Es ist einfach unvorstellbar, dass unsere Polizistinnen und Polizisten auch noch rechtsextremistische Demonstranten begleiten und schützen müssen. Das ist in anderen Fällen schon schwer oder mehr als schwer erträglich.
In diesem Zusammenhang mache ich einen kurzen Einwurf. Es ist ebenfalls bedauerlich, dass das geplante Verbot der NPD nicht durchgeführt werden konnte. Ich bin nach wie vor der Hoffnung, dass ein neues Verbotsverfahren eingeleitet wird.
Rechtsradikale versuchen in letzter Zeit verstärkt, an symbolträchtigen Orten Versammlungen und Aufzüge durchzuführen. Gerade deshalb ist es zwingend, in besonderen Fällen das Versammlungsrecht einzuschränken. Ich bin mir zwar sehr bewusst, dass das Grundrecht der Versammlungsfreiheit ein hohes Gut ist, aber es ist auch nicht akzeptabel, dass in Osthofen oder in Hinzert
Ich bin sehr froh darüber, dass alle vier Fraktionen gemeinsam diesen Gesetzentwurf zum Schutz der beiden Gedenkstätten in Osthofen und Hinzert auf den Weg gebracht haben. Wir stimmen selbstverständlich dem vorliegenden Gesetzentwurf zu und sind sicher, damit zum Schutz der Würde der Opfer der nationalsozialistischen Gewalt einen Schritt in die richtige Richtung getan zu haben.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir alle erinnern uns an die skandalösen Vorfälle Anfang dieses Jahres im Sächsischen Landtag. NPDAbgeordnete hatten die Bombardierung Dresdens als Bombenholocaust bezeichnet und bei einer Gedenkminute für die Opfer des Naziterrors demonstrativ den Plenarsaal verlassen. Vor dem Hintergrund dieser Geschehnisse in Sachsen und insbesondere um zu verhindern, dass am 8. Mai zum 60. Jahrestag des Kriegsendes ein Aufmarsch von Neonazis am Brandenburger Tor in Berlin stattfindet, wurden sowohl der Volksverhetzungsparagraph im Strafgesetzbuch als auch das Versammlungsrecht verschärft.
Nach den Regelungen im Versammlungsgesetz können nunmehr Demonstrationen und Aufzüge von Rechtsextremisten verboten oder von bestimmten Auflagen abhängig gemacht werden, wenn, ich zitiere, „die Versammlung oder der Aufzug an einem Ort stattfindet, der als Gedenkstätte von historisch herausragender, überregionaler Bedeutung an die Opfer der menschenunwürdigen Behandlung unter der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft erinnert, und nach den zurzeit des Erlasses der Verfügung konkret feststellbaren Umständen zu besorgen ist, dass durch die Versammlung oder den Aufzug die Würde der Opfer beeinträchtigt wird.“
Deshalb reicht es nicht aus, dass Aufmärsche von Rechtsextremisten lediglich am Holocaust-Mahnmal in Berlin verhindert werden können, auch andere Orte, wie zum Beispiel Standorte ehemaliger Konzentrationslager der nationalsozialistischen Diktatur oder jüdische Friedhöfe, können im Einzelfall schutzbedürftig sein. Deshalb bin ich dankbar, dass im Versammlungsgesetz zugleich eine Gesetzesinitiative der SPD/FDP-geführten Landesregierung aus dem Jahr 2000 aufgegriffen wurde, die es den Ländern mit eigenem Gesetz ermöglicht, andere Orte, sofern sie die vorgenannten Kriterien erfüllen, und deren Abgrenzung in eigener Regie durch Landesgesetz vor öffentlichen Versammlungen und Aufzügen von Nazis zu schützen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Kriterien, die das neue Versammlungsgesetz zur Bestimmung von schützenswerten Orten nennt, sind zu Recht sehr hoch angesetzt. So müssen diese unter anderem von historisch herausragender und überregionaler Bedeutung sein. Damit wird den hohen verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Begrenzung des Grundrechts der Versammlungsfreiheit aus meiner Sicht ebenso Rechnung getragen wie der zu schützenden Würde eines Ortes bzw. durch diesen Geehrten.
