Protocol of the Session on May 24, 2007

Ökogemüseanbau und Obstbau sind sicherlich Bereiche, in denen es noch Nachholbedarfe gibt. Hier gebe ich Herrn Staatssekretär Professor Dr. Englert recht. Das wäre die Möglichkeit. Es gibt keinen Bereich, der so schwierig ist wie der ökologische Anbau von Obst und Gemüse. Das muss man wissen.

Meine Damen und Herren, wir werden die Anträge im Ausschuss noch einmal beraten. Wir sind bereit, in der nächsten Plenarsitzung einen gemeinsamen Antrag einzubringen.

(Beifall der FDP)

Für die Landesregierung hat Herr Staatsminister Hering das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Regionen, in denen Tabakbau in RheinlandPfalz betrieben wird, wie die Südliche Weinstraße, der Landkreis Germersheim, Ludwigshafen oder die Wittlicher Senke, können seit 400 Jahren als Kulturlandschaft angesehen werden. Ich glaube, es gibt niemand in Deutschland, der sich so engagiert für die Zukunft und Entwicklung des Tabakbaus eingesetzt und aus regionaler Verbundenheit immer an der Seite des Tabakbaus gestanden hat wie unser Ministerpräsident.

Wir müssen aber zur Kenntnis nehmen, dass die Betriebe zukünftig nur noch 5 % der Prämien erhalten werden, die sie heute bekommen, wenn die Beschlüsse, die auf europäischer Ebene gefallen sind, umgesetzt werden. Die regional übliche Prämie beträgt ab dem Jahr 2013 nur noch 300 Euro.

Deswegen ist es einfach nicht redlich, die gestrige Abstimmung zum Nichtraucherschutzgesetz mit dieser Problemstellung in Zusammenhang zu bringen. Diese hat damit nichts zu tun. Nicht diese ist das Problem der Tabakanbauer in Deutschland, sondern die Änderung der Agrarpolitik auf europäischer Ebene.

(Beifall der SPD)

Da die Landesregierung eine verantwortbare Politik betreibt, hat sie frühzeitig eine Vielzahl von Gesprächen geführt. Auch der Ministerpräsident und Staatssekretär Professor Dr. Englert haben mit allen Beteiligten, sei es der Zigarettenindustrie, den Tabakpflanzern, aber auch den Verbänden, alle Handlungsoptionen erörtert, um eine Zukunftsfähigkeit für die Betriebe sicherzustellen. Man war sich schnell einig, dass wir objektive Fakten brauchen.

Das Gutachten wurde auch deshalb erstellt, um eine gemeinsame objektive Basis zu haben.

Herr Kollege Eymael, dazu gehört auch, dass man sich die Situation auf dem Weltmarkt genau betrachtet. Hierbei handelt es sich um die Situation eines gesättigten Marktes. Hier haben wir ganz andere Verhältnisse als im Bereich des Milch- und Getreidemarkts. Die Abstände zum Weltmarkt sind im Tabakbau viel gravierender als in anderen Bereichen. Auch das muss berücksichtigt werden. Auch haben die Schwellenländer in diesem Bereich die Kapazitäten in enormem Umfang erneut ausgebaut.

Wir haben intensive Gespräche mit der Tabakindustrie geführt, ob eine Zukunftsperspektive über den Weg eines Tabakcents oder eine eigene Marke German Blend zu erreichen ist. Die Industrie hat klar zum Ausdruck gebracht, dass sie nicht bereit ist, den Tabakcent zu finanzieren. Auch das Gutachten kommt eindeutig zu dem Ergebnis, dass es aufgrund der Restriktionen im Werbebereich nicht möglich ist, eine eigene Marke German Blend in Deutschland so zu etablieren, dass damit nennenswerte Einnahmen erzielt werden können.

