Protocol of the Session on January 18, 2007

Es gab einige Fälle, die Sie alle sicher aus den Medien kennen. Ich will sie an dieser Stelle nicht benennen und schildern. Es gab solche Fälle. Es gibt eine Reihe von Zahlen, die im Raum stehen. Auch darüber will ich mich nicht in Spekulationen auslassen. Es gibt einige hundert Fälle pro Jahr in der Bundesrepublik, bei denen solche Kinder vor allem, aber nicht nur im Rahmen der medizinischen Indikation abgetrieben werden. Dabei geht es um ungeborene Kinder, die eine Behinderung in sich tragen. Sie alle wissen, dass die Entscheidung, die Eltern zusammen mit den Ärzten nach pränataler Diagnostik treffen, eine sehr schwierige ist.

Häufig ist es so, dass das Haftungsrecht der Ärzte ein Teil des Problems ist. Das wissen wir aus der Diskussion. Wenn ein behindertes Kind geboren werden soll, dann neigen die Ärzte aus haftungsrechtlichen Gründen sehr schnell dazu, eine Abtreibung zu empfehlen, dazu zu raten oder dazu beraten. Deswegen gibt es diesen Fragenkomplex im Zusammenhang mit den späten Abtreibungen, die heute diskutiert werden soll, wie wir finden.

Sie kennen die historische Entwicklung. Die CDU/CSUBundestagsfraktion hat zu Zeiten von Rot-Grün in Berlin schon mit einem eigenen Gesetzesvorschlag versucht, eine Veränderung herbeizuführen. Das ist nicht gelungen. Wir haben vonseiten der Ärzteschaft und den Gynäkologen noch einmal einen Vorstoß gemacht. Wir haben einen Vorstoß in den Koalitionsvereinbarungen der Großen Koalition gemacht. Dort ist vereinbart worden, dass man sich in dieser Frage versuchen wird zu einigen. Das ist vor wenigen Wochen gescheitert. Es wird kein gemeinsames Vorgehen geben.

Auch die Kirchen haben einen neuen Vorstoß unternommen. Sowohl Kardinal Lehmann als auch Bischof Huber sind bei den beiden Koalitionsfraktionen zu dem Thema vorstellig geworden.

Herr Ministerpräsident, Sie haben sich im November zu diesem Thema geäußert und haben nach unserer Meinung völlig zu Recht auf die Problematik und darauf hingewiesen, dass man versuchen muss, gemeinsam eine Lösung zu finden.

Wir möchten in diesem Parlament alle bitten, mit uns dies anzugehen. Deswegen haben wir noch keine schriftlichen Darlegungen gemacht, wie das im Einzelnen genau aussehen soll und auf welche Regelung wir speziell abheben wollen. Man kann über die Fragen, wann Beratung stattfinden muss, wer das machen muss und welche Abstände eingehalten werden müssen, trefflich diskutieren.

Uns geht es einfach darum, dass wir jetzt gemeinsam alle Parlamentarier auch in Berlin noch einmal davon überzeugen, dass sie auch hier im rheinland-pfälzischen Landtag Unterstützung für ihr Anliegen finden

(Glocke des Präsidenten)

ich komme sofort zum Schluss –, damit wir gemeinsam zu einer Lösung in dieser ganz wichtigen Frage für unsere Gesellschaft kommen. Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Steinruck.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Thema „Spätabtreibungen“ ist ein ausgesprochen sensibles und facettenreiches Thema, das sehr differenziert bewertet werden muss und dem die Kürze einer Aktuellen Stunde überhaupt nicht gerecht wird. Es eignet sich auch überhaupt nicht zu einer parteipolitischen Profilierung; denn es gibt nicht auf der einen Seite die Frauen, die leichtfertig ein ungeborenes Kind abtreiben, und auf der anderen Seite die Frauen, die Leben schützen.

Ich kann mich nur darüber wundern, dass die CDU versucht, in den Länderparlamenten die im Bund gescheiterte Debatte neu anzufachen. Meine Damen und Herren, ich denke, wir sind uns einig, wir alle wollen Schwangerschaftsabbrüche vermeiden; denn es darf natürlich nicht sein, dass behinderte Kinder schon im Mutterleib einfach aussortiert werden.

