Protocol of the Session on November 17, 2010

Ich rufe die Punkte 7, 8, 9, 10 und 11 der Tagesordnung auf, die gemeinsam aufgerufen und beraten werden sollen:

Entlastung der Landesregierung Rheinland-Pfalz für das Haushaltsjahr 2008 Antrag der Landesregierung – Drucksache 15/4106 –

dazu: Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses – Drucksache 15/5060 –

Entlastung des Rechnungshofs Rheinland-Pfalz für das Haushaltsjahr 2008 Antrag des Rechnungshofs – Drucksache 15/4138 –

dazu: Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses – Drucksache 15/5060 –

Jahresbericht 2010 Unterrichtung durch den Rechnungshof – Drucksache 15/4200 –

dazu: Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses – Drucksache 15/5060 –

Stellungnahme der Landesregierung zum Jahresbericht 2010 des Rechnungshofs (Drucksache 15/4200) sowie Ergänzung zum Schlussbericht der Landesregierung im Entlastungsverfahren für das Haushaltsjahr 2007 (Drucksache 15/4164) Unterrichtung durch die Landesregierung – Drucksache 15/4518 –

dazu: Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses – Drucksache 15/5060 –

Kommunalbericht 2010 Unterrichtung durch den Rechnungshof – Drucksache 15/4690 –

Die Grundredezeit beträgt zehn Minuten je Fraktion.

Zur Berichterstattung erteile ich Herrn Kollegen Bracht von der CDU-Fraktion das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute hat das Parlament darüber zu entscheiden, ob es der Landesregierung in der Hauptsache und dem Rechnungshof für das Haushaltsjahr 2008 Entlastung erteilt.

Die vorbereitenden Beratungen hierzu in der Rechnungsprüfungskommission und im Haushalts- und Finanzausschuss fanden gemäß unserer Geschäftsordnung unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Deswegen ist es wichtig, in der Öffentlichkeit des Plenums über das zu berichten, was wir an Feststellungen und Empfehlungen beschlossen haben.

Bei der Entlastung geht es um die Frage, ob die Landesregierung ihrer Haushaltsverantwortung gerecht geworden ist und ob sie tatsächlich nach Maßgabe der parlamentarischen Vorgaben gewirtschaftet hat. Hierfür muss sich die Regierung im und gegenüber dem Parlament, politisch wie rechtlich, verantworten.

Hier geht es um die parlamentarische Regierungskontrolle. Obwohl diese Kontrolle eine originär parlamentarische ist, könnten wir sie ohne den Rechnungshof nicht ausüben. Bei der Entlastung ist er unser Verbündeter, nicht nur fachlicher Begleiter, sondern vor allem auch Vorbereiter unserer Beratungen; denn bevor wir mit unserem Verfahren beginnen, hat der Rechnungshof die Haushalts- und Wirtschaftsführung bereits intensiv geprüft und in einem Bericht – diesmal umfasst er 144 Seiten – all das zusammengetragen, was er bei seinen Prüfungen an positiven wie negativen Ergebnissen zutage gefördert hat.

Meine Damen und Herren, so weit der bekannte formale Rahmen – ein Rahmen, der auch für das diesjährige Entlastungsverfahren sicher nicht neu ist. Neu ist aber, dass sich die dem Parlament vorliegende Beschlussempfehlung in zwei Punkten erstmals in dieser Wahlperiode nur auf die Stimmen der regierungstragenden SPD-Fraktion stützen kann.

(Vizepräsidentin Frau Klamm übernimmt den Vorsitz)

Die Oppositionsfraktionen von CDU und FDP haben geschlossen nicht nur gegen die Feststellungen des Haushalts- und Finanzausschusses votiert, sondern der Landesregierung auch die Entlastung verweigert, und zwar aus Gründen, die in der Aussprache sicher noch erläutert werden.

Die Entlastung ist diesmal, was die Empfehlung betrifft, kein gewöhnlicher Routinevorgang. Sie sollte es schon angesichts des Zahlenwerks auch nicht sein.

Es geht um die bereinigten Gesamtausgaben, die sich im Haushaltsjahr 2008 auf 12,6 Milliarden Euro beliefen und damit gegenüber dem Vorjahr um 5,7 % erhöht haben.

Es geht um eine Nettokreditaufnahme zum Haushaltsausgleich von knapp 1 Milliarde Euro.

Es geht um einen Gesamtschuldenstand von 28,7 Milliarden Euro Ende 2008.

Nicht zuletzt geht es um eine Standortbestimmung in der Haushaltspolitik. Bei der Entlastung beginnt sie immer mit einem Rückblick, hier auf das Jahr 2008.

In den Feststellungen des Rechnungshofs wird wie bereits in den Vorjahren auf die dramatische Finanz- und Verschuldungssituation des Landes hingewiesen.