Das Gutachten, das wegen seiner Qualität von allen Beteiligten anerkannt wird, kommt zu dem Ergebnis, dass die in Rheinland-Pfalz anbauenden Betriebe nicht wettbewerbsfähig sind und eine Tabakmischung German Blend aufgrund des Werbeverbots nicht erfolgreich etabliert werden kann, wenn die EU die Beschlüsse umsetzt. Insofern sollte den rheinland-pfälzischen Tabakbauern der Ausstieg empfohlen werden, was bedeute, dass die Verbände die entsprechenden Vorbereitungen zu treffen haben. Das war die Empfehlung des Gutachters.

Im SPD-Antrag ist die Aufforderung zu finden, der wir nachkommen werden. Wir werden noch einmal bei der Bundesregierung und der Europäischen Kommission vorstellig werden, um zu erreichen, dass über einen längeren Zeitraum die Prämien gezahlt werden, um umstellungswilligen Betrieben einen längeren Übergangszeitraum zu ermöglichen. Wir wären die Letzten, die dagegen wären, wenn die Europäische Kommission von ihren Beschlüssen Abstand nehmen und zukünftig Prämien zahlen würde.

Wir müssen allerdings realistisch zur Kenntnis nehmen, dass es von der Europäischen Kommission eine Strategie im Gesundheitsbereich gibt, für eine Reduzierung des Tabakverbrauchs zu sorgen. Das ist eine klare Zielsetzung der Europäischen Kommission. Auch wird im Jahr 2008 ein Gesundheitscheck bezüglich der Agrarreform durchgeführt. Klare Zielsetzung ist, eher noch zügiger zur Entkoppelung der Prämienzahlung zu kommen, als dies bisher vorgesehen ist. Man muss realistisch zur Kenntnis nehmen, dass die Chance überschaubar ist, die Europäische Kommission zu überzeugen, von ihren Beschlüssen Abstand zu nehmen.

Herr Eymael, dann gehört es zur verantwortbaren Politik, dafür zu sorgen, dass Familien und Menschen, die ein Einkommen aus dem Tabakbau erzielen, eine betriebliche Perspektive haben. Unverantwortbar wäre, ihnen falsche Hoffnungen zu machen nach dem Motto, es wird auf jeden Fall eine Zukunft für den Tabakbau geben.

Wir müssen uns ganz realistisch sagen, dass die objektiven Fakten eigentlich den Ausstieg empfehlen. Niemand wird von uns abgehalten, wenn er den Tabakanbau weiter betreiben und entsprechende einzelbetriebliche Förderungen für bessere Maschinen und effizientere Betriebsabläufe erhalten will. Wir werden das fördern. Wir haben aber die Verpflichtung, der wir nachkommen.

Wir habe entschieden, dass drei Personen in der Landwirtschaftsverwaltung abgestellt werden, die sich speziell der Aufgabe widmen, jeden einzelnen Betrieb im Detail zu beraten und zu schauen, welche Struktur der

Betrieb hat, welche Potenziale vorhanden sind und welche Zukunftsperspektive für diesen Betrieb möglich ist.

Ich unterstütze ausdrücklich die Wortwahl von meinem Kollegen Englert, der sagt, wir brauchen hier die Pipette. Das Pauschalprogramm für den Tabakbau nützt uns nichts. Es gibt Betriebe, die vielleicht im Sonderkulturanbau oder in ganz speziellen nachwachsenden Rohstoffen für Segmente der Pharmaindustrie eine Zukunft finden. Dann werden wir passgenau für jeden Betrieb ein eigenes Förderkonzept erstellen. Das ist verantwortbare Politik in der schwierigen Lage, in der sich die Betriebe aufgrund der Agrarpolitik der Europäischen Kommission befinden. Das werden wir seriös umsetzen.

(Beifall der SPD)

Seien Sie sicher, dass wir aufgrund des traditionellen Wertes, den der Tabakanbau für die Kulturlandschaften hat, für jeden Betrieb froh sein werden, der über 2013 bereit ist, Tabak anzubauen. Dieser wird die höchstmögliche Förderung des Landes, die zulässig ist, erhalten.