Ich komme noch einmal ganz kurz zur Chronologie: 1995 galt es, zwei unterschiedliche Regelungen der beiden Teile Deutschlands zusammenzuführen. Dabei mussten die zusätzlichen Aspekte berücksichtigt werden, die das Bundesverfassungsgericht im Mai 1993 mitgegeben hat. Damals wurde eine Regelung vereinbart, und das Bundesverfassungsgericht hat eine Überprüfungs- und Nachbesserungsaufgabe auferlegt. Es ist damit überhaupt nichts Neues, dass die Auswirkungen einer Gesetzeslage überprüft und gegebenenfalls nachgebessert werden sollen. Union und SPD haben im Bund im Koalitionsvertrag vereinbart, in der laufenden Legislaturperiode dieser Pflicht nachzukommen und zu prüfen, ob, und gegebenenfalls wie die Situation bei Spätabtreibungen verbessert werden kann.

Zur Erinnerung, die aktuelle Rechtsprechung hat gesagt, dass Schwangerschaftsabbrüche grundsätzlich strafbar sind, aber dass sie unter bestimmten Voraussetzungen straffrei sind. Das gilt für die Beratungsregelung innerhalb der ersten zwölf Wochen, und Straffreiheit gilt auch bei der medizinischen Indikation,

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Was heißt auch? Da gilt sie!)

bei der man damals ausdrücklich die embryopathische Indikation abgeschafft hat.

Meine Damen und Herren, in der Regel kommen 97 von 100 Kindern gesund auf die Welt. 2005 wurden bundesweit 171 ungeborene Kinder nach der 23. Schwangerschaftswoche abgetrieben. Wir sprechen bundesweit

über einen konstant bleibenden Anteil von Schwangerschaftsabbrüchen aufgrund der medizinischen Indikation. Die Fallzahlen sind nicht – wie damals befürchtet – seither angestiegen.

Ich möchte auch festhalten, dass die aktuelle Gesetzeslage des § 218 StGB ganz klar feststellt, dass eine Frau gar nicht allein entscheiden kann, ob sie ihr behindertes Kind austrägt oder nicht. Die notwendige medizinische Indikation, nach der eine Spätabtreibung nur erlaubt ist, wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist, und zwar unter Berücksichtigung der gegenwärtigen und zukünftigen Lebensverhältnisse, trifft der Arzt im Einvernehmen mit der Mutter. Dem Arzt kommt allerdings bei der Aufklärung vor allen vorgeburtlichen Untersuchungen eine Schlüsselrolle zu. Damit wird auch unsere Linie deutlich, ein Ausbau der Beratung bei Spätabtreibung ist wichtig und sinnvoll; denn bei Frauen, die vor einer wichtigen Entscheidung für oder gegen eine Spätabtreibung stehen, handelt es sich um Einzelschicksale. Sie brauchen eine gute und umfassende ärztliche Beratung.

Eine Verschärfung des Strafrechts – dies hat auch die Expertenanhörung des Bundestages im Februar 2005 bestätigt – lehnen wir ab; denn keine Frau treibt leichtfertig ihr Kind ab. Gerade bei Spätabtreibungen, wenn eine Frau sich bereits vor Wochen für ein Kind entschieden hat und sich dann zum Beispiel einer Fruchtwasseruntersuchung unterziehen muss, ist es eine lange Zeit der Ungewissheit, bis das Ergebnis vorliegt. Wer das schon einmal durchlebt hat, weiß, dass in diesen Wochen Mütter eine große Belastung erleben und sich intensiv Gedanken machen über das, was kommt oder kommen könnte.

Meine Damen und Herren, ich halte nichts davon, die Frauen zu einer Beratung zu verpflichten; denn es verhindert keine Spätabtreibung, sondern es erhöht nur den psychologischen Druck auf die Frauen. Zwangsberatungen kommen einer Entmündigung von Frauen und einer Missachtung ihrer Entscheidungskompetenz gleich. Wir müssen den betroffenen Frauen in einer solch schwierigen Situation zugestehen, eine Gewissensentscheidung treffen zu können.

