Protocol of the Session on December 15, 2010

(Schweitzer, SPD: Ich habe überhaupt keine Schulden! – Bracht, CDU: Das ist eure Einstellung!)

Städte und Gemeinden haben finanziell keine Luft mehr. Ihre Verschuldung ist die höchste aller westdeutschen Flächenländer. Verstärkte Sparanstrengungen der Landesregierung? – Fehlanzeige.

(Schweitzer, SPD: Mein lieber Mann, so ein Schuldenbuckel!)

Dafür werden Millionen am Nürburgring und in anderen Projekten versenkt.

(Zuruf von der SPD: Oje!)

Unsere Wirtschaftskraft? – Die zweitniedrigste aller westlichen Bundesländer. Fakten. Lassen Sie mich das ausführen: Das mittelfristige Wirtschaftswachstum in Rheinland-Pfalz liegt deutlich unter dem Durchschnitt

Deutschlands. Von 2000 bis 2009 betrug es 12,6 %. Das ist der niedrigste Wert aller Bundesländer. Wir verharren auf dem niedrigsten Wert für das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner aller westlichen Bundesländer. Das Primäreinkommen der privaten Haushalte je Einwohner liegt in Rheinland-Pfalz mit rund 22.000 Euro unter dem Bundesdurchschnitt.

(Pörksen, SPD: Dann muss ich ja bald wegziehen!)

Die Zahl der Arbeitsplätze in unserem Land je 1.000 Einwohner gehört zu den niedrigsten in Deutschland. Über 240.000 Menschen pendeln täglich aus RheinlandPfalz in die Nachbarländer zu ihren Arbeitsstätten. Da sind wir auch froh und dankbar darum, dass die die Arbeitsplätze vorhalten; denn auch diesem Umstand, nämlich den Arbeitsplätzen in Hessen, BadenWürttemberg, Nordrhein-Westfalen und Luxemburg, verdanken wir die relativ günstige Arbeitslosenquote unseres Landes, sonst niemandem.

(Ramsauer, SPD: Eberbach!)

Wenn man sich die Haushaltsentwicklung der letzten zehn Jahre betrachtet: Wo fließt eigentlich das viele Geld hin, wenn es sich wirtschaftlich nicht auszahlt?

Wo gibt denn eigentlich unser Land mehr Geld aus als andere?

(Schweitzer, SPD: Jetzt wird er auch noch langweilig! – Frau Schleicher-Rothmund, SPD: Wieso wird? Ist!)

In die Schulen? – Fehlanzeige. Was diese Landesregierung pro Schüler an den Schulen aufwendet, liegt unter dem Durchschnitt in Deutschland.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Das hatten Sie schon einmal gesagt!)

In Forschung und Wissenschaft? – Fehlanzeige. Die öffentlichen Ausgaben für Forschung und Wissenschaft in Rheinland-Pfalz gehören in das untere Drittel im Vergleich der Bundesländer.

Infrastruktur oder Kommunen? – Fehlanzeige.

(Ministerpräsident Beck: Weihnachten oder Ostern?)

Nach wie vor keine laufenden Landesmittel für die Landesstraßen, sondern jeder Meter Asphalt ist mit Schulden gepflastert. Die Investitionen reichen nicht aus, um die Landesstraßen in einem ordentlichen Zustand zu halten, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall der CDU – Hartloff, SPD: Soll das heißen, dass wir keine Straßen mehr bauen sollen? Ist das Ihr Vorschlag?)

Sie sollen es auskömmlich finanzieren, dass die Straßen in Ordnung sind und nicht umgekehrt, Herr Hartloff. Denken Sie bitte an die Infrastruktur, die in diesem Land alles andere als gut ist und zu wünschen übrig lässt. Das

wissen Sie genauso gut wie ich. Also kümmern Sie sich auch darum.

(Hartloff, SPD: Noch vorhin haben Sie gesagt, wir sollen nicht so viel ausgeben! Wie soll das denn gehen?)

Ich erkläre Ihnen das gleich, nur langsam.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, gemeinsam haben Bund und Länder das Grundgesetz geändert und die Schuldenbremse zur Verfassungspflicht der Regierungen und Parlamente gemacht. Frau Schmitt hat es angesprochen.

Mehrere Bundesländer, auch wir in Rheinland-Pfalz, verankern eine solche Schuldenbremse in der Landesverfassung. Sie verpflichtet uns, spätestens 2020 einen ausgeglichenen Landeshaushalt zu erreichen. Ich bin froh, dass es in Rheinland-Pfalz gelungen ist, einen gemeinsamen Gesetzentwurf aller Fraktionen zu erarbeiten, den wir morgen auch verabschieden wollen.

Wir ändern unsere Verfassung, weil es eben nicht so weitergehen kann wie bisher.

(Zuruf des Ministerpräsidenten Beck)

Wir haben erkannt, dass wir uns selbst neue Regeln auferlegen müssen, wenn wir verantwortlich handeln wollen.

(Zuruf des Ministerpräsidenten Beck)

Herr Ministerpräsident, wir müssen uns jetzt auf den Weg machen zu einem Landeshaushalt ohne neue Schulden.

(Schweitzer, SPD: Durch Mehrausgaben!)

