Protocol of the Session on September 14, 2005

zes hält sich genau an die Vorgaben der EU-Richtlinie. Er beachtet im Interesse eines bundesweit einheitlichen Vollzugs die bundesrechtlichen Vorgaben, soweit diese nicht über die EU-Richtlinie hinausgehen. Diese 1-zu-1Umsetzung findet die ungeteilte Zustimmung unserer Fraktion.

Meine Damen und Herren, aus Zeitgründen möchte ich drei Gesichtspunkte aufgreifen, die für die FDP-Fraktion von besonderer politischer Bedeutung sind:

1. Das Gesetz wird in einem gewissen Umfang zu personellen und sachlichen Mehrkosten führen. Die Höhe der entstehenden Mehrkosten hängt von der Zahl der Zugangsanträge ab. Ein Teil der Kosten wird durch Gebühren aufgefangen werden können. Die nicht gedeckten Mehrkosten sind ausschließlich Ausfluss der EU-Richtlinie, nicht aber Ausfluss des Landesgesetzes. Aus diesem Grund greift das Konnexitätsprinzip nicht und eine entsprechende Regelung im Gesetz ist nicht verankert.

2. Die Gesetzesbegründung macht deutlich, dass die gesetzliche Informationspflicht nicht für Bebauungspläne und Flächennutzungspläne der Kommunen gilt, ebenfalls nicht für Rechtsetzungsverfahren der oberen Landesbehörde, zum Beispiel eines Landschaftsschutzgebietes.

Unsere Fraktion unterstützt diese Beschränkung, weil sie der Bürokratievermeidung Rechnung trägt und für die zügige Abwicklung der Planungsverfahren vorteilhaft ist.

3. Die Schnittstelle zwischen aktiver Unterstützung der Öffentlichkeit beim Informationszugang und dem Schutz der Daten vor Missbrauch ist ein sensibles Thema. Wir begrüßen es ausdrücklich, dass der Datenschutzbeauftragte diese Materie genau geprüft hat, was schon von meinen Vorrednern gesagt wurde. Er hat keine Kollision zwischen den Regelungen des Gesetzentwurfs mit dem Datenschutzrecht festgestellt. Zur Verdeutlichung sind die datenschutzrechtlichen Zusammenhänge in der Gesetzesbegründung zu § 9 ausführlich dargestellt.

Meine Damen und Herren, der politische Gestaltungsspielraum des Landesgesetzgebers ist naturgemäß bescheiden. Der Gesetzentwurf stellt jedoch einen Beitrag zur Verwaltungsmodernisierung dar und wird daher durch unsere Fraktion begrüßt.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei FDP und SPD)

Damit ist die erste Beratung dieses Gesetzentwurfs – Drucksache 14/4307 – abgeschlossen. Es wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf an den Ausschuss für Umwelt und Forsten – federführend – sowie an den Rechtsausschuss zu überweisen. – Ich sehe keinen Widerspruch, dann wird so verfahren.

Als weitere Gäste im Landtag begrüße ich Teilnehmer und Teilnehmerinnen des Landtagsseminars. Herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Ich rufe Punkt 8 der Tagesordnung auf:

Landesgesetz zum Schutz der Gedenkstätte KZ Osthofen und der Gedenkstätte SS-Sonderlager/KZ Hinzert Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD, CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 14/4346 – Erste Beratung

Die Fraktionen habe eine Redezeit von fünf Minuten vereinbart. Ich erteile Herrn Abgeordneten Burgard das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! 29. Januar 2000: Neonazis marschierten durch das Brandenburger Tor und demonstrierten gegen den Bau des Denkmals für die ermordeten Juden Europas. Bilder, die um die Welt gehen. Entsetzen, besonders bei den überlebenden Opfern.

Januar 2005: Ein NPD-Abgeordneter hält eine schändliche Rede zum 27. Januar im Sächsischen Landtag. Er kündigt einen Marsch durch das Brandenburger Tor am 8. Mai, dem 60. Jahrestag der Befreiung von der NaziDiktatur, an. Wieder Entsetzen bei allen Demokraten im In- und im Ausland. Das Maß ist voll.

Eine Antwort darauf: Am 11. März 2005 verabschiedet der Bundestag das Gesetz zur Änderung des Versammlungsrechts, das dann zum 1. April in Kraft tritt. Der Aufmarsch der Rechtsextremen am Brandenburger Tor ist hoffentlich für immer verhindert.

Das Bundesgesetz geht mit dem neuen Absatz 2 des § 15 gegen extremistisch ausgerichtete Versammlungen an Orten vor, an denen Menschen Opfer des Nationalsozialismus wurden. Rechtextreme Demonstrationen an Gedenkstätten von ehemaligen Konzentrationslagern verletzen in hohem Maß die Würde der Opfer und auch die Gefühle der Angehörigen.