Vielen Dank.

(Starker Beifall der SPD)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Dr. Lejeune.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine verehrten Damen und Herren! Das Thema „Abtreibung“ betrifft einen sehr sensiblen Lebensbereich, der in vielfältige Rechtspositionen eingreift. Diese muss der Gesetzgeber im Lichte der Verfassung wohl bewerten, gewichten, abwägen und anschließend den Betroffenen Handlungsmöglichkeiten einräumen, mit denen sie ebenso wie die Gesellschaft leben können.

Ich möchte nicht die ganze Diskussion rund um den § 218 StGB aus den 70er- und 90er-Jahren hier wieder aufrollen. Das haben auch meine beiden Vorrednerinnen nicht getan. Letztendlich sei mir auch die Bemerkung gestattet, schließlich ist der Bundesgesetzgeber auch für die Beantwortung dieser Frage zuständig und nicht wir als Landtag.

Gleichwohl möchte ich kurz die Position meiner Fraktion skizzieren. Ich glaube nicht, dass man für die Lösung des Problems der Spätabtreibung, also solche nach der 22. Schwangerschaftswoche, an der gesetzgeberischen Entscheidung des § 218 a StGB ernsthaft rütteln muss. Vielmehr kann die dort getroffene Entscheidung im Interesse des ungeborenen Lebens, der schwangeren Frau bzw. der werdenden Eltern und des behandelnden Arztes für die besondere Situation der Spätabtreibungen sinnvoll fortentwickelt werden.

Nach der derzeitigen Gesetzeslage – das ist eben auch schon mehrmals dargestellt worden – kann im Fall der medizinischen Indikation die Schwangerschaft auch noch nach der 22. Schwangerschaftswoche abgebrochen werden. Erforderlich ist lediglich, dass eine vorgeburtliche Untersuchung des werdenden Lebens erfolgt ist, der Arzt festgestellt hat, dass die Fortsetzung der Schwangerschaft eine Gefahr für das Leben oder die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes der Schwangeren mit sich bringen würde. Problematisch für alle Betroffenen ist die Spätabtreibung, die besondere Konfliktsituation aufgrund der schon vorangeschrittenen Entwicklung des Ungeborenen und dass dieses nicht selten lebensfähig ist und auch die Abtreibung dann tatsächlich überlebt. Dies ist für die schwangere Frau, die werdenden Eltern und natürlich auch für den die Abtreibung vornehmenden Arzt eine sehr schwere seelisch belastende Situation, die es, wenn irgend möglich, zu vermeiden gilt.

Sicherlich ist es nicht hilfreich, die Sinnhaftigkeit der vorgeburtlichen Untersuchungen, die Fehlbildungen oder schwere Erkrankungen des Ungeborenen erkennen lassen, infrage zu stellen oder gar zu verteufeln. Die Pränataldiagnostik ist wie andere medizinische Untersuchungsmethoden ethisch neutral. Das haben auch die beiden großen christlichen Kirchen bislang immer wieder deutlich gemacht. Wesentlich bzw. ethisch relevant sind lediglich die Entscheidungen, die aufgrund des dort getroffenen Befundes dann seitens der schwangeren Frau getroffen werden. Hier ist eine umfassendere Hilfestellung, die Frauen in belastenden Situationen gegeben wird, unabdingbar. So ist es weder sinnvoll, auf eine schnelle Entscheidung zu drängen, noch eine medizinische Beratung lediglich auf den Schultern des Arztes abzuladen. Eine umfassende Beratung, die medizinische, humangenetische, psychologische und auch psychosoziale Aspekte hinreichend berücksichtigt, ist meines Erachtens unabdingbar.

(Beifall bei der FDP)

Auch der von der Bundesärztekammer unterbreitete Vorschlag, neben einer Beratungspflicht eine Frist von mindestens drei Tagen zwischen der Eröffnung des pathologischen Befundes und dem medizinischen Ein

griff vorzuschreiben, ist sehr bedenkenswert. Diesbezüglich hat auch die FDP-Bundestagsfraktion bereits in der letzten Legislaturperiode einen entsprechenden Antrag gestellt, dem ebenso wie auch dem Versuch einer gemeinsamen fraktionsübergreifenden Regelung leider der Erfolg versagt blieb.

