermittelt, dass auf Bürger, Unternehmen und Verwaltung 40 neue Informationspflichten zukommen. Dagegen werden fünf vereinfacht und drei abgeschafft. Das muss der Mittelstand bezahlen.

(Beifall der FDP)

Die Zinsschranke ist ein bürokratisches Monster. Ich sage Ihnen, die Zinsschranke, mit der Sie die „Großen“ treffen wollen, ist überhaupt nicht europatauglich. Ich habe das letzte Mal schon gesagt, die große Gefahr ist, dass Ihnen wieder eine Milliarde Euro Steuern fehlen wird, weil der Europäische Gerichtshof diese Vorschrift nicht als europatauglich einstuft. Das ist eine Mauer, die Sie einrichten wollen. Die Idee ist durchaus nachvollziehbar – dagegen wollen wir nichts sagen –, dass die großen Konzerne ihre Beteiligungen und Akquisitionen bzw. Investitionen hier finanziert haben, da wir einen hohen Steuersatz haben. Das habe ich nachvollziehen können. Das wird auch so gemacht. Aber das ist genau das Problem, Sie erreichen sie mit der Zinsschranke leider nicht. Das ist doch unser Problem.

Die Unternehmenssteuerreform entlastet im Wesentlichen die internationalen Konzerne zulasten der mittelständischen Unternehmen hier. Das ist das große Problem, das Sie haben werden.

Ich möchte etwas Gutes zur Steuerreform sagen. Es ist ein Arbeitsbeschaffungsprogramm für die steuerberatenden Berufe. Diese haben es gut. Sie werden in Zukunft die Prozesse führen müssen, was die Verfolgung der Zinsschranke betrifft, und sie werden die Unternehmen in der Eigen- und Fremdkapitalfinanzierung beraten müssen, damit sie allen diesen neuen bürokratischen Ungetümern ausweichen können. Das ist unser Problem bei der Steuerreform.

Wir haben nichts dagegen, die Steuersätze zu senken. Man darf sich aber nicht diese Vorgaben machen, Herr Puchtler, lieber 32 % – und der rheinland-pfälzische

Mittelstand hätte etwas gehabt – als 29 % oder 30 %, und die internationalen Konzerne haben etwas davon. Das war das Thema.

(Beifall der FDP)

Ich erteile Herrn Kollegen Baldauf das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach dieser fulminanten Kurzintervention fällt es mir schwer, noch einen Akzent zu setzen. Ich möchte eines zu dem Antrag der FDP bemerken, bevor ich ihn dann im Einzelnen einmal durchgehen möchte. Manchmal muss man auch genau den Wortlaut lesen. Dann weiß man auch, was in dem Antrag steht. Dann kann man sich überlegen, ob man zustimmt oder nicht.

Die jetzt anstehende Unternehmenssteuerreform der Großen Koalition ist ein Schritt. Das bezweifelt keiner. Es ist ein Kompromiss, aber ein Schritt. Es ist ein Schritt in die richtige Richtung. Das ist auch unstreitig.

Herr Puchtler, die Frage ist natürlich, ob es wettbewerbsfähiger wird oder nicht. Sicherlich wird es das, aber ob ausreichend, ja oder nein? Nun gut.

Aus meiner persönlichen Sicht ist es ein wenig kurz gesprungen – das möchte ich nicht verhehlen –, wie es passieren wird. Wir sind auf Bundesebene in dem Kompromiss, das ist klar.

Jetzt kommt aber der Antrag der FDP. Die FDP wünscht sich – die Punkte 1 und 2 können wir im Zweifel alle unterstreichen, wenn man sich das durchliest –, dass der Landtag die Landesregierung auffordert, sich auf Bundesebene für weitere Dinge einzusetzen, um es einmal so zu sagen. Es sind sechs Punkte.

Herr Kollege Puchtler, wenn Sie diese durchgehen und auch noch einmal die Kurzintervention des Herrn Creutzmann zu Rate ziehen, dann denke ich, es ist durchaus etwas daran, dass gewisse Dinge zu mehr Bürokratie als zum Aufheben oder Erleichtern führen. Das ist so. Das wissen Sie auch. Deshalb kann ich mir schon vorstellen, dass wir in diesem Landtag die Landesregierung so auffordern würden, zumal wir wissen, das die hiesige Landesregierung den SPD-Vorsitzenden bei sich hat und schließlich auch eine rote Landesregierung ist und deshalb im Bundesrat durchaus auch die selbst von Ihnen unterstützte Fraktion im Bundestag dazu bewegen kann, weitere Schritte zu machen.

Ich glaube schon, dass wir diese Schritte tun müssen. Bürokratie ist der falsche Weg. Herr Puchtler, wir haben vorher noch eines ausgeklammert. Natürlich wird es für die Unternehmen in Rheinland-Pfalz besser. Sie wissen aber selbst, es gibt noch eine ganze Menge an Insolvenzen. Insolvenzen sollten so weit wie möglich zurückgefahren werden. Auch daran dürfte es keinen Zweifel

geben. Ich bin mir ganz sicher, wir schaffen das am besten, indem wir tatsächlich weitergehen.

Wenn ich die Punkte im Einzelnen durchgehe, komme ich zunächst zu Punkt 1, sich für eine umfassende Vereinfachung und Entbürokratisierung bei den Unternehmenssteuern einzusetzen. Dagegen kann keiner sein.