Zweifelsfrei erfüllen die beiden Gedenkstätten in Osthofen und Hinzert die hohen Voraussetzungen im Versammlungsgesetz, sodass ich es für absolut richtig erachte, dass diese mit dem vorliegenden Landesgesetz besonderen Schutz genießen sollen.
Meine Damen und Herren, durch die Verschärfung im Versammlungsrecht und das hierauf gestützte Landesgesetz gibt es ein Werkzeug mehr im Kampf gegen den Rechtsextremismus. Dies müssen wir nutzen, um dem Rechtsextremismus auch weiterhin entschlossen entgegenzutreten. Zu meinen, aufgrund der jüngst durch den Justizminister veröffentlichten Zahlen zu den Ermittlungsverfahren, die einen Rückgang gegenüber dem Vorjahreszeitraum ausweisen, könne in Rheinland-Pfalz Entwarnung im Hinblick auf rechtsextremistische Aktivitäten und insbesondere Straftaten mit rechtsextremistischem und fremdenfeindlichen Hintergrund gegeben werden, wäre meines Erachtens fatal. Trotz des leichten Rückgangs beweisen die Zahlen, dass Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit keinesfalls verharmlost oder gar bagatellisiert werden dürfen. Deshalb müssen wir auch weiterhin auf die rechtsextremistische Szene eingehen und sie ernst nehmen. Wir müssen sie mit allen rechtsstaatlichen Mitteln im Auge behalten und Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Extremismus konsequent bekämpfen.
Meine Damen und Herren! Meine Kollegen der anderen Fraktionen haben darauf hingewiesen, dass in der Vergangenheit, also in den letzten Monaten und Jahren, die Veranstaltungen von Rechtsextremen, Aufmärsche, die in der Art und im Inhalt an die des Naziregimes erinnern, zugenommen haben. Wir müssen uns deswegen als Demokraten in unserer Demokratie wehren, wir müssen unsere Demokratie wehrhafter machen, und wir müssen einem solchen Bestreben und Aktivitäten, die eigentlich das Gedenken an Opfer des Nationalsozialismus wortwörtlich mit den Füßen treten, entschlossen entgegentreten, und zwar politisch auf der einen Seite – wir haben heute Mittag in der ersten Aktuellen Stunde schon darüber gesprochen – und ihnen auf der anderen Seite dort, wo möglich, auch gesetzlich entgegentreten.
Dass wir heute über diesen Gesetzentwurf, der von allen vier Fraktionen eingebracht wurde – das im Einklang und auch in gemeinsamer Diskussion und Entscheidung mit der Landesregierung –, diskutieren können und morgen beschließen können, ist die Konsequenz aus der Änderung des Versammlungsgesetzes und des Strafgesetzbuchs aus dem März 2005, die der Bundesgesetzgeber vorgenommen hat.
Dieser Gesetzesänderung und der Änderung dieser beiden Regelungen – Versammlungsgesetz und Strafgesetzbuch – ging eine kontroverse Debatte voraus, in der Öffentlichkeit, aber auch im Deutschen Bundestag. Ich will noch einmal daran erinnern, dass sich diese Änderungen und die Möglichkeiten, die der Bundesgesetzgeber dort ergreifen kann, in einem engen verfassungsrechtlichen Rahmen bewegen. Das Ziel ist, einen besseren Schutz der Würde der Opfer des Nationalsozialismus zu erreichen. Da wir aber in der Verfolgung dieses Ziels einen engen Grat beschreiten, weil wir uns in einem sensiblen Bereich der Meinungsfreiheit oder auch der Versammlungsfreiheit bewegen, hat der Bundesgesetzgeber eine Regelung herbeigeführt, indem er zum einen nur Strafbewehrtes verbietet und zum anderen gleichzeitig eine Regelung gefunden hat, durch die die Liberalität des Versammlungsrechts weiterhin erhalten bleibt. Das war der Mehrheit des Deutschen Bundestags auch wichtig.
Im Gegensatz zu den Beratungen im Deutschen Bundestag und der Beschlussfassung dort bin ich froh, dass wir hier in Rheinland-Pfalz dieses Gesetz mit allen vier Fraktionen einbringen können und auch breite Zustimmung finden können. Im Deutschen Bundestag hatten die FDP-Fraktion und die PDS-Abgeordneten gegen die dort gefundene und beschlossene Regelung gestimmt.