Ziel muss es sein, die Zahl der Abtreibungen und der Spätabtreibungen im Interesse des ungeborenen Lebens und der übrigen Betroffenen deutlich zurückzuführen. Niemand kann der schwangeren Frau oder den werdenden Eltern die endgültige Entscheidung abnehmen, aber der Bundesgesetzgeber kann durch die konkretere Fassung des Verfahrens zur Entscheidungsfindung und eine Beratungspflicht allen Beteiligten etwas mehr Gewissheit geben, die Entscheidung sei nicht unter einem erhöhten zeitlichen Druck oder aus einer nur vorübergehenden emotionalen Überforderung heraus zustande gekommen.

Im Interesse der Betroffenen kann man nur hoffen, dass eine gesetzliche Regelung der Spätabtreibung in der aktuellen Legislaturperiode möglich sein wird. Die Bundestagsfraktionen müssen dazu aufgefordert werden, entsprechend zu handeln. Dieser Appell richtet sich an alle Bundestagsfraktionen; denn für einen parteipolitischen Streit ist dieses Thema überhaupt nicht geeignet. Es ist viel zu ernsthaft, zu persönlich und für die Betroffenen viel zu schmerzhaft, um daraus einen politischen Profit zu ziehen.

Vielen Dank.

(Beifall der FDP)

Das Wort hat Frau Staatsministerin Dreyer.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Herren und Damen! Zunächst einmal bedanke ich mich für die sachliche Debatte. Ursprünglich hatte ich etwas Sorge, weil wir im Rahmen der Aktuellen Stunde damit ein doch sehr sensibles Thema ansprechen. Insofern ist es als sehr positiv zu vermerken, dass diese Debatte sehr sachorientiert in diesem Parlament abläuft.

Ich möchte noch einmal aufgreifen, worum es geht, um die Zahlen deutlich zu machen, über die wir sprechen. Das Statistische Bundesamt weist bereits seit dem Jahr 1996 sehr verlässliche Zahlen über die Schwangerschaftsabbrüche in der Bundesrepublik Deutschland und in den einzelnen Bundesländern aus. Nach den aktuellen Zahlen aus dem Jahr 2005 gab es in Deutschland insgesamt 124.023 Schwangerschaftsabbrüche, davon 171 Abbrüche mit medizinischer Indikation nach der 22. Schwangerschaftswoche. Im Jahr 2005 waren es in Rheinland-Pfalz sieben Abbrüche nach der 22. Schwangerschaftswoche. Ich halte es für wichtig, dies zu registrieren, nicht, weil ich das Problem kleinreden möchte,

aber um zu zeigen, dass es tatsächlich um Einzelschicksale geht, über die wir sprechen.

Der Bundesverband der Frauenärzte, Landesverband Rheinland-Pfalz, hat mir in einer Stellungnahme hierzu Ende des vergangenen Jahres mitgeteilt, dass eine Schwangerschaftsunterbrechung nach der 22. Schwangerschaftswoche nur nach sorgfältigster Prüfung vorgenommen werde, wenn man nach ausführlicher Beratung – in der Regel interdisziplinär mit Perinatologen, Psychotherapeuten und Genetikern und mit dem betroffenen Paar – zu dem Ergebnis gekommen sei, dass eine frühzeitige Geburt aus Gründen mütterlicher Indikation eingeleitet werden sollte. Ich zitiere dies, weil ich – ich kann aber nur für Rheinland-Pfalz sprechen – den Eindruck habe, dass sowohl die Ärzte in diesem Land als auch die Betroffenen und die Beteiligten insgesamt außerordentlich sorgfältig mit diesem Thema umgehen.