Punkt 2 ist, sich für eine komplette Streichung der Zinsschranke einzusetzen, weil diese vor allem für mittelständische Unternehmen existenzbedrohend wirken könne. Dagegen kann auch keiner sein. Ich teile im Übrigen die Auffassung des Kollegen Creutzmann, ob das auf Europaebene so justiziabel und juristisch sicher ist, das mag einmal dahingestellt sein. Man kann doch zumindest einmal versuchen, in diese Richtung zu arbeiten.

Punkt 3: „…dafür einzusetzen, dass die unterschiedliche Besteuerung von einbehaltenen und ausgeschütteten Gewinnen bei Personengesellschaften korrigiert wird.“ – Das kann auch nicht streitig sein, wenn Sie zwischen Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften unterscheiden. Da gibt es keinen Grund. Eher sind Personengesellschaften aus meiner Sicht zu bevorzugen, weil sie eine höhere persönliche Haftung als die Kapitalgesellschaften haben.

Punkt 4: „…dafür einzusetzen, die Möglichkeit der degressiven Abschreibung auch in Zukunft grundsätzlich steuerlich zu gestatten, damit vor allem kleine und mittlere Unternehmen nicht in Liquiditätsschwierigkeiten geraten.“ – Das ist doch unstreitig. Das können wir auch unterschreiben, oder nicht?

Jetzt kommt Punkt 5, den wir nicht unterschreiben können. Deshalb können wir dem Antrag so, wie er hier steht, nicht zustimmen. Es steht drin: „…für die Abschaffung der Gewerbesteuer einzusetzen.“

Meine Damen und Herren der FDP, wir brauchen ein Regulativ, eine Gegenfinanzierung. Wir brauchen einen Ausgleich dafür, weil es ansonsten nichts bringt. Es steht aber hier so nicht drin. Deshalb können wir dem Antrag unter Punkt 5 nicht folgen.

Punkt 6: „…dafür einzusetzen, dass die geringfügigen Wirtschaftsgüter wie bisher in Höhe von 410 Euro weiterhin sofort abgeschrieben werden können.“ – Herr Puchtler, ich glaube nicht, dass Sie einen Mittelständler finden, der Ihnen sagt, das sollte man nicht so lassen. Den werden Sie nicht finden. Das wissen Sie selbst. Ich schlage Ihnen Folgendes vor: Wenn die FDP bereit ist, die Nummer 5 herauszunehmen, stimmen wir dem Antrag komplett in der Hoffnung zu, dass sich die Landesregierung dafür einsetzt, dass die Unternehmenssteuer, die so beschlossen werden wird, vielleicht noch einen weiteren Schritt gehen kann. Es kann doch nur in unser aller Interesse und im Interesse des Mittelstandes von Rheinland-Pfalz sein. Ich würde mich sehr über einen einstimmigen Beschluss freuen.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU und bei der FDP)

Das Wort hat Herr Kollege Puchtler. Herr Kollege, Sie haben noch eine Minute Redezeit.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin dankbar, dass es heißt, es ist der Schritt in die richtige Richtung. Es ist ein Paket, das in der Unternehmenssteuerreform geschnürt worden ist. Es gibt Entlastungsmöglichkeiten. Es gibt Kompensationsregelungen. Es gibt sicher auch die eine oder andere Modifikation, um den gesamten Betrag darstellen zu können. Wenn man das eine und das andere will, dann wird das nicht immer funktionieren.

Lieber Herr Kollege Baldauf, das ist ein Paket, das von der Großen Koalition auf den Weg gebracht worden ist. Dort sind tatkräftige Mitstreiter bis an die Bundesspitze Ihrer Partei mit dabei gewesen. Sie haben es als Kompromiss bezeichnet. Zu einem Kompromiss gehört in gewissen Bereichen ein Geben und Nehmen. Das muss man auch sehen. Man kann leicht sagen, dass man auf der einen Seite die Entlastung wünscht und mit den Steuersätzen herunterkommt, um entsprechend Wettbewerbsfähigkeit hinzubekommen, aber auf der anderen Seite muss ich die Elemente, die dafür Sorge tragen, dass ich das kann, dass ich unter die 30 % komme, irgendwo darstellen können. Deswegen ist es ein Paket. So ist es auf der Bundesebene mit auf den Weg gebracht worden.

Ich glaube, das muss man auch sehen. Man kann nicht immer nur sagen, ich nehme nur positive Dinge heraus, sondern ich muss das Paket im Sinne einer gesamtstaatlichen Verantwortung sehen.

(Beifall der SPD)

Für die Landesregierung hat Herr Staatssekretär Dr. Messal das Wort.

(Harald Schweitzer, SPD: Jetzt sagen Sie denen, dass Sie zustimmen!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Der Deutsche Bundestag wird morgen in zweiter und dritter Lesung das Gesetz zur Unternehmenssteuerreform verabschieden mit einem Entlastungsvolumen von insgesamt brutto etwa 30 Milliarden Euro und einer Gegenfinanzierung von 25 Milliarden Euro, sodass im Saldo eine Nettoentlastung von etwa 5 Milliarden Euro übrig bleibt. Das sind Zahlen nach dem Entstehungsjahr gerechnet. Wir wissen, kassenmäßig wirkt sich das etwas anders aus. Aber darauf komme ich noch.