Protocol of the Session on July 7, 2005

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will auf den Bereich der Hochschulen zu sprechen kommen. Ich habe noch von gestern im Ohr, was seitens der Regierungsfraktionen und der Frau Ministerin angeführt wurde, was Sie im Bereich der Kinderbetreuung und der Ganztagsschulen machen. Dabei haben Sie immer mit dem Ausgabenvolumen argumentiert. Dabei haben Sie darauf hingewiesen, was Sie dort hineinstecken und was Sie nicht reduziert haben. Wenn wir aber im Ausgabenvergleich feststellen, dass Rheinland-Pfalz mit an letzter Stelle liegt, dass Rheinland-Pfalz im Ländervergleich Rang 13 einnimmt, wenn es um die laufenden Grundmittel je Studierenden geht – – – Ich will das einmal hochrechnen. Verglichen mit den rund 90.000 Studierenden, die wir für Rheinland-Pfalz berechnen könnten, würde Baden-Württemberg, aber auch das Saarland rund 770 Millionen Euro im Jahr ausgeben für den Hochschulbereich in der Größenordnung von Rhein

land-Pfalz. Das sind im Jahr rund 200 Millionen Euro mehr, als Sie im Landeshaushalt einstellen. Herr Kuhn, das muss einmal in Relation gesehen werden mit dem, was Sie an Ausgabensteigerungen einplanen. Sie reden immer von 125 Millionen Euro. Es sind aber zunächst einmal nur 25 Millionen Euro pro Jahr. Gemessen an dem, was Baden-Württemberg oder das Saarland mehr ausgibt, nimmt sich das sehr kümmerlich aus.

Ich meine nicht, dass die Hochschulen diese Gelder nicht brauchen. Sie brauchen sie dringend. Wir haben sie schon lange eingefordert. Im Ländervergleich werden Sie aber nicht hervorgehoben. Sie schaffen nicht die Grundausstattungen für die Hochschulen, die sie brauchen. Sie schaffen nicht die Voraussetzungen für eine bessere Lehre, sondern Sie sind allenfalls dabei, in diesen Bereichen nachzubessern und eine andere Grundlage zu schaffen, meine Damen und Herren.

Nun zur Erwerbstätigenquote. Auch in diesem Bereich gab es Veränderungen. Auch das ist in der Studie der Bertelsmann-Stiftung festgehalten. Ich habe einmal nachgesehen, wie sich das nach den Angaben des Statistischen Landesamts verändert hat. Es gibt in der Tat eine Verbesserung von 2003 auf 2004 in der Zahl der Erwerbstätigen von rund 10.000. Ich bin mir ziemlich sicher, dass der Herr Wirtschaftsminister nachher darauf eingehen wird. Deswegen will ich einmal vorweg sagen, was das Statistische Landesamt als Erklärung angibt. Es führt zum einen die konjunkturelle Erholung an. Zum anderen führt es Reformen am Arbeitsmarkt an, die von der Bundesregierung in Gang gesetzt wurden, und zwar insbesondere die Maßnahmen in Verbindung mit Minijobs und der Ich-AG. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass weite Teile dieser Regierungskoalition – insbesondere die FDP – diese Reformsätze unterstützt hätten. Sie wirken aber in Rheinland-Pfalz.

Außerdem wird angeführt, dass im Jahr 2004 von den rheinland-pfälzischen Handwerkskammern allein rund 3.500 Gründungen ohne Meisterbrief registriert wurden. Auch in diesem Fall habe ich keine Begeisterung seitens der FDP gehört, als die rotgrüne Bundesregierung in diesem Bereich die Gründungsmöglichkeiten verbessert hat.

(Glocke des Präsidenten)

Ein großer Teil der Verbesserung der Erwerbstätigenquote geht also auf die Reformbemühungen von Rotgrün in Berlin zurück, mit Sicherheit aber nicht auf das Konto des FDP-Wirtschaftsministers.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat der Herr Wirtschaftsminister.

(Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wie lange werden Sie reden?)

Vielleicht eine Stunde, Frau Grützmacher.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal sage ich etwas zu dem, was vorher gesagt wurde, insbesondere von Ihnen, Herr Dr. Böhr, und von Ihnen, Frau Thomas. Klar ist, dass ein Wirtschaftsminister eines Landes natürlich stolz ist, wenn seinem Bundesland ein solches Zeugnis attestiert wird, wie es die Bertelsmann-Stiftung uns attestiert hat. Das ist doch gar keine Frage. Gott sei Dank steht Rheinland-Pfalz gut da.