Wir müssen zu den Menschen ehrlich und realistisch sein. Wenn man sich mit dem Weltmarkt im Tabakanbau befasst, muss man die Schwierigkeiten sehen. Wir beraten die Menschen ehrlich und seriös, weil das zu einer verantwortbaren Politik gehört, insbesondere wenn Menschen, die über Jahrhunderte hinweg Betriebe von ihren Eltern übernommen haben, in dieser ganz schwierigen Situation sind. Es ist einfach unredlich, daraus politisch Kapital schlagen zu wollen.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD)

Es wird vorgeschlagen, den Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 15/1106 – sowie die beiden vorliegenden Alternativanträge der Fraktion der FDP – Drucksache 15/1134 – und der Fraktion der CDU – Drucksache 15/1152 – an den Ausschuss für Landwirtschaft und Weinbau zu überweisen. Wer diesem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Der Vorschlag ist einstimmig angenommen.

Ich rufe Punkt 19 der Tagesordnung auf:

Bemühungen der Landesregierung zur Verbesserung des Opferschutzes Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 15/1107 –

Die Fraktionen haben eine Grundredezeit von fünf Minuten je Fraktion vereinbart. Das Wort hat Herr Abgeordneter Hoch.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Wir leben leider in einer Gesellschaft, in der scheinbar nur die Täter interessant sind. Wie wurde das Verbrechen begangen? Das steht dann morgens in der

Zeitung. Weshalb wurde der Täter zum Täter? Damit beschäftigen sich die Psychologen sehr intensiv. Unsere Gerichte müssen sich fragen, ob es überhaupt ein Verbrechen gibt. Wir fragen uns im Parlament zu Recht, wie wir weitere Straftaten von Tätern verhindern können.

Wir erleben das häufig – um nicht zu sagen tagtäglich – anhand aktueller Beispiele: Magnus-Gäfgen-Stiftung, die Begnadigung von Christian Klar, die Freilassung von Brigitte Mohnhaupt und Mario M. auf dem Dach in Dresden.

Mit Genehmigung des Präsidenten zitiere ich aus der Ausgabe der „Süddeutschen Zeitung“ vom 14. Dezember. Dort schreibt Heribert Prantl: „Die staatliche Strafverfolgung hatte einen Gründungsfehler. Sie achtete das Opfer nicht.“ Weiter schreibt er: „Die Strafe diente der Befriedigung der Rechtsordnung; im Mittelpunkt des Verfahrens stand der Täter. Das Opfer blieb Randfigur; war Zeuge, war Beweismittel;“

Um den Täter kümmert sich also der Staat. Wer kümmert sich aber um die Opfer? Wer fragt nach den Angehörigen und den Freunden der Opfer? Wenn sich die Gesellschaft für die Opfer interessiert, dann leider meistens aus Sensationslust. In diesem Zusammenhang sind Natascha Kampusch, Jan Phillipp Reemtsma und Stephanie zu nennen.

Bis vor wenigen Jahren war dies das gängige Bild in der Gesellschaft. Um die Opfer gesorgt haben sich zum Glück gut ausgebildete Therapeuten, viele ehrenamtliche Organisationen, allen voran mit großem Erfolg der „Weisse Ring“ und nicht zuletzt Einrichtungen wie die Stiftung „Opferschutz in Rheinland-Pfalz“. Es sah aber nicht gerade rosig aus.

Derzeit arbeiten wir an einem neuen Strafvollzugsgesetz. Auch in diesem sollen Opferschutz, Ausgleich und Wiedergutmachung eine tragendere Rolle spielen. Gemeinsame Anstrengung von uns allen soll und muss es sein, die Rückfallquote zu senken. Das haben wir schon gesagt. Dazu gehört auch die Aufarbeitung der Tat.

Das schützt davor, Opfer zu werden. Jeder von uns kann jederzeit Opfer einer Straftat werden. So soll nicht nur der Täter im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses und der Politik stehen. Eine sozialrechtsstaatliche Gesellschaft muss dafür sorgen, dass auch die Opfer in den Fokus rücken.

(Beifall bei der SPD)

Das muss behutsam geschehen, aber nicht effekterheischend, anbietend, aber nicht fordernd, individuell auf jeden abgestimmt, aber nicht pauschal.