Die Einschränkung des Versammlungsrechts betrifft ausschließlich Orte von historisch herausragender überregionaler Bedeutung, also ein strenger Maßstab.

Der vorliegende Landesgesetzentwurf deklariert die Gedenkstätten unseres Landes, das KZ Osthofen und das SS-Sonderlager/KZ Hinzert, als solche besonderen Orte.

Das KZ Osthofen war ein sehr frühes Lager mit insgesamt 3.000 meist politischen Häftlingen. Das ehemalige SS-Sonderlager/KZ Hinzert mit Häftlingen aus 20 Nationen ist ein Ort von internationaler und auch nationaler Bedeutung mit seinen 30 Außenlagern und mehr als 60 Außenkommandos, die sich von Rheinland-Pfalz über

Hessen, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Saarland, ja bis ins Bremer Land weit über das eigentliche Stammlager Hinzert hinausstreckten.

Beide Konzentrationslager, also Osthofen und Hinzert, waren für tausende Ausgangspunkt für einen unmenschlichen Leidensweg, der oft in Buchenwald, Dachau oder Auschwitz endete.

Heute genau vor zwei Wochen ging ich nachdenklich über die Gleise der Selektionsrampe von AuschwitzBirkenau, dort, wo auch Menschen aus dem heutigen Rheinland-Pfalz, hunderte, ja tausende jüdische Kinder und Erwachsene, Sinti und Roma aus Waggons in den Tod getrieben wurden. Bis heute sind allein aus dem heutigen Rheinland-Pfalz 5.861 jüdische Todesopfer bekannt. Nur wenige überlebten Auschwitz, die Verfolgung, Haft und Folter. Das Geschehene wirkt bei ihnen heute noch nach.

Nachdenklich wurde ich vor allem, da doch heute gerade wieder rechtsextreme Gruppen auftreten, so auch eine Gruppe mit dem Namen „Zyklon B“. Sie verleugnen Auschwitz und die Verbrechen der Nazi-Diktatur, sie verherrlichen sie sogar noch.

Wer heute diese Geschichtsverfälschung betreibt, verhöhnt in unermesslichem Maß die Opfer und deren Hinterbliebene.

(Beifall im Hause)

Morgen, wenn wir das Gesetz im Landtag endgültig verabschieden, sind es genau auf den Tag 70 Jahre her, seit auf dem Nürnberger Reichsparteitag die so genannten Nürnberger Gesetze verkündet wurden und jüdischen Bürgern die Reichsbürgerschaft genommen wurde. Wir wollen mit dem Landesgesetz verhindern, dass Menschen wieder gedemütigt werden können. Wir müssen die Opfer und ihre Angehörigen und den Ort des Gedenkens schützen, rechte Parolen dort unterbinden.

Das Problem, dass in Hinzert im Gegensatz zu Osthofen, wo ein klar umgrenzter Bereich vorhanden ist, mehrere Stellen als Orte der Verfolgung im Waldgebiet bestehen, wurde einvernehmlich gelöst.

(Glocke der Präsidentin)

Ich danke allen Fraktionen und der Landesregierung, dass sie in Absprache mit der Landeszentrale für politische Bildung und auch der Landesarbeitsgemeinschaft der Gedenkstätten und Erinnerungsinitiativen an acht weiteren Flächen im Umfeld diese Stätten der Unmenschlichkeit, wie sie bezeichnet sind, auch in dieses Versammlungsverbot mit aufgenommen haben.

Wir setzen jetzt bald mit der Öffnung des Gedenkhauses in Hinzert einen Meilenstein. Wir setzen Bausteine. Orte schaffen wir, wo wir auch über die heutige und zukünftige Gestaltung unserer Demokratie diskutieren.

Gemeinsam haben wir es in den letzten Jahren bis heute geschafft, das Bauwerk noch vor dem Internationalen Tag der Menschenrechte am 10. Dezember zu vollenden. Da soll die Übergabe erfolgen. Wir gehen gemein

sam im Landtag gegen Rechtsextremismus vor, wir schaffen Plätze, Lern- und Gesprächsorte.

(Glocke der Präsidentin)

Heute noch stoßen wir mehr auf schwere Fragen als auf leichte Antworten. Doch die Besucherzahlen in Osthofen machen uns Mut; denn allein bis Mitte des Jahres haben wir genauso viel Besucher wie im Jahr 2004 gehabt. Mit der Landeszentrale für politische Bildung, dem Verfassungsschutz, der Polizei und vielen Engagierten in Kirchen, beim DGB und in Bündnissen wollen wir antisemitischen Hetzparolen, Schmierereien, Computerspielen, Internetseiten und Musik-CDs begegnen.

