Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister Hering, herzlichen Dank für die Darstellung der Problematik und den daraus folgenden Gesetzentwurf.
Für die Insider ist das ein altbekanntes Thema. Wenn ich Insider anspreche, dann meine ich damit diejenigen, die bei kreisfreien Städten und Landkreisen Finanzverantwortung tragen. Insoweit wird dieser Gesetzentwurf der Landesregierung nicht von einem Vertreter aus dem Bereich der Wirtschaft und des Verkehrs vonseiten meiner Fraktion begleitet, sondern von einem Haushälter.
Lassen Sie mich an dieser Stelle Dank sagen an den Vorgänger des heutigen Verkehrsministers Hering: Herzlichen Dank, Herr Bauckhage.
Seit vielen Jahren laufen die Bemühungen, das betreffende Bundesgesetz zu ändern. Auf Wunsch der Länder, auch des Landes Rheinland-Pfalz im Vermittlungsausschuss, hat der Bund im Mai 2005 das Straßenverkehrsgesetz geändert und damit die heute vorliegende Formulierung des Landesgesetzes ermöglicht.
Was dieses Gesetz in der Praxis bedeutet, darf ich Ihnen sicher auch aus Sicht meiner bisherigen Berufserfahrung als Kreiskämmerer darstellen. Bei Durchsicht der Haushaltseinnahmenreste – beim Kaufmann würde man sagen, bei der Überprüfung der Forderungen –, dieser Listen also, hatten die Kämmerer bisher regelrecht Tränen in den Augen, wenn sie diese Rückstände sahen, nicht nur wegen der Höhe – 200.000 Euro als Durchschnittswert wurden genannt; ich kenne Einzelfälle bei Kommunen, die sogar deutlich darüber liegen –, sondern auch wegen des damit zusammenhängenden Verfahrens.
Wenn ich sehe, wie frustrierend das die ganze Zeit in den Verwaltungen war und bis heute noch ist, wenn man keine Möglichkeit hat, eine Zulassung zu vermeiden, obwohl man genau weiß, dass diese Zulassung in Kürze erneut zu hohen Verwaltungskosten führen wird, weil eine Zwangsabmeldung – aus welchen Gründen auch immer – dazu führt, dass die Vollstreckung notwendig wird und ein Personaleinsatz notwendig wird, so ist all das für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Verwaltungen sehr frustrierend, und man kann nichts dagegen tun.
Nun gibt es die Möglichkeit zu reagieren, und ich bin froh, dass es der Landesregierung nun gelungen ist,
diese bekannte Problematik zu lösen und die Themen wie beispielsweise „Datenschutz“, die „praktische Umsetzung im Bereich der EDV“ und das „Abrechnungsverfahren mit betroffenen Kommunen“ untereinander zu bearbeiten. Diese zufriedenstellende Lösung spiegelt sich aus meiner Sicht und auch aus Sicht meiner Fraktion in diesem Gesetz wider.
Das Gesetz und die damit verbundenen vorbereitenden Arbeiten wurden zügig auf den Weg gebracht. Dies zeigt die kommunalfreundliche Vorgehensweise und Umsetzung. Kurz gefasst bedeutet dieses Gesetz spürbare Einnahmenverbesserungen auf der kommunalen Seite. Das Gesetz schafft Gebührengerechtigkeit, es schafft Verwaltungsvereinfachung verbunden mit einem geringeren Personaleinsatz, und nicht zuletzt steigert es auch die Arbeitszufriedenheit der Kolleginnen und Kollegen vor Ort in den kommunalen Verwaltungen.
Meine Damen und Herren, ich darf vonseiten meiner Fraktion Zustimmung zu diesem Gesetz signalisieren.
Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Das Landesgesetz über die Entrichtung rückständiger Kosten im Verfahren der Zulassung von Fahrzeugen im Straßenverkehr ist kein typisches liberales Gesetz. Uns wäre es viel lieber gewesen, man hätte keine Rückstände, und die Zahlungen würden eingehen, ohne dass man ein Gesetz einführen müsste. Aber in der Tat gibt es erhebliche Probleme bei der Entrichtung rückständiger Kosten. Insofern sind wir jetzt mehr oder weniger gezwungen, dieses Gesetz nachher – wahrscheinlich einstimmig – zu verabschieden.
Rückstände von über 3 Millionen Euro bei 16 Zulassungsbehörden, dies ist in der heutigen Finanzlage eine Riesenlast, die die Landkreise mitzutragen haben. Deswegen ist eine Verbesserung der Situation dringend notwendig. Diese neue gesetzliche Grundlage ist zu schaffen.
