Mit einer Gruppe türkischer Unternehmer in der Pfalz befinden wir uns deshalb derzeit im Gespräch. Auch im Rahmen des Projekts „inpact“ streben wir eine Aktionspartnerschaft mit Betrieben und Institutionen im Bereich Ausbildung an.
Weiterhin verstärken wir die Zusammenarbeit mit Vereinen, Institutionen und Multiplikatoren, um die Möglichkeiten der dualen Ausbildung zu verdeutlichen. In Kooperation mit dem türkischen Generalkonsulat arbeiten wir zum Beispiel daran, das Thema „duale Ausbildung“ in den Wissenskanon von Imamen zu implementieren, oder wir sind in Projekten aktiv, die auch die Eltern und Familien der Jugendlichen bei der Berufswahlentscheidung mit einbeziehen.
Dies gilt insbesondere auch für Töchter von Migranten, die wir zum Beispiel durch Mentoring-Projekte dabei unterstützen, eine qualifizierte Schul- und Berufsausbildung zu erreichen.
Meine sehr geehrten Herren und Damen, im März 2007 waren in Rheinland-Pfalz 145.518 Menschen arbeitslos. Während die Arbeitslosenquote für die Deutschen bei 7,1 % lag, betrug sie für Ausländer 18,1 %.
Solange die Unterschiede so groß sind, müssen wir unsere Anstrengungen zur Integration von Migrantinnen und Migranten in den Arbeitsmarkt verstärken. Haben wir mit Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahmen im Jahr 2006 etwa 3.000 Menschen mit Migrationshintergrund erreicht, so wollen wir diese Zahl in Zukunft deutlich erhöhen, am besten verdoppeln.
Eine wesentliche Ursache für die hohe Arbeitslosigkeit von Menschen mit Migrationshintergrund ist ihre geringe formale Qualifikation gerade auch im Hinblick auf einen Arbeitsmarkt, der für gering Qualifizierte zunehmend nicht mehr aufnahmefähig ist.
In der Arbeitsmarktpolitik für Migrantinnen und Migranten sind deshalb insbesondere Qualifizierungsmaßnahmen gefragt, die wir in 2007 nochmals verstärken und auf besondere Gruppen von Migranten und Migrantinnen ausrichten.
So wird zum Beispiel der im letzten Jahr unter Beteiligung meines Ministeriums unterzeichnete Mainzer Appell zur Stärkung der Existenzgründung von Personen mit Migrationshintergrund mit konkreten Unterstützungsangeboten in den Bereichen Qualifizierung, Coaching und Beratung weiter umgesetzt.
Ein weiterer Schwerpunkt ist die Sicherung und Förderung der Frauenerwerbstätigkeit in Rheinland-Pfalz, insbesondere auch der jungen Frauen mit Migrationshintergrund. Auch für die älteren Migranten und Migrantinnen und die ausbildungsferneren Jugendlichen mit Migrationshintergrund werden wir im Rahmen der Arbeitsmarktinitiative „Neue Chancen: 6000 plus für Jung und Alt“ verschiedene neue Maßnahmen wie Qualifizierung und Coaching realisieren.
Meine sehr geehrten Herren und Damen, all diese Maßnahmen bilden in Zukunft einen wichtigen Schwerpunkt der Arbeitsmarktpolitik des Landes. Und ich bin aufgrund der guten Erfahrungen mit unserer Initiative "Neue Chancen: 6000 plus für Jung und Alt" fest davon überzeugt, dass sich auch dieses Engagement und dieser Einsatz lohnen werden.
Meine sehr geehrten Herren und Damen, auch für die große Mehrheit der Migrantinnen und Migranten ist und bleibt die Familie wie für die meisten Deutschen die gewünschte Lebensform. Sie hat aber für viele Migranten und Migrantinnen noch eine ganz besondere Bedeutung: Sie ist Heimat und Schutzraum für sie, Hort der Tradition und der Verständigung in der als Fremde
wahrgenommenen Umgebung. Sie ist aber zunehmend auch ein Ort, an dem unterschiedliche Traditionen und Lebenswirklichkeiten zusammentreffen, und zwar unterschiedliche Auffassungen der Geschlechterrollen, von Partnerschaft, Erziehung oder Religion.
Migrantenfamilien brauchen deshalb besondere Unterstützung, weil sie häufiger als deutsche Familien in benachteiligten Lebenslagen leben, anders als deutsche Familien mit Vorurteilen, Ausgrenzung und Diskriminierung zu kämpfen haben und der Zugang zu Fach- und Beratungsstellen für sie aufgrund der Sprachbarrieren schwieriger ist.