Es ist auch gut, wenn wir Abgeordnete am 9. November landesweit zum Gespräch in die Schulen gehen. Wir müssen für Demokratie, für demokratisches Engagement junge Menschen begeistern.

Herr Kollege, würden Sie bitte zum Schluss kommen, Ihre Redezeit ist lange abgelaufen.

Bundespräsident Richard von Weizsäcker appellierte am 8. Mai 1985 an die Kraft, die Gefährdungen immer von neuem zu überwinden. Am 8. Mai 2005 marschierten Rechtsradikale durch Remagen, wollten den Ort vereinnahmen. Hier hat die Bevölkerung wie auch vor kurzem in Dahn Widerstand gezeigt und sich diesen NPDKundgebungen entgegengestellt.

Wenn nun die Politik in Einigkeit und Würde dem Rechtsextremismus begegnet, haben Nazis nichts Gleichwertiges entgegenzusetzen. Das ist mein letzter Satz. Willy Brandt sagte 1968 in Nürnberg, Neonazismus ist Verrat an Land und Volk. Schützen wir gemeinsam unser Land und Volk. Schöpfen wir gemeinsam politisch alles aus, um Rechtsextremen keine Plattform in unserem Land zu bieten.

Vielen Dank.

(Beifall bei SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Herr Kollege Schnabel hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Am 1. April dieses Jahres ist das Gesetz zur Änderung des Versammlungsgesetzes und des Strafgesetzbuches in Kraft getreten. Danach ist es nun den einzelnen Bundesländern möglich, Gedenkstätten von historisch herausragender Bedeutung, die an die Opfer der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft erinnern, beson

ders zu schützen. Das Land Rheinland-Pfalz ist eines der ersten Bundesländer, das von diesem Recht und dieser Möglichkeit Gebrauch macht. Alle vier Fraktionen in unserem Landtag legen einen solchen gemeinsamen Gesetzentwurf zum Schutz dieser Gedenkstätten vor. Es war unstrittig, dass die Gedenkstätte KZ Osthofen einschließlich des Dokumentationszentrums RheinlandPfalz und die Gedenkstätte SS-Sonderlager/KZ Hinzert als die beiden einzigen die Auswahlkriterien erfüllen.

Die Gedenkstätte KZ Osthofen befindet sich auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Osthofen. Das Konzentrationslager Osthofen bestand bereits von 1933 bis 1934 und war eines der ersten KZs in Deutschland. Nicht nur Häftlinge aus dem rheinhessischen Raum, sondern aus dem so genannten Volksstaat Hessen mussten dort unter menschenunwürdigen Verhältnissen leiden.

Wer Anna Seghers Roman „Das siebte Kreuz“ gelesen hat, weiß um die schlimmen Verhältnisse und vergisst die authentischen Schilderungen nicht. Auch aus meiner Heimatgemeinde waren Frauen und Männer inhaftiert, die sich nicht mit dem damaligen Regime abfinden konnten. Ich weiß bzw. erinnere mich gut, dass mein Onkel mir als Kind erzählt hat, wie diese Menschen leiden mussten und aus welchen nichtigen Gründen und unter welch schwierigen Umständen sie nach Osthofen gebracht wurden. So etwas vergisst man einfach nicht.

Die Gedenkstätte SS-Sonderlager/KZ Hinzert hat aufgrund ihrer Geschichte europäische Bedeutung. In der Begründung zu § 1 des uns vorliegenden Gesetzentwurfs ist die traurige Geschichte eindrucksvoll geschildert, sodass ich auf die Aufzählung der Greueltaten der Nazischergen verzichten kann.

Es ist einfach unvorstellbar, sogar abstoßend, dass an diesen beiden Orten Rechtsradikale Aufzüge oder Versammlungen durchführen könnten, die die Würde dieser Opfer beeinträchtigt. Hier muss der Rechtsstaat Zeichen setzen und für Rechtssicherheit sorgen. Die Polizei, die Ordnungsbehörden, aber auch die Gerichte brauchen eine fundierte, eindeutige und unmissverständliche Rechtsgrundlage. Ich meine, dies wird mit dem uns vorliegenden Gesetzentwurf geschaffen.

Es ist einfach unvorstellbar, dass unsere Polizistinnen und Polizisten auch noch rechtsextremistische Demonstranten begleiten und schützen müssen. Das ist in anderen Fällen schon schwer oder mehr als schwer erträglich.