Auf dieser Grundlage des Bundesgesetzes können wir jetzt in Rheinland-Pfalz dieses Landesgesetz beschließen. Meine Vorredner und Kollegen haben darauf hingewiesen, dass wir aufgrund der Kriterien, die gesetzt sind, relativ beschränkt sind auch in der Entscheidung, welche Orte dort zu nennen sind. Neben dem ehemaligen KZ in Osthofen, aber auch dem SS-Sonderlager in Hinzert gab es natürlich von den Beteiligten und denen,
mit denen wir auch gemeinsam beraten haben, weitere Vorschläge wie jüdische Friedhöfe oder Friedhöfe bei psychiatrischen Einrichtungen – während der Nazizeit gab es dort auch viele Opfer, die in den so genannten Heil- und Pflegeanstalten zu Tode gekommen sind und ermordet worden sind –, aber es gab auch Vorschläge von Gedenkorten ehemaliger Kriegsgefangenenlager und anderer Orte in Rheinland-Pfalz. Diese können wir aber nicht in diesen Katalog aufnehmen, weil diese beiden Kriterien – insbesondere die überregionale und historisch herausragende Bedeutung dieser Orte – nachgewiesen werden müssen.
Ich glaube, insofern sind wir verpflichtet, über das, was im Gesetz steht, hinausgehend auch Formen zu finden, andere Orte vor Aufmärschen und Versammlungen und Kundgebungen zu schützen. Mit dem Gesetz haben wir aber zumindest die Möglichkeit gegeben, hier Aufmärsche, die das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus stören oder dies auch missachten, von vornherein verbieten können.
Unsere Fraktion unterstützt diesen Gesetzentwurf. Wir sind froh, dass wir es auch durch diese verkürzte Beratungsfrist schnell auf den Weg bringen können. Ich glaube, wir sind mit dieser gemeinsamen Entscheidung hier in Rheinland-Pfalz gut beraten und werden im weiteren Verfahren auch in der Umsetzung des Gesetzes hier einen Markstein setzen können.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Für die Landesregierung begrüße ich ausdrücklich den heute zur Beratung anstehenden Gesetzentwurf aller Fraktionen dieses Hauses, durch den die Gedenkstätten in Osthofen und Hinzert in besonderer Weise versammlungsrechtlich geschützt werden sollen. Diese Orte, die die Erinnerung und das Gedenken an Widerstand und Verfolgung in der NS-Diktatur und an die Opfer von Verfolgung, Ausgrenzung, Entwürdigung, Entrechtung, brutalster Gewalt und Vernichtung wach halten sollen, dürfen nicht bewusst von denen missbraucht werden, die das NS-System schön- und die Verbrechen kleinreden und aus Tätern Opfer machen wollen, meine Damen und Herren.
Diese in dem gemeinsamen Gesetzentwurf zum Ausdruck kommende Einigkeit der demokratischen Parteien gerade in Zeiten besonders intensiven Wettbewerbs vor den anstehenden Wahlen verdient besonders hervorgehoben zu werden und ist für die Bürgerinnen und Bürger
Die rheinland-pfälzische Landesregierung hat in dem zweifelsohne schwierigen Abwägungsprozess zwischen dem elementaren Grundrecht der Versammlungsfreiheit und dem notwendigen Schutz grundlegender Werte und Symbole der Demokratie und der Würde der Opfer des Nationalsozialismus eine klare Position bezogen. Bereits im Jahr 2000 hat sie einen Gesetzentwurf für den Schutz von Mahn- und Gedenkstätten eingebracht, der damals jedoch auf Bundesebene noch nicht mehrheitsfähig war.
Ministerpräsident Beck hat unsere Position bei zahlreichen Gelegenheiten – aus meiner Sicht – auf den entscheidenden Punkt gebracht: für das Demonstrationsrecht, aber nicht unter allen Umständen und nicht an allen Orten.
