Protocol of the Session on November 16, 2006

(Beifall der CDU)

Herr Kollege Hartloff, Sie haben das Wort.

Herr Kollege Baldauf, wenn ich eine Wertedebatte führen will, kann ich diese nicht auf den Raum Trier beschränken,

(Beifall der SPD)

sondern dann führe ich sie allgemein. Sie waren sicherlich auch beim Landgericht in Kaiserslautern, wo das in ähnlicher Form gemacht worden ist. Die Kollegin Frau Kohnle-Gros kennt das auch. Als nämlich renoviert und ein neues Gebäude bezogen worden ist, sind nach den dortigen Überlegungen die Kreuze nicht mehr aufgehängt worden. Ich meine, es ist ein bisschen kurz gesprungen zu sagen, das geht nicht.

Ich habe Achtung vor jedem, der einen Leserbrief schreibt und seine Meinung artikuliert. Das ist doch gar keine Frage. Das gehört zu unserer Auseinandersetzung in der Demokratie.

Man kann natürlich solche Debatten initiieren und leiten. Schauen wir doch einmal, was als Erstes da war. Man hat etliche Monate überhaupt nichts gehört, obwohl das in der Presse bekannt und beschrieben war. Nach den Äußerung der Herren Billen und Wilke sowie des „Briefschreibers“ Kaster gibt es eine Debatte. Es ist legitim, dass man Debatten anschiebt. Verstecken Sie sich doch, wenn Sie eine Debatte anschieben, nicht hinter den Leserbriefschreibern, die danach kommen.

(Beifall der SPD – Zuruf des Abg. Bracht, CDU)

Herr Kollege Baldauf, vermischen und vermengen tun Sie sehr viel, wenn es um die Fragen der Wertedebatte, der Unabhängigkeit der Justiz und der Rolle des Staates geht, weil Ihnen das Umrühren in dem Topf im Moment gelegen kommt. Das ist der Hintergrund.

Das hat der Ministerpräsident ein Stück entlarvt, weil das natürlich etwas mit persönlichen Glaubwürdigkeiten zu tun hat. Das ist keine Frage.

(Zuruf des Abg. Billen, CDU)

Wertedebatte, ja, die führen wir: Wo steht unsere Gesellschaft? – Auf dem Boden unserer Gesetze, des Grundgesetzes, – –

(Bracht, CDU: Mit der Präambel!)

Mit der Präambel.

in dem genau dargelegt ist, dass wir eine Trennung von Kirche und Staat in diesem Bereich haben.

(Baldauf, CDU: Dann hängen Sie alle ab!)

Sie tun unserer Gesellschaft keinen Gefallen, wenn Sie – auch das hat der Ministerpräsident angesprochen – eine solche Debatte zu den Schlachten der 50er-Jahre zurückführen, die in dieser Gesellschaft geschlagen worden sind.

Führen Sie eine solche Debatte bei einer Auseinandersetzung um Werte doch vorwärts gewandt.

(Beifall der SPD)

Das, was Sie tun, ist nicht vorwärts gewandt, sondern Sie sehen das als Anlass, sich zu profilieren. Das ist der Moment, den Sie sehen.

Dann lassen Sie mich anmerken: Auch wenn man so hoch wogende Debatten führt, – nicht Tiefgarage; es gibt einen nicht renovierten Saal im Trierer Gericht, wenn ich das richtig weiß, in dem noch ein Kreuz hängt – es ist keine so ideologische Frage, wie Sie das darstellen wollen.

(Zuruf des Abg. Billen, CDU)

Ich sage Ihnen, das lässt sich nachprüfen, das ist keine Sache.

(Billen, CDU: Das Kreuz hängt in der Tiefgarage!)

Meine Damen und Herren, Sie tun doch der Sache selbst, nämlich dem Anliegen, das Sie haben, dass Menschen sich finden können bei Gerechtigkeit von Justiz und in dem Glauben, den sie haben,

(Zuruf von der SPD: Angeblich!)

keinen Gefallen, wenn Sie meinen, der Glaube könnte nur verwirklicht werden, wenn in Gerichtssälen Kreuze an der Wand hängen. Damit tun Sie niemandem einen Gefallen.

(Beifall der SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache und bedanke mich.

Wir kommen zur Aussprache über die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Marianne Grosse und Jutta Steinruck (SPD), Schutz von Kindern vor Vernachlässigungen und Misshandlungen – Nummer 1 der Drucksache 15/457 – betreffend.