Deshalb stellt die SPD-Fraktion diesen Antrag zum Opferschutz und will damit auch einen Schwerpunkt der politischen Arbeit setzen. Wir wollen in einem ersten Schritt aufzeigen, welche Maßnahmen zur Verbesserung des Opferschutzes ergriffen wurden und welche derzeit konkret beabsichtigt sind. Nur in einer solchen Zusammenschau können wir feststellen, wo Nachbesserungsbedarf und Handlungsbedarf besteht, wo vielleicht nicht effektiv genug gearbeitet wird und wo wir selbst in unse

rem Bewusstsein den Opferschutz stärker in den Mittelpunkt rücken müssen.

Deshalb soll der Opferschutzbericht kontinuierlich fortgeschrieben werden. Eine Eintagsfliege können wir uns alle nicht leisten. Am Opferschutz müssen wir nachhaltig arbeiten. Opfer von Straftaten sind nämlich oft Belastungen und Ängsten ausgesetzt. Sie haben Traumata. Diese gehen häufig einher mit dem Gefühl der Unsicherheit und der Bedrohung, auch lange über den Zeitpunkt der eigentlichen Tat hinaus. Angst wird zum ständigen Begleiter. Außerdem sind körperliche und seelische Beeinträchtigungen vorhanden, häufig leider aber auch finanzielle Einbußen infolge der Tat.

Opfer bedürfen der Unterstützung der Gesellschaft, insbesondere um die Nachteile als Geschädigte auszugleichen. Wenn es in der Vergangenheit so war, dass der Täter gerade noch seine Strafe begleichen konnte – wenn überhaupt –, blieb für das Opfer häufig nichts übrig. Es war gestohlen, beraubt, gar verletzt worden. Es hat keinen Cent bekommen. Der Täter hatte kein Geld.

Zuerst Wiedergutmachung und dann Strafe ist deshalb ein wichtiger Ansatz der Modernisierung der Justiz, aber auch eine weitere Verstärkung des Täter-OpferAusgleichs. Es ist also eine weitere Beachtung des Täter-Opfer-Ausgleichs, ein Werben dafür, dass wir den Täter-Opfer-Ausgleich verstärkt direkt bei Einleitung der Ermittlungen in den Mittelpunkt rücken. Es geht nicht darum, dem Täter Strafverschonung zu gewähren, sondern es geht darum, beim Opfer die erlittenen Nachteile mehr als auszugleichen, echte Wiedergutmachung zu leisten, das Opfer zu stärken und ihm zu helfen.

Auch in diesem Zusammenhang greift die Stiftung „Opferschutz in Rheinland-Pfalz“ ein. Sie ist aber nur ein weiteres Element. In Fällen, in denen Menschen durch eine Straftat in wirtschaftliche Not geraten, kann diese Landesstiftung für ergänzende finanzielle Hilfe sorgen. Es gehört aber auch dazu, gemeinnützige Organisationen, die sich für die Betreuung von Opfern einer Straftat engagieren, zu unterstützen; denn nur durch den konkreten beharrlichen und zumeist ehrenamtlichen Einsatz von Opferschutzorganisationen wird auch in RheinlandPfalz für die Opfer von Straftaten die flächendeckende Nachsorge erreicht.

(Beifall bei der SPD)

Neben der rechtspolitischen Arbeit ist auch das Eintreten für die Belange von Straftatopfern vor Ort in jedem Fall hervorzuheben. Finanzielle Unterstützung erhalten diese Organisationen deshalb zu Recht insbesondere von der Justiz.

Neben dem vorliegenden Antrag werden wir deshalb zu einem öffentlichen Fachgespräch einladen. Opferschutzverbände, Experten und Betroffene sollen von der täglichen Arbeit berichten und Gelegenheit haben, uns ihre Anregungen und Verbesserungsvorschläge mitzuteilen und diese einzubringen; denn der Antrag zur Abfassung eines Opferschutzberichts kann nur ein erster Schritt sein zu einer nachhaltigen Verbesserung des Opferschutzes.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD)

Das Wort hat Herr Kollege Schneiders.