Aber diesen Weg will die Landesregierung wieder einmal nur halbherzig gehen. Mit ihrer Finanzplanung marschiert sie erst einmal unbeirrt weiter in die falsche Richtung. So spiegelt der Haushalt 2011 das politische Denken einer Landesregierung wider, die offenkundig eben nicht die Zeichen der Zeit begriffen hat.

(Beifall der CDU)

Über 1,9 Milliarden Euro Nettoneuverschuldung allein im Kernhaushalt. Über 300 Millionen Euro neue Schulden in den Landesbetrieben. Aus Krediten werden gegen geltendes Recht Rücklagen und Sondervermögen gebildet zur Steigerung der Ausgaben in den Folgejahren, und all das soll – ich zitiere Finanzminister Kühl, der gerade abwesend ist – eine neue Ära der Konsolidierungspolitik sein.

Das soll eine neue Ära der Konsolidierungspolitik sein? Meine sehr geehrten Damen und Herren, nein, das ist wahrlich kein Einstieg in den Ausstieg aus dem Schuldenmachen, das ist Gasgeben auf abschüssiger Fahrt, wo man doch eigentlich bremsen will. Dieser Landeshaushalt ist ein Dokument des Versagens. Schulden, wir machen sie einfach, heute hier und morgen dort, und

nach mir die Sintflut. Das ist das eigentliche Regierungsmotto von Kurt Beck.

(Beifall der CDU)

Man möge sich das vorstellen. Wir beschließen zusammen in diesem Raum eine Schuldenbremse in der Verfassung, aber zugleich sagen Sie unmissverständlich, dass Sie diese im Grunde gar nicht ernst nehmen. Das ist die Sprache dieses Haushalts 2011 und der Finanzplanung. Von vornherein stellen Sie einen Haushalt ohne neue Schulden ab 2020 unter zwei nicht akzeptable Bedingungen. Frau Schmitt hat sie erwähnt.

1. Sie bleiben dabei, die jährlich steigenden Zahlungen in den Pensionsfonds aus neuen Schulden zu finanzieren. Sie bleiben dabei, sich das Geld vom Pensionsfonds wieder zurückzuleihen, um es dann auszugeben. Dennoch wollen Sie das nicht der Neuverschuldung zurechnen. So wollen Sie also im Jahr 2020 mithilfe von Taschenspielertricks bei 1,3 Milliarden Euro Neuverschuldung landen und trotzdem gleichzeitig einen schuldenfreien Haushalt auflegen.

Das muss mir einmal jemand erklären, Herr Ministerpräsident. 1,3 Milliarden Euro Neuverschuldung 2020 und gleichzeitig ein schuldenfreier Haushalt. Nach unserer Auffassung verstoßen Sie damit jetzt schon direkt gegen das Grundgesetz und die neuen Regeln der Schuldenbremse. Wir werden das nach der Landtagswahl selbst ein für alle Mal beenden, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Pörksen, SPD: Das glaubt ihr!)

Ab 2016 wird ohne Schulden ausgekommen.

(Beifall der CDU – Ramsauer, SPD: Schauen wir mal!)

2. Das ist ganz interessant, Sie setzen neue Steuererhöhungen ab 2012 voraus.

Doch Rheinland-Pfalz kann darüber nicht entscheiden. Dazu brauchen Sie eine Mehrheit des Bundestages und des Bundesrates. Die haben Sie jetzt nicht, die haben Sie 2012 nicht, und die werden Sie auch 2013 nicht haben. Die Wahrheit ist, Sie setzen wissentlich voraus, was Sie nicht selbst erfüllen können. Die Wahrheit ist, den schuldenfreien Haushalt ab 2020 wollen Sie gar nicht.

(Beifall der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die SPDFraktion wird morgen einer Schuldenregel zustimmen, nach der aufgrund unserer Initiative auch die Nebenhaushalte zur Bemessung der Schulden des Landes herangezogen werden müssen. Das aber ist in der Finanzplanung des Landes dieses Mal wieder nicht berücksichtigt. Es geht allein um über 300 Millionen Euro jährlich bei den Landesbetrieben. Schon deshalb können Sie diese Finanzplanung ganz schnell wieder einstampfen. Mehr Ausgabendisziplin kündigen Sie nur an einer Stelle an, nämlich bei den Verwaltungsaufgaben. Herr Ministerpräsident, das ist im Grundsatz löblich, aber die

Zinsen werden wieder steigen – das ist absehbar –, und deshalb ist es selbst bei einer geringen Inflation von lediglich 2 % im Jahr – einmal vorsichtig gerechnet – realitätsfern, diesen Kostenblock 2020 halbieren zu wollen. Das geht nicht. Das zeigt, Sie haben keine greifbaren Ideen, das strukturelle Haushaltsdefizit abzubauen. Sie präsentieren uns wieder nur Luftbuchungen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Haushaltsdefizit, der völlig überhöhte Kreditbedarf ist in der Tat strukturell. Er entsteht aber nicht durch Schwächen der Konjunktur. Die Steuereinnahmen nach Finanzausgleich sind nicht schlechter als anderswo. Nein, die Wahrheit liegt ganz woanders. Herr Ministerpräsident, Sie haben ein strukturelles Problem, nämlich ein Ausgabenproblem.

(Beifall der CDU – Ministerpräsident Beck: Ich komme mit meinem Geld immer hin! Ich habe kein Ausgabenproblem! – Dr. Weiland, CDU: Er hat kein Problem, er ist ein Problem!)