Gibt es Wortmeldungen? Frau Abgeordnete Steinruck, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Familien gehören als Leistungsträger und als soziale Mitte in das Zentrum des gesellschaftlichen Interesses. In der Familie übernehmen Eltern und Großeltern, Kinder und Geschwister Verantwortung füreinander.

(Vizepräsident Schnabel übernimmt den Vorsitz)

Das trifft nach wie vor auf den größten Teil der Familien zu, ob im traditionellen Familienverband, als Alleinerziehende oder sogenannte Patchworkfamilien.

Zugleich müssen wir aber auch beobachten, dass einzelne Familien bei der Erziehung ihrer Kinder an Grenzen stoßen. Diese Überforderung äußert sich dann unter anderem in Gewalt oder Vernachlässigungen.

Letzte Woche hat uns das Urteil des Schwurgerichts Kaiserslautern das Schicksal des kleinen Justin erneut in Erinnerung gerufen.

Meine Damen und Herren, der Schutz von Kindern ist eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung, der wir uns gemeinsam stellen müssen.

Jugendämter, Beratungsstellen, Kindergärten, Schulen, Hebammen, Geburtskliniken und niedergelassene Kinderärztinnen und -ärzte haben eine besondere Rolle. Misshandelte und vernachlässigte Kinder brauchen direkte Hilfe, vor allem brauchen sie Schutz vor weiterer Misshandlung. Um das sicherzustellen, benötigt oft die ganze Familie Unterstützung.

Deshalb begrüßen wir, dass das Bundesministerium das von Rheinland-Pfalz mitinitiierte länderübergreifende Modellprojekt zur frühen Förderung elterlicher Erziehungs- und Beratungskompetenz in prekären Lebenslagen und Risikosituationen unterstützt.

Das Modell, das in Ludwigshafen startet, dient der Prävention von Vernachlässigung und Kindeswohlgefährdung im frühen Kindesalter. Das muss der Ansatz sein.

Der Arbeitskreis „Soziales“ unserer Fraktion war letzte Woche im St.-Anna-Stiftskrankenhaus in Ludwigshafen und hat dort die Abteilung Kinder- und Jugendpsychiatrie besucht, das sich gemeinsam – die Frau Ministerin hat es gesagt – mit der Stadt Ludwigshafen an diesem Modellprojekt beteiligen wird.

Der Chefarzt, Herr Professor Gehrman, und sein ausgesprochen engagiertes Team bieten ein entwicklungsförderndes therapeutisches Angebot für die gesamte Vorderpfalz. Hier wird die gesunde Entwicklung von Kindern und Jugendlichen, aber vor allem ihrer Familien gefördert.

Wichtig erscheint uns hierbei – das hat auch der Ludwigshafener Sozialdezernent in den Gesprächen bestätigt –, dass die Einrichtung vorbildlich mit allen Akteuren vor Ort vernetzt ist. Deshalb sind wir überzeugt, dass die Einrichtung bestens geeignet ist, sich als Modellprojekt

an der Entwicklung des sozialen Frühwarnsystems zu beteiligen.

(Beifall der SPD)

Das ist ein weiterer Schritt auf dem in Rheinland-Pfalz eingeschlagenen Weg, alles zu tun, dass Kinder vor Vernachlässigung und Misshandlung geschützt werden.

Frau Ministerin Dreyer ist vorhin bei der Beantwortung unserer Frage ausführlich darauf eingegangen. Im Rahmen des Programms „Viva Familia“ hat das Sozialministerium bereits zahlreiche Maßnahmen eingeleitet, mit denen auch Risikofamilien begleitet werden.

Gerade im Zeitraum um die Geburt gibt es häufig Indizien, die auf mögliche Risiken hinweisen. Deshalb ist das Programm „Hebammen beraten Familien“ wichtig, um rechtzeitig die soziale Früherkennung zu erhöhen und Risikofamilien rechtzeitig begleiten zu können.

Meine Damen und Herren, unser Ziel ist es, dass es Eltern ermöglicht wird, eine stabile und förderliche Beziehung zu ihren Kindern mit Angeboten aufzubauen, die sofortige Hilfe garantieren.

Im Interesse unserer Kinder gilt es, die Vernetzung der Akteure vor Ort zu intensivieren und ein Maßnahmenpaket zum Schutz der Kinder zu schnüren.

Vielen Dank.