Die Gründe hierfür liegen nun keinesfalls in einer enttäuschenden wirtschaftlichen Entwicklung; denn mit knapp 9,2 Milliarden Euro erzielte das Land im Jahr 2008 seine bisher höchsten Steuereinnahmen. Dennoch wurden allein zum Ausgleich des Kernhaushalts neue Schulden in Höhe von fast 1 Milliarde Euro aufgenommen.

Selbst wenn die Gründe hierfür, wie die Landesregierung meint, auf der Einnahmenseite liegen und wesentlich durch Steueränderungen bedingt sein sollten, belegen die Feststellungen des Rechnungshofs, dass es viele andere und vor allem ganz erheblich hausgemachte Ursachen für diese Fehlentwicklungen gibt.

Lassen Sie mich kurz einige wenige nennen:

An erster Stelle sind es die zu hohen Zins- und Personalausgaben.

(Zuruf des Ministerpräsidenten Beck)

Herr Ministerpräsident, Sie sollten gefälligst zuhören.

(Ministerpräsident Beck: Sie sollen Bericht erstatten und keine politische Rede halten!)

Genau das tue ich.

(Ministerpräsident Beck: Nein, das tun Sie nicht!)

Herr Ministerpräsident, ich gebe den Bericht der Rechnungsprüfungskommission ab.

(Ministerpräsident Beck: Das ist voller Wertungen! – Zurufe von der SPD) – Hören Sie zu. (Eymael, FDP: Das hat aber nicht der Ministerpräsident zu entscheiden! – Licht, CDU: Die Berichterstattung passt nicht! – Zurufe aus dem Hause)

Allein die Zinsausgaben – Herr Ministerpräsident, Sie sollten gefälligst zuhören – für den Schuldendienst beliefen sich – – –

(Zurufe von der SPD)

Genau das tue ich.

(Unruhe im Hause)

Herr Ministerpräsident, ich gebe den Bericht der Rechnungsprüfungskommission ab, und fertig. Hören Sie zu.

An erster Stelle sind die Ursachen hierfür – das hat der Rechnungshof so festgestellt – die zu hohen Zins- und Personalausgaben:

Allein die Zinsausgaben für den Schuldendienst beliefen sich im Jahr 2008 auf mehr als 1,2 Milliarden Euro.

Auf die Personalausgaben entfielen im Jahr 2008 fast 4,8 Milliarden Euro. Das sind 48,5 % der Einnahmen des Landes.

Auch die Kreditfinanzierungsquote ist deutlich zu hoch. Sie lag 2008 bei 7,9 %. Zum Vergleich: Das ist das Fünffache der durchschnittlichen Kreditfinanzierungsquote aller Flächenländer, die sich anders als in RheinlandPfalz eben nur auf 1,6 % belief.

Dass hier ganz massiver Handlungsdruck besteht, ist nun gewiss keine neue Erkenntnis, nein, es ist die fast schon gebetsmühlenartige Wiederholung dessen, was der Landtag in den vergangenen Jahren seinen Beschlüssen als Forderung stets zugrunde gelegt hat. Der Landtag hat diese Beschlüsse gefasst. Lesen Sie sie nach. Sie werden es sehen. Trotzdem ist nichts passiert.

Dennoch müssen wir feststellen, dass es bisher nicht gelungen ist, die Schuldenspirale aufzuhalten.

Die Hoffnung liegt – darin ist sich die Kommission einig – ganz auf unserer neuen Schuldenbremse. Aber der enorme Schuldenstand und die weit über dem Durchschnitt liegende Kreditfinanzierungsquote werden nicht leichter machen, was auch so schon schwierig genug ist.

Nach allem, was wir derzeit – trotz der noch ausstehenden Definition des strukturellen Defizits – wissen, beträgt der Gesamtkonsolidierungsbedarf im strukturellen Bereich bis zum Jahr 2020 irgendwo um 1,6 Milliarden Euro, dem wir – einen kontinuierlichen Abbau vorausgesetzt – mit jährlich jeweils zusätzlich zu erbringenden Sparbeträgen, zu denen Beschlüsse vorausgehen müssen, von voraussichtlich 160 Millionen Euro Rechnung tragen müssten. Das ist der voraussichtliche Handlungsbedarf, um die Vorgaben der Schuldenbremse erfüllen zu können.

Meine Damen und Herren, ich werde im Folgenden nicht auf sämtliche Einzelheiten aus der Beschlussvorlage eingehen – die können Sie nachlesen; sie liegt Ihnen schriftlich vor –, sondern möchte nur über einige Einzelfälle berichten, vor allem solche, die aus Sicht der Kommission besondere Aufmerksamkeit verdient haben.

(Frau Schleicher-Rothmund, SPD: Hoffentlich aller Mitglieder!)