(Beifall bei der SPD)

In Rheinland-Pfalz wird keine Spätabtreibung vorgenommen, der nicht eine intensive Beratung vorangegangen ist. Das ist auch nicht verwunderlich; denn die Spätabtreibung ist ein äußerst schwieriges Thema. Wenn ein Kind schon sechs Monate im Bauch ist und dann darüber diskutiert wird, ob das Kind noch abgetrieben werden kann, dann können wir uns alle vorstellen, wie schwierig sich diese Situation darstellt. Natürlich hat keiner von uns dabei ein gutes Gefühl. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es eine Frau gibt – das bestätigen mir im Übrigen alle Ärzte und Ärztinnen –, die damit leichtfertig umgeht. Bei einer Frau, die nicht vorher die Schwangerschaft abgebrochen hat, ist davon auszugehen, dass sie sich auf ihr Kind freut und darauf wartet, dass dieses Kind auf die Welt kommt. Aufgrund der medizinischen Gefährdung bezogen auf einen Abbruch in diesem Alter des Kindes ist es natürlich selbstverständlich, dass eine Beratung stattfindet.

Dabei findet in Rheinland-Pfalz immer eine Beratung von zwei Ärzten statt. Darüber hinaus handelt es sich in der Regel um ein interdisziplinäres Angebot. Ich bin der Auffassung, dass es sich durchaus lohnen würde, im Ausschuss die Beteiligten zu hören, um zu erfahren, wie das in der Praxis aussieht.

Der Vorsitzende des Berufsverbands hat darauf hingewiesen, dass wir es immer mit sehr schwierigen Einzelfällen zu tun haben und diese Fälle in der Vergangenheit mit großer Verantwortung besprochen und gelöst worden sind. Es handelt sich immer um höchst tragische Einzelfälle.

In diesem Zusammenhang kommt der pränatalen Diagnostik natürlich eine entscheidende Bedeutung zu. Die existierenden und sich weiterentwickelnden Verfahren machen es zunehmend möglich, Aussagen über die zu erwartende Gesundheit, aber auch über die Eigenschaften eines Kindes zu machen. Wir müssen in der Gesellschaft immer wieder eine sehr intensive und konstruktive Diskussion über den Wert des menschlichen Lebens führen. Die derzeitige Aktion der „Aktion Mensch“ dient dazu, die Öffentlichkeit zu sensibilisieren, wenn es darum geht, über den Wert des menschlichen Lebens nachzudenken.

Unsere Aufgabe ist es, ein gesellschaftspolitisches Klima zu schaffen, das Frauen, Männer und Paare ermutigt, zu einem behinderten Kind Ja zu sagen. Dazu gehört natürlich, die Selbstbestimmung eines Menschen mit einer Behinderung sehr ernst zu nehmen und ihm die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen, um so die Gleichstellung zu erreichen. Eine gute Politik für Menschen mit Behinderungen ist die beste Voraussetzung dafür, dass Eltern bereit sind, ein behindertes Kind anzunehmen.

Die Debatte ist aber letztlich nur scheinbar damit verbunden. Man darf das nicht vermengen. Der einzige Grund für eine medizinische Indikation kann immer nur die Gefährdung der Mutter sein. Die Tatsache allein, dass ein Kind ein behindertes Kind ist, ist also nicht gleichzeitig die Rechtfertigung dafür, dass eine Spätabtreibung rechtlich möglich ist. Das ist nicht der Fall. Deshalb muss man genau differenzieren, um was es bei der Spätabtreibung eigentlich geht.

Wir haben in Rheinland-Pfalz ein ausgesprochen gutes Beratungs- und Hilfeangebot. Ich habe großes Vertrauen, wie mit diesem Thema umgegangen wird. Es ist ein schwieriger Prozess auf Bundesebene. Das ist überhaupt keine Frage. Wer sich aber an die Ausgangsdebatten über den § 218 StGB erinnert, der weiß, wie schwierig es damals war. Wir wissen alle, dass es letztlich die einzelnen Gewissensentscheidungen der Parlamentarierinnen und Parlamentarier waren, die letztlich zu diesem Kompromiss geführt hatten.

Mit dieser Sorgfalt müssen wir auch dieses Thema behandeln. Es ist ein Thema für den Deutschen Bundestag. Es ist ein Thema für die deutschen Parlamentarierinnen und Parlamentarier, die sich in dem Prozess damit auseinandersetzen müssen und nach ihrem eigenen Gewissen überlegen müssen, was der richtige Schritt beim Thema „Spätabtreibung“ ist.