Es sollen zukünftig nur noch Zulassungen erfolgen, wenn die entsprechenden rückständigen Kosten beglichen sind. Aber ich möchte noch einmal deutlich machen, es muss auch eine stärkere Zusammenarbeit der einzelnen Zulassungsbehörden untereinander erfolgen, und es muss gesichert sein, dass die Beiträge der Zulassungsbehörde zurückerstattet werden, bei der sie angefallen sind, und keine Zulassungen erfolgen, wenn diese Kosten nicht beglichen sind. Ich hoffe, dass dies geschehen wird. Durch eine bezirksübergreifende Anwendung des Gesetzes ist dies möglich.
Dazu wird natürlich eine zentrale Datei notwendig werden, um die sogenannten kostenpflichtigen Fahrzeughalter auf einer Gesamtliste zu erfassen. Es wird letztlich auch Kosten verursachen, aber trotzdem werden die Mehreinnahmen alles in allem deutlich höher liegen. Ich hoffe, dass dann die kommunalen Gebietskörperschaften in der Zukunft keine Außenstände mehr haben werden und die finanzielle Situation sich ein wenig bereinigen wird. Insofern sind wir für die Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr und werden dann in zweiter und dritter Beratung dem Gesetz voraussichtlich zustimmen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, es wurde vorgeschlagen, den Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 15/433 – an den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr – federführend – sowie an den Rechtsausschuss zu überweisen. Besteht Einverständnis darüber? – Vielen Dank.
Neukonzeption und Neuorientierung der Grundsicherung für Arbeitsuchende Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 15/245 –
Mehr Gerechtigkeit bei Arbeitslosenver- sicherung und Grundsicherung für Arbeitsuchende Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 15/439 –
Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt in Rheinland-Pfalz (Hartz I bis IV) Besprechung der Großen Anfrage der Fraktion der FDP und der Antwort der Landesregierung auf Antrag der Fraktion der FDP – Drucksachen 15/110/319/438 –
dazu: Aktive Arbeitsmarktpolitik in Rheinland-Pfalz – Grundsicherung für Arbeitsuchende erfolgreich umsetzen Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 15/464 –
Chancen für Beschäftigung eröffnen – sozialen Aufstieg ermöglichen – Arbeitsmarktreformen fortsetzen Antrag der Fraktion der FDP – Drucksache 15/429 –
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zur Abstimmung steht nun der Antrag der CDU-Fraktion „Neukonzeption und Neuorientierung der Grundsicherung für Arbeitsuchende“ an. In diesem Antrag geht es um den Wegfall der Höchstgrenze für kommunale Gebietskörperschaften als Träger der Grundsicherung, um die Verbesserung der Betreuungs- und Vermittlungsarbeit, um die stärkere Orientierung an Integration in Beschäftigung, um die Leistungsgewährung von Arbeitslosengeld II nur an wirklich Bedürftige, um die Orientierung der Leistungshöhe an die Bereitschaft zur Arbeit sowie um eine Verstärkung der Anreize zu vollwertiger Erwerbsarbeit anstelle von Leistungsbezug.
Durch Beschluss des Landtags vom 5. Oktober 2006 ist dieser Antrag an den Sozialpolitischen Ausschuss überwiesen worden. Der Sozialpolitische Ausschuss hat den Antrag in seiner 4. Sitzung am 2. November 2006 beraten. Die Beschlussempfehlung des Ausschusses lautet: Der Antrag wird abgelehnt.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde in meinem Redebeitrag auf die Drucksache 15/439 „Mehr Gerechtigkeit bei Arbeitslosenversicherung und Grundsicherung für Arbeitslose“ eingehen.
Meine Damen und Herren, Hartz IV ist – da bin ich mir zwischenzeitlich sehr sicher – nicht mehr allein eine Frage der Finanzen, sondern es ist zwischenzeitlich auch ein kulturelles Problem geworden. Warum sage ich das? – Wir sind der Auffassung, dass das jetzt bestehende System einer dringenden Nachbesserung bedarf, weil es nicht mehr gerecht ist.
Dabei geht es uns um zwei Bereiche, nämlich um den Bereich des Arbeitslosengeldes I, also Arbeitslosengeld direkt, und des Arbeitslosengeldes II, Hartz.
Wir haben die jetzt geltende Situation, dass Sie erst ab dem 55. Lebensjahr mit einem Arbeitslosengeldbezug von 18 Monaten rechnen können. Davor gibt es noch zwei Stufen, die für diejenigen eingeführt sind, die kürzer in Brot und Arbeit sind, aber eigentlich vom System her so aufgezäumt, dass jeder, egal, wie lange er gearbeitet hat, mit der gleichen Bezugsdauer ausgestattet ist.
Warum ist das ungerecht? – Ich nenne Ihnen ein Beispiel, das ich selbst in der eigenen beruflichen Praxis habe erfahren dürfen oder müssen.
Ein Familienvater mit zwei Kindern, Ende 40, Anfang 50 bekommt nach mehreren Jahrzehnten von seinem Arbeitgeber gesagt: Wir brauchen dich nicht mehr. Wir geben dir eine Abfindung, und dann kannst du gehen. Nun wird sich dieser Mann überlegen: Gehe ich, oder werde ich in den nächsten 10, 15 Jahren in diesem Beruf bei diesem Arbeitgeber bleiben, der mich eigentlich nicht mehr will und der sich dann etwas überlegen will, um mich doch in irgendeiner Form einzuschränken?
Die Praxis lehrt uns, die meisten werden mit einer Abfindung gehen. Die Abfindung wird seit dem 1. Januar 2006 bekannterweise komplett versteuert. Nehmen wir den Fall, der Mann erhält das Gehalt für zwei Jahre – das wäre schon sehr viel –, dann verbliebe ihm noch ein Jahresgehalt nach Steuern, das er behält.
Nach dem jetzigen System geschieht Folgendes: Er bekommt – wohlgemerkt, nach jahrzehntelanger Arbeit – Arbeitslosengeld für eine Bezugsdauer von 12 Monaten. Er hat in den 70er-Jahren aus seinem Nettogehalt eine Lebensversicherung angespart und hat ein Haus von seinem Nettogehalt abbezahlt. Er hat also Vermögen geschaffen und sich für das Alter fit gemacht.
Die zwölf Monate gehen herum. Jeder weiß, in der heutigen Zeit liegen die Arbeitsplätze nicht auf der Straße. Dann wird er aller Voraussicht nach in der Arbeitslosigkeit verharren, was auch heißt, er wird „Hartz“ beantragen. Jetzt geht er zur Behörde und gibt sein Vermögen an. Dann gibt es Freibeträge, die ihm abgezogen werden können. Diese sind aber niedriger als das, was er in seine Lebensversicherung einbezahlt hat oder was sein Haus wert ist. Wissen Sie, was er dann an „Hartz“Leistungen bekommt? Null. Wenn umgekehrt derjenige gleichen Alters, der sein ganzes Geld nicht angelegt hat, der in Urlaub gefahren ist und der dann in einer Mietswohnung gelebt hat, das beantragt, wissen Sie, was er bekommt? Er bekommt das komplette Programm. Das halten wir nicht für gerecht.
Politik soll aber gerechte Gesetze und gerechte Regeln schaffen. Ich möchte nicht verhehlen, die großen Parteien haben zusammen „Hartz“ so beschlossen. Aber all das, was in den Auswirkungen nicht mehr so ist, wie es eigentlich sein sollte, muss überdacht werden.
„Hartz“ hatte ursprünglich die Vision, wir hätten genügend Arbeitsplätze, um dies alles wieder abzufedern. Also nur der muss in „Hartz“ verharren, der auch wirklich nicht arbeiten will. Die Realität ist eine ganz andere, das weiß jeder von uns.
Herr Ministerpräsident, wir haben deshalb den Antrag mit dem Ziel eingebracht, dafür zu werben, dass Sie sich als Landesregierung im Bundesrat dafür stark machen, dass diese beide Positionen geändert werden, und zwar die Bezugsdauer auch orientiert an der Zeit der Beschäftigung. Je länger, desto höher auch die Zeit, bis wann ich Leistungen aus „Hartz“ bekomme.
(Hartloff, SPD: Also sparen wir bei den Jungen! Das muss man dann dazusagen! – Ministerpräsident Beck unterhält sich mit Staatsministerin Frau Dreyer)
Herr Ministerpräsident, ich weiß nicht, ob Sie es schon wissen, wahrscheinlich. Bei den Freibeträgen wäre es dringend erforderlich – – – Es interessiert ihn nicht, ich sage es aber trotzdem, weil es richtig ist. Ich denke schon, dass es ab und zu auch eine Art der Höflichkeit ist, wenn ich Sie anspreche, dass man einmal zuhört. Das war mein Empfinden so, das habe ich einmal so gelernt. Vielleicht irre ich mich da.