Mein Kollege Bruch hat immer betont, dass es nicht ausreicht, wenn wir die Aufmärsche von Rechtsextremisten nur am Brandenburger Tor oder am Mahnmal für die ermordeten Juden Europas verbieten; denn das hätte unter Umständen zur Folge gehabt, dass es – lassen Sie es mich so ausdrücken – unausgesprochen Gedenkstätten erster und zweiter Klasse gegeben hätte mit der Folge, dass die Neonaziaufmärsche mit ihren bewussten Tabubrüchen gegenüber dem Gedenken an die Opfer des NS-Regimes dann zwar vielleicht nicht in Berlin, dafür aber beispielsweise in Osthofen oder Hinzert inszeniert worden wären. Deswegen war wesentlicher Bestandteil der rheinland-pfälzischen Vorstöße immer eine Öffnungsklausel für eben solche landesgesetzliche Regelungen.
In der Sitzung des Bundesrats am 18. März 2005 hat deshalb die Landesregierung das vom Deutschen Bundestag mit großer Mehrheit beschlossene Gesetz zum Schutz von Gedenkstätten für die Opfer des NSRegimes eindeutig begrüßt, nicht zuletzt, weil es, wie von uns in Rheinland-Pfalz immer wieder gefordert, die Möglichkeit für die Länder vorsieht, solche Orte von herausragender Bedeutung eben auch durch Landesgesetz zu bestimmen.
Für die Landesregierung war klar, dass ein solches, wegen des Eingriffs in das Grundrecht sensibles Gesetz durch eine breite politische Initiative getragen werden sollte.
Die Landtagsfraktionen haben erfreulicherweise in einer von Ministerpräsident Beck eingeladenen Gesprächsrunde ihre uneingeschränkte Bereitschaft erklärt, gemeinsam dieses Landesgesetz zum Schutz der großen Gedenkstätten in unserem Land auf den Weg zu bringen.
Unter fachlicher Zuarbeit und Beratung der Ministerien, unter Einbeziehung der für die staatliche Gedenkarbeit zuständigen Landeszentrale für politische Bildung und vor allem auch in Abstimmung mit der Landesarbeitsgemeinschaft der Gedenkstätten und Erinnerungsinitiativen in Rheinland-Pfalz ist dann der Entwurf des Landes
Meine Damen und Herren, dieses Gesetz ermöglicht, dass für das NS-Dokumentationszentrum RheinlandPfalz Gedenkstätte KZ Osthofen und die Gedenkstätte SS-Sonderlager/KZ Hinzert künftig ein versammlungsrechtliches Verbot erlassen werden kann. Die Beschränkung auf diese beiden zentralen Gedenkstätten des Landes erfolgt vor allem unter Berücksichtigung der Kriterien, die für die vom Bundestag im März 2005 beschlossene Änderung des Versammlungsrechts maßgebend gewesen waren.
Beide Gedenkstätten – dies sei noch einmal betont – sind Orte von historisch herausragender überregionaler Bedeutung, die an die Opfer der nationalsozialistischen Gewalt und Willkürherrschaft erinnern.
Das NS-Dokumentationszentrum Rheinland-Pfalz in der Gedenkstätte KZ Osthofen wurde seit 1991 vom Land Rheinland-Pfalz in den Gebäuden errichtet, in denen ab März 1933 eines der frühesten Konzentrationslager Deutschlands installiert worden war.
Die in dem KZ Osthofen unter menschenunwürdiger Behandlung gefangen gehaltenen Häftlinge stammten aus dem damaligen Volksstaat Hessen. Somit hat der Ort nicht nur für den rheinhessischen Teil des heutigen Rheinland-Pfalz, sondern auch für große Teile des Bundeslandes Hessen eine unmittelbare historische Bedeutung.
Die Gedenkstätte SS-Sonderlager/KZ Hinzert, wo im Dezember dieses Jahres das neue Dokumentations- und Begegnungshaus eingeweiht werden wird, besitzt aufgrund der Geschichte dieses Konzentrationslagers europäische Bedeutung.
Während des Zweiten Weltkriegs wurden politische Gefangene aus den von der Wehrmacht besetzten Ländern Europas in das SS-Sonderlager/KZ Hinzert deportiert. In Hinzert wurden drei Massenexekutionen durchgeführt. Insgesamt sind über 300 Todesfälle von Häftlingen dieses SS-Sonderlagers bekannt. Auf dem Gedenkstättenfriedhof sind 217 Tote dieses Lagers begraben.