Zunächst einmal möchte ich etwas zur Frage der Schwachstellen und zur Frage der Stärken sagen. Natürlich haben wir die Stärken in den Vordergrund gestellt. Herr Dr. Böhr, es macht aber wenig Sinn, wenn man versucht, Stärken schlechtzureden, wie Sie es tun.

(Beifall bei FDP und SPD)

Das sollten wir nicht tun. Wir sind durchaus in der Lage, die Schwachstellen zu bewerten. Das werden wir auch tun.

Frau Thomas, nun zur Pro-Kopf-Verschuldung. Im Jahr 1980 lagen wir im Vergleich der Flächenländer auf Platz fünf. Im Jahr 1990 lagen wir auch auf Platz fünf. Auch im Jahr 2004 lagen wir auf Platz fünf. In der Vergangenheit hat sich also nichts verändert. Wir wissen natürlich, dass die Pro-Kopf-Verschuldung hoch ist. Das wird uns auch in der Studie negativ attestiert. Gleichwohl muss man anerkennen, dass wir das einzige Bundesland waren, das neben Brandenburg erhebliche Konversionsprobleme zu lösen hatte. Das schlägt mit ca. 1,5 Milliarden Euro zu Buche. Das muss man wissen. Daher hat das eine andere Dimension.

Frau Thomas, auch eines ist klar. Genau das ist das Problem. Herr Dr. Böhr, im Übrigen bin ich dabei ganz emotionslos und ruhig. Man muss eine solche Studie verständlicherweise richtig bewerten. Bei der Bewertung kann man als Wirtschaftsminister natürlich sehr gelassen sein. Dabei muss man nicht aufgeregt sein, sondern kann sehr gelassen sein; denn die Bewertung ist sehr gut. (Vizepräsidentin Frau Hammer übernimmt den Vorsitz)

Man muss einmal überlegen, woher eigentlich der Shootingstar Rheinland-Pfalz kommt, jedenfalls bei der Studie. Zunächst einmal wird uns bestätigt, dass wir beim Wirtschaftswachstum in der Spitzengruppe liegen, genau gesagt auf Rang zwei. Die Selbstständigenquote weist überdurchschnittliche Werte aus.

(Böhr, CDU: In welchen Jahren?)

Herr Dr. Böhr, ich kann Ihnen das genau sagen. Im Jahr 2003 und im Jahr 2004 – – –

(Böhr, CDU: Ab welchem Jahr sind wir überdurchschnittlich bei der Selbstständigenquote?)

Die wirtschaftliche Struktur ist im Wesentlichen durch kleine und mittlere Unternehmen geprägt.

(Böhr, CDU: Ab welchem Jahr?)

Die Selbstständigenquote im Jahr 2004?

(Böhr, CDU: Nein! Ab welchem Jahr sind wir in Rheinland-Pfalz überdurch- schnittlich bei der Selbstständigen- quote?)

Ich kann Ihnen das jetzt nicht sagen. Ich weiß nur, dass wir in den Jahren 2003, 2004 und 2005 über dem Bundesdurchschnitt liegen. Es kann auch sein, dass das seit dem Jahr 1990 so ist. Das liefere ich Ihnen aber gern nach. Das ist kein Problem. Das ist nicht das Problem.

Das Problem ist doch, dass man einmal schauen muss, wie die Lage insgesamt aussieht. Bei der Existenzgründungsquote liegen wir auch weit über dem Bundesdurchschnitt und haben in den Jahren 2003 und 2004 einen Zuwachs von 15 % bzw. 20 % zu verzeichnen gehabt.

(Jullien, CDU: Jeder, der einen Gewerbeschein hat!)

Wir reden von Existenzgründungen. Da muss man immer Vergleichbares mit Vergleichbarem vergleichen. Man kann nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Hier werden nicht Äpfel mit Birnen verglichen, sondern der Vergleich wird richtig gesetzt.

Herr Dr. Böhr, ich räume gerne ein, dass dabei die IchAGs eine Rolle gespielt haben. Auch wenn man die IchAGs herausrechnet, haben wir trotzdem einen Zuwachs und liegen dann, wenn die Ich-AGs herausgerechnet werden, noch immer über dem Bundesdurchschnitt. Daher bin ich der Meinung, dass das ein gutes Zeugnis ist.

Frau Thomas, gestatten Sie mir, noch ein paar Worte zu Ihnen zu sagen, weil exakt da, wo Sie kürzen wollen, die Geschäftsgrundlage für die gute wirtschaftliche Entwicklung liegt.

Zum einen wird uns bestätigt, dass wir eine gute Förderpolitik betreiben. Ich will jetzt nicht auf die vielen Debatten eingehen, die dabei eine Rolle gespielt haben, in denen Sie uns immer wieder vorgeworfen haben, wir würden eine falsche Förderpolitik betreiben oder wir hätten die Förderpolitik zu gut dotiert. Es wird uns die beste Förderpolitik von allen Bundesländern bescheinigt.

Darüber hinaus muss man sehen, dass das auch etwas mit der Verkehrsinfrastruktur zu tun hat, Frau Thomas. Es ist schon bezeichnend, wenn Sie mich heute in der „AZ“ Straßenbauminister nennen. Das bin ich gern. Ich bin natürlich der Verkehrsminister.

Ich will nur erwähnen, wie es im Straßenbau in diesem Land aussieht. Meine Damen und Herren, wir haben in 2005 229 Millionen Euro – Herr Bracht, hören Sie gut zu – an Bundesmitteln zur Verfügung. Das ist ein Datum.

So viel Geld haben wir schon lange nicht mehr an Bundesmitteln zur Verfügung gehabt.

Insgesamt ist der Bundesverkehrswegeplan mit 2,2 Milliarden Euro dotiert. Aus dem Sonderprogramm von 900 Millionen Euro wird Rheinland-Pfalz noch einmal rund 80 Millionen Euro erhalten. Das ist weit mehr als die Länderquote.

Meine Damen und Herren, wir haben 115 Millionen Euro für den Landesstraßenbau zur Verfügung. Ich sage das auch deshalb jetzt, weil ich heute etwas überrascht war, dass nicht davon gesprochen wurde, dass wir 390 Maßnahmen quasi unter dem Pflug haben, sondern dass davon gesprochen wurde, dass es einen Investitionsstau gibt. Natürlich gibt es einen Investitionsstau. Natürlich gibt es aber auch eine Haushaltssituation, die so ist, wie sie ist, und in der man vernünftig mit den Mitteln umgehen muss.

Ich meine, dass wir in Rheinland-Pfalz für den Landesstraßenbau – übrigens auch für den kommunalen Straßenbau – erhebliche Mittel zur Verfügung stellen. Roland Berger sagt übrigens, dass wir das einzige Bundesland sind, das die Mittel aufgestockt und nicht zurückgefahren hat.

(Beifall der FDP und der SPD)

Meine Damen und Herren, das ist die Geschäftsgrundlage für eine gute wirtschaftliche Entwicklung. Ich kann verstehen, dass Frau Thomas damit ein Problem hat,

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ich habe damit kein Problem!)

aber es bleibt dabei, dass eine gute Verkehrsinfrastruktur die Voraussetzung für eine gute Entwicklung ist.

(Zuruf der Abg. Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt kommen wir zu den Konversionsprojekten. Beim ÖPNV/SPNV stehen wir ohnehin bundesweit an der Spitze. Machen Sie sich keine Sorgen, da stehen wir bundesweit an der Spitze.

(Beifall der FDP und der SPD)

Dies deshalb, weil wir das einzige Bundesland sind, das alle Regionalisierungsmittel exakt nur in den ÖPNV und SPNV fließen lässt.

Meine Damen und Herren, jetzt kommen wir aber zu den Konversionsprojekten. Man muss einmal sehen, wie sich das Vorzeigeprojekt am Hahn entwickelt hat. Dort sind mittlerweile 2.200 zivile Arbeitsplätze vorhanden. Das sind dreimal so viele Arbeitsplätze, als jemals beim Militär vorhanden waren.

(Vereinzelt Beifall bei der FDP)

Ich habe bewusst eine Studie erstellen lassen. Die Studie sagt aus, dass an der Peripherie noch einmal 8.000 Arbeitsplätze zu registrieren sind. Das sind also insgesamt weit über 10.000 Arbeitsplätze. Herr Bracht,

das ist doch für den Hunsrück ein Datum von besonderer Größenordnung.