Die interkulturelle Öffnung der vorhandenen Angebote für Familien ist deshalb ein wichtiges Ziel der Landesregierung. Sie ist ein Schwerpunkt in der Weiterentwicklung der Beratungsstrukturen in unserem Land, der Familienbildung, der Lokalen Bündnisse für Familien und selbstverständlich auch der Häuser für Familien.
Meine Herren und Damen, ebenso wichtig ist auch die interkulturelle Öffnung der vorhandenen Angebote für Frauen, zu denen Migrantinnen aufgrund von Sprachproblemen und Informationsdefiziten oft keinen Zugang finden.
Ich nenne hier die Interventionsstellen, die Frauenhäuser, die Frauenhausberatungsstellen und Frauennotrufe. Und ich versichere Ihnen, dass die Landesregierung diese Einrichtungen auch in Zukunft dabei unterstützen wird, ihre Angebote, zum Beispiel durch die Übersetzung von Informationsmaterialien oder die Beschäftigung von Beraterinnen mit Migrationshintergrund, auf die Bedürfnisse der ausländischen Frauen zuzuschneiden.
Im Rahmen des Programms „Soziale Stadt“ tragen wir darüber hinaus zusammen mit dem Bund durch Maßnahmen der Stadtentwicklung und des Quartiermanagements dazu bei, dass Menschen mit Migrationshintergrund in einem verbesserten Wohnumfeld leben können. Auch das gehört in das Spektrum unserer Politik für Familien mit Migrationshintergrund. Familien- und Frauenpolitik sind und bleiben wichtige Schwerpunkte unserer Integrationspolitik.
Menschen mit Migrationshintergrund haben auch geringere Chancen der gleichberechtigten Teihabe an den Angeboten der Gesundheitsvorsorge und -versorgung. Sie müssen höhere Zugangsbarrieren überwinden, wozu neben den kulturellen Unterschieden vor allem auch Sprachbarrieren gehören. Dies gilt selbst für diejenigen, die die deutsche Sprache beherrschen.
Die Landesregierung wird sich deshalb verstärkt dafür einsetzen, dass Informationsangebote mehrsprachig zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus wird sie die begonnene interkulturelle Öffnung bereits laufender Projekte und Initiativen im Bereich Gesundheit und Pflege mit den beteiligten Koalitionspartnerinnen und -partnern weiter aktiv vorantreiben.
Beispiele hierfür sind die Gesundheitsteams vor Ort, die in Trier und Mainz dafür sorgen, dass Bürgerinnen und Bürger die Angebote des Gesundheitssystems möglichst niedrigschwellig in Anspruch nehmen können. Das Brustkrebs-Früherkennungsprogramm „Brust Life“ wird so ergänzt, dass muslimische Frauen für diese Vorsorge sensibilisiert werden. Ferner wird bei der Zahngesundheitsvorsorge in Schulen und Kindergärten von der Landesarbeitsgemeinschaft Zahngesundheit ein besonderer Schwerpunkt auf bisher nur schwer zu erreichende Zielgruppen gelegt, zu denen leider auch viele Kinder ausländischer Familien gehören.
Wir werden uns dafür einsetzen, dass Einrichtungen und Dienste im Gesundheitswesen ihre interkulturelle Kompetenz deutlich erhöhen und auch in der Weiterbildung und in den Ausbildungen im Gesundheitswesen interkulturelle Kompetenzen vermittelt werden. In der Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflege ist das bereits umgesetzt. Dort wurden die Lernmodule „Menschen aus verschiedenen Kulturkreisen pflegen“ mit in den Rahmenlehrplan aufgenommen.
Um auch den Bedürfnissen der älteren Migrantinnen und Migranten, einer Bevölkerungsgruppe, die zunehmend größer wird, gerecht zu werden, haben wir unsere Maßnahmen im Bereich der kultursensiblen Pflege verstärkt. So wurde im Landespflegestrukturgesetz festgeschrieben, dass den unterschiedlichen kulturspezifischen Bedürfnissen pflegebedürftiger Menschen angemessen Rechnung zu tragen ist.
Als besonders erfolgreich hat sich darüber hinaus erwiesen, gerade dort, wo die Bevölkerungsanteile von Migrantinnen und Migranten hoch sind, Fachkräfte mit Migrationshintergrund in den Krankenhäusern, Arztpraxen und ambulanten Diensten zu beschäftigen. Meine Herren und Damen, wir sehen es als unsere Aufgabe an, bei den Anbietern im Gesundheitswesen in Zukunft noch gezielter dafür zu werben, die Zielgruppe der Migrantinnen und Migranten stärker zu beachten.
Meine sehr geehrten Herren und Damen Abgeordnete, die jetzt 60-jährige Geschichte unseres Landes ist eine Erfolgsgeschichte. An dieser Erfolgsgeschichte haben Menschen mit und ohne Migrationsgeschichte ihren Anteil und ihr Verdienst. Wir leben gut miteinander in Rheinland-Pfalz, und wir wollen, dass das so bleibt.
Die Integrationspolitik der Landesregierung – auch der Vorgängerregierung – konnte und kann sich sehen lassen. Sie braucht einen Ländervergleich nicht zu scheuen. Ich erinnere hier lediglich an die Einrichtung der Landesbeauftragten für Ausländerfragen im Jahr 1987, an die gesetzliche Festschreibung der Ausländerbeiräte im Jahr 1994, an die Leitlinien der Integrationspolitik im Jahr 2002, an den Zuwanderungs- und Integrationsbericht der Landesregierung seit dem Jahr 2005, an die rheinland-pfälzische Initiative für Integration im Jahr 2002 und schließlich an den Landesbeirat für Migration und Integration, der Anfang 2007 als Beratungsgremium der Landesregierung installiert wurde. Vor allem erinnere ich an die langjährige vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Multiplikatorinnen und Multiplikatoren aus der
Integrationspraxis, an die intensive Informations-, Aufklärungs- und Beratungsarbeit und nicht zuletzt an die kontinuierliche finanzielle Förderung.
Ausdrücklich bedanken möchte ich mich bei der Beauftragten für Migration und Integration, Maria Weber, und ihrer Vorgängerin, Helga Gerigk, die zusammen mit ihrem Arbeitsstab fast 20 Jahre lang wesentlich dazu beigetragen haben, dass Integration in Rheinland-Pfalz stattfand und erfolgreich ist.
Wir können in unserem Land auf einer guten Grundlage aufbauen, meine sehr geehrten Herren und Damen Abgeordnete. Wir sind entschlossen, diesen erfolgreichen Kurs fortzusetzen.
Zum Wohle unseres Landes, dessen Geschichte durch kulturelle Vielfalt und dessen Menschen durch Offenheit geprägt sind, werden wir gemeinsam – Bürgerinnen und Bürger mit und ohne Migrationserfahrung – Integration in Rheinland-Pfalz weiter erfolgreich gestalten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich begrüße Schulkinder und Lehrer aus Inkwill in der Schweiz. Herzlich willkommen!
Darüber hinaus begrüße ich Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Schüler-Landtagsseminar. Herzlich willkommen!
Wir kommen zur Aussprache zur Regierungserklärung. Ich bitte um Wortmeldungen. – Das Wort hat Frau Kollegin Kohnle-Gros.
Meine Damen und Herren! Sehr verehrte Frau Ministerin Dreyer, wir haben eine Regierungserklärung zum Thema „Verschiedene Kulturen – Leben gemeinsam gestalten“ gehört. Ich weiß nicht, wie es Ihnen gegangen ist, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen. Zu den verschiedenen Kulturen, die in unserem Land leben, habe ich keine inhaltliche Beschreibung gehört. Es ist keine einzige Kultur genannt worden, weder die türkische, noch die der Spätaussiedler noch die anderer Gruppen, die in diesem Land leben.
Es ist eine weich gezeichnete Darstellung gegeben worden von dem, was Integrationspolitik sein könnte. Zahlreiche Beispiele – seien sie noch so klein – sind in einer Fleißarbeit – das will ich zugestehen – zusammen
Ich will es Ihnen sagen. Jeder von Ihnen kennt den persischen Architekten, den griechischen Arzt, den italienischen Restaurantbesitzer, den Klassenkameraden Ihrer Kinder, der polnischer oder russischer Herkunft ist. Sie kennen den Lehrer, der aus dem Maghreb stammt und sonstige Menschen. Ich glaube nicht, dass es in dieser Regierungserklärung um diese Menschen gegangen ist; denn diese Menschen sind in Deutschland integriert. Diese Menschen brauchen keine Politik der Integration.
Meine Damen und Herren, es geht um eine andere Gruppe, die uns das Leben schwer macht. Frau Ministerin, hierzu benötigt man eine kurze und knappe Analyse, damit man weiß, wovon wir sprechen.
Sie haben gesagt, wir seien ein Einwanderungsland. Das ist ein Mainstream, der sich aktuell festgesetzt hat. Wir waren aber über Jahrzehnte kein Einwanderungsland, Frau Ministerin Dreyer.
Wir haben Gastarbeiter in den 60er- und 70er-Jahren angeworben, um einen Bedarf in der Industrie und im Gewerbe zu decken. Diese Menschen waren zunächst gekommen, um hier Arbeit zu finden, die sie in ihren Heimatländern zumindest nicht zu den Bedingungen